Schaut man sich moderne Smartphones an, könnte man meinen, die Sorte Mensch sei ausgestorben, die das Handy noch in einer Hand hält. Fast kein Neugerät kam in den letzten Monaten noch auf den Markt, das ein Display diesseits der 5 Zoll gehabt hätte. Große Displays haben gewonnen. Das mag nicht jedem gefallen, hat aber – durchaus nachvollziehbare – Gründe.
Das Smartphone als Entertainment-Konsole
Anfangs war bei Smartphones noch viel Text. Heute beherrschen Fotos, Spiele und Bewegtbild die Applandschaft. Es werden mehr Bilder und mittlerweile auch Videos konsumiert, verschickt, aber auch selbst produziert. Und das alles macht mehr Spaß, wenn mehr Bildschirm da ist.
Auf Smartphones mit großem Display erlebt man Bilder in ihrer ganzen Brillanz. Beim Videoschauen vergisst man schnell, überhaupt ein Smartphone in der Hand zu halten. Die Steuerung mobiler Spiele wird innovativer. Auch Webseiten lassen sich auf großen Bildschirmen besser darstellen. Sieht man sein Smartphone als Entertainment-Konsole, bietet ein großer Bildschirm nur Vorteile.
Dabei sind moderne Smartphones in den letzten Jahren zwar größer, aber nicht wesentlich schwerer geworden. Während zum Beispiel das Apple iPhone SE mit 4,0-Zoll-Bildschirm 113 Gramm wiegt, sind es beim wesentlich größeren iPhone Xs (5,8 Zoll) 177 Gramm. Das ist mehr, aber immer noch kein Schwergewicht. Das Tablet iPad Mini 4 etwa mit rund 300 Gramm ist dafür erheblich schwerer.
Kein Tablet mehr notwendig
Wo wir gerade vom iPad Mini sprechen: Wer ein Smartphone mit Riesendisplay in der Tasche hat und das Gerät zu Unterhaltungszwecken benutzt, kauft in der Regel kein Mini-Tablet mehr. Mini-Tablet, das war einst die Liga um 7 Zoll, die mittlerweile von Smartphones erobert wurde. Aber auch die um 8 Zoll großen Tablets bieten kaum noch Vorteile gegenüber Smartphones mit großen Displays.
Tablets sind deswegen natürlich nicht überflüssig, aber auch sie werden entsprechend größer. Der Trend ging in den letzten Jahren klar hin zu Highend-Tablets wie dem iPad Pro oder dem Surface Pro mit Power unter der Haube – und zwar mit Größen um 10 Zoll oder noch mehr. Ob es in diesem Jahr noch einmal eine Neuauflage des nunmehr drei Jahre alten iPad Mini 4 geben wird? Ich glaube ehrlich gesagt nicht daran. Eher an ein Verschmelzen von iPad Mini und „normalem“ iPad irgendwo knapp diesseits der 10 Zoll.
10 Smartphones mit großen Displays
Smartphone | Display-Diagonale in Zoll |
---|---|
Xiaomi Mix Max 3 | 7,0 |
Honor Note 10 | 7,0 |
Apple iPhone Xs Max | 6,5 |
Samsung Galaxy Note 9 | 6,4 |
LG V40 ThinQ | 6,4 |
Huawei Mate 20 Lite | 6,3 |
OnePlus 6 | 6,3 |
Nokia 7.1 Plus | 6,2 |
Motorola Z3 | 6,0 |
Sony XZ3 | 6,0 |
Besser tippen – zumindest mit zwei Händen
Wer ein Smartphone mit einem großen Display verwendet, der hat auch endlich eine virtuelle Tastatur, die groß genug zum Tippen ist. Vorbei die Zeiten, in denen man immer wieder die falschen Tasten erwischte, weil sie zu nah aneinander klebten. Je größer das Display, desto breiter normalweise auch das Tippfeld. Eine Wohltat!
Ja, das bedingt auch, dass man das Smartphone mit zwei Händen bedienen muss. Nur einige Hersteller bieten die Möglichkeit, die Tastatur auf Wunsch so zusammenschrumpfen zu lassen, dass man auch mit einer Hand tippen kann. Aber das Smartphone in beide Hände zu nehmen – da hat man sich sehr schnell dran gewöhnt.
