Wieso eigentlich jubelt der Nachbar bereits, wenn auf eurem Bildschirm Kroos den Ball erst zu Reus durchsteckt? Wahrscheinlich streamt ihr das Spiel über das Internet, während der Nachbar die Bilder über eine Sat-Schüssel empfängt. Der Unterschied kann bis zu einer Minute betragen.
Gleich mehrere Faktoren können die Übertragung ausbremsen. Zuerst müssen die Bilder aus dem Stadion für jede Übertragungsart speziell aufbereitet werden. Das braucht schon mal etwas Zeit – bei HD etwas länger als bei der einfachen SD-Auflösung. Bis zu einer Sekunde kann die Differenz betragen.
Schneller als das Internet
Messungen haben auch ergeben, dass die beiden Sender ARD und ZDF dafür unterschiedlich lange benötigen, obwohl sie eigentlich die gleiche Technik nutzen. Wir haben zur WM 2014 und zur Euro 2016 selbst gemessen und uns auch die Ergebnisse anderer Redaktionen angeschaut. Es gibt immer leichte Abweichungen und auch zur WM können diese nochmals anders ausfallen. Doch eines ist klar: Sat ist einfach am schnellsten. Darauf folgt Kabel und DVB-T2.
Es gilt auch: Bilder in geringer Auflösung sind schneller bei euch als in Full-HD oder 4K. Und analog ist schneller als digital. Doch das sind vergleichbar geringe Effekte. Nur die Übertragung über das Internet ist merklich langsamer. Bei IPTV-Angeboten wie T-Entertain ist der Abstand noch gering, bei den Livestreams der Mediatheken sowie bei Anbietern wie Zattoo oder Magine kann der Rückstand jedoch bis zu einer Minute betragen.
Satellit
Das hört sich nach einem Widerspruch an: Obwohl das Bild den längsten Weg hinter sich hat, wenn es über einen Satelliten geschickt wird, kommt es dennoch am schnellsten an. Ein Vorteil der Satellitentechnik ist, dass die Datenpakete nicht in einen Stau geraten können und es beim Empfang keine Probleme gibt – höchstens bei extrem schlechtem Wetter.
Wer seinen Fernseher mit einer Sat-Schüssel verbunden hat, kann die öffentlich-rechtlichen Sender, die die Fußball-WM 2018 übertragen, problemlos empfangen. Für die Übertragung in HD werden keine Extrakosten verlangt.
Kabelanschluss
Wer sich ein Fußballspiel auf einem TV-Gerät mit DVB-C-Receiver anschaut, sieht das Bild im Vergleich mit dem Nachbarn, der eine Sat-Schüssel am Balkon hängen hat, zwei bis sechs Sekunden später.
Bei einem der wenigen analogen Kabelanschlüsse geht es vielleicht ein Tickchen schneller – was aber auch kein Trost ist, wenn nebenan schon laut aufgestöhnt wird, während es auf dem eigenen Bildschirm noch nach einer eindeutigen Torchance aussieht. Auch hier gilt: Die schnelle Bildübertragung kommt von einer freien Leitung.
DVB-T2
Beim Empfang über die DVB-T2-Antenne erhaltet ihr das Fernsehsignal fast zeitgleich mit dem Nachbarn, der über Kabel schaut. Denn auch beim Überallfernsehen handelt es sich um eine Broadcasting-Technik. Hier wird das Signal per Funk ausgestrahlt und von einer Zimmerantenne empfangen.
Ein Vorteil von DVB-T2 ist, dass ihr den Fernseher plus Antenne einfach in den Garten mitnehmen könnt. Ihr solltet dann nur keinen Nachbarn haben, der über die Sat-Schüssel schaut. Der ist euch dann zwei bis fünf Sekunden voraus.
IPTV: T-Entertain und Vodafone TV
Wenn das Bild über das Internet ins Haus kommt, muss unterschieden werden, wie das Signal übertragen wird. IPTV-Angebote wie Telekom Entertain oder Vodafone TV nutzen die hohe Bandbreite der Internetanschlüsse, damit die Datenpakete immer frei Bahn haben.
