Pünktlich zur Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) veröffentlichte Facebook neue Datenschutzbestimmungen, erklärte ausführlich, welche Daten gesammelt werden und wies auch darauf hin, dass ihr stets Zugriff auf die Informationen besitzt, die der Konzern über euch weiß. Dass diese „Transparenz“ nach dem Datenskandal vor einigen Wochen und besagtem Inkrafttreten der DSGVO im EU-Raum kein alleiniger Akt der Freundlichkeit war, dürfte niemanden wundern.
Ihr bezahlt mit euren Daten
Dennoch: Ich persönliche begrüße es, wenn Facebook offener kommuniziert, womit überhaupt Geld verdient wird. Wir gehen davon aus, dass ein soziales Netzwerk kostenfrei genutzt werden kann, aber wieso eigentlich? Facebook ist weder uneigennützig, noch existiert ein kostenpflichtiges Abo-System oder dergleichen, durch das die Kosten gedeckt werden. Wir zahlen also mit unseren Daten, bekommen immer besser auf uns zugeschnittene Werbung serviert und dürfen im Gegenzug gratis die Dienste von Facebook verwenden. Wer das unfair findet, muss sich diesem System entziehen. Dabei ist es sogar möglich, dass ihr personalisierte Werbung für euch abschaltet – direkt in den Facebook-Einstellungen.
Es ist durchaus der DSGVO zu verdanken, dass auch weniger versierte Anwender langsam verstehen, wie Facebook schnöden Mammon einnimmt, was wir als User von uns preisgeben und wie das eigentliche Geschäft der Zuckerberg-Firma funktioniert. Sicherlich ist der Skandal rund um Cambridge Analytica inakzeptabel und so manches Geschäftsgebaren fragwürdig, nicht aber der Tausch Dienstleistung (Facebook) gegen persönliche Daten. Wir als Konsumenten können schließlich entscheiden, ob wir das wollen.
Aber: Was weiß Facebook wirklich über euch?
Datensammelwut?!
Die Hintergründe sind nach wie vor sehr vage, Facebook hütet das eigene Sammel-Geheimnis sehr gut. Vor fast zwei Jahren hieß es, dass 98 Datenpunkte als Basis dafür dienen, was an Reklame im sozialen Netzwerk zu sehen ist. Das, was ihr kommentiert, was ihr mögt, was ihr aufruft und anschaut – alles fließt zusammen und führt zu einem konkreten Profil von euch. Wohnort, Alter, Geschlecht, Sprache und Freundeskreis sind hier noch die banalsten Fakten, die sich ohnehin verhältnismäßig leicht ableiten lassen. Aber auch der Beziehungsstatus, die Arbeitsstelle oder gar die politische Gesinnung sind Infos, die ihr von euch (freiwillig) preisgebt und die Berücksichtigung finden.
Ein erster Anhaltspunkt, was Facebook auf den eigenen Servern sichert, ist das Aktivitätsprotokoll. Das findet ihr im Browser rechts oben unter dem kleinen Pfeil-Symbol und dem Menüpunkt „Aktivitätsprotokoll“. Sogar die Dinge, die ihr in eurer Chronik verborgen habt, sind für Facebook nicht unsichtbar – zumindest für die interne Verwendung. Persönlich finde ich das nicht sonderlich gruselig, schließlich ist das ja eine Historie meines Verhaltens auf Facebook. Aber…
…was genau von euren Aktivitäten in euer monetarisierbares Userprofil übergeht? Unklar. Doch umso aktiver ihr das soziale Netzwerk nutzt, umso besser kennt euch das System dahinter. Vereinfacht dargestellt ist das wie der Bäcker, bei dem ihr tagtäglich etwas kauft. Er weiß ja auch eine Menge über euch. Und er kann daraus Kapital schlagen, wenn notiert, dass ihr total auf Mohnkuchen abfahrt, Franzbrötchen vergöttert und gerne Milch trinkt.
Her mit meinen Daten!
Dank der DSGVO gibt’s eine weitere Funktion, durch die ihr einen Einblick darüber erhaltet, wie gut euch Facebook kennt. In den Einstellungen (Pfeil nach unten rechts oben im Menü -> Einstellungen) unter „Deine Facebook-Informationen“ verbergen sich spannende Details.
Bei „Zugriff auf deine Informationen“ werdet ihr sozusagen in Schubladen, genauer Kategorien, gesteckt. Ihr könnt euch sogar anzeigen lassen, welche Werbung euch besonders ansprach und inwiefern eure Daten bei der Anzeigenauslieferung beachtet werden. Es handelt sich im Gesamten um eine ausführlichere Zusammenfassung eures Aktivitätenprotokolls, bei dem zusätzlich Personendaten einfließen.
Schon beim Durchklicken offenbaren sich erstaunliche, aber auch nicht völlig abgefahrene Details. Es bleibt nachvollziehbar, woher dieses Wissen von Facebook kommt. Ihr seid der Ursprung. Möchtet ihr ändern, wie mit euren Daten umgegangen wird, klickt euch zur Hilfeseite von Facebook und folgt den Anweisungen.
