Es dürfte ungewöhnlich sein, beim Testbericht eines Smartphones mit dem Gehäuse zu beginnen. Wer etwas anderes erwartet hat, möge mir verzeihen. Aber das Gehäuse ist die herausragendste Eigenschaft des Huawei P10 Lite, das ich zwei Wochen lang im Test hatte. Und dieses Gehäuse ist großartig.
Mehr zu Huawei-Smartphones:
Huaweis „Lite“-Geräte waren in der Vergangenheit nicht selten kleine Trickkisten, die sich die edleren Designs der großen P-Serie (P7, P8 oder P9) ausborgten und in Plastikform darstellten. Sah noch gut aus, lag aber eher rutschig in der Hand.
P10 Lite: Angenehm griffige Glasrückseite, auf der nichts verschmiert
Direkt, wenn man das P10 Lite zum ersten Mal anfasst, merkt man, dass die Verhältnisse hier anders liegen. Angenehm schwer ist es, der abgerundete Alurahmen wirkt wertig. Das fast randlose Display ist an den Ecken abgerundet, so dass fast so etwas wie ein „Galaxy Edge-Feeling“ aufkommt. Huawei selbst nennt es ein 2.5D-Display. Die Verarbeitung schien mir im Test hervorragend. Hier ist alles aufeinander abgestimmt, es wackelt nichts, es ist alles glatt.
Besonders überzeugt hat mich die gläserne Rückseite. Die fühlt sich zwar eher wie Hartplastik an. Doch was immer es auch ist, was Huawei dort verwendet: Es führt dazu, dass sich das Gerät ohne Rutschen in die Hand nehmen lässt. Fingerabdrücke bleiben trotzdem kaum zurück. Angenehm zu tasten sind auch der leicht angeraute Ein-Aus-Knopf an der Seite und die Lautsprechertasten darüber.
Das P10 Lite wandert und fällt
Um meine Fingerabdrücke nicht mit der ganzen Welt zu teilen, verzichte ich seit jeher auf die Nutzung eines Fingerabdrucksensors. Im Huawei P10 Lite ist dieser zumindest auf die Rückseite gewandert und man kann ihn dort jederzeit problemlos ertasten. Das Gehäuse bekäme von mir eine 10/10, hätte sich nicht beim mitgelieferten Kopfhörer gleich beim ersten Testen ein Wackelkontakt ergeben. Diesen konnte ich danach nicht mehr reproduzieren, aber es könnte darauf hin deuten, dass die Kopfhörerbuchse eine potenzielle Schwachstelle ist. Mir im Grunde egal, dass Huawei im P10 Lite auf einen USB-Typ-C-Stecker verzichtet. Der Micro-USB-Port ist allerdings recht weit ins Gehäuseinnere gewandert, was dazu führt, dass man mit dem mitgelieferten Stecker kaum die richtige Richtung ertasten kann und ihn doch immer wieder falsch herum einzustecken versucht.
Die Karten-Schublade des P10 Lite öffnet man mit einer mitgelieferten Nadel. Sowohl Nano- als auch Micro-SIMs lassen sich hier einstecken, oder eine Speicherweiterung in MicroSD-Kartenform. Schön: Das P10 Lite ist Dual-SIM-fähig. Der eingebaute Mono-Lautsprecher liefert einen ordentlichen Klang. Sonderbarerweise gehört das P10 Lite zu den Wandervögeln unter den Smartphones. Auf glatten Oberflächen bewegt es im Standby-Modus und fiel mir dadurch einige Male von der Couch oder einem Tisch.
Wie ist die Performance des Huawei P10 Lite?
Bei den Benchmarks von AnTuTu und Geekbench landet das Mittelklasse-Smartphone Huawei P10 Lite – wer hätte das gedacht – auf einem Platz im Mittelfeld. Vor allem beim 3D-Benchmark von AnTuTu kam die Hardware teilweise ganz schön ins Ruckeln. Bei Geekbench erreichte der verbaute Kirin 658-Prozessor des P10 Lite im Single- und im Multicore-Test fast schon enttäuschende Werte – nur etwa jeweils die halbe Punktzahl aktueller Spitzensmartphones wie dem Apple iPhone 7 oder dem Samsung Galaxy S8. Die mitgelieferten Rennspiele liefen bei mir flüssig. Ich denke, es ist so wie immer: Wer Highend-Grafik mit seinem Smartphone erleben möchte, muss zur Spitzenklasse greifen. Wem das egal ist, der wird in seinem Mittelklasse-Gerät gar nicht bemerken, dass dort etwas fehlt.
