Motorola Moto G6 im Test: Attraktive neue Durchschnittsklasse

Das Motorola Moto G6 offenbart sich im Test als das, was der Hersteller vorgesehen hat: solider Durchschnitt zu einem guten Preis. Wirklich enttäuschten konnte uns das Gerät deswegen kaum, es ist alles eine Frage des Blickwinkels.

Motorola Moto G6 im Test: Attraktive neue Durchschnittsklasse
Motorola Moto G6

Motorolas Moto G-Serie soll so etwas wie der goldene Durchschnitt der Smartphones sein. Deutlich besser als die Einstiegsklasse für 100 Euro oder noch darunter. Ebenso meilenweit aber auch von der Oberklasse entfernt. Motorola selbst hat zusammen mit Statista pünktlich zum Marktstart der mittlerweile sechsten Generation der Moto G-Reihe in einer Umfrage nachgewiesen, dass es deutschen Nutzern bei einem Smartphone auf gute Kerneigenschaften ankommt, weniger um moderne Extras wie eine herausragende Kamera.

Umfrage zu Smartphone-Eigenschaften. Quelle: Statista
Umfrage zu Smartphone-Eigenschaften. Quelle: Statista

Das mit der Kamera überrascht mich. Alles andere würde ich für die Preisklasse unterschreiben. Lange Akkulaufzeit, Schnelllademodus, leistungsfähiger Prozessor – jepp, das sind zumindest einige wichtige Faktoren für ein Smartphone. Motorola stellte mir nun ein Moto G6 zum Testen zur Verfügung, lustigerweise in Mitten der Schwestermodelle Moto G6 Play und Moto G6 Plus die goldene Mitte. Der Durchschnitt vom Durchschnitt sozusagen.

Der Durchschnitt von heute ist weit gekommen!

Und gleich beim Auspacken fällt auf: Der Durchschnitt ist mittlerweile weit gekommen, was die Optik angeht. Das Moto G6 gefällt mir durch ein modernes, hochwertig verarbeitetes Design. Nur wenig Rand, der Fingerabdrucksensor sparsam und wenig störend am Fuße des Displays eingebaut. Das sieht schon erheblich besser aus als das Vorjahresmodell Moto G5.

Fingerabdrucksensor im Moto G6
Fingerabdrucksensor im Moto G6

Die Druckpunkte der Volume- und der geriffelten Ein-Aus-Taste sind stimmig. Die Rückseite aus Plastik im eleganten Blau ist durchaus hübsch anzuschauen. Die Kamera ragt ein wenig heraus, was aber wenig stört und eher noch dafür sorgt, dass das Smartphone sich leichter vom Tisch aufheben lässt. Auf den ersten Blick ist das Moto G6 kaum von einem teureren Smartphone zu unterscheiden.

Fingerabdrucksensor funktioniert, Gesichtsentsperrung nicht

Was mir außerdem gut gefällt: Die Kartenschublade kann sowohl zwei Nano-Sim-Karten als auch eine Micro-SD-Speichererweiterung gleichzeitig beherbergen. Kann auch nicht jedes Gerät, selbst in oberen Preislagen. Weiter geht’s mit einem Schnelllademodus und einem Fingerabdrucksensor. Letzterer funktionierte bei mir gut, lediglich die Einrichtung, bei der man den Finger mehrmals abheben und einen anderen Teil des Fingers wieder draufsetzen muss, war reichtlich mühselig.

Nutzt man die Ein-Tasten-Steuerung mithilfe des Sensors, spart man sich die Android-Steuertasten und hat noch etwas mehr Display zur Verfügung. Was dafür bei mir nicht funktionierte, war die Gesichtsentsperrung. Die stellte sich schon bei der Aufnahme des Bildes etwas wirsch an – und funktionierte letztendlich nie, egal in welchem Winkel und Abstand ich das Telefon vom Gesicht entfernt hielt.

Dualkamera im Moto G6
Dualkamera im Moto G6

Eine Dualkamera ist auch drin, wobei dem Benutzer gar nicht auffallen wird, dass hier zwei Linsen verbaut sind. Auffällige Sondereffekte gibt es durch die zweite Linse nicht. Gefallen hat mir Test größtenteils das Display. Im 18:9-Format, mit Full HD ausgestattet. Lediglich bei gleißendem Sonnenlicht hatte ich mir das eine oder andere Mal gewünscht, es noch etwas heller stellen zu können. Farbtiefe, Blickwinkel und Darstellung zumindest gefielen mir gut.

