Sven Wernicke
Schon beim Auspacken fallen der edle Stil und die massiven Ausmaße auf. Spätestens dann, wenn du sie am Handgelenk trägst, zeigt die Huawei Watch 4 Pro, dass sie eine mächtige Armbanduhr ist, die es locker mit Samsung oder Apple aufnehmen kann. Aber da sind einige „Kleinigkeiten“, die uns negativ auffielen. Bezahlen kannst du mit der Watch 4 Pro beispielsweise nicht…
Inhalt:
- Ersteindruck
- Das bietet die Huawei Watch 4 Pro
- Fitness & Gesundheit
- Atemtest: So funktioniert er
- Akkulaufzeit
- Stärken
- Schwächen
- Kompatibilität & Software
- Fazit
Ersteindruck: Groß, aber nicht klobig
Du öffnest die hübsche Verpackung und denkst dir: „Huch, was ist das für ein dickes Ding?!“. Und tatsächlich: Die Huawei Watch 4 Pro ist ausschließlich in einem 48 Millimeter großen Gehäuse erhältlich – und das hinterlässt einen sehr wuchtigen Eindruck. Das liegt an dem sich schon enorm wertig anfühlenden, sehr dicken Titangehäuse und dem sphärischen Saphirglas. Unter dem leicht abgerundeten Glas verbirgt sich das 1,5 Zoll große AMOLED-Display. Das beeindruckt schnell durch seine Helligkeit und den stimmigen Kontrast.
Im Vergleich zu meiner Galaxy Watch5 (44mm) wirkt die Watch 4 Pro extrem groß. Ich musste mich zugegeben etwas umgewöhnen. Aber Huawei macht es mir leicht, mich mit der Highend-Smartwatch anzufreunden. Das Lederarmband passt sich perfekt an mein Handgelenk an, alternativ ist ein Titanarmband (für 100 Euro extra) erhältlich.
Die erste Einrichtung setzt ein Smartphone mit Android, Huaweis eigenem EMUI oder ein iPhone voraus. Huawei-Health-App herunterladen, eingeblendeten QR-Code auf der Uhr einscannen und nach ein paar Minuten sind die wichtigsten Einstellungen vorgenommen.
Das ist soweit gut gelöst, zeigt aber schon zu Beginn das typische Huawei-Problem: Der chinesische Konzern muss aufgrund bestehender Sanktionen einen eigenen Mikrokosmos schaffen und Google-Dienste umgehen. Die Health-App findest du beispielsweise nicht im Play Store deines Android-Smartphones, auch ist die Freigabe von Rechten eine aufwendigere Angelegenheit. Doch es sei betont: Huawei stellt genügend Anleitungen zur Verfügung, die Laien nicht überfordern.
Alles in allem ist der Ersteindruck ein positiver. Ja, die Huawei Watch 4 Pro ist groß, aber kein Klotz, sondern eine erstaunlich stylische, enorm hochwertige Smartwatch.
Das bietet die Huawei Watch 4 Pro
Huawei scheint alles in das robuste Titangehäuse der Watch 4 Pro gesteckt zu haben, was derzeit möglich ist. Nicht fehlen dürfen für das Messen der Gesundheitsdaten der optische Herzfrequenzsensor und der EKG-Sensor. Interessant: Die zwei auf der linken Seite integrierten Mikrofone sind in der Lage, bei einem Atemtest deine Atem- und Hustgeräusche zu analysieren. Zusätzlich gibt’s eine SpO2-Messung und auf Wunsch eine kontinuierliche Hauttemperatur-Kontrolle.
Auf der rechten Gehäuseseite befindet sich eine drück- und drehbare Krone, die sich richtig gut anfühlt – kein Vergleich zur (ohnehin günstigeren) Amazfit GTS 4. Darunter befindet sich ein weiterer Knopf mit integriertem Herzfrequenz-Sensor. Er dient auch zum Aufrufen der Huawei-eigenen Sprachassistentin Celia.
Eine Lünette wie bei der Galaxy Watch6 Classic bekommst du bei der Huawei Watch 4 Pro nicht. Regulär ist allerdings ein fester Rand vorhanden, der die Minuten anzeigt. Das ist natürlich nur bei analogen Ziffernblättern sinnvoll.
Die Uhr ist IP68 zertifiziert und bis 5 ATM wasserdicht. Freitauchen ist bis zu 30 Metern vorgesehen. Den Standard EN 13319 (für Tauchzubehör) erfüllt die Huawei Watch 4 Pro ebenfalls.