Beim täglichen Betrieb geriet das Huawei P10 Lite bei mir hin und wieder ins Stolpern, mehr aber auch nicht. Ob das langfristig ein Problem werden könnte, kann ich nach zwei Wochen Test nur abschätzen. Wie jedes Smartphone dürfte auch das Huawei P10 Lite mit der Zeit langsamer werden. Dass es derart absacken wird wie mein mittlerweile kaum noch benutzbares Einsteigersmartphone ZTE Blade A512 kann ich mir indes nicht vorstellen. Dazu läuft es im Alltag zu flüssig. Selbst mit speicherhungrigen Apps wie Netflix und Spotify (ich lud zum Test gigabyteweise Offline-Dateien hoch) hatte ich während meines Tests nie Probleme.
Mit 4 GB RAM hat sich Huawei beim Huawei P10 Lite auch wahrlich nicht lumpen lassen. Das schadet der Performance sicherlich nicht.
Wie gut ist die Kamera des Huawei P10 Lite?
Die Kamera des Huawei P10 Lite hinterlässt bei mir einen mittelprächtigen Gesamteindruck. Bei guten Lichtverhältnissen kommen teils erstaunliche Bilder zustande. Wie andere Kameralinsen aber auch enttäuscht das P10 Lite dafür oft bei schlechten Lichtverhältnissen. Das für meine Vorstellung hervorragende Display macht die Enttäuschung noch etwas größer. Was auf dem Display in tollen Farben leuchtete, wirkt auf dem Rechner nicht selten matt und faserig. Ein paar kommentierte Beispielbilder:
Weitere Bilder von Tagaufnahmen mit dem Huawei P10 Lite findet ihr in dieser Galerie:
Mit Kunstlicht kam die Kamera des P10 Lite gut klar. Anders sah es bei schlechten Lichtverhältnissen aus. Auch hier ein paar kommentierte Beispiele:
Weitere Bilder, die ich mit dem P10 Lite unter schlechten Lichtverhältnissen geschossen habe, findet ihr in dieser Galerie:
Nicht besonders überragend wirkt auf mich die Frontkamera. Hier zwei Beispielbilder:
Die vorinstallierte Foto-App im P10 Lite enthält viele Einstellungsmöglichkeiten. Mit der hier wählbaren Funktion „Profifoto“ lassen sich unter anderem Verschlusszeit, ISO-Zahl und Weißabgleich verändern. Die Belichtungskorrektur fand ich allerdings etwas kompliziert zu bedienen.
Wie lange hält der Akku im Huawei P10 Lite?
Der Akku im P10 Lite überraschte mich positiv wie negativ. Ich war einmal auf einer Fototour in Köln, nahm ein voll aufgeladenes Gerät mit, machte viele Fotos, benutzte viele Apps und hatte am Ende des Tages immer noch 60 Prozent Akku. Dann wiederum gab es Tage, in denen 30 Prozent der Akkuladung auf einmal verschwunden schienen. Vor allem, wenn man das Full-HD-Display an sonnigen Tagen etwas heller dreht, scheint das System besonders viel Strom zu verlangen.
Schön ist die eingebaute Schnellladefunktion, die dem 3.000-mAh-Akku gefühlt minütlich mehr als 2% neuen Saft verleiht. Etwas nervig ist dafür das eingebaute Smart Power-Saving 5.0. Es meldet sich über die Benachrichtigungen, dass Apps dauerhaft Strom zögen, die man ohnehin gerade benutzt. Es wirkt etwas wie des Guten zu viel, wenn man bei 96 Prozent Ladung die Nachricht erhält, einige Apps fräßen massenhaft Strom.
Wie gut ist die Software Emotion UI 5.1 im Huawei P10 Lite?
