Internet für 0 Euro: Das viel zu schöne Giga-Fiber-Versprechen

Internetanschluss mit 250 MBit/s komplett gratis? Das will Giga Fiber bieten – aber einige Fragezeichen bleiben beim Null-Euro-„Schnäppchen“.

Internet für 0 Euro: Das viel zu schöne Giga-Fiber-Versprechen
Aufmacher

Wir alle sparen gerne Geld. Den Netflix-Account teilen wir mit Freunden und Familie, das Steam-Konto ist ebenfalls mit anderen Konten verknüpft und Schnäppchen sind uns lieber als die UVP. Wieso nicht beim Internetanschluss sparen – wenn doch der Anbieter Giga Fiber einen Netz-Zugang zum Nulltarif verspricht?

Inhalt:

Hohe Kosten für den Netzanschluss

Das Internet in Deutschland hat einen schlechten Ruf. Bei den Glasfaseranschlüssen hinkt die BRD fast allen anderen EU-Ländern hinterher. Immerhin sind die Gebühren für Breitbandinternet daheim mit durchschnittlich 31,58 Euro pro Monat die drittniedrigsten in Europa.

Für viele sind aber auch die Günstigtarife noch viel zu teuer. Wie wäre es stattdessen mit einem gratis Internetzugang mit 250 MBit/s?

Das bietet das Frankfurter Unternehmen Giga Fiber an. Weder für den Anschluss noch die Nutzung entstünden Kosten oder monatliche Gebühren, sagt das Unternehmen. Mehr noch: Giga-Fiber-Kunden sollen einen echten Glasfaseranschluss nutzen können.

Ein eigenes Glasfaser-Netz – irgendwann

Wie Giga Fiber die Glasfaserversorgung garantieren will, bleibt in den bisherigen Ankündigungen widersprüchlich. Einerseits will das Unternehmen eine eigene Glasfaser-Infrastruktur entlang des Schienennetzes der Deutschen Bahn bauen.

Andererseits kooperiert Giga Fiber eigenen Angaben zufolge mit bereits etablierten Providern, um möglichst viele Haushalte für den eigenen 0-Euro-Service zu gewinnen.

Das leuchtet ein, denn auch das Gratis-Angebot muss ein Unternehmen kalkulieren. Und wo es viele Interessenten gibt, lohnt sich das Aufbuddeln der Erde vor Ort zur Glasfaserverlegung oder die Kooperation mit bereits präsenten Kommunikationsunternehmen.

Giga Fiber schaltet die Anschlüsse nur auf, wenn es ausreichend Interessenten gibt. (Foto: Pexels / Pixabay)
Giga Fiber schaltet die Anschlüsse nur auf, wenn es ausreichend Interessenten gibt. (Foto: Pexels / Pixabay)

Um Giga Fiber nutzen zu können, musst du dir die kostenlose App für Android im Google Play Store oder iPhone im iTunes-Store herunterladen und dich registrieren. Dann passiert zunächst einmal nichts. Denn Giga Fiber schaltet die Anschlüsse überhaupt erst auf, wenn sich genügend teilnehmende Haushalte in deiner näheren Umgebung finden.

Wiederkehrende Zahlungen nur über Giga Fiber

Wie aber finanziert sich Giga Fiber? Die monatlichen Gebühren stellt dir Giga Fiber nicht in Rechnung. Das Unternehmen finanziert Ausbau und Bereitstellung des Netzanschlusses über einen eigenen Zahlungsdienstleister.

Gehst du nämlich einen Vertrag mit Giga Fiber ein, verpflichtest du dich für die Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten alle wiederkehrenden Zahlungen über einen von Giga Fiber zur Verfügung gestellten Payment-Service abzuwickeln. Zu diesen Überweisungen gehören beispielsweise Miete, die Nebenkosten, Strom und Energie sowie Darlehenszahlungen.

Der Giga-Fiber-Deal: Das Null-Euro-Netz gibt es nur, wenn du deine Zahlungen über einen bestimmten Dienstleister abwickelst. (Foto: Pexels / Pixabay)
Der Giga-Fiber-Deal: Das Null-Euro-Netz gibt es nur, wenn du deine Zahlungen über einen bestimmten Dienstleister abwickelst. (Foto: Pexels / Pixabay)

An solchen Überweisungen verdient immer ein Zahlungsdienstleister mit, auch wenn du nur deine Banking-App dazu nutzt. Giga Fiber dürfte an den Transaktionsgebühren verdienen und kann als Ass im Ärmel auch Zahlungsprofile deiner gesamten Nachbarschaft anfertigen, was sich ebenfalls geldwert bemerkbar machen dürfte.

