„Spotify-Killer“ Nonoki: Kostenlos kurios

Hinter Nonoki verbirgt sich ein minikleines Musik-Startup mit interessanter, aber wackeliger Geschäftsidee.

„Spotify-Killer“ Nonoki: Kostenlos kurios

Kleiner Spoiler zum Anfang: Das hier ist kein Test von Nonoki, kein vollständiger Erfahrungsbericht. Stattdessen haben wir einmal genauer geschaut, was am Hype um Nonoki dran ist – und weswegen er auch schnell zu Ende sein könnte.

Inhalt:

Was ist Nonoki überhaupt?

Nonoki präsentiert sich auf der offiziellen Website als Alternative zu Spotify und Co. Die Besonderheit liegt darin, dass der Service zunächst kostenfrei ist und erst später ein Jahres-Abo anbieten wird. Das soll schmale 9,99 Euro pro Jahr (!) kosten, also nur ein Zwölftel dessen, was die Konkurrenten regulär abrufen.

Mittlerweile sind auch Apps im Google Play Store und auf Apple iTunes verfügbar.

Die Präsentation der Seite und App ist hip. Lila trifft auf einen Neon-Grünton und weiße Schrift – da hat die Designabteilung ganze Arbeit geleistet.

Nach einem ersten Blick auf Nonoki waren wir regelrecht erschlagen. Tatsächlich, der Service konnte und kann viel bieten. Ohne Konto-Zwang oder Bezahl-Abo, was ein echter Vorteil gegenüber der Konkurrenz von Spotify, Apple Music und YouTube Music ist.

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Noch wichtiger als dieses Eye-Candy ist der Service-Umfang. In einer Suchmaske recherchierst du deine Lieblingskünstler, markierst Favoriten, stellst Playlisten selbst zusammen oder lässt dir eine solche vorschlagen.

Die einschlägigen Streamingdienste sind im Google Play Store und auf iTunes prominent platziert. (Eigener Screenshot)
Einschlägige Streamingdienste im Google Play Store – Nonoki ist noch nicht dabei. (Eigener Screenshot)

Die Musikauswahl ist schier unbegrenzt. Alles, was dir an Musik einfällt, bietet Nonoki auch.

Und das hat seinen Grund.

YouTube im lila-grünen Gewand

Denn Nonoki hostet augenscheinlich keine eigene Musik. Die Musik bezieht Nonoki von YouTube, indem es die Videos der Google-Plattform einbettet und mit einer eigenen Player-Steuerung garniert. Zu erkennen ist das in der Desktop-Version am Video-Playback in der unteren rechten Ecke.

Hin und wieder fällt das vor allem dann auf, wenn die Musikvideos mit langem Vorspann, Skits und dergleichen versehen sind. Es ist schlicht keine Musik, die man so auf Platte finden würde. Das stört den Hörgenuss wie die nicht immer tolle Klangqualität, die eben an die YouTube-Bitrate gekoppelt ist.

Nonoki-Charts und -Playlists sind ebenfalls YouTube entnommen, letztere garniert Nonoki mit eigenen Bildchen.

Bunte App mit einem Nachteil

Eine passende App hat der Service ebenfalls in petto – und die Bewertungen sind durchwachsen. Ein genauerer Blick in die App zeigt, wieso. Auch hier spielt Nonoki YouTube-Material ein, welches die App in Videoform aufs Smartphone streamt.

Die Nonoki-App auf Android
Die Nonoki-App sieht auf den ersten Blick aus wie jeder andere Streaming-Service. (Eigener Screenshot)

Spielt die Musik und schließt du die App, hörst du nach wie vor die Songs, kannst sie aber nicht in einer Mediensteuerung pausieren, vorspulen oder skippen. So wie das bei YouTube Music, Spotifiy oder Apple Music beispielsweise der Fall ist. Irgendwann setzt die App dann aus, wenn sie im Hintergrund läuft. Immerhin: Die Entwickler sind emsig bemüht, auf negative Kommentare zu reagieren und Schwierigkeiten mit der App zu lösen. Auch einen vorübergehenden Fix der Hintergrund-Musik scheinen sie auf diese Weise nachgereicht zu haben.

Der Anbieter der App nennt sich übrigens Noname Hub; den Entwicklerkontaktdaten nach sitzt er im spanischen Malaga. Aber dazu kommen wird noch.