Huaweis früher oft verspielte UX-Designs mochte man meist schon nach wenigen Tagen nicht mehr sehen. Im Standard-Design des Huawei P10 Lite ist das nicht der Fall. Icons, Farben, alles sehr angenehm. Dass Huawei im Emotion UI 5 komplett auf ein gesondertes Appmenü verzichtet, wirkt auf den ersten Blick konsequent. Die Oberfläche besteht also nur noch aus Startbildschirmen – iOS lässt grüßen. Der Nachteil dieser Herangehensweise zeigt sich ebenso schnell: Apps, die man nur selten nutzt oder eigentlich gar nicht haben möchte, kann man nur schwer mal eben platzsparend verschwinden lassen. Man muss ihnen ein wenig Platz auf einem der Bildschirme einräumen.
In der Praxis sieht das dann so aus, dass man viel sucht. Weil ich mich ja langfristig von Google-Diensten trennen wollte, die vorinstallierten Apps aber nicht löschen kann, habe ich alle Google-Dienste in einen gesonderten Ordner verschoben. Neulich kam es einmal vor, dass ich auf Google Maps etwas suchen musste und recht lange nach dem zugehörigen Icon fahnden musste. Ähnlich, wenn man mal schnell den Taschenrechner oder die Taschenlampe benutzen möchte. Nervig.
Man kann das Standard-Design verändern, muss sich für weitere Layouts aber erst bei Huawei registrieren. Klang für mich nicht erstrebenswert und ließ ich deswegen aus.
Berechtigungsmanager im P10 Lite: Wie ein übereifriger Wächter
Zeitweise gerieten Emotion UI und die verbundenen Apps in Konflikt mit Android 7. So erhielt ich standardmäßig eine nervige Warnmeldung, wann immer ich mit Shazam einen Song suchen wollte. Einmal kam es vor, dass ein Freund mich anrufen wollte und ich direkt Kurznachrichten über verpasste Anrufe meiner Mailbox bekam. Die Telefon-App hatte gar nicht erst geklingelt. Ich vermute den Berechtigungsmanager dahinter, denn einmal vor dem Telefonieren meldete sich der mit einer Nachricht, dass dafür Zugriff u.a. auf das Mikrofon notwendig seien und ich diese erst geben müsse. Na logo, was denn sonst?
So sehr ich ein Freund der Möglichkeit bin, Berechtigungen all zu neugieriger Apps notfalls per Hand zu beschränken: Standard-Apps des Systems sollten Zugriff auf elementare Funktionen haben, sonst kann es zu oben beschriebenen Situationen führen, die eigentlich nicht passieren dürfen. Und hier muss ich Huawei einen kleinen Vorwurf machen: Auf diesen neu gestalteten Berechtigungsmanager in Android 7 hätte man bei der Entwicklung der Oberfläche eingehen und die Einstellungen standardmäßig vereinfachen müssen. Erst den Nutzer alles von Hand einstellen zu lassen, dass elementare Apps überhaupt ordnungsgemäß funktionieren, tut der Nutzererfahrung Abbruch.
Immer wieder fragt das System nach Berechtigungen:
Was ich lange nicht mehr erlebt habe bei einem Android-Smartphone: Dass die per Spotify eingespielte Musik unterbricht, wenn man den Auslöser der Kamera betätigt. Ich dachte, Android wäre inzwischen generell einen Schritt weiter. Im P10 Lite scheint das noch nicht der Fall zu sein.
Weitere Kritik an der Software-Oberfläche im Huawei P10 Lite habe ich aber eigentlich nicht. Außer dass sie zu Weilen ein ganz klein wenig hakt und sich Bluetooth beim Druck auf das Schnellstarticon oft nicht beenden lässt, hat Huawei das schon schön hingekriegt.
Zubehör des Huawei P10 Lite
Ich möchte vermeintliche Kleinigkeiten hier nicht überbetonen. Aber das Unboxing des Huawei P10 Lite hat schon Spaß gemacht. In der Produktbox hat alles seinen festen Platz, so dass man auch beim Wiedereinpacken etwa das Ladekabel problemlos wieder unterbringen kann. Es gab so viele Produktkartons, bei denen man sich damit abmühen musste; hier geht es problemlos. Und ja, es gibt wichtigere Dinge an einem Smartphone, ich weiß…
Der mitgelieferte Kopfhörer war im Test erstaunlich bassfreudig. Die Höhen kamen nicht ganz so gut rüber. Insgesamt aber für einen mitgelieferten Kopfhörer ein sehr ordentlicher Klang! Einziges Manko: Er ist nicht der lauteste unter dem Orbit. Bei lautem Straßenlärm beim Spazierengehen hätte ich mir ab und an gewünscht, das Ding noch etwas lauter drehen zu können.
