UWB: Darum könnte Ultra-Breitband das nächste große Ding sein

Merkt euch die Bezeichnung UWB. Denn die Ultra-Breitband-Technologie könnte in den nächsten Monaten und Jahren so wichtig werden wie Bluetooth oder WiFi. Das steckt dahinter.

UWB: Darum könnte Ultra-Breitband das nächste große Ding sein

Vor allem der koreanische Elektronikriese Samsung ist es, der UWB (englisch für ultra wideband) als „das nächste große Ding im Bereich der Wireless-Technologien“ ansieht. Die Verantwortlichen glauben, dass der Standard in naher Zukunft eine ähnliche Bekanntheit wie besagtes Bluetooth erreichen könnte. Von „bahnbrechender drahtloser Kommunikationstechnologie“ ist die Rede, die in vielen Branchen zum Einsatz kommen könnte. Den Anfang macht – wie so oft – der Smartphone-Sektor, bei dem nicht nur Samsung Gas gibt, um UWB nach vorne zu bringen. Aber was genau soll das überhaupt sein?

Das ist UWB: Mit dieser Technologie findet ihr alles wieder

Ultrabreitband ist nicht grundsätzlich neu. Bereits 2008 vergab die Bundesnetzagentur Frequenzbereiche zwischen 30 MHz und 10,6 GHz für die UWB-Technologie frei. Und genau das ist schon ein ungewöhnlicher Aspekt: Sehr große Frequenzbereiche mit einer Bandbreite von mindestens 500 MHz stehen für eine Nahbereichsfunkkommunikation zur Verfügung.

Was bietet UWB? (Foto: FiRa Consortium)
Was bietet UWB? (Foto: FiRa Consortium)

Das drahtlose Kommunikationsprotokoll besitzt zwar „nur“ eine relativ kurze Reichweite von rund 200 Metern, aber eine extrem präzise räumliche Wahrnehmung. Zum Beispiel kann euer Smartphone auf weniger als 10 Zentimeter genau euren Schlüssel ausfindig machen, wenn dieser über einen UWB-Tracker verfügt. Oder anders herum lässt sich so euer verloren geglaubtes Smartphone schnell aufspüren, sofern dieses mit einem UWB-Chip ausgestattet ist. Als Bezeichnung vergab die IEEE Foundation den Standard IEEE 802.15.4, der sich fortlaufend weiterentwickelt – ähnlich wie bei WIFI.

FiRa Consortium bringt neuen UWB-Standard voran

Generell sieht nicht nur Samsung eine Zukunft in UWB. Die Koreaner gründeten 2018 gemeinsam mit den Unternehmen NXP und HID Global das FiRa Consortium, um UWB zu etablieren sowie neue Anwendungsmöglichkeiten zu schaffen.

Die Apple Watch Series 6 besitzt bereits einen UWP-Chip. (Foto: Apple)
Die Apple Watch Series 6 besitzt bereits einen UWB-Chip. (Foto: Apple)

Mittlerweile gehören über 45 Unternehmen dem FiRa Consortium an, darunter Qualcomm, Bosch, Sony, Cisco, Facebook, Tile oder Oppo. Eine Firma, die auch auf UWB setzt, fehlt allerdings: Apple. Der Apfel-Konzern dürfte sein eigenes Süppchen kochen, aber ähnliche Einsatzgebiete im Visier haben.

Vorteile gegenüber Bluetooth und WiFi

Gerade im Vergleich zu Bluetooth und WiFi erlaubt UWB eine genaue Positionserkennung und vor allem sehr viel mehr Sicherheit. Mit dem aktuell in Arbeit befindlichen Standard IEEE 802.15.4z kommen Aspekte wie Kryptografie, Zufallszahlengenerierung und andere Techniken dazu, die die Kommunikation zwischen mehreren Geräten schützt.

Schlüsselfinder wie von Tile dürften in Zukunft eine große Rolle bei UWB-Tracking spielen. (Foto: Tile)
Schlüsselfinder wie von Tile dürften in Zukunft eine große Rolle bei UWB-Tracking spielen. (Foto: Tile)

Neben diesem Aspekt und der präzisen, zentimetergenauen Ortung von Devices mit UWB, ist von hohen Refresh-Raten (200-1000 Mal pro Sekunde) die Rede, sodass zum Beispiel ein Echtzeit-Tracking sich bewegender Gegenstände möglich ist. Hier kann GPS nicht mithalten.

Wie bei Bluetooth LE bleibt dabei der Energieverbrauch sehr niedrig, obwohl UWB größere Entfernungen erzielen kann. Es ist zudem davon die Rede, dass Ultrabreitband gegenüber WiFi unempfindlicher gegenüber Störungen sei.

Wichtig auch: Eine Koexistenz mit Bluetooth und WiFi ist kein Problem, es kommt nicht zu einer Überlappung der Frequenzbereiche oder damit verbundene Störungen.