„Moment“, denkst du vielleicht, „was, wenn ich den Bedingungen zustimme aber einfach alle Zahlungen wie gehabt weiterlaufen lasse?“

Nun: Verstößt du gegen die Vertragsbedingungen, behält es sich Giga Fiber vor, den Anschluss in Rechnung zu stellen. Das betrifft auch möglicherweise einen von Giga Fiber zur Verfügung gestellten Router, von dem hin und wieder die Rede ist. Um die Zahlungen und Finanzströme überwachen zu können, könnte Giga Fiber nämlich darauf bestehen, dass du einen eigens bereitgestellten Router nutzen musst.

Ein Rabatt von bis zu 80 Euro

So oder so könnte dich ein Vertragsbruch teuer zu stehen kommen. Denn echte Glasfaseranschlüsse kosten Privatkunden je nach Provider und gebuchter Geschwindigkeit zwischen 40 Euro und 120 Euro pro Monat.

Dass Giga Fiber nun einen 100-Prozent-Rabatt ermöglichen will, erinnert an die Frühzeit der Handys. Anno dazumal waren die Handyknochen für umgerechnet über 1.000 Euro oder noch teuer zu haben. Erst die massiven Subventionen auf 1 Euro oder gar ein kostenloses Vertragshandy brachten Schwung in den lange darbenden Mobilfunkmarkt.

Dass Handy kostet natürlich trotzdem einiges – der Provider legt die Kosten nur auf den Vertrag um. Und Ähnliches könnte Giga Fiber mit seinem Modell versuchen. Wie auch beim Handyvertrag deiner Wahl gibt es gegen Aufpreis Extras. So musst du fürs Geschwindigkeitsupgrade auf 1 GBit/s einen noch nicht näher bekannten Aufpreis aus eigener Tasche zahlen.

Seriöses Mitglied in Branchenverbänden

Derzeit sind aber vor allem Verbraucherschützer skeptisch. Giga Fiber verspräche viel, würde aber selten konkret. Ob und wann ein Ausbau erfolge, welche Partner man im Boot habe und was im Falle eines Vertragsbruchs an „Strafzahlungen“ zu entrichten wäre, bliebe vage.

Solche Fragezeichen sind normal, wenn ein Unternehmen gerade erst zu werkeln beginnt. Für einige Fragen hat Giga Fiber schon Antworten im Köcher, andere muss das Unternehmen in Details klären.

Dem Startup ein unseriöses Gebaren zu unterstellen, wäre aber unfair. Denn Giga Fiber ist Mitglied in den Branchenverbänden Breko und VATM. Das spricht für eine gewisse Seriosität – anders als etwa bei Nonoki, das Musikstreaming für lau verspricht.

Im Branchenverband BREKO sind viele namhafte, seriöse Unternehmen zusammengeschlossen. (Eigener Screenshot)
Im Branchenverband Breko sind viele namhafte, seriöse Unternehmen zusammengeschlossen. (Eigener Screenshot)

Natürlich würde man auch gerne wissen, wie sich das Startup finanziert. Aber auch das gehört zur vertraulichen Geschäftigkeit eines Startups, zunächst einmal Unterstützer zu werben – nicht unbedingt in aller Öffentlichkeit, sondern in den Meetingräumen dieser Republik. Auf der Presseseite heißt, Giga Fiber werde getragen von „einem Konsortium von von [sic!] Institutionellen [sic!] Anlegern“.

Aber ja, man würde Giga Fiber wünschen, die Fragezeichen auszuräumen und somit Kunden entscheiden zu lassen, ob das Null-Euro-Angebot eines ist, das man annehmen möchte. Zwar im Tausch gegen neue Zahlungswege – aber dafür mit einer großen monatlichen Ersparnis.

Wir jedenfalls sind gespannt, ob Giga Fiber seine schönen Versprechen alsbald in die Tat umsetzt.

(Aufmacher: Pexels / Guillaume Meurice)

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