Pro und Contra: Hat DAB+ noch eine Chance gegen das Webradio?

DAB+ ist die Zukunft des Radios, oder gewinnt doch das Webradio? Wir geben euch Pro und Contra – in einem Artikel.

Pro und Contra: Hat DAB+ noch eine Chance gegen das Webradio?
Panasonic RF D10: Auch bei DAB+ bleibt eine Antenne nach wie vor notwendig. Bild: Jürgen Vielmeier

UKW soll in ersten Ländern wie Norwegen oder der Schweiz in geraumer Zeit abgestellt werden. Der designierte Nachfolger: das nicht allerorten innig geliebte DAB+. Aber was ist, wenn die Hörer nicht mitspielen und lieber im Internet weiter Radio hören? Wir sind hin- und hergerissen und nehmen deswegen für euch beide Positionen ein. Die für DAB+ und die für Webradio. Wofür entscheidet ihr euch?

Pro DAB+: Praktisch, modern, überall

Wir haben es euch kürzlich schon in einem Beitrag nahegelegt: DAB+ ist die Zukunft des Radios. Es gibt kein Rauschen mehr, es gibt spannende Zusatzdienste mit Textangeboten, die Preise für die Endgeräte sind stark gefallen, die Netzabdeckung ist fast flächendeckend. Ihr habt keine Zeitverzögerung in der Übertragung (wichtig zum Beispiel bei der Bundesliga-Schlusskonferenz).

Mit DAB+ steigt das Angebot an empfangbaren Radiosendern gegenüber UKW. Und nicht zuletzt bleibt auch die regionale Verbundenheit bestehen. Würden junge Hörer aus Köln ohne DAB+ in Zukunft überhaupt noch das Stadtradio Köln und den WDR hören? Wissen sie dann überhaupt noch, was der WDR ist?

Die DAB+ Netzabdeckung in Deutschland Ende 2017: Noch große Lücken im Norden und Nordosten. Karte: Digitalradio.de
Die DAB+ Netzabdeckung in Deutschland Ende 2017: Noch große Lücken im Norden und Nordosten. Karte: Digitalradio.de

Und vielleicht das allerwichtigste: Ihr könnt DAB+ auch unterwegs hören, gerade im Auto. Tourt doch mal mit einem Webradio durchs nord(ost)deutsche Tiefland und versucht dabei, alle Funklöcher zu umfahren! Praktisch nicht möglich im deutschen Mobilfunknetz.

Da kommt bald das Allheilmittel 5G-Mobilfunk, sagt ihr? Ja, aber schon jetzt steht fest, dass da wieder Lücken klaffen werden. Nur 98 Prozent der Haushalte müssen die Anbieter bis 2022 versorgen. Da zeigt sich ja schon jetzt, dass die Provinz wieder ausgespart wird. Und wer traut den Anbietern und der Politik zu, die schon beim Festnetz-Breitband immer wieder verschobenen Ziele überhaupt zu erreichen? Selbst Lesotho hat uns beim Thema Mobilfunk abgehängt. Man mag gar nicht mehr hinschauen.

Aber zurück zu den Vorzügen von DAB+: Es ist einfacher und intuitiver in der Anwendung. Mit einem Klick einfach zum nächsten Sender umschalten? Geht mit DAB+. Mit einem Webradio-Stream auf dem Smartphone sind selbst einfache Dinge wie Senderwechsel kompliziert. Nicht zuletzt stehen die Medienanstalten hinter DAB+, die Technik ist nahezu ausfallsicher, die Soundqualität gut. In absehbarer Zeit wird kein Weg am nächsten Digitalradio-Standard vorbeiführen! DAB+ für alle!

Contra DAB+ und pro Digitalradio: Weltweite Freiheit!

Muss man sich mal vorstellen: Da nörgeln alle über das lahme Mobilfunknetz, fordern das schnelle 5G, was die Netzbetreiber wieder etliche Milliarden Euro an Lizenzgebühren und vor allem Infrastruktur kosten wird. Und dann wird neben diesem Netz für viel, viel Geld noch ein zweites gebaut. Das für DAB+.