Eine fragwürdige „Kooperation“

Nonoki kokettiert in den wenigen auffindbaren, offiziellen Statements, man würde mit YouTube zusammenarbeiten und den Service gemeinsam entwickeln. An der Aussage sind aber Zweifel angebracht. Auf der Überblicksseite zur Rechtslage erwähnt Nonoki die YouTube-API, also jene Schnittstelle, über die der Service Videos einbinden und Playlists auslesen kann.

Unten steht's: Angeblich würde Nonoki mit YouTube koopieren. Die Zweifel daran sind stark. (Eigener Screenshot)
„Entwickelt mit YouTube“ – das kann natürlich vieles heißen. (Eigener Screenshot)

Auch findet Konkurrent Spotify Erwähnung. Aber ist es wahrscheinlich, dass ein Konkurrent dem Nonoki-Service zuarbeitet? Zwei Schwergewichte des Musikstreamings, die Hand in Hand einen Gratis-Service päppeln?

Wer steckt hinter Nonoki?

Ein Streaming-Service, der die Inhalte aus anderen Quellen bezieht. Dazu ein Impressum, das quasi nicht existent ist, ein – eigentlich EU-weit vorgeschriebenes – Cookie-Consent-Banner fehlt. Wir wollten wissen, wer sich hinter Nonoki verbirgt. Ansprechpartner oder eine E-Mail-Adresse fanden wir nicht. Also benutzten wir das Email-Kontaktformular, aber erhielten keine Antwort.

WHOIS-Abfrage zu Nonoki
Die Whois-Abfrage sollte Klarheit bringen, wer hinter dem Service steckt. Sollte… (Eigener Screenshot)

Im Whois-Register fanden wir nur einen Domain-Hostingservice, keine Betreiber, keine Adresse. In den Legal Notes ist von einem Unternehmen namens Nonoki Entertainment SL die Rede, das anderen Verzeichnissen nach in Malaga sitzt. Ein Besuch via Google Maps zeigt unter der angegebenen Adresse ein normales Wohnhaus in der südspanischen Großstadt.

Das ist Nonokis Hauptquartier. Ein Bürogebäude für Briefkastenfirmen in Malaga. (Mit Material von Google Maps)
Das ist Nonokis „Hauptquartier“. Ein Mehrparteienhaus in Malaga. (Mit Material von Google Maps)

Dem Unternehmensnetzwerk LinkedIn nach arbeiten auch gerade einmal drei Personen für das Unternehmen. CEO ist demnach ein Programmierer mit dem Namen Carlos Zehr. In einem Porträt auf der englischsprachigen Regionalwebsite SUR gibt er Mitte 2022 an, vom Erfolg des eigenen Dienstes überrascht zu sein.

Nonoki: Aus Versehen ein Startup?

Und damit löst sich das Rätsel, wer Nonoki ist, ein Stück weit auf: Es ist ein minikleines Startup mit einer Website und zwei Apps. Und es wirkt dabei, als hätten drei Jungs da in einem Wochenendhack einfach mal das Grundgerüst eines durchaus ansehnlichen Webservices zusammenhauen – das dann auch noch funktioniert hat. Und wie alles, was kostenlos ist, aber einen echten Mehrwert verspricht – ähnlich wie der kostenlose Dezor-Browser mit VPN – spricht sich so etwas im Netz oft wie ein Lauffeuer herum. Plötzlich kommt etwas Geld rein und man kann beginnen, ein Business draus zu machen – der Traum von Millionen von Entwicklern.

Natürlich steht der Dienst auf sehr wackeligen Füßen. Dadurch dass Nonoki allein von der YouTube-API lebt und damit Geld verdient, bedeutet auch, dass YouTube-Betreiber Google das irgendwann spitzkriegen wird. Und dann könnte Nonoki erledigt sein, wenn bei Google einfach jemand einen Schalter umlegt und den Service aussperrt. Es sei denn, man einigt sich und beide Dienste verdienen daran. Ob das noch passiert oder vielleicht sogar schon passiert ist, wissen wir zu diesem Zeitpunkt nicht. Aber ich vermute ganz stark: wir werden es mitkriegen.

Bis dahin lautet unsere Empfehlung: Den kostenlosen Dienst Nonoki ruhig mal ausprobieren, solange er läuft. Die Jahresgebühr – so günstig sie auch ist – könnte indes verschenkt sein, wenn Nonoki doch irgendwann abgeschaltet würde. Und wenn das passierte, wären wir nicht überrascht.

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