Affinity ist die Zuflucht für Adobe-Überdrüssige, die nicht im Abo für Photoshop, InDesign oder Illustrator zahlen wollen. Für das schnelle Upgrade auf die neue Version Affinity v2 sprechen drei gewichtige Argumente. Doch Anbieter Serif hat auch noch Baustellen vor sich.
Inhalt:
- Preislich moderat und fair
- Hunderte neue Features
- Überarbeitetes Interface
- Workflow über alle Programme
- Praxiserfahrung
- Wo Affinity v2 enttäuscht
- Warum sich das Upgrade (nicht) lohnt
Preislich moderat und fair
Anders als bei Kreativsoftware-Platzhirsch Adobe abonnierst du die Programme nicht, sondern kaufst die Affinity-Apps einmalig.
Für Affinity Photo 2, Affinity Designer 2 und Affinity Publisher 2 verlangt der Anbieter jeweils 84,99 €. Das sind pro App 30 Euro mehr als bei den Vorgängerversionen.
Doch hier steckt der Teufel im Detail. Zuvor musstest du die Windows-, Mac- und iOS-Lizenz zwingend separat erwerben – was für eine App auf jeder Plattform fast 130 Euro kostete.
Entscheidest du dich nun dazu, alle drei v2-Apps auf einmal zu erwerben, bezahlst du regulär 199,99 € und erhältst im Gegenzug Lizenzen für Windows, Mac und iPad OS. Affinity spricht hier von einer Universallizenz.
Der Preis scheint hoch angesetzt, ja. Im Kreativbereich sind die Affinity-Apps aber echte Schnäppchen.
Die Lizenzen bleiben übrigens weiterhin uneingeschränkt installierbar. Es gibt keine Begrenzung, auf wie vielen Rechnern und Tablets du gleichzeitig deine Lizenz nutzen kannst. Das ist ideal für kleinere Firmen oder Vereine mit knappen Ressourcen.
Mit der Veröffentlichung von Affinity v2 hat Serif allerdings auch den Verkauf der Vorgängerversion eingestellt.
Affinity v2: Hunderte neue Features
Über alle drei Anwendungen hinweg haben die Serif-Programmierer hunderte kleine Verbesserungen eingebaut. Manche Änderungen drängen sich geradezu in den Vordergrund.
Dazu gehören die zerstörungsfreie RAW-Entwicklung in Affinity Photo 2, die auch in Studio Link funktioniert. Damit passt du Helligkeit, Kontrast, Farbwirkung und vieles mehr auf absolutem Profi-Niveau an. Hast du etwas falsch eingestellt, rollst du diese Änderung einfach zurück. Die RAW-Entwicklung ist auch nativ in Affinity Publisher 2 eingebaut – es ist damit die bislang einzige Layout-Software, die solch eine RAW-Bearbeitung anbietet.
Für den Publisher gibt es außerdem eine neue Funktion, mit der du verschiedene als Affinity-Dateien erstellte Kapitel komfortabel zu einem Buch zusammenfassen kannst. Vorbild ist hier eindeutig Adobe Acrobat, das diese Zusammenführung als ein Standardwerkzeug mit sich führt.
Andere Neuerungen sind subtiler. Hier und da hat Affinity v2 Dateigrößen geschrumpft, Werkzeuge in ihrer Funktionsweise angepasst und DXG-Import für Architekturpläne eingefügt. Eine Übersicht über viele, längst nicht alle neuen Funktionen bietet Serif auf einer eigenen Webseite.
Überarbeitetes Interface
Affinity v2 mag auf den ersten Blick wie ein Klon seiner Vorgängerversion wirken. Stellt man die Programme einander gegenüber, zeigen sich aber unzählige kleine Detailveränderungen. Diese sind im Arbeitsalltag extrem nützlich. So zeigt dir Affinity Publisher im rechten Studio in der Ebenen-Ansicht mit einem kleinen Icon, was für ein Medientyp verlinkt ist – beispielsweise Text, Vektor- oder Pixelgrafik.
Einige Werkzeug-Icons tauschte Affinity aus und überholte auch so manches Menü. Davon einmal abgesehen haben die Entwickler glücklicherweise die Dreiteilung (linkes Studio, Arbeitsfläche, rechtes Studio) und die kontextsensitive Menüleiste am oberen Bildschirmrand beibehalten.
So kommen „alte Hasen“ sofort wieder zurecht und Neulinge freuen sich über die logisch aneinandergereihten Arbeitsschritte.
Starker Workflow über alle Programme hinweg
Affinity spielt in v2 neben der guten Preisgestaltung eine Software-Stärke aus: Kaufst du alle drei Programme, kannst du Studio Link nutzen. Dieses Feature ermöglicht einen nahtlosen Wechsel zwischen allen drei Programmen im selben App-Fenster.