Eindrucksvoll sind die technischen Daten: 2 GB RAM, 32 GB ROM, AMOLED-Display, moderner Chip – die Watch 4 Pro gehört zu den bestausgestatteten Smartwatches der Gegenwart.
| Huawei Watch 4 Pro Technische Daten |
| Display: 1,5 Zoll AMOLED-Display (466 x 466 Pixel) Touchscreen 60 Hz |
| Prozessor: Qualcomm Snapdragon W5 Gen 1 (4x 1,7 GHz, ARM-Cortex-A53) |
| Sensoren: Optischer Herzfrequenzsensor Umgebungslichtsensor Barometer Temperatursensor EKG-Sensor Tiefensensor |
| Funktionen: Mikrofon Integrierter Lautsprecher (Mono) Dualband-GNSS (GPS, BeiDou, QZSS L5, Glonass, Galileo) WLAN 2,4 GHz Bluetooth 5.2 & BLE/BR LTE (3G, 4G) NFC |
| Maße: 47,6 x 47,6 x 12,9 mm, 65 Gramm (ohne Armband) |
| Wasserdicht: 5 ATM (5 bar, bis 30 Meter) |
| Gehäuse: Luft- und Raumfahrt-klassifiziertes Titanium |
| Akkukapazität: 780 mAh Lithium-Polymer |
Fitness & Gesundheit: EKG und umfangreiche Daten
Dreh- und Angelpunkt für alle Fitnessdaten ist die Health-App von Huawei. Ist die Smartwatch gekoppelt, findet eine automatische Synchronisation statt. Die gesammelten Informationen gelangen so zum Telefon, die App bereitet die Daten auf. Zu Beginn mögen die zahllosen Karten etwas unübersichtlich wirken, doch das Konzept ist schnell verinnerlicht.
Ein praktisches Element ist das neue Health Glance: Nacheinander führt die Uhr sieben Tests durch und misst dabei unter anderem Herzfrequenz, Stress, Hauttemperatur und EKG. Auch der Atemtest ist mit dabei. Danach gelangen alle Werte in die App und erlauben so einen schnellen Überblick. Das verdeutlicht auch, wozu die Huawei Watch 4 Pro letztlich in der Lage ist.
Darüber hinaus erwartet dich eine Armada an Möglichkeiten: Nutze vorhandene Fitnesskurse, scanne Nährwertangaben von zu dir genommenen Speisen ein, beschäftige dich mit Intervallfasten, starte Trainings, tracke deinen Schlaf oder führe manuell Messungen (Stress, Blutsauerstoffsättigung, EKG, Temperatur…) durch. In Form von Kleeblättern siehst du deine Fortschritte und ob du deine (definierten) Gesundheitsziele erreicht hast.
Was bedauerlich ist: Diese Datenflut lässt sich nicht mit Google Fit oder anderen Drittanbieter-Apps synchronisieren. Einzig Verbindungen zu Komoot und Strava sind möglich, betreffen also vorrangig getrackte Routen.
Alles in allem aber lässt die Huawei Watch 4 Pro keinerlei Wünsche offen. Das Angebot ist gewaltig, mit Health+ gibt’s sogar noch einen kostenpflichtigen Abo-Dienst mit Ernährungsberatung und einem ergänzenden Fitnesstraining.
Und das Wichtigste: Im Vergleich zu meiner Galaxy Watch5 konnte ich keine gravierenden Unterschiede bei den Messergebnissen feststellen. Die Messungen erfolgen ähnlich zügig, zuverlässig und – für eine Smartwatch – präzise. Wie auch die meisten anderen Hersteller betont Huawei, dass EKG, Herzfrequenz-Analyse und Co. keine medizinischen Produkte ersetzen.
Atemtest der Huawei Watch 4 Pro: So funktioniert er
Suche einen ruhigen Ort auf, atme tief ein und huste zwei bis drei Mal ins Mikrofon. Die Uhr analysiert die Geräusche, um daraus die sogenannte Vitalkapazität (FVC) abzuleiten. Das Lungenvolumen (in Litern und als Prozentangabe abhängig vom Alter) erhältst du als Information, genauso allgemeine Beschreibungen wie „Wenn Sie rauchen, wird empfohlen, damit aufzuhören“.
Ob der Atemtest eine Bereicherung darstellt? Es ist sicherlich aufschlussreich, aber ein wenig Skepsis bleibt: Kann man anhand von Hustengeräuschen wirklich das Lungenvolumen berechnen? Als fester Bestandteil von Health Glance ist die Funktion sicherlich nützlich, ein besonderes Alleinstellungsmerkmal der Smartwatch in meinen Augen allerdings nicht.