Aufschlussreich zweifelsohne: Seid ihr mit eurem Smartphone bei Facebook eingeloggt, werden eure GPS-Daten sowie Aufenthaltsorte wahrgenommen. Gleiches gilt für Metadaten hochgeladener Fotos. Somit ergeben sich ausführliche Bewegungsprofile. Apropos Bilder: Habt ihr die Funktion aktiviert, erfolgt eine automatisierte Verarbeitung dieser mitsamt einer Gesichtserkennung. Im Hinterkopf solltet ihr ferner behalten, dass Daten von Instagram und WhatsApp mit denen von Facebook abgeglichen werden können. Das sind schließlich alles Angebote eines einzigen Konzerns.
Was ich wiederum nicht entdecken konnte, das sind Trackinginformationen von anderen Webseiten, die mit dem Facebook Pixel Daten sammeln und Facebook diesen euch zuordnen kann.
Alle Daten von Facebook herunterladen
Dann ist da noch die Option „Deine Informationen herunterladen“, die ihr ebenfalls unter Einstellungen -> Deine Facebook-Informationen findet. Dort beantragt ihr den Download aller eurer Informationen, um sie einzusehen oder später in einen anderen Dienst zu importieren. Wobei ich aktuell nicht wüsste, welches soziale Netzwerk von diesen Daten Gebrauch machen könnte.
Inbegriffen sind alle hochgeladenen Fotos und Videos, Kommentare, Reaktionen auf Beiträge, Freundeslisten, Abonnements, Veranstaltungen, Seiten (von denen ihr Administrator seid) und sogar die guten, alten Anstupser.
Das Backup ist praktisch, wenn ihr euren Facebook-Account später löschen oder deaktivieren oder löschen möchtet. Bedenkt: Wurde euer Konto bereits stillgelegt, ist ein Abruf womöglich noch gesicherter Details über euch nicht mehr möglich. Im Zweifel könnt ihr Facebook kontaktieren und um das Zusenden von Informationen über euch bitten (Wählt „Das beantwortet nicht meine Frage“ und dann „Ich habe kein Facebook-Konto“). Auch das ist ein positives Resultat der DSGVO, schließlich dürft ihr Daten verlangen, wenn ihr schon den Verdacht hegt, jemand könnte etwas über euch wissen.
Facebook scheint bemüht, sich weitgehend offen zu zeigen. Vielleicht bleiben manche Geheimnisse noch immer ein Geheimnis, gerade was zum Beispiel den Facebook-Algorithmus (der u.a. auch das Zusammenspiel zwischen den Nutzerprofilen analysiert) betrifft. Immerhin könnt ihr schnell und ohne Aufwand feststellen, was Facebook im Großen und Ganzen von euch kennt. Mit diesem Wissen werdet ihr vielleicht in Zukunft etwas überlegter das soziale Netzwerk nutzen. Zumindest ich sehe nach wie vor keinen gravierenden Grund, es gleich zu verteufeln – wenn ihr wisst, was ihr über euch verratet und was damit angestellt wird.
Nichtsdestoweniger bleibe ich dezent misstrauisch. Skepsis ist, gerade bezogen auf soziale Netzwerke, sicherlich kein unangebrachter Selbstschutz….
Jetzt kommentieren!
Leider kann ich mich diesem System nicht entziehen. Ich habe keinen FB Account. Aber dennoch existiert ein Schattenprofil von mir bei FB. Das ist ein Problem.
Zuckerberg sagte vor dem Ausschuss dazu. Dann sollen die User einen Account anlegen.
Auszu aus dem Netz:
Wer kein Facebook-Nutzerkonto habe, müsse weiterhin ohne eine solche Kontrollfunktion auskommen und sein Schattenprofil hinnehmen, sagt Marc Al-Hames von der Münchener Firma Cliqz, Anbieter des gleichnamigen Browsers, der als besonders datenschutzfreundlich beworben wird. „Sie können der Datenerhebung nicht widersprechen, erhalten keine Einsicht in die Daten, die Facebook über sie erhebt, und können sie nicht löschen lassen.“ Das sei ein Verstoß gegen die DSGVO, meint Al-Hames.
Wie bitte soll man das denn bewerten? Es ist also nicht eben alles toll.
Wie gesagt bei Schattenprofilen.
Ja, das mit dem Schattenprofil ist tatsächlich nicht okay und wird hoffentlich auch dank DSGVO in Angriff genommen. Es muss halt nur jemand klagen.
Das Schattenprofil, so schätze ich freilich nur, könnte zwar vorhanden, aber nicht verwertbar sein, wenn man keine Spuren hinterlässt. Also keinen Dienst von Facebook oder einer der dazugehörigen Dienste nutzt sowie bewusst blockt. Dumm nur, dass das dann wohl auch für Facebook-Partner gilt – und das können noch sehr viele Firmen oder App-Entwickler sein.
Ähnlich schwierig ist es, sich komplett dem Google-Universum zu entziehen, wenn man ein Android-Smartphone hat. Oder dem Apple-Mikrokosmus, wenn man ein iPhone (oder Mac-Rechner…) besitzt. Irgendjemand bekommt Teile deiner Daten – dafür benutzt du auch die Services von denen.