Mehr Kreativität
Wohl keiner käme auf die Idee, auf dem Mini-Display einer Smartwatch ein Video zu schneiden. Auf einem riesigen Tablet? Schon eher. Dieser Vergleich zeigt, dass ein Mehr an Displaygröße eben doch mehr Möglichkeiten bietet. Auf Smartphones mit großen Displays sieht man mehr Details und braucht weniger Fingerspitzengefühl, um ein gewünschtes Symbol auszuwählen.
Ein Video schneiden oder auch ein Bild bearbeiten, Sticker hinzufügen, betexten. Alles deutlich einfacher mit einem großen Smartphone. Immer öfter also kann unser täglicher Begleiter auch für kreative Arbeiten herangezogen werden, für die man früher zwingend einen Rechner brauchte. Passende Apps werden immer mächtiger.
Split Screen
Noch ist die Möglichkeit nicht sonderlich weit verbreitet, mehrere Apps gleichzeitig auf einem Smartphone-Display zu benutzen. Sei es mit zwei Apps nebeneinander, was seit Android 7 Nougat funktioniert und Samsung auf seinen Note-Geräten schon früher ermöglichte. Oder sei es mit einem Bild im Bild, etwa mit einem YouTube-Video, während man nebenbei einen Text überfliegt.
Das Smartphone ist kein Laptop und wird es auch nie werden. Wirkliches Multi-Window hat hier keinen Zweck. Aber einzelne Apps mal nebeneinander laufen lassen? In Einzelfällen auf jeden Fall! Zum Beispiel links im Web surfen, während rechts was in der ZDF Mediathek läuft. Oder bei der aktuellen Netflix-Folge nebenher suchen, wie der Gaststar heißt. Nicht denkbar bei einem Smartphone mit 4,0 Zoll. Aber bei Smartphones mit großen Displays um 6 Zoll durchaus ein gangbarer Weg.
Netflix, YouTube und LTE
Eigentlich nur zwei Phänomene, die zeitgleich auftraten wie Smartphones mit großen Displays, ihren Erfolg aber begünstigen. So war es vor 5 Jahren mit 3G und teuren Volumenpaketen praktisch undenkbar, unterwegs ein Video zu streamen. Mittlerweile ist es Alltag. LTE bietet die nötige Übertragungsrate dafür und die Mobilfunkanbieter sind längst nicht mehr so knauserig mit mobilen Datenpaketen.
Und auch Netflix – übrigens erst vor vier Jahren in Deutschland gestartet – setzt Daten unterwegs sparsam ein. Wenn man will, kann man seine Lieblingsserie auch offline speichern. Und wie oben schon erwähnt: Je größer das Display, desto besser sieht hierauf ein Video aus.
Also Hauptsache groß?
Ich habe lange Vorbehalte gegen Smartphones mit großen Displays gehabt. Diese aber mittlerweile etwas revidiert. Das iPhone X, das ich gerade als Testgerät da habe, würde ich nur ungern zurück gegen mein kleines iPhone SE tauschen. Schnell hat man sich an ein großes Display gewöhnt.
Unendlich groß muss es allerdings auch nicht sein. Smartphones mit 7 Zoll – was die ersten Hersteller anbieten – finde ich für mich selbst übertrieben. Mir war bereits das – ansonsten von mir hoch geschätzte – Huawei P20 Pro zu groß für die Hosentasche und damit auch insgesamt zu klobig. Nein, unendlich groß muss es nicht sein.
Aber die Angst vor Smartphones mit großen Displays können viele Befürworter handlicher Smartphones wie dem iPhone SE, wie mein Kollege Peter Giesecke, in meinen Augen getrost ablegen. Man hat sich sehr schnell daran gewöhnt, man muss dabei nur ein wenig umdenken und sich darauf einlassen, für die meisten Tätigkeiten mit dem Gerät eben zwei Hände zu benutzen. Aber das ist eigentlich auch schon alles.
Bilder: Hersteller
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