Akkulaufzeit: Besser als die Konkurrenz
Beim Funktionsumfang lässt sich die Huawei Watch 4 Pro am besten mit der Samsung Galaxy Watch6, der Google Pixel Watch oder der Apple Watch Series 8 vergleichen. Der Unterschied: Die Huawei-Smartwatches kommt offiziellen Aussagen zufolge auf 4,5 Tage Akkulaufzeit im normalen Betrieb.
Und hier überzeugt die Huawei Watch 4 Pro mit einer Akkulaufzeit von rund drei Tagen bei allen eingeschalteten Sensoren sowie dem Always-on-Display. Das passt zwar nicht zu den offiziellen Herstellerangaben, doch ist das noch ein hervorragender Wert. Sehr viel mehr lässt sich ohnehin herausholen, schaltest du das AoD ab oder nutzt weitere Stromsparfunktionen.
Klar, letztlich liegt es am großen Akku, der für die hohe Akkulaufzeit sorgt. Der benötigt Platz und führt so zu einem entsprechend wuchtigen Gehäuse.
Schön wiederum ist, dass Huawei für seine Smartwatch auf den Qi-Standards setzt, du die Uhr also auch mit kompatiblen Lösungen aufladen kannst. Die mitgelieferte Ladestation, die zum Füllen des Akkus rund 90 Minuten braucht, fühlt sich allerdings überraschend billig und gar nicht so recht zum Gesamteindruck der Uhr passend an.
Stärken der Huawei Watch 4 Pro
Keine Frage: Die Huawei Watch 4 Pro macht viel richtig. Das Smartwatch-Spitzenmodell des Herstellers verdeutlicht, dass es Anwender:innen an nichts mangeln wird.
Die Highlights der Uhr sind meiner Auffassung nach:
- Verarbeitung & Hardware: Moderne Technik trifft auf eine luxuriöse Verarbeitung. Das ist eine tolle Kombination. Eine flüssige, schnelle Bedienung ist eine Selbstverständlichkeit. Hier ruckelt nichts.
- Fitnessdaten: Ausschweifende Details, Informationen und Analysen. Die meisten Daten gibt’s in der Health-App, rudimentäre Infos auch direkt auf der Uhr.
- Fokus auf Lauftraining: 13 vorinstallierte Trainingspläne für Läufer:innen (inkl. Wandern und Gehen) sind vorhanden, weitere lassen sich erstellen. Generell bietet die Huawei Watch 4 Pro viele Features speziell für Lauf-Sportarten. Aber natürlich stehen viele weitere Sportarten ebenfalls zur Verfügung.
- GPS: Eine ausführliche Navigation (mittels der Anwendung Petal-Maps) auch ohne Smartphone dank eSIM steht zur Verfügung. Hinzu gesellt sich ein bequemer Import und Export von GPX-Tracks.
- Akkulaufzeit: Als Besitzer einer WearOS-Smartwatch fühlt es sich gut an, wenn eine ebenwürdige Smartwatch deutlich länger hält. Zwar schaffen Uhren zum Beispiel von Garmin oder Amazfit mehr, doch sind diese konzeptionell anders oder bieten keine vergleichbare Qualität.
Schwächen der Huawei Watch 4 Pro
Wo Licht fällt, fällt auch – ihr könnt es euch denken.
Folgende Schwächen sind für manche nicht unbedingt verschmerzbar…
- Gewicht: Die Uhr allein wiegt 65 Gramm. Dazu kommt noch das Armband. Meine getestete Version mit Lederarmband bringt 79 Gramm auf die Waage. Und ja – das fühlst du mit der Zeit. Auch ist sie weniger ergonomisch, was sich bei Sportschwimmer:innen negativ auswirken dürfte. Die Huawei Watch 4 Pro mit Titanarmband kommt auf 120 Gramm. Das wäre mir persönlich viel zu viel. Zum Vergleich: Die Apple Watch Series 8 in 45mm und Aluminiumgehäuse wiegt ohne Armband unter 40 Gramm.
- Kein kontaktloses Bezahlen: Zwar bietet Huawei eine Wallet-Anwendung und verbaut ein NFC-Modul, doch kontaktloses Bezahlen ist mit der Uhr nicht möglich. Das ist bedauerlich, denn solch eine Möglichkeit gehört zu den praktischsten Funktionen heutiger Smartwatches.
- App-Angebot: Das Betriebssystem HarmonyOS 3 bietet jeden erdenklichen Komfort, aber leider nur ein kleines Angebot an Apps. Ein paar Spiele hier, ein paar Tools dort. Im Vergleich zu Uhren mit WearOS oder watchOS ist der dazugehörige Store spärlich gefüllt.
