Web3: Die Zukunft des Internets oder heiße Luft?

Ist das Web3 eine Innovation oder heiße Luft? Ob ein Internet auf Blockchains funktionieren kann, weiß noch niemand.

Web3: Die Zukunft des Internets oder heiße Luft?

Seit einigen Jahren geistert der Begriff Web3 durch die Medien. Dabei ist oft nicht ganz klar, was damit überhaupt gemeint ist. Steht uns eine neue Art des Internets bevor?  Sehr vereinfacht erklärt, will Web3 ein dezentralisiertes Internet basierend auf Blockchains sein. Wie das genau funktionieren soll und ob das überhaupt wünschenswert wäre, beleuchten wir in diesem Artikel. 

Inhalt:

Web1 und Web2: Die Vorgänger 

Um das Web3 zu verstehen, hilft es, nachzuvollziehen, durch welche Iterationen das Internet bisher gegangen ist. Gleich vorweg: Die Übergänge sind fließend und zeitlich nicht ganz trennscharf. Angefangen hat es mit dem Web1, der ersten Version des Internets. Das sogenannte “read only” Web. 

Den Namen hat es bekommen, da Nutzer in dieser Version Webseiten maßgeblich lesen konnten. Interaktionen waren nur schwer möglich. Im Internet des Web 1.0 konnte niemand Kommentare verfassen und hochladen, Bilder posten oder sonstiges. Nur Webseiten-Besitzer konnten Änderungen an ihrer Homepage und damit im Internet vornehmen.

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Im Web1 konnten Nutzer nur lesen. (Foto: Adobe Stock)

Ganz so klar war die Trennung in der Realität allerdings nicht. Die E-Mail begann bereits in den 1970ern ihren Siegeszug, das Usenet und die ersten Chaträume kamen in den 1980ern auf, die ersten Blogs mit Kommentarfunktion in den 1990ern. Dass aber wirklich jeder Nutzer im Fokus stehen und mit einfachen technischen Mitteln auch zum Produzenten oder Prosumer (Kombiwort aus Producer und Consumer) werden konnte, ist ein Ding des 21. Jahrhunderts.

Und das ist die nächste Iteration: das Web2 oder auch Web 2.0, wie wir es früher nannten. Genau genommen ist das die jetzige Version des Internets. Hier können Nutzer mit Webseite und damit auch mit anderen Nutzern interagieren. Web2 hat große Social-Media-Dienste wie Facebook und Twitter erst möglich gemacht, in denen du Texte, Bilder und Videos posten und mit anderen Nutzern interagieren kannst. 

Wir sind von “read only”, also „nur lesen“, zu einem interaktiven Internet gekommen. In Zukunft, so die Theorie, soll das sogenannte Web3 die jetzige Version ablösen. 

Das könnte Web3 sein

Gavin Wood, Mitbegründer der Kryptowährung Ethereum, prägte den Begriff Web3 im Jahr 2014 und sah darin ein dezentralisiertes Internet auf Basis der Blockchain. Da es ein solches Web3 heute noch nicht gibt, ist es auch noch nicht zu hundert Prozent klar, was es sein wird oder könnte. Verschiedene Menschen haben unterschiedliche Ideen zu dem Thema. Darum besprechen wir hier die am meisten verbreiteten Ideen zur kommenden Version des Internets. 

In der Vorstellung von Wood ist das Web3 also dezentralisiert und auf der Blockchain aufgebaut. So soll die Kontrolle über Daten im Web3 von riesigen Unternehmen wie Google, Amazon und Co. auf die einzelnen Personen übergehen. Jeder könnte in dieser Version des Internets selbst auf seine Daten aufpassen. Zumindest theoretisch. 

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Web3 soll auf Blockchains basieren. (Foto: Adobe Stock)

Probleme mit der Dezentralisierung 

Die Idee klingt großartig: Der kleine Mann zeigt es den großen Cloud-Anbietern wie Google, Meta oder Microsoft und holt sich die Kontrolle über seine Daten zurück. In der Realität wird das allerdings nur schwierig umsetzbar sein. Denn die Blockchain als Grundlage für Web3-Dienste ist nach heutigem Stand der Technik keine gute Idee.