Fazit: Einfach hübsch! Aber die inneren Werte…
Huawei hat im P10 Lite ein Smartphone vorgestellt, dass die Bezeichnung „Handschmeichler“ wirklich einmal verdient. Das Gehäuse fühlt sich derart gut an, dass man es kaum noch aus der Hand legen mag und gerade die schwarze Version, die man mir zum Testen gab, macht auch optisch einiges her. Schade, dass man das für die Benutzeroberfläche nicht genauso unterschreiben kann. Hier machten CPU und GPU in den zwei Wochen meines Tests etwas zu oft erste Anzeichen der Überforderung. Es könnten Hinweise darauf sein, dass das System schnell an Performance verliert – die nach den getesteten Benchmarks ohnehin weit von der Spitze entfernt sind.
Die Kamera rangiert für mein Gefühl im Mittelfeld: Was auf dem Display in buntesten Farben leuchtete, war im Endeffekt oft enttäuschend. Bei guten Lichtverhältnissen macht das P10 Lite schöne Bilder, bei Kunstlicht ebenfalls. Wenn wenig Licht vorhanden ist, schlägt sich das P10 Lite leider auch nicht viel besser als andere Einsteiger- oder Mittelklasse-Smartphones. Toll ist dafür das leuchtstarke und sehr helle Display. Dass Huawei in dem Mittelklasse-Gerät außerdem üppige 4 GB RAM eingebaut hat, ist dem Hersteller hoch anzurechnen. Wären Prozessor und Grafikeinheit noch einen Tacken besser, könnte man hier fast von einem nahezu perfekten Smartphone sprechen. So aber bleibt es eben bei der Mittelklasse – mit einigen Ausreißern nach oben und eigentlich kaum Ausrutschern in die falsche Richtung.
Gleichzeitig ist das Smartphone das bisher teuerste von Huaweis Lite-Serie. Mit den 349 Euro UVP verlässt das P10 Lite preislich endgültig das Einsteigersegment. Das hier ist Mittelklasse, nicht mehr und nicht weniger. Unsere Gesamtnote: 6.5/10.
Jetzt kommentieren!
Vielen Dank für diesen sehr ausführlichen Testbericht. Das Design ist echt sehr gelungen. Ein tolles Mittelklasse Smartphone allerdings ist der Preis für die gebotene Leistung zu hoch angesetzt. Für 100€ weniger wäre dieses Smartphone wirklich eine Überlegung wert.
Lg
Katharina
Der Testbericht war wirklich sehr gut jedoch habe ich noch einmal eine Frage: Und zwar hatte ich bei meinem Vorgängerhandy, dem Huawei p8 lite das Problem, dass es ständig einen Ton gab, wenn man ein Video oder ein Foto auf der App Snapchat machen wollte, was wirklich sehr gestört hatte. Ist dies der Fall auch bei dem Huawei p10?
Hallo Anna. Sorry, da ich das Testgerät wieder abgeben musste und Snapchat nicht getestet habe, kann ich dazu leider nichts sagen. Tut mir Leid!
die rückseite besteht aus kunststoff und nicht aus glas ich habe das blaue modell
Ich habe das 10 Lite jetzt 3 Monate im “ Einsatz.“Vorher hatte ich ein 6er IPhone.
Ohne wenn und aber bin um eine Erfahrung reicher :“Andere Mütter haben auch schöne Töchter „,
und beim “ Wechsel “ habe ich für mein „Altes“noch eine gute “ Mitgift “ bekommen.
“ Drum‘ prüfe, wer sich ewig bindet.“
Federico
Ich kriege zu Ostern ein Huawei p10 und ich hätte eine Frage ob das Handy dann spinnen wird weil manche Freunde sagen es wird spinnen???
Bitte beantworte diese Frage!