Motorolas Marke Moto G ist mittlerweile eine Ikone, die seit Jahren für zuverlässige Qualität in der Mittelklasse steht. Kürzlich gab es hier einen Neustart. Auf die alte Nomenklatur wie Moto G Play, Plus und Power folgen durch 10 teilbare Nummern und das „Mittelklasse-Flaggschiff“ Moto G100. Die Moto G30 und G10 in meinem Test siedeln sich hier in der Mitte und am Ende des neuen Spektrums an. Dabei können sie insgesamt überzeugen – wenn auch nicht restlos.
Chic und mit viel Rand
Beim Auspacken und Einschalten fällt eigentlich schon auf, dass sich das Moto G30 und das G10 beinahe ähneln wie ein Ei dem anderen. Schaue ich mir jetzt das Titelbild oben an, bin ich froh, dass ich beiden Geräten ein unterschiedliches Hintergrundbild verpasst habe. Ich hätte sie sonst nicht mehr unterscheiden können. Beide Smartphones sind in etwa gleich schwer und genau gleich groß.
Die einzigen merkbaren äußeren Unterschiede findet ihr an der Rückseite. Die ist beim Moto G10 angenehm geriffelt – was insgesamt noch etwas griffiger wirkt als beim Moto G30. Die beiden Kamerasysteme unterscheiden sich optisch nur anhand der Aufschrift – die Kamera des G30 löst mit 64 MP auf, die des G10 mit 48.
Beide Phones haben den Fingerabdrucksensor auf der Rückseite und alle haptischen Knöpfe auf einer Seite: neben dem geriffelten Einschaltknopf noch eine Lautstärkewippe und einen dedizierten Google-Assistant-Button.
Den hätte es in meinen Augen nicht zwingend gebraucht. Er stört aber ganz oben am Gehäuse überraschend wenig. Und: wirklich hübsch sind die Rückseiten der beiden neuen G-Phones geworden. Und da Motorola neben einem Ladekabel und -stecker (!) auch eine transparente Silikonhülle gleich beilegt, habt ihr im Vergleich zu Smartphones mit anderen Hüllen sogar etwas davon.
Schön, dass Motorola sich bei beiden Geräten vorne für eine sparsame Tropfen-Notch entschieden hat. Die Display-Ränder hätten für meinen Geschmack allerdings noch etwas schmaler ausfallen können. Motorola gibt ein Display-Gehäuse-Verhältnis von 85 Prozent an. Das ist erstaunlicherweise nur 5 Prozent weniger als im Oppo Find X3 Pro oder im Samsung Galaxy S21 Ultra.
Moto G30 vs. Moto G10: Technische Daten
Moto G30 | Moto G10 |
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6,5-Zoll-LC-Display mit bis zu 90 Hertz HD+-Auflösung: 1600 x 720 (269 ppi) Display-Gehäuse-Verhältnis: 85 Prozent | 6,5-Zoll-LC-Display HD+-Auflösung: 1600 x 720 (269 ppi) Display-Gehäuse-Verhältnis: 85 Prozent |
Qualcomm Snapdragon 662 Octacore-Prozessor mit 2 GHz Adreno 610 GPU (950 MHz) | Qualcomm Snapdragon 480 Octacore-Prozessor mit 1,8 GHz Adreno 610 GPU (600 MHz) |
128 GB Speicher (erweiterbar), 4 oder 6 GB RAM | 64 GB Speicher (erweiterbar), 4 GB RAM |
Quadkamera 64 MP Hauptkamera (Weitwinkel), ƒ/1,7, Pixelgröße: 1,4 µm), Quad-Pixel-Technologie (Pixel-Binning, fasst 4 Pixel zu 1 zusammen) 8 MP Ultraweitwinkel (ƒ/2,2, 1,12 µm) 2 MP Macro-Kamera (ƒ/2,4, 1,75 µm) 2 MP Tiefensensor (ƒ/2,4, 1,75 µm) | Quadkamera 48 MP Hauptkamera, ƒ/1,7, Pixelgröße: 1,6 µm, Quad-Pixel-Technologie (Pixel-Binning, fasst 4 Pixel zu 1 zusammen) 8 MP Ultraweitwinkel (ƒ/2,2, 1,12 µm) 2 MP Macro-Kamera (ƒ/2,4, 1,75 µm) 2 MP Tiefensensor (ƒ/2,4, 1,75 µm) |