- Keine Google-Dienste: Aufgrund vorhandener Sanktionen setzt Huawei auf seine eigenen Angebote. Folglich erhältst du keine Google-Dienste und nutzt stattdessen Huawei-Services. Petal Maps statt Google Maps zum Beispiel. Das ist gewöhnungsbedürftig und oftmals eine Ecke schlechter als „das Original“.
- Sprachassistentin: Celia ist nicht allzu schlau. Du kannst auf Knopfdruck zwar den Wecker stellen, einen Lauf starten oder das Wetter abrufen, sonst aber wirst du sehr häufig ein „Es tut mir leid, ich habe das nicht verstanden“ als Antwort hören. Alexa, Siri und Google Assistant sind Lichtjahre voraus.
- Musikstreaming: Das geht zwar, aber ordentlich nur über Huawei Music. Spotify lässt sich indirekt und recht aufwendig über Drittanbieter-Apps verwenden. Andere Streaming-Services stehen nicht zur Verfügung.
Kompatibilität & Software
Während die Galaxy Watch5/6 und die Pixel Watch gar nicht mit dem iPhone funktionieren, ist der Huawei Watch 4 Pro das Betriebssystem des verbundenen Smartphones egal. Es läuft unter Android und iOS gleichermaßen, genauso natürlich unter HarmonyOS oder AOSP und EMUI auf Huawei-Smartphones wie den von uns getesteten Mate X3 und P60 Pro. Das ist zweifelsohne ein Vorteil.
Ich bin dennoch etwas genervt von dieser ganzen „Frickelei“: Das Installieren von Huawei Health auf Android-Smartphones und die Konfiguration des Telefons für eine reibungslose Verwendung ist nicht allzu bequem. Natürlich ist das den Handelsbeschränkungen geschuldet, aber von Spaß kann nicht die Rede sein. Auch musst du dir Drittanbieter-Apps von gänzlich unbekannten Entwicklern herunterladen, möchtest du beispielsweise doch irgendwie Google Maps oder Spotify verwenden. Nur wie vertrauenswürdig sind die Anwendungen? Nachprüfen lässt sich nicht direkt, wo ggf. deine Daten landen.
Trotzdem: HarmonyOS 3 für die Huawei Watch 4 Pro ist längst ein sehr rundes und gut laufendes Betriebssystem – die Anbindung an die Health-App klappt tadellos. Bleibst du im „Universum“ des Herstellers und nutzt seine Dienste bzw. benötigst keine anderen „Spielereien“, dürfte dich das nicht weiter stören. Abgesehen von der erstmaligen Konfiguration vielleicht, die wie eingangs erwähnt trotzdem nicht allzu kompliziert ist.
Fazit: Schwere Empfehlung
Im Alltag sind es wahrlich keine schwerwiegenden „Probleme“, die die Huawei Watch 4 Pro bereitet. Du bekommst zwar keinen schlauen Sprachassistenten, kannst dein Smart Home nicht steuern und musst auf Alternativen zu Google Maps und Co. zugreifen, doch abgesehen davon erhältst du eine hervorragend verarbeitete Smartwatch mit einen grandiosen Funktionsumfang. Sie hält eine Menge aus, beeindruckt mit einem imposanten, hellen Bildschirm und lässt im Bereich der Fitness- und Gesundheitsdaten keine Wünsche offen. Dazu gesellt sich eine im Vergleich zu den bekannten Mitbewerbern gute Akkulaufzeit.
Ernsthafte Kritikpunkte sehe ich nur bei dem Fehlen einer Bezahlfunktion und dem sehr eingeschränkten App-Angebot. Eine offizielle Unterstützung von Spotify wäre schon einmal ein großer Mehrwert. Oder was wäre mit Microsoft-Apps wie zum Beispiel Outlook? Hier ist noch Luft nach oben.
Und da ist das Gewicht. Wenn dir zirka 80 Gramm am Handgelenk nichts ausmachen und du ohnehin große, wuchtige Armbanduhren favorisierst, dürfte dich die Huawei Watch 4 Pro allerdings glücklich machen. Mir persönlich ist sie etwas zu schwer – aber das ist natürlich ein subjektives Empfinden.
Alles in allem ist die Huawei Watch 4 Pro absolut ihren Preis wert. 549 Euro (UVP; Variante mit Lederarmband) sind zwar eine „Hausnummer“, doch du erhältst ein starkes Stück Technik, das dank eSIM auch komplett auf eine Anbindung ans Smartphone verzichten kann.
Die Huawei Watch 4 Pro ist bei Euronics erhältlich.