Die Blockchain kann dezentralisiert werden und auf tausenden von Computern arbeiten, allerdings wird sie dadurch extrem langsam und träge. Die einfachsten Vorgänge, wie einen Text zu posten, können auf einer wirklich dezentralisierten Blockchain mehrere Minuten dauern. Wenn viele Nutzer gleichzeitig posten wollen, würde es noch weitaus länger dauern. 

Das zweite Problem ist rein praktikabler Natur. Wie betreibe ich ein soziales Netzwerk oder irgendeinen anderen Dienst, ohne eine Person oder kleine Gruppe, die Entscheidungen trifft? Vorstellbar wäre eine Art von System, in dem alle Nutzer des Dienstes mögliche Änderungen vorschlagen und über diese abstimmen können. 

Niemand mag ein langsames Internet. (Foto: Adobe Stock)

Auch hier gibt es wieder ein Problem mit der Trägheit. Bis alle oder eine Mehrheit abgestimmt hat, kann es eine ganze Zeit dauern. Außerdem muss von vornherein klargestellt werden, ab wann, beziehungsweise bei wie viel Zustimmung eine Änderung übernommen wird. Mehr als 50 Prozent? Über 90 Prozent? 

Der letzte Kritikpunkt, den ich anbringen möchte, ist die fehlende Regulierung. Ein wirklich dezentrales System kann nicht von einer Person oder einer kleinen Gruppe von Menschen reguliert werden. Demnach können im Web3 Inhalte nicht so einfach moderiert werden. Hier kann jeder posten, was ihm gerade passt. 

Freunde der absoluten Meinungsfreiheit wird es freuen. Allerdings könnte das auch ein von Verschwörungsmythikern und Hass geprägtes Netz bedeuten. Ein zentralisiertes Internet kann große Konzerne wie Meta oder Twitter immerhin rechtlich belangen und zu Maßnahmen gegen Cybermobbing zwingen. In einem dezentralisierten Netz wäre das nicht mehr ohne Weiteres möglich. 

Das semantische Web 

Dezentralisierung durch Blockchains ist das wohl größte Merkmal des Web3. Es gibt aber noch andere Merkmale, die häufig mit dem neuen Internet im Zusammenhang erwähnt werden. Eines davon ist das semantische Web. 

Im sogenannten semantischen Web verstehen Webseiten und Suchmaschinen nicht nur Keywörter, wie es momentan der Fall ist, sondern Sprache genauso wie Menschen. Es ist also ein Internet, welches menschlich oder menschenähnlich kommunizieren kann. 

Ein Beispiel, wie das aussehen könnte, sind die erst kürzlich ins Rampenlicht getretenen KI-Chatbots wie ChatGPT, welche die Sprache teils sehr gut verstehen und menschenähnlich beantworten können.

Ein großer Vorteil des semantischen Webs ist es, dass Menschen einfacher mit Applikationen kommunizieren können. Einstellungen können zum Beispiel durch natürliche Sprache geändert werden und Suchanfragen direkt beantwortet, anstatt auf Webseiten zu verlinken. 

Das Metaverse

Ebenso als Teil des Web3 wird häufig das Metaverse erwähnt. Zumindest meinem Verständnis nach ist das Metaverse allerdings nichts anderes als eine große Virtual-Reality- oder Mixed-Reality-Erfahrung. Du setzt dir ein Headset oder eine Brille auf und befindest dich in einer virtuellen Welt. Alternativ hast du virtuelle Objekte in der echten Welt durch Augmented Reality.

Wir könnten Webseiten und Apps im Web3 als 3D-Räume erleben, in denen wir uns bewegen und mit anderen Nutzer interagieren. 

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Auch das Metaverse könnte Teil des Web3 sein. (Foto: Adobe Stock)

Was ist denn jetzt das Web3? 

Das lässt natürlich die Frage offen, was das Web3 nun wirklich konkret ist. Allerdings können wir diese Frage momentan nicht direkt beantworten, da es zu diesem Zeitpunkt lediglich eine Sammlung von Ideen ist, die vielleicht, vielleicht aber auch nicht in die Realität umgesetzt werden. 

Was hältst du von Web3? Ist eine Umsetzung realistisch? Ist ein dezentralisiertes Internet möglich? Wollen wir das überhaupt? Lass es uns gerne in den Kommentaren wissen! 

Titelbild: Adobe Stock

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