Dabei zeigt sich doch heute schon, dass sich unsere Hörgewohnheiten längst verändert haben. Sprachgesteuerte Lautsprecher stehen Stand 2020 rund 10 Millionen Bundesbürgern zur Verfügung und die Killeranwendung darauf ist: Radio. Warum also noch einmal dutzende Euro in einen DAB+-Empfänger stecken, wenn die Technik schon heute für viele als überholt gilt? Fürs Webradio braucht man derweil nur ein internetfähiges Endgerät. Sprachlautsprecher, PC oder das, was man sowieso immer dabei hat: das Smartphone.

Webradio sieht heute oft so aus: Das Smartphone wird mit einem Lautsprecher (oder der Bordkonsole) gekoppelt. Bild: Oliur via Unsplash
Webradio sieht heute oft so aus: Das Smartphone wird mit einem Lautsprecher (oder der Bordkonsole) gekoppelt. Bild: Oliur via Unsplash

Unterwegs – das hat unsere Stichprobe ergeben – reicht die Mobilfunkversorgung auch auf dem Land heute schon aus, um einen datensparsamen Radiostream abzuspielen. Klar, wenn alle vom UKW-Radio auf Webradio umsteigen würden, bräuchte es potentere Netze. Aber die werden mit dem 5G-Mobilfunk ja gerade aufgebaut. Keine 100-prozentige Netzabdeckung? Hat DAB+ ja auch nicht!

Es zeigt sich doch schon jetzt, dass immer mehr Menschen im Auto ihr gewohntes Umfeld vorfinden wollen. Mit Lösungen von Apple (CarPlay) oder Google (Android Auto), die mit ihrem Smartphone kompatibel sind. Über 40 Millionen Menschen in Deutschland nutzen heute Online-Radio. Bei den Unter-30-Jährigen sind es sogar 60 Prozent. Will man die alle ignorieren und ihnen lieber das langweiligere DAB+ vorsetzen? Klingt nicht vernünftig. Lieber auf 5G setzen und die Technik für einen störungsfreien Webradio-Genuss flottmachen!

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8 Kommentare zu “Pro und Contra: Hat DAB+ noch eine Chance gegen das Webradio?

  1. Der Nachteil von 5G: Es wird nur in den Ballungsräumen zur Verfügung stehen, während DAB+ bis Ende d.J. bei 97% der Fläche verfügbar ist.

    Noch etwas habt ihr im Contra-Bericht vergessen: Ja, Webradio mag mobil im Auto funktionieren. Aber: Bricht die Verbindung weg und der Stream wird neu gestartet, wird man wieder und wieder mit Pre-Stream-Werbung gequält. Will man das?

    Und im Stau, wenn man unterhalten werden will, sind die Mobilfunknetze so ausgelastet, dass gar kein Streaming möglich ist.

    Wenn es funktioniert, gibt es da noch das Thema Datenvolumen – dafür muss man in Deutschland immer noch gut zahlen.

    Alles das spricht gegen Streaming und zeigt, welche Vorteile der digital-terrestrische Rundfunk mit sich bringt. Für den Hörer kostenfrei, stabil und zuverlässig!

    1. So schaut das aus. Peer-to-peer ist prinzipbedingt immer aufwändiger als One-To-Many (Broadcast). Das alle immer per Stream permanent und überall (billig) versorgt werden können, scheint mir so wie wie „wir schaffen das“.

  2. Ganz klar: Pro DAB+. Ich möchte mich nicht noch mehr von einer Internet-Verbindung und damit von einem Internet-Anbieter abhängig machen. Mir reicht schon, dass bei Internet-Ausfall nun auch Telefonieren nicht mehr möglich ist, wenigstens Radiohören sollte dann noch möglich sein.

