Palm war einst ein gefragter Hersteller für Handheld-Computer. Mit Smartphones war dem Unternehmen dann kein Erfolg mehr beschert. Die Marke verschwand und ist nun unter neuer Regentschaft wieder da. Das erste neue Palm-Smartphone ist zwar eigentlich nur zur Hälfte eins – dann aber doch irgendwie hochinteressant.
Was ist das neue Palm?
Das neue Gerät heißt wirklich nur „Palm“. Nicht Palm 1, Palm Phone oder etwas dergleichen. Sein Bildschirm misst nur 3,3 Zoll. Das ist kleiner als ein altes iPhone und erinnert von den Dimensionen her an das Palm Pre, das erste Smartphone der alten Marke. Nur 9,7 cm hoch, 5,1 cm breit, 7,4 Millimeter dünn. Die Macher sprechen von einer Größe im Scheckkartenformat.
Auf mich wirkt es wie eine Mini-Version des Samsung Galaxy S9. Ähnlich abgeschrägte Ränder, kein Vollbilddisplay. Schaut man genau hin, sieht man, dass Palm oben und unten dicke Ränder lässt. Auch OLED verwendet der Auftragsfertiger TCL nicht. Es handelt sich um ein LC-Display mit einer – für die Größe – allerdings gigantischen Pixeldichte von 445 ppi.
Die soll den eher schmächtig bemessenen 800-mAh-Akku im Normalmodus in 8 Stunden leersaugen. Der Energiesparmodus „Life Mode“ soll dem Gerät mehr Ausdauer einhauchen. Ob das überhaupt notwendig ist, hängt vom Einsatzzweck ab.
Palm: Das Smartphone zum Smartphone
Denn die Bilder auf der neu gestalteten Website machen es deutlich: Das Palm wird als Lifestyle-Objekt vermarktet. Hip aussehende Menschen haben es designt, Models tragen es um den Hals, nehmen es im Handtäschchen mit oder stecken es zum Sport in die Hosentasche. Eine Alternative zu einer nicht viel kleineren Smartwatch? Zumindest bringt der Hersteller die Möglichkeit ins Spiel.
Ohnehin soll das Palm kein Ersatz für ein vollwertiges Smartphone sein, eher das Smartphone zum Smartphone. Gängige Geräte haben mittlerweile ein fast doppelt so großes Display. Das ist in manchen Lebensbereichen etwas umständlich. Also einfach das Große zuhause lassen und das Kleine mitnehmen.
Palm: technische Daten
3,3-Zoll-LC-Display mit 445 ppi |
Qualcomm Snapdragon 435 Octacore (Prozessor der Einstiegsklasse) |
Glasgehäuse mit Gorilla Glass vorne und hinten sowie Aluminium-Rahmen |
12-Megapixel-Hauptkamera und 8 MP Frontkamera |
32 GB Speicher, 3 GB RAM |
800-mAh-Akku mit Energiesparmodus |
WLAN b/g/n (a und ac fehlen), LTE, Bluetooth 4.2, fest verbaute Nano-SIM |
Wasser- und staubdicht nach IP68, USB-C-Anschluss |
Gesichtsentsperrung über Frontkamera |
Android 8.1 mit eigener Oberfläche |
Die technischen Daten lesen sich erstaunlich gut. Die hohe Pixeldichte versprechen ein HD-Display, USB-C ist drin, ein halbwegs modernes Android 8.1 mit eigener Oberfläche und einigen Software-Spielereien, dazu ausreichend RAM und ROM. Auch an eine Front- und Hauptkamera hat der Hersteller gedacht. Wasser- und Staubdichtheit nach IP68 (30-minütiges Untertauchen) ist lobenswert.
Der Prozessor ist zwar Einstiegsklasse, dürfte aufgrund des kleinen Bildschirms aber genug Leistung für eine schnelle, flüssige Darstellung bieten. Wo das Palm wirklich kein vollwertiges Smartphone ist, sondern nur der beworbene „Companion“ (Begleiter), ist beim Akku. Der ist mit 800 mAh selbst für ein Gerät dieser Größe eher gering bemessen.