Das klappt von einigen reproduzierbaren Crashes abgesehen auch richtig gut. Und viel schneller als in Version 1.x. Überhaupt hat Serif alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Performance zu steigern. Spürbar flüssiger gehen das Einfügen und Modifizieren von Objekten von Hand, setzt Affinity v2 Änderungen nahezu in Echtzeit um.
Die Praxiserfahrung
Alles in allem waren die Änderungen und neuen Features echte Gründe, um das Upgrade zu kaufen. Nach der Installation begeisterte Affinity vor allem dadurch, dass die Entwickler die von der Community kritisierten Details anpackten. Die Vorzüge der Programm-Suite tasteten sie aber nicht durch irgendwelche Experimente an.
Dass die Systemanforderungen höher sind und unter anderem 8 GB freien RAM einfordern stört nur dann, wenn dein Rechner nicht über ausreichend Arbeitsspeicher verfügt. Hier haben sich die Entwickler einen Gefallen getan und setzen eine realistische Speicherbelegung voraus.
Affinity 1.X litt insbesondere darunter, dass große Projekte irgendwann den Rechner ausbremsten, weil mehrere hundert Seiten oder XXL-Bilder in 4 GB Arbeitsspeicher zu quetschen waren. Affinity v2 entlastet sich hiermit eindeutig.
Arbeitest du aber hin und wieder mit Konkurrenz-Software, kann es durchaus sein, dass du einige Funktionen vermisst. Zuvorderst gehören dazu KI-Filter und -Routinen, welche die Bearbeitung verkürzen.
Worin Affinity v2 enttäuscht
Bei all den Lobhudeleien gibt es also auch berechtigte Negativpunkte, die man erwähnen muss. Denn mit einigen Änderungen und fehlenden Features zeigt sich der Abstand von Serif gegenüber der Konkurrenz:
- Instabilität: Affinity v2 stürzt gelegentlich ab – das betrifft Photo, Designer und Publisher gleichermaßen. Das ist für professionelle Kreative ein absolutes No-Go. Erste Fixes haben die Situation zwar verbessert, aber manche Crashes können User regelrecht provozieren. Bearbeitest du in Publisher bestimmte Vektorgrafiken über das Studio-Link-Feature, stürzt die App zuverlässig ab.
- Keine Interkompatibilität: Öffnest du ein Affinity-Dokument in v2 und speicherst es, schreibt die Software ein neuen Datei-Kopf, der das File inkompatibel zur Vorgängerversion macht. Du kannst es also dann niemandem weitergeben, der noch mit den alten Programmen arbeitet. Ärgerlich ist dies vor allem, weil Affinity v2 auf diesen Umstand nicht aufmerksam macht.
- Keine KI-Routinen: Adobe, Luminar und Pixelmator Pro setzen in ihren Foto-Suiten stark auf KI-Spielereien. Mit ihnen kannst du Schwarzweiß-Fotos einfärben, den Himmel austauschen oder die Mimik von Gesichtern ändern. All das kann Affinity nicht. Hier müsstest du also händisch kolorieren oder mit Masken Objekte verzerren.
- Großer Speicherhunger: Affinity-Programme galten als genügsame Alleskönner. Selbst auf betagten Rechnern liefen sie zufriedenstellend. Zar gab es auch in der Vorgängerversion lästige RAM-Bugs, die große Projekte wie unser Kartenspiel extrem einbremsten. Dass Affinity v2 nun aber 8 GB Arbeitsspeicher voraussetzt, muss man erst einmal schlucken. Denn so disqualifiziert es sich für viele Notebook-Nutzer, die noch mit den vor Kurzem marktüblichen 4 GB Arbeitsspeicher haushalten müssen.
Lohnt sich der Umstieg auf Affinity v2?
Immer mal wieder lockt Serif mit Preisnachlässen auf einzelne Apps und die Universallizenz. Da zuckt schon der Zeigefinger, um schnellstmöglich den Warenkorb zu füllen und das Gesamtpaket zu kaufen. Das war bei mir nicht anders.
Nach eineinhalb Monaten intensiver Nutzung würde ich mich dazu hinreißen lassen, eine differenzierte Kaufempfehlung auszusprechend. Die v2-Apps sind ein klarer Schritt nach vorn und bieten zahlreiche Verbesserungen in der Nutzerführung und Megabyte-weise sinnvolle neue Features. Diese nutzt du aber eh nur, wenn du wirklich viel mit den drei Apps arbeitest. Hast du Affinity 1.9 gekauft und bearbeitest nur hin und wieder ein paar Dateien, reicht die alte Version locker aus.
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Danke! Stand gerade vor der Kaufentscheidung und dein Artikel war hilfreich!