  3. Interessanter Artikel über die schöne, neue Radiowelt.
    Erst einmal: Eine Zeitverzögerung wird es heute leider in allen digitalen Systemen geben – auch bei DAB+! Die ist allein technisch bedingt, da das Signal vor der Sendung erst noch codiert und wieder decodiert werden muss. Demnach ist nicht DAB+ das wirklich schnellste System, sondern der analoge Rauschfunk UKW. Nur der ist heute für mich nun wirklich nicht mehr der Stand der Dinge. 5G kann es aber auch nicht sein. Denn das ist ein Datenfunkstandard, der eigentlich nix mehr mit klassischem Rundfunk gemein hat. Hier besteht immer eine Verbindung mit Rückkanal zum Sender. So können jederzeit und unbemerkt meine Nutzungsgewohnheiten vom Programmanbieter aufgezeichnet und ausgewertet werden. Da zu Nutzung eine Datenverbindung nötig ist, werde ich pro Endgerät immer eine aktivierte Chip-Karte benötigen, für die weitere Kosten anfallen. Außerdem wird 5G zunächst nur in Ballungsräumen einwandfrei funktionieren, da hierfür erst noch ausreichende Netze geschaffen werden müssen. Da ein Datendienst wieder eine 1:1-Verbindung darstellt, kann man sich zudem sehr schnell vorstellen, wie schnell dort die Kapazitäten zu erschöpfen sind, wenn es nicht genügend Funkzellen gibt. Denn hier ist die Zahl der Teilnehmer technisch auf entsprechende, freie Ports des Anbieters beschränkt. Das ist beim klassischen Rundfunk nicht so. Dort kann man im Sendegebiet eines Senders faktisch unendlich viele Empfänger betreiben. Das gilt für DAB+ wie auch für die betagte Analogtechnik UKW.
    Ich finde, dass DAB+ eine der besten UKW-Ersatzlösungen darstellt, die es zur Zeit auf dem Markt gibt. Das System ermöglicht die Übertragung von 16 Stereoprogrammen auf einer Sendefrequenz. So viel ist nicht mals mit HD-Radio (USA) möglich, wo nur maximal bis zu 3 Programme pro Kanal gehen sind. Allerdings muss ich fairerweise sagen, dass HD-Radio mir herkömmlichen UKW-Frequenzen auskommt und für DAB+ neue Frequenzbereiche eingeführt worden sind. So funkt DAB+ im ehemaligen VHF-Bereich des 1. TV-Programms. Leider sind die Sendeausgangsleistungen bei DAB+ sehr gering, so dass bereits ein leicht defektes Schaltnetzteil im Haus den Empfang durch EMV-Smog verhindern kann. Auch der beliebte „Programm-Overspill“- noch aus der UKW-Zeit bekannt – hält sich bei DAB+ in Grenzen. Während auf UKW mit bis zu 100.000 Watt gesendet wird, senden DAB+ Sender momentan hierzulande nur mit maximal 8000 – 10.000 Watt. Hinzu kommt noch die Physik, durch die feststeht, dass die Reichweite eines Signals mit steigender Frequnez immer schlechter wird. Klar, dass so ein DAB+ Signal dann oft „recht dünn“ ist. Problem ist ja, dass wenn es zusammenbricht, aus dem Lautsprecher nur ein Schweigen kommt, während man bei UKW noch mit schlechter Qualität und Störgeräuschen weiterhören konnte. Trotzdem denke ich, daß DAB+ die Radio-Zukunft ist. Nie war die Bedienung von Empfangsgeräten einfacher als mit DAB+! Was mich aber wundert, dass sich die Konsumenten so sehr bei dem neuen System zurückhalten. Beim TV eigentlich undenkbar. Da wird klaglos alle 2-3 Jahre gerne das allerneueste Empfangsgerät mit 4K und mehr gekauft. Beim guten alten Radio sieht es da oft anders aus. Ich kenne noch sehr viele Nutzer, die nach wie vor Radio über ihr mindestens 20 Jahre altes Rauschgerät konsumieren und von den vielen neuen, flotten Programmen die DAB+ bringt (u.a. Schwarzwaldradio, Schlagerparadies, Radio BOB!, Sunshine Live oder NRJ) noch nix gehört haben. Ich habe auf jeden Fall mit dem Kauf eines DAB+ Radios bei meinem Euronix-Fachgeschäft (Brumberg) nix falsch gemacht, wenn auch die Programmauswahl auf DAB+ gerade in NRW noch etwas größer sein könnte als insgesamt nur 24 Programme, wie sie auch der hiesige Rundfunkförderverein unter bescheinigt. Denn die DAB+ Techhnik hat in NRW politisch leider einen schlechten Stand. Während in anderen Bundesländern bereits viele Privat-Muxxe auf Sendung sind (allen voran ist das DAB+ Musterland Bayern), gibt es hierzulande leider offiziell nur den WDR-Mux und den Bundesmux 5C. Wer ein gutes DAB+ Radio mit Antennenanschluss und externer Dach-Richtantenne betreibt, der kommt hier und da in den Genuss der zusätzlichen Programme des NDR. Das war es dann aber auch. DAB+ kann nur ein richtiger Knaller werden, wenn es Programm-Vielfalt bietet. Technisch gesehen bei der vorgesehenen Bandbreite und dem überhaupt erstmals beim Radio möglichen, frequenzsparendem „Gleichwellenbetrieb“ (so ist bei DAB+ ein Programm faktisch im gesamten Sendegebiet über eine einzige DAB+ Frequenz durchgehend zu hören – Ausnahme lediglich NDR, der keine oder kaum DAB+Gleichwellensender benützt), überhaupt kein Problem. Aber terrestrischer Rundfunk ist nun mal leider Ländersache. Wer hier stationär ohne jeden Internetanschluss Auswahl will, dem sei bei seinem Euronics-Händler eine SAT-Antennenanlage empfohlen. Denn hierüber funken neben den TV-Programmen auch alle Radioprogramme der ARD in allerbester Klangqualität mit 320 KPBS. (Bessere Soundauflösung als über DAB+ – aber DAB+ ist in erster Linie auch ein mobiles System und dafür reicht der Klang vollkommen und ist besser als bei UKW)

