Ich bin introvertiert. Ich nutze Kopfhörer, um mich abzuschirmen. Wenn ich mich konzentriere, möchte ich nicht hören, was andere reden. Das lenkt mich bloß ab.
Ich will auch nicht, dass andere hören, was ich höre. Keiner muss mitbekommen, dass ich etwas über Verbrechen höre, wenn ich an der Fleischtheke Blutwurst kaufe. Oder im Bus über Sex. Oder im Hipstercafé über Onlinemarketing. Letzteres würde sogar passen, doch ich möchte bitte nicht darauf angesprochen werden. Erst recht nicht von solchen Leuten.
Mein Kopfhörer soll nicht nur ausstrahlen: Lasst mich gefälligst in Ruhe. Er soll das auch technisch umsetzen. Der ideale Kopfhörer schirmt mich von außen ab. Er hat eine Over-ear-Bauform mit guter passiver Geräuschunterdrückung und dazu noch Active Noise Cancelling (ANC).
Möglichst flach
Doch so ein Kopfhörer passt nicht immer. Abends liege ich oft noch lange im Bett und kann nicht einschlafen. Statt unnötig Gedanken zu wälzen, höre ich gerne Podcasts, manchmal auch Webradio oder Musik.
Allerdings liege ich dann auf der Seite. Daher bevorzuge ich Kopfhörer, die flach sind und nicht zu weit aus dem Ohr herausragen. Das läuft dann auf kabelgebundene In-Ear-Kopfhörer hinaus. Sie kommen ohne Bluetooth-Sender und Akku aus und verschwinden größtenteils in der Hörmuschel.
Earbuds statt In-Ear
Den Gehörgang sollen sie mir allerdings nicht verschließen. Ich bevorzuge Earbuds, die lediglich auf dem Gehörgang aufliegen, gegenüber wirklichen In-Ear-Kopfhörern.
Ich möchte zwar nicht viel von der Umwelt mitbekommen, aber auch nichts verpassen: Autos im Straßenverkehr, Paketboten an der Tür, meine Frau, die fragt, ob ich nicht Pause machen und mit ihr einen Tee trinken möchte.
In-Ear-Kopfhörer halten bei mir auch gar nicht. Für einen sicheren Halt brauche ich noch diese kleinen Flügel. Die gibt es meist jedoch nur in Kombination mit den Earbuds.
Zudem sollten Gehörgänge nicht verschlossen werden. Zumindest nicht über längere Zeit. Es sind ja Körperöffnungen. Mein Ohren signalisieren mir recht deutlich, dass sie das nicht wollen.
Funk statt Kabel
Eigentlich wäre damit klar: ein großer ANC-Kopfhörer für die Arbeit und für Reisen sowie kabelgebundene Earbuds zum Einschlafen und für den Gang zum Supermarkt oder ins Grüne.
Ideal ist das auch nicht. Wie oft schon habe ich mit der Hand im Kabel eingefädelt, wenn ich schnellen Schrittes unterwegs war. Im besten Fall reißt es mir die Earbuds aus dem Ohr. Ich habe mir so aber auch schon das Smartphone aus der Gesäßtasche katapultiert. Nicht nur einmal.
Wenn ich an die Zukunft denke, kann ich kabelgebunde Kopfhörer ebenfalls nicht empfehlen. Immer mehr Smartphones erscheinen ohne 3,5-mm-Klinke-Buchse. Da lassen sich dann nur noch Bluetooth-Kopfhörer anschließen.
Nur Probleme mit Bluetooth
Zwei Bluetooth-Kopfhörer mit zwei Geräten zu verbinden, ist aber auch nicht so einfach. Bei beiden Bauformen will ich bleiben und beide an Smartphone und Laptop nutzen. Doch woher wissen die vier Geräte dann, wie sie sich untereinander koppeln sollen? Nein, Apps sind nicht die Lösung.
Wie ihr den perfekten kabellosen Kopfhörer findet (Spoiler: durch radikales Aussortieren)
Wie oft schon habe ich einen wichtigen Anruf angenommen und der Ton war nicht auf dem Headset, das ich gerade auf hatte, sondern irgendwo anders. Meist liegt das nicht einmal an der ménage à quatre, sondern an der Verschlimmbesserung durch die Gerätehersteller.
Bluetooth-Updates lösen nur selten Probleme. Meistens schaffen sie neue. Sämtliche Audio-Konstellationen, die ich mal eingerichtet hatte, wurden in den letzen Monaten instabiler. Eine schweigt sogar für immer.
Es kann nicht nur einen geben
Die eierlegende Wollmilchsau unter den Kopfhörern gibt es nicht. Apple will sie mit den Airpods erfunden haben. Ich beneide aufrichtig alle, für die sie passen, gehöre aber leider nicht dazu. Andere True-Wireless-Kopfhörer fallen bei mir aus den gleichen Gründen durch.
Der Widerspruch lässt sich auch nicht auflösen. Ich bevorzuge große Over-ear-Kopfhörer wie auch flache Earbuds – je nach Situation. Das eine Gerät wird es deshalb für mich wohl nie geben.
Die Lösung müsste bringen, wie sich die Geräte miteinander verbinden. Der eingebaute Automatismus jedenfalls funktioniert nicht. Gerätehersteller können einfach keine Software. Jedenfalls nicht im Audiobereich. Noch nicht.
Was anderes als Bluetooth
Es müsste einen offenen Standard geben und die Hersteller verpflichtet werden, sich daran zu halten. Bluetooth ist es leider nicht. Es muss klar sein, unter welchen Voraussetzungen ein Gerät die Funkverbindung von einem anderen übernimmt.
Vor allem aber muss es eine Benutzerführung geben, die schnell und intuitiv erfolgt. User Experience darf nicht bloß ein Marketingbegriff sein.
Wenn bei mir die Bluetoothverbindung hakt, greife ich erst einmal zum Smartphone, schalte das Display an, gebe meine PIN ein, suche die App im App Drawer, warte, bis sie sich geöffnet hat, versuche mich zu erinnern, hinter welchem Marketingbegriff sich die passende Einstellung verbirgt und versuche mit Glück die richtige auszuwählen.
Habt ihr mitgestoppt, wie lange das dauert?
Und der Klang?
Ein Beitrag über Kopfhörer, bei dem es gar nicht um den Klang geht? Normalerweise schreibe ich an dieser Stelle, dass ich nicht audiophil bin, es mir vielmehr um die praktischen Aspekte des Musikhörens geht.
Doch letztens hat mein kabelgebundener Kopfhörer aus der Preisklasse knapp unter 100 Euro Kabelbruch erlitten. Aus einer Schublade zauberte ich den 10-Euro-Ersatz hervor, den ich für solche Situationen aufbewahre. Der Ton war grottenschlecht.
Ich habe sehr wohl Ansprüche an den Klang, aber auch die Erfahrung gemacht, dass mit dem Preis auch die Qualität steigt. Ich brauche keine Premium-Kopfhörer, die obere Mittelklasse bietet mir einen Ton, der mich nicht permanent stört – anders als Bauform und Verbindungsprobleme.
Etwas ist ja immer.
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