Videoformate: Bis Full HD mit 60 fps in der Hauptkamera | Videoformate: Bis Full HD mit 60 fps in der Hauptkamera |
LTE, USB 2.0 (Typ-C), Bluetooth 5.0, WiFi 5, NFC, Gehäuse spitzwassergeschützt nach IP52, Fingerabdrucksensor auf der Rückseite, dezidierter Google-Assistant-Button, Ladekabel und -stecker im Lieferumfang, Gewicht: 197 Gramm | LTE, USB 2.0 (Typ-C), Bluetooth 5.0, WiFi 5, NFC, Gehäuse spitzwassergeschützt nach IP52, Fingerabdrucksensor auf der Rückseite, dezidierter Google-Assistant-Button, Ladekabel und -stecker im Lieferumfang,Gewicht: 200 Gramm |
Akku: 5.000 mAh, 15-Watt-Schnelllademodus | Akku: 5.000 mAh, 10-Watt-Ladestandard (kein Schnelllademodus) |
1 Lautsprecher an der Unterseite, 2 Mikrofone, 3,5-mm-Audioklinke | 1 Lautsprecher an der Unterseite, 1 Mikrofon, 3,5-mm-Audioklinke |
Android 11 mit My UX | Android 11 mit My UX |
UVP: 189,99 Euro mit 6 GB RAM | UVP: 149,99 Euro mit 4 GB RAM |
Die Unterschiede in der Ausstattung
An der Tabelle seht ihr, dass die beiden Smartphones sich nur in wenigen Details unterscheiden. Beide setzen in ihren Kameras Pixel-Binning ein, was jeweils 4 Pixel zu 1 zusammenfasst. Das Moto G30 löst in der Hauptkamera dabei mit 64 Megapixeln auf, das G10 mit 48 MP. Ansonsten ist das Quadkamera-System bei beiden Geräten gleich. Ebenso die Gehäusegröße und (fast genau) das Gewicht.
In beiden Geräten steckt außerdem das gleiche Display – bis auf den kleinen Unterschied, dass dieses im G30 für eine flüssigere Darstellung wahlweise mit 90 statt 60 Hertz arbeitet. Mit dem Snapdragon 662 gegenüber dem 480 ist im G30 der etwas bessere Prozessor drin und mit 128 GB Flash und 6 GB RAM mehr Speicher. Dazu gibt es noch ein Mikrofon mehr und einen Schnelllademodus, worauf das G10 verzichten muss.
Beide Smartphones verfügen nur über LTE statt 5G, WiFi 5 statt dem moderneren WiFi 6(E). Gegenüber Mittelklasse- und Spitzensmartphones fehlen außerdem OLED-Display, höhere Auflösungen der Videokamera, ein schnelleres und kabelloses Laden und generell eine schnellere Reaktionszeit. Positiv an der Ausstattung sind der jeweils großzügig bemessene 5.000-mAh-Akku und die kleine Tropfennotch um die Frontkamera.
Moto G30 und G10: Displays nur Standard
Schon beim Test des Motorola Moto G6 sowie bei anderen Geräten fiel mir auf, was sich jetzt wieder bewahrheitet: Bilder, die ihr mit einem Motorola-Smartphone schießt, sehen später am Rechner nicht selten weit besser aus als auf den Displays der Geräte.
Das kann natürlich in diesem Falle daran liegen, dass Motorola im Moto G30 und G10 LC-Displays statt der meist sehr viel farbenfroheren OLEDs einsetzt. Und ich sage es gleich: berauschend sind diese Displays nicht, besonders wenn ihr ansonsten OLED gewohnt seid. Die Farben wirken verwaschen, die Auflösung nicht so crisp wie bei teureren Smartphones und nicht zuletzt sind sie auch nicht besonders hell.
Ich hatte beide Geräte selbst bei normalen Lichtverhältnissen meist zwischen 80 und 90 Prozent Helligkeit eingestellt, um überhaupt etwas zu erkennen. Im gleißenden Sonnenlicht dürftet ihr Schwierigkeiten bekommen.
Das Schmankerl des Moto G30 machte sich in der Tat bei einigen Anwendungen bezahlt: Ihr könnt hier wahlweise mit 90 statt 60 Hertz Bildwiederholrate arbeiten. Das bedeutet etwa ein flüssigeres Scrollen und schont die Augen.