Auch wenn die Bilder in einzelne Datenpakte zerlegt und bei euch zuhause wieder zusammengesetzt werden, soll die Latenz bei IPTV nur sechs bis neun Sekunden betragen – was auf dem Fußballfeld allerdings ein kompletter Spielzug sein kann. Hier jubelt sogar der Nachbar mit dem Kabelanschluss früher, wenn ein Tor fällt. Im Einzelfall kann es aber auch umgekehrt sein.
Live-Stream in der Mediathek
Beim Live-Stream aus der Mediathek von ARD oder ZDF ist dieses Phänomen noch extremer. Da hier die Pakete auf freien Wegen zum Rechner kommen, lauert früher oder später ein Flaschenhals. Gerade wenn viele gleichzeitig gucken wie jetzt bei der Fußball-Weltmeisterschaft, kommt es schnell zu Engpässen. Das Bild friert ein, und der Zuschauer muss warten, bis der Puffer wieder gefüllt ist. Dann erst läuft das Bild weiter.
Um das zu vermeiden, wird der Live-Stream mit einiger Verzögerung gesendet. Wir haben bei der Übertragung eines EM-Spiels vor zwei Jahren nachgemessen: Der Live-Stream lag 50 Sekunden hinter dem Bild, das uns über eine Satellitenschüssel erreicht hat.
Zattoo und Magine
Da bei diesem Live-Stream seinerzeit tatsächlich das Bild immer wieder einfror, haben wir uns noch die Übertragung über Zattoo angeschaut. Ebenso wie bei Magine, TVSpielfilm und TV.de können dort die einzelnen Fernsehprogramme im Browser angeschaut werden. Private Sender sowie HD-Kanäle gibt es aber nur gegen Aufpreis.
Die WM-Spiele können daher nur in einer vergleichsweise bescheidenden Qualität angesehen werden – in unserem Fall allerdings ohne Ruckeln. Auch hier haben wir nachgemessen: Der Abstand zur Sat-Übertragung betrug sogar 65 Sekunden.
WaipuTV, ein weiterer Streamingdienst, nutzt das Glasfasernetz seiner Mutterfirma, um diese Verzögerung auf wenige Sekunden zu reduzieren. Auf diese Weise könnte die Übertragung übers Internet sogar schneller sein als per Kabel oder DVB-T2. Voraussetzung ist aber der kostenpflichtige Perfect-Account sowie eine Übertragung per FireTV auf den Fernseher. Die Beschleunigung gibt es auch nur für die Sender ARD und ZDF und auch nur während der WM.
Nicht aufs Internet verlassen
Ihr müsst für euch entscheiden, ob es eine Rolle spielt, über welchen Fernsehanschluss ihr die Spiele der Fußball-WM schauen wollt. Wenn ihr bloß in eurem Wohnzimmer sitzt, die Fenster geschlossen haltet und auch keinen Nachbarn hören könnt, ist das sicherlich egal. Aber was, wenn ihr zu den ersten gehören wollt, die das Tor sehen?
Wenn ihr über einen Sat- oder Kabelanschluss verfügt, seid ihr bereits auf der richtigen Seite. Auch mit einem DVB-T2-Anschluss könnt ihr nichts falsch machen. Hier besteht sogar der Vorteil, dass ihr diesen mit in den Garten nehmen könnt.
Allen anderen, bei denen die Bilder über das Internet kommen, sei empfohlen, sich zum Fußballschauen an einen Ort zurückzuziehen, an dem die Nachbarn nicht so gut zu hören sind – oder am besten gleich mit den Nachbarn zu feiern. Dann bietet sich auch ein Beamer an, der ein größeres Bild erzeugt als ein Fernseher.
Für alle ohne Fernseher
Für alle, die keinen Fernseher besitzen und sich nicht auf den instabilen Datenstrom eines womöglich langsamen Internets verlassen möchten, gibt es einfache und kostengünstige Lösung: Holt euch einen DVB-T2-Receiver und schließt diesen an euren Computer-Monitor an. Beide sollten dafür einen HDMI-Anschluss haben.
Beitragsbild: Pixabay/2247188
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