Glasrückseite des Moto G6: Leider etwas anfällig für Fingerabdrücke
Glasrückseite des Moto G6: Leider etwas anfällig für Fingerabdrücke

Ebenso die Handlichkeit des Geräts. 5,7 Zoll klingen enorm. Dank des Display-Formats, der – meistens – griffigen Glas-Rückseite und auch der mitgelieferten Silikonhülle konnte ich das Moto G6 aber gut mit einer Hand halten und zumindest die unteren 2/3 des Bildschirms mit dem Daumen gut erreichen. Die Gehäuse-Rückseite verbindet eine etwas unschöne Rille mit der Oberseite. Dass das Gehäuse auch nicht wirklich wasserfest ist, sondern nur wasserabweisend – für mich kein Problem, solange man darüber Bescheid weiß. In diese Preisklasse sowieso.

Zu gemütlich: Der vielleicht größte Nachteil am Moto G6

Kommen wir zum größten Pferdefuß des Geräts: dem Prozessor. Nein, furchtbar langsam ist der Snapdragon 450 im Moto G6 nicht. Er verjonglierte sich aber all zu oft, wenn ich mehrere Apps wie die Navigation mit Google Maps, WhatsApp und der Kamera im schnellen Wechsel betreiben wollte. Das Gerät wurde dann merklich langsamer und weniger reaktionsschnell. Teilweise fror es kurzzeitig ein oder brachte Apps zum Absturz.

Nur immer langsam mit den jungen Smartphones – sonst stürzen Apps, wie hier GMail, auch schon einmal ab.
Nur immer langsam mit den jungen Smartphones – sonst stürzen Apps, wie hier GMail, auch schon einmal ab.

Schade, dass Motorola in der Statistik nicht auch auf ein angenehmes Multitasking eingegangen ist. Denn beim Moto G6 erlebte ich oft, dass eine gerade noch geöffnete App neu starten musste, wenn ich zu ihr zurückkehren wollte. Das kostet Zeit und Nerven, weil dadurch Speicherpunkte neu gesucht und Anfragen neu gestellt werden müssen.

Kamera okay, aber was träge

Vor allem aber bei der Kamera des Moto G6 fiel mir die Trägheit negativ auf. Der Autofokus ist sicher nicht der schnellste. Teilweise weigerte sich die Kamera aber auch standhaft, von mir vehement auf dem Display angetippte Objekte scharf zu stellen. Das Umstellen von Foto- auf Videomodus dauerte manchmal Sekunden. Völlig durch fällt in meinen Augen aber vor allem die mitgelieferte Objekterkennung. Sie erkannte Gegenstände oft einfach gar nicht und wenn, dann so spät, dass man den Finger schon auf der Aus-Taste hatte.

Zu viele Farben für die Linse. Der Hintergrund säuft ab.
Zu viele Farben für die Linse. Der Hintergrund säuft ab.

Die Bilder schafften es eben so selten, mich zu begeistern, wie mich zu enttäuschen. Einige meiner gefühlt besten Motive sahen später auf dem Rechner verwaschen aus und als würde ein Grauschleier über ihnen liegen. Auf der andere Seite wurde ich immer wieder überrascht. Einige Aufnahmen wirkten wegen zu hoher Kontraste oder zu wenig Licht auf dem Display misslungen – und stellten sich dann auf dem Rechner überraschend als ausgewogen belichtet und völlig brauchbar dar. Als würde auch die Kamera dieses Durchschnitts-Smartphones dafür sorgen, dass die Bilder zumindest Durchschnittsqualität haben.

Dieses kontrastreiche Motiv sah auf dem Display eigentlich völlig misslungen aus. Das Ergebnis allerdings: überraschend brauchbar.
Dieses kontrastreiche Motiv sah auf dem Display eigentlich völlig misslungen aus. Das Ergebnis allerdings: überraschend brauchbar.

Weitere Nachteile sind eigentlich beinahe vernachlässigbarer Natur. Dass Motorola auf WLAN ac und Bluetooth 5.0 verzichtet (4.2 ist drin) und es bei LTE Cat. 4 belässt (bis 150 Mbit/s im Downstream) dürfte den allermeisten Nutzern nicht einmal auffallen. Da schon eher, dass das Moto G6 mit nur einem Lautsprecher mit maximal okayem Klang auskommen muss.

Was ich eigenartig finde: Dass das Moto G6 mein heimisches WLAN gar nicht mehr finden wollte, als ich die SIM-Karte entfernte. Das eine ohne das andere scheint nicht vorgesehen. Anders als noch im Vorgänger Moto G5 (Testbericht) hatte ich diesmal allerdings keine Probleme damit, einen Kopfhörer daran anzuschließen und darüber Musik zu hören.