Bei den Displays wechseln also Licht und Schatten. Nicht vergessen dürfen wir aber auch, von welcher Preisklasse wir hier sprechen: Sowohl das Moto G30 als auch das G10 kosten deutlich unter 200 Euro.
Kameras: Gute Bildqualität, ausbaufähige Reaktionszeit
Wie oben bereits erwähnt: Gebt den Bildern, die ihr mit dem Moto G30 oder dem G10 geschossen habt, eine zweite Chance auf eurem Rechner. Denn dort sehen sie oft viel besser aus: gut belichtet, ein meist ausgewogener Dynamikumfang und ganz selten mal zu helle oder zu dunkle Fotos.
Um letztere zu vermeiden, ist in beiden Kameras außerdem ein Nachtmodus eingebaut. Dessen Qualität würde ich als solide bezeichnen. Er zaubert die normalen Bilder merklich heller, mindert aber das Rauschen nicht.
Das Quadkamera-System (Ultraweitwinkel, Weitwinkel, Tiefensensor und Macro) sorgt in beiden Geräten bei guten Lichtverhältnissen für ordentliche Fotos:
Nachts können die Ergebnisse dafür nicht immer überzeugen.
So schön das Vorhandensein einer Macro-Kamera in dieser Preisklasse ist: den Bildern sieht man die geringe Qualität leider an, besonders wenn die Lichtverhältnisse etwas schlechter werden:
Zu viele Megapixel im Moto G30?
Als Pferdefuß beider Kameras stellte sich bei mir im Test allerdings die Auslöseverzögerung heraus. Die Kameras mögen schnell bereit sein und auch der Autofokus verrichtet zackig seinen Dienst. Bis nach dem Druck auf den Auslöser allerdings der Auslöseton erfolgte und das Bild im Kasten war, dauerte es einen merklichen Moment. Abends sollte ich die Kamera teilweise sogar mehrere Sekunden still halten, um mit dem Nachtmodus zu fotografieren.
Etwas überraschend: Nachtmodus und Auslöseverzögerung waren beim Moto G30 sogar noch etwas höher als beim G10, das eigentlich den langsameren Prozessor hat. Ich vermute, die mit 64 MP höhere Auflösung beim G30 ist das Problem, weil sie länger dafür braucht, um über das Pixel-Binning-Prinzip 4 Pixel zu 1 und dann einem 16-MP-Bild zusammenzurechnen. Beim G10 geht es von 48 auf 12 MP herunter.
Schlechter sind die Bilder des M10 deswegen übrigens nicht, teils sogar im Gegenteil.
Geschwindigkeit: Moto G30 nur knapp vor dem G10
Die Reaktionszeit der Kamera entpuppt sich bei beiden Geräten als nicht ganz optimal, aber erträglich. Apps starten ansonsten zügig, wenn auch gegenüber eines Highend-Smartphones mit merklicher Verzögerung. Das G10 brauchte in der Einrichtung etwas länger, um alle Einstellungen zu übernehmen. Hier erlebte ich es aufgrund des geringer bemessenen Arbeitsspeichers auch häufiger mal, dass Apps neu starten mussten.
Schnell hingegen präsentierten sich beide Geräte beim Entsperren mit dem Fingerabdrucksensor. Meistens genügte es, den Finger wirklich nur kurz aufzulegen, wobei das G10 sich etwas häufiger weigerte, meinen rechten Zeigefinger zu erkennen als das G30.
Software: Einrichtung und Alltag
Ich bin eigentlich Fan von Motorolas My-UX-Oberfläche. Aber diesmal haben mich einige Details genervt, und das gilt für beide Geräte gleichermaßen. Im noch vertretbar langen Einrichtungsprozess wusste ich nie so recht, ob ich jetzt schon damit fertig bin oder nicht.
Ab dem Punkt, ob ich ein Smart Display einrichten soll oder nicht, gibt es keinen weiteren Schritt, der Nutzer*innen durch den Prozess führt. Im Hintergrund läuft er aber heimlich weiter und bleibt beim Laden von 9 von 12 Apps hängen:
Nicht all zu viel Bloatware von Motorola selbst, dafür von Google – geschenkt. Aber eingangs beinahe sekündlich eintrudelnde, markerschütternde Klingeltöne und ein verwirrendes UI. Wofür etwa steht jetzt dieser Schiebregeler? Ein- oder ausgeschaltet?
My UX lässt sich umfangreich anpassen und auch ganz stumm schalten. Ihr müsst das aber erst einmal tun und braucht dafür gut und gerne eine Stunde, bis alles ruhig ist. Verschenkte Zeit.
