Leica ist eine Ikone, vor allem auf dem Markt der Fotokameras und Objektive. Bekannt für höchste Qualität – aber auch hohe Preise – trotzt der Wetzlarer Hersteller seit Jahrzehnten der preisgünstigeren Konkurrenz aus Fernost. Der Einstieg in den Markt für Laser-TV-Geräte (eigentlich: Kurzdistanzbeamer) mit dem Cine 1 verwundert da auf den ersten Blick.
Leica-Partnerschaft mit Hisense
Leica hat den Cine 1 im Rahmen der IFA 2022 vorgestellt. Für den ohnehin überraschenden Start in den Markt der Laser-TV-Technik ist der deutsche Hersteller dann auch noch eine ungleich wirkende Kooperation mit der chinesischen Marke Hisense eingegangen.
Die Zusammenarbeit ist langfristig angelegt. Sie soll die Multimedia-Technologien der chinesischen Ingenieure mit dem Leica-Knowhow bei der Linsen- und Objektivfertigung zusammenbringen.
Auf den zweiten Blick wirkt das alles dann gar nicht mehr so abwegig: Hisense hat einschlägige Erfahrung in der Projektor-Entwicklung. Und Leica? Ebenfalls! Jahrzehntelang baute der Hersteller Diaprojektoren – ein verwandtes Geschäft für den Anbieter von hochwertiger Optik, die ja auch in einem Projektor zum Einsatz kommt. Sind Heimkino-Beamer von heute die legitimen Nachfolger der Diaprojektoren aus den 60ern, 70ern und 80ern? Das darf man ruhig so sehen.
Leica zitiert den Aufsichtsratschef und Mehrheitseigentümer Andreas Kaufmann mit den Worten:
„Projektion gab es unter der Marke Pradovit bei Leica schon sehr lange, daher ist der Neueinstieg in das Segment der Laser-TVs ein logischer Schritt.“
Und dann kooperiert Leica nicht zum ersten Mal mit chinesischen Anbietern. Im Bereich der Smartphone-Fotografie kam die Optik des Unternehmens bereits bei den Top-Smartphones von erst Huawei und mittlerweile Xiaomi zum Einsatz. Ein Leica-Schriftzug etwa prankt auf dem Buckel des Kamera-Phones Xiaomi 12S.
Beim Cine 1 ist Leica nun die treibende Kraft; nur das bekannte rote Logo des Kameraherstellers ist auf dem Gehäuse zu sehen:
Dabei soll der Cine 1 in zwei Versionen erscheinen, die eine Bildbreite von 80 Zoll bzw. 100 Zoll auf Leinwand oder Wand projizieren können.
Ein variables Projektionsverhältnis gibt es der Ankündigung nach also nicht, so dass der Kauf schon darüber entscheidet, wie groß der Leica-Beamer das Bild ausgibt.
Cine 1: Gleiches Gehäuse, unterschiedliche Leistung
Egal, für welche Version du dich entscheiden würdest: beide Cine-1-Modelle stecken im gleichen Gehäuse. Das ist mit 60 x 37,8 x 14,9 cm recht kompakt und mit 13 kg vergleichsweise schwer. Grunde dafür sind das Aluminium-Gehäuse, die komplexe Rechentechnik sowie die Objektive im Beamer-Inneren.
Projektor-Kernstück sind die drei Laser, die als RGB-Lichtquelle zum Einsatz kommen. Die Lebensdauer gibt Leica mit hohen 25.000 Stunden an, die Helligkeit beträgt 2.500 bzw. 2.100 Lumen, wobei das 100-Zoll-Modell heller leuchtet. Beide Beamer wären mit dieser Leuchtkraft auch im taghellen Raum brauchbar – aber nicht die Spitze der lichtstarken Laser-TVs auf dem Markt.
Bei der Auflösung bedienen sich die Ingenieure eines simplen Tricks. Per innovativem Pixel-Shift interpoliert der Laser TV die native 1080p-Auflösung auf ein 4K-Bild – Leica und Hisense nennen dies in ihrem Marketingsprech XPR (Expanded Pixel Resolution). Und das ist wiederum ein wenig enttäuschend. Denn in der Preisklasse, in der Leica hier arbeitet, sollten Käufer:innen eine höhere native Auflösung erwarten dürfen, eigentlich sogar eine native 4K-Auflösung.
Der Cine 1 unterstützt derweil HDR-Signale und deckt bis zu 95 Prozent dieses Farbraums ab. Als Audiosystem setzen Leica und Hisense auf integriertes Dolby Atmos und Dolby Digital Plus, die über zwei 20-Watt-Lautsprecher tönen.
Nicht inklusive sind spezielle Leinwände, die Leica zum Marktstart anbieten will. Sie sollen das Beamer-Licht besonders gut reflektieren – und zu krass strahlende helle Bereiche abmildern.
Cine 1: Viele Anschlüsse, kein Android TV
In der Systemfrage einigten sich die beiden Kooperationspartner auf das von Hisense entwickelte Vidaa 6.0. Einerseits ist das klug, weil so eine etablierte Plattform zum Zug kommt, die optimal auf die Hardware zugeschnitten ist und die einige bekannte Streaming-Apps unterstützt.
Andererseits ist das aber auch schade, weil beispielsweise mit Android TV eine Alternative existiert, die eine deutlich üppigere App-Auswahl und Zukunftssicherheit gewährleistet.
Weiter bekannt ist, dass der im Cine 1 integrierte Tuner Unterstützung für DVB-C, -S, -S2, -T und T2 bietet. Zwei HDMI-2.1- und ein HDMI-2.0-Port sind ebenso verbaut wie USB-Buchsen in den Spezifikationen 2.0 und 3.0.
Ethernet-LAN, WLAN-Funktion, ARC-Unterstützung und ein Einschub fürs CI+-Modul finden sich ebenfalls und machen den Cine 1 zu einem Multimedia-Allrounder. Wie die Anschlüsse an der Rückseite angeordnet sind, lässt sich übrigens zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Leica liefert schlicht noch kein Bildmaterial dazu.
Premium-Laser-TV zum hohen Preis
Beamer sind auch deshalb die Multimedia-Technologie der Gegenwart, weil sie zum eigentlich kleinen Preis authentisches XXL-Kinofeeling nach Hause bringen. Der Xgimi Elfin als Einstiegsgerät etwa kostet wenig, wirft aber Bilder mit bis zu 120 Zoll an die Wand. Das Schwestermodell Xgimi Halo+ ist auch mobil einsetzbar und kostet nur unwesentlich mehr. Und auch Samsung ist unter anderem mit The Freestyle auf dem Markt unterwegs.
Alle drei Geräte gibt es für unter 1.000 Euro.
Leica hingegen plant, den Cine 1 für heftige 6.900 Euro (80-Zoll-Version) bzw. 8.000 Euro (100-Zoll-Version) zu veröffentlichen. Das ist deutlich über dem, was andere Hersteller für ihre Laser-TVs aufrufen und was ein Fernseher mit ähnlicher Diagonale kostet.
Leica war immer schon teurer – dafür mussten Fans der Marke keinerlei Kompromisse eingehen. Deswegen ist es beim Cine 1 schade, dass sie – wie oben schon erwähnt – auf natives 4K verzichten müssen. Damit wäre der hohe Preis zu rechtfertigen gewesen.
Verfügbar sein soll der Cine 1 ab Mai 2023. Es bleibt dir also noch Zeit, das nötige Kleingeld zusammenzusparen.
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