Auch der Akku ist (gehobener) Durchschnitt

Schön, dass Motorola hier weiterhin einen Klinkenstecker unterstützt, man aber auf Wunsch auch auf einen USB-C-Stecker ausweichen könnte. Ein FM-Radio-Tuner ist eingebaut. Ein Kopfhörer fehlt allerdings im Lieferumfang. Den müsst ihr selbst mitbringen.

Der Akku brachte mich meistens über den Tag, viel weiter aber auch nicht. Spätestens am nächsten Morgen musste das Gerät dann wieder an die Steckdose, bei eifriger Nutzung stromfressender Anwendungen wie Display, Navi und Kamera auch schon deutlich früher. Als segensreich entpuppte sich der integrierte Schnelllademodus. In einer guten Stunde war das Moto G6 wieder voll aufgeladen.

Motorola Moto G6 Oberfläche: alles rund
Motorola Moto G6 Oberfläche: alles rund

Motorolas Software-Oberfläche – ich erwähnte das bereits im Test des Moto X4 – gefällt mir persönlich sehr gut. Viele runde Icons, dazu das runde Uhrzeit-und-Wetter-Widget – insgesamt eine „runde“ Sache, im wahrsten Sinne des Wortes. Von den Moto-Gesten habe ich nur einige benutzt. Ein Highlight darunter ist die berührungslose Benachrichtigungs-Vorschau. Der Näherungssensor schaltet den Sperrbildschirm ein, wenn der Benutzer sich nähert. Drückt man einmal auf eins der Nachrichtensymbole, zum Beispiel von WhatsApp, zeigt das Gerät eine Vorschau der Nachrichten an.

Motorola Moto G6 Vorteile

Für den Preis eine tolle Ausstattung
Gehäuse gut verarbeitet, Glasrückseite
Zwei Sim- und eine Micro-SD-Karte gleichzeitig nutzbar
Angenehme Software-Oberfläche mit hilfreichen Gesten
Schnelllademodus, USB-C und Audioklinke
Sehr ordentlicher und platzsparender Fingerabdrucksensor
Speicher erweiterbar
Angenehm hoch auflösendes Display (FHD+)
Griffige Silikonhülle im Lieferumfang

Motorola G6 Nachteile

Reaktionsgeschwindigkeit eher behäbig
Gerade noch verwendete Apps müssen zu oft neu gestartet werden.
Keine guten Fotos bei schlechten Lichtverhältnissen
WLAN funktionierte ohne Sim-Karte nicht
Gehäuse und Display etwas anfällig für Fingerabdrücke
Maximale Display-Helligkeit in hellen Umgebungen zu gering.
Akkulaufzeit nur Durchschnitt
Kein WLAN ac, kein Bluetooth 5.0
Gesichtsentsperrung funktionierte in unserem Test nicht.

Fazit: Tolles Ding mit nur einer echten Schwäche

Die Statistik mag etwas anderes aussagen, aber was einem Smartphone-Nutzer nach und nach am störendsten auffallen wird, ist neben der Akkulaufzeit die Reaktionsgeschwindigkeit. Ein Smartphone, das einfach zu lange braucht, um zu reagieren, nervt. Das war beim Moto G6 zum Glück nicht immer der Fall, grundsätzlich reagierte das System ausreichend reaktionsschnell. Aber unter Last und mit verschiedenen Apps kam es dann doch immer wieder zu Problemen. Erfahrungsgemäß wird das über die Zeit nicht besser werden.

32 GB Speicher klingen auf den ersten Blick ausreichend. Ein wenig haute es mich aber schon um, dass das Moto G6 nach zwei Wochen meldete, der Speicher sei zu zwei Dritteln voll. Dabei hatte ich nur ein paar Apps installiert und das Gerät einmal zum Fotografieren und für ein paar Videos mit in Urlaub genommen. Ca. 25 GB des Speichers stehen dem Nutzer zu Verfügung. Das waren bei Motorola durchaus schon einmal weniger – ist aber so oder so gar nicht mal mehr so viel in heutiger Zeit.

Insgesamt ist das Moto G6 aber ein grundsolides Gerät mit einer – für den Preis – guten Ausstattung. Und geht man davon aus, dass der offizielle Verkaufspreis von 249 Euro über die Zeit wohl noch fallen wird, ist das ein ziemlich guter Deal. Toll, auf welch hohem Niveau der Durchschnitt inzwischen ist!

Motorola Moto G6 Testergebnis

Gehäuse/Display/Verarbeitung8.5/10
Maschinerie/Akku6.0/10
Ausstattung7.5/10
Kamera6.5/10
Software/Design8.5/10
Nutzungserlebnis7.5/10
Preis/Leistung9/10
Gesamtnote7,5

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