Dass danach das meiste wie aus einem Guss funktioniert und dabei gut aussieht, möchte ich fairerweise aber auch nicht verschweigen. Motorola setzt die Bewegungs- und Näherungssensoren so ein, dass sie neue Benachrichtigungen in einer Vorschau im Display kurz einblenden, wenn sie euch wahrnehmen.
Die Gestensteuerung ist recht intuitiv und in der Moto-App könnt ihr weitere Gesten festlegen, um etwa schnell Screenshots aufzunehmen.
Moto G30: Vor- und Nachteile
Das Motorola Moto G30 entpuppte sich insgesamt als zuverlässiger, noch durchaus handlicher Begleiter. In positiver Erinnerung werden mir vor allem das ansprechende Design und die lange Akkulaufzeit bleiben. In negativer Erinnerung vor allem die erstaunlich träge Kamera, auch wenn sie letztendlich ordentliche Bilder macht.
Am Moto G30 gefielen mir:
- Die insgesamt vertretbare Reaktionszeit
- Das schöne Design
- Die tagsüber guten Bilder der Quadkamera
- Die flüssige Bildwiederholrate bei 90 Hertz
- Der schnell reagierende Fingerabdrucksensor
- Der enorm ausdauernde Akku
- Das Vorhandensein einer Macro-Kamera
- Und das eines Schnelllademodus‘
Was mir nicht so gut gefiel:
- Das insgesamt etwas farblose und nicht besonders helle Display
- Die gerade bei Dunkelheit erstaunlich langsame Reaktionszeit der Kamera
- Die enttäuschende Qualität der Macro-Kamera
- Der verwirrende Einrichtungsprozess
Moto G10: Vor- und Nachteile
Leicht unter-moto-risiert für eine Mittelklasse – wenn das Moto G10 überhaupt noch als solche durchgeht. Das G10 ist wohl das Äquivalent zu den früheren G-Play-Modellen, hart an der Grenze zur Einstiegsklasse. Klar hätte ihm etwas mehr Leistung gut getan, für den Preis (150 Euro) geht das Ergebnis aber in Ordnung, zumal die Kamera noch etwas schneller auslöst als im G30.
In guter Einnerung wird mit die angenehme Struktur der Rückseite bleiben, der Akku, der kaum totzukriegen ist, und die Qualität der Kamera, die sich vor dem des G30 keinesfalls zu verstecken braucht. Nicht so toll sind am G10 der geringe freie Speicher (unter 50 GB) und der nicht immer zuverlässige Fingerabdrucksensor.
Am Moto G10 gefielen mir:
- Das schöne Design
- Und die angenehm griffige Rückseite
- Die Kamera, die ebenso gute Bilder schießt wie das G30
- Und dabei sogar noch etwas reaktionsschneller ist
- Das Vorhandensein einer Macro-Kamera
- Die enorme Akkulaufzeit
Was mir nicht so gut gefiel:
- Der leicht träge Prozessor
- Das etwas verwaschen wirkende und nicht besonders helle Display
- Die nicht überzeugende Qualität der Macro-Kamera
- Der verwirrende Einrichtungsprozess
- Insgesamt wenig freier Speicher
Motorolas Produktpolitik: Ein Rätselraten
Warum so viele Smartphones? Die Frage muss erlaubt sein. Natürlich ist Motorola keinesfalls der einzige Hersteller mit mittlerweile Dutzenden Geräten im Angebot. Die Unsitte greift seit längerer Zeit um sich.
Ganze 40 Euro trennen das Moto G30 und das G10 preislich voneinander. Ein preislicher Unterschied, der zwar in Ordnung geht. In die Mitte beider Geräte ordnet Motorola aber gar noch das G50 ein, das ein etwas besseres G10 sein soll, auch wenn es in Deutschland vorerst wohl nicht auf den Markt kommen wird. Klar, jeder Hersteller möchte unterschiedliche Geldbeutel bedienen. Aber drei Smartphones, die sich nur unwesentlich voneinander unterscheiden, ist das wirklich nötig?
Zumal es bei den bisherigen vier Geräten der zehnten Moto G-Generation wohl nicht bleiben wird.
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Vielen Dank für diese altagstaugliche Bewertung, die meine Meinungsfindung super unterstützt hat. Ich habe mich für das G30 entschieden.
Ui, das freut mich. Gute Wahl! 🙂