Das könnt ihr mit UWB anstellen

Samsung und Co. sehen unglaublich viele Möglichkeiten für die kommenden Jahre. Die wichtigsten Aspekte sind:

  1. Zugangskontrolle ohne Hände: Für Autos, Garagen oder Wohnungstüren zum Beispiel
  2. Standortbezogene Dienste: Anwendungen für Augmented-Reality, Nagivation in Innenräumen, aber auch individuelle Werbung
  3. Geräte-zu-Geräte-Dienste: Lokalisierung zweier Geräte (Smartphones, Tracker, mobile Geräte..) oder präzisere Smart-Home-Steuerung

UWB können Unternehmen dort einsetzen, wo jetzt schon WIFI oder Bluetooth mit NFC (Near-Field-Communication) Verwendung findet. So könnte zum Beispiel das Car- und Bike-Sharing viel genauer ausfallen, auch könnte UWB bei autonom fahrenden Autos bei der Orientierung behilflich sein. AR-Gaming, Lieferdienste mit Drohnen, Freunde in der Gegend finden oder gar auf (virtueller) Distanz bleiben – es gibt erstaunlich viele Optionen.

Und: Auch das kontaktlose Bezahlen könnte durch UWB sicherer und zugleich unkomplizierter werden.

Die ersten Produkte und Angebote

Unter anderem Samsung und diverse Autohersteller sehen mit UWB das Ende des physischen Schlüssels kommen, den Firmen durch „Digital Keys“ ersetzen. Bei Samsung könnten künftige Galaxy-Smartphones mit UWB-Chip als Schlüssel fürs Smart Home, fürs Auto und für die Bürotor dienen. Das Samsung Galaxy Note 20 Ultra, das Z Fold2 und das neue Galaxy S21 Ultra 5G verfügen bereits über die nötige Hardware.

Passende Dienste lassen allerdings auf sich warten: Der neue und erst kürzlich vorgestellte Schlüsselfinder SmartTag beherrscht UWB überraschenderweise noch nicht. Aber ein neues Modell dürfte 2021 sehr wahrscheinlich sein.

Samsungs Schlüsselfinder SmartTag besitzt noch kein UWB. (Foto: Samsung)
Samsungs Schlüsselfinder SmartTag verfügt noch nicht über UWB. (Foto: Samsung)

Ganz konkret möchte BMW mit dem Digital Key Plus das Smartphone zum Öffnen und Schließen des BMW iX einsetzen. Unterstützen will der Konzern erst einmal nur iPhones mit dem U1-Chip – also Modelle seit dem iPhone 11 und womöglich auch die Apple Watch ab Series 6. Denn Apple verbaut seit geraumer Zeit Ultrabreitband-Komponenten, gebraucht hat sie das Unternehmen bisher nicht. Samsung wiederum arbeitet ebenso mit BMW, Audi, Ford und Genesis zusammen, um vergleichbare Lösungen vorstellen zu können. Ab August 2021 soll es soweit sein.

Wie geht’s mit UWB weiter?

Apple steht in den Startlöchern, Samsung und Unternehmen des FiRa Consortiums werkeln mit Hochdruck an Produkten, Services, Konzepten rund um UWB, das in Zukunft NFC und Bluetooth in manchen Bereichen ablösen dürfte. Auch die Schlüsselfinder-Experten von Tile deuteten bereits für 2021 eine UWB-Variante an, die die Vorteile von Ultrabreitband ausnutzt.

Autos in Zukunft mit dem Smartphone öffnen - UWB macht es möglich. (Foto: BMW)
Autos in Zukunft mit dem Smartphone öffnen – UWB macht es möglich. (Foto: BMW)

Google arbeitet an einer Schnittstelle für die neue Technologie, um diese direkt in Android zu integrieren. Das dürfte es vor allem Software-Entwicklern erleichtern, passende Apps zu entwerfen.

Xiaomi stellte Ultra-Wideband schon für das hauseigene Smart-Home-System vor. Bald soll es genügen, mit einem kompatiblen Smartphone nur auf Geräte zu zeigen, die ihr steuern wollt – vom Smart Speaker bis hin zum Smart TV.

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Ersetzt UWB etwa WiFi und Bluetooth?

Hier und da munkelt man, diese neue Technologie könnte langfristig WiFi und Bluetooth komplett ersetzen. Ob das der Fall ist? Das ist sicher auch abhängig davon, wie sich der Standard entwickelt, wie kommende Produkte die Stärken nutzen und welche Vorteile die Konsumenten wirklich erhalten. Persönlich finde ich das alles schon sehr spannend, kann mir aber noch nicht vorstellen, mein Auto mit meinem Smartphone zu öffnen oder zu sperren. Was, wenn das Telefon kaputt ist oder es mir jemand stiehlt? Im Bereich Smart Home deutet Xiaomi dagegen reizvolle Ansätze an.

Persönlich glaube ich, wie es auch das FiRa Consortium betont, an eine Koexistenz von WiFi, Bluetooth und UWB. Ob das langfristig so bleibt?

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2 Kommentare zu “UWB: Darum könnte Ultra-Breitband das nächste große Ding sein

    1. Hallo dimi,

      „Gas geben“ ist eine umgangssprachliche Redewendung, die trotz der Vermutung nichts mit dem Einsatz von Zyklon B in den Vernichtungslagern zu tun hat. Die Etymologie liegt im Amerikanischen, wo Benzin „Gasoline“ heißt. Oder kurz eben „Gas“. Das fand seinen Weg in die deutsche Sprache und bedeutet nur, mal ordentlich aufs Pedal zu treten.

      Gruß

      Daniel

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