Wer steckt hinter Palm?
Die Initiative des Palm-Neustarts kommt von zwei ehemaligen Samsung-Designern in Kalifornien, Howard Nuk und Dennis Miloseski, die sich mit dem Auftragshersteller TCL über den Neustart geeinigt haben. Das neue Projekt erinnert nun ein wenig an das Essential Phone, den letztjährigen Neustart von Android-Erfinder Andy Rubin.
Alles auf der Website wirkt so, als wären Nuk und Miloseski beim Neustart federführend. Allerdings deutet auch einiges darauf hin, dass in Wahrheit TCL den Hut aufhat. Der chinesische Auftragsfertiger kaufte die Marke Palm Anfang 2015 von HP. Ein Neustart stand seitdem immer wieder im Raum. TCL hat Erfahrung damit, lässt außerdem Smartphones für Blackberry fertigen, etwa das Blackberry Key 2. Mehr Geld an den Verkäufen dürfte am Ende bei TCL landen.
Palm stellte 2008 ein erstes eigenes Smartphone vor. Das Palm Pre mit dem eigenen Betriebssystem WebOS verkaufte sich allerdings von Anfang an schlechter als das damals noch junge iPhone und die ersten Android-Geräte. Der Handheld-Pionier geriet in finanzielle Schieflage. HP schlug Anfang 2010 zu, um ihn zu übernehmen, hatte allerdings mit Verkäufen der Marke auch nicht mehr Erfolg.
Mitte 2012 beendete HP die Experimente mit Palms WebOS-System und verkaufte später beides. Während TCL nun die Marke Palm besitzt, hat WebOS eine neue Heimat auf LG-Fernsehern gefunden, die ihr auch bei Euronics kaufen könnt.
Das Palm: ein handliches Smartphone?
Hier im Blog brandet immer wieder die Diskussion auf, wie groß ein Smartphone eigentlich sein sollte. Große Displays scheinen gewonnen zu haben, was nicht jedem gefällt. Besonders handliche Geräte sind selten geworden, nachdem auch Apple zuletzt das iPhone SE vom Markt genommen und Sony vorerst kein neues Xperia-Compact-Modell vorgestellt hat.
Kann Palm hier in die Bresche springen? Das 3,3-Zoll-Display ist für die Nutzung im Alltag schon fast zu klein. Viel Text oder Nachrichten darauf zu lesen, wird nicht unbedingt ein Genuss sein, das Tippen auf der Display-Tastatur könnte hakelig werden. Eine Schwachstelle ist außerdem der gering bemessene Akku. Als Begleiter zum großen Smartphone kann das Gerät also durchaus dienen. Für den täglichen Einsatz jedoch wirkt das Gerät fast schon wieder zu klein.
Unsere Einschätzung
TCL möchte das Palm ab November für 350 US-Dollar verkaufen, also dann vermutlich irgendwann auch zu einem ähnlichen Euro-Preis. Dafür dass die Hersteller es als Begleitgerät positionieren, vielleicht als Alternative zu einer Smartwatch: nicht gerade wenig Geld.
Schöner hätte ich es gefunden, wenn das Palm einen größeren Akku spendiert bekommen hätte und die Hersteller es noch ein kleines bisschen größer gebaut hätten. Vielleicht wäre das allerdings auf Kosten des Alleinstellungsmerkmals gegangen. Denn interessant ist das Palm in seiner Ausstattung auf jeden Fall. Erste Kurztests attestieren ihm ein interessantes, eigenes Bedienkonzept. Ich bin sehr auf weitere Tests gespannt!
Bilder: Palm
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Moin! Interessantes Konzept, man müsste aber sehen wie es dann wirklich funktioniert (eine eSIM?). Display hätte ca. 4-4.5″ und „randlos“ sein sollen, dann wäre die Größe einerseits klein, aber auch bedienbarer. Bzgl. Akku, auch wenn es kein Hauptgerät sein soll, müsste es trotzdem 1 Tag Normalnutzung überstehen können.