  4. Wer möchte schon den Mist hören der seid langen im öffendlich rechtlichen Radio gespielt wird, jedes mal wenn ich im Auto WDR höre spielen die jeden Tag das gleiche, Musik ist so vielfältig, wo ist das Radio von früher. Wen ich dort Moderator wäre würde mich das ankotzen, immer nur die selben Tracks anzusagen. Das wir auch bei DAB+ nicht besser. Also höre ich vom Stick oder Internetradio, geht in den Ballungsgebieten einwandfrei. Das Mit dem Traffic ist auch kein Problem, zumindest bei O2 nicht. Ist mein G4 Traffik aufgebraucht gehts immer noch mit 1000 kbits weiter das reicht zum Radio hören.
    Ich habe fertig !!!

  5. Im Vergleich zu einer normalen Audio CD, die eine Datenrate von 1400Kbit/s bietet,
    Nutzen DAB+ und Webradio (von wenigen Ausnahmen abgesehen ) eine Datenrate von weniger als
    128Kbit/s
    Zudem wird hier mit einem psychoakustischen Hörmodell decodiert (MP2/3)
    Aus diesem Grund ist UKW Radio immer noch die bessere Wahl. Das signal rauscht zwar nicht mehr, es setzt dafür bei schwachem Empfang gleich ganz aus.
    DAB+ und Webradio sind Ratiomaßnahmen, nur billig und ohne Qualität. Genauso wie die heutigen Abspielgeräte.
    Wer jetzt argumentiert, man höre das sowieso nicht, dann empfehle ich mal eine qualitativ hochwertige Hifi Anlage evtl. mit Kopfhörer zu testen……

    Ich fordere daher : DAB+ mit mind. 600Kbit/s (die Hälfte einer Audio CD) und OHNE Psychoakustisches Hörmodell. DIGITAL JA, aber endlich mal mit ordentlicher Qualität

  6. Zur Situation in der „Provinz“:

    Per UKW bekommen wir alle Sender von WDR, NDR und HR. Per DAB+ nur den WDR. Und auch nicht „unseren“ Regionalsender: WDR 2 sendet hier dank „Gleichwellentechnik“ die Lokalprogramme für Köln, Wuppertal, Dortmund, … – aber eben nicht für uns. Für den WDR hört das Sendegebiet ja bekanntlich am Kamener Kreuz auf. Und die privaten Regionalsender gibt’s auch nicht über DAB+.

    Die Sendeleistung von DAB+ ist bei uns derart schwach, dass Empfang in geschlossenen Räumen nur am Fenster möglich ist. Eine (teure) Außenantenne wäre auch nicht praktikabel, ich will ja schließlich in jedem Raum Radio hören und außerdem haben nur wenige DAB-Radios überhaupt einen Anschluss dafür.

    Besserung ist leider nicht in Sicht, schon gar nicht in NRW. Wir werden wohl so lange wie möglich bei UKW bleiben. Letztens war eine Radio-Ersatzanschaffung notwendig, das ist dann sicherheitshalber ein Hybridradio geworden – das zur Zeit ausschließlich Internetradio spielt.

    1. Das ist natürlich nicht im Sinne der Erfinders. Tut mir Leid zu hören, dass du derartige Probleme damit hast – und dass es so aussieht, als würde das „platte Land“ auch in der Hinsicht das Nachsehen haben. Beim Breitbandausbau ist das ja auch schon der Fall.

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