Von wegen Freiheit: Erste Mobilfunkverträge ohne Roaming tauchen auf

Es sollte alles so schön sein: Durch den Wegfall der Roaming-Gebühren kann jeder sein Datenvolumen jetzt auch im Ausland versurfen. Das sorgt offenbar für Verunsicherung bei den Providern. Durch die Angst vor hohen Kosten erscheinen nun die ersten Tarife, die kein Roaming mehr erlauben.

Von wegen Freiheit: Erste Mobilfunkverträge ohne Roaming tauchen auf

Roaming-Gebühren sind seit dem 15. Juni EU-weit abgeschafft, doch des einen Freud ist des anderen Leid. Während Kunden jetzt sorglos über die Grenze hüpfen können, scheint bei den Mobilfunkbetreibern massive Unsicherheit aufgekommen zu sein. Irgendwo verständlich, denn sie müssen die Roaming-Kontingente von ihren Partnern im Ausland einkaufen und können bisher kaum einschätzen, welche Kosten da jetzt auf sie zukommen.

Provider: Dann eben gar kein Roaming mehr

Die Folge ist natürlich: Trickserei. So fanden wir heraus, dass zum Beispiel O2 alte EU-Roaming-Optionen weiterlaufen lässt, auch wenn das gesetzliche EU-Roaming mehr Datenvolumen im EU-Ausland bieten würde. In meinem Falle hätte ich damit im EU-Ausland nur 1 GB meiner 3 GB Daten nutzen können. Die bisherige Roaming-Option musste ich von Hand kündigen.

Neu sind außerdem Tarife, die kein Roaming mehr erlauben. Bei Check24 findet man hier solche Datenpakete, meistens mit reichlich freien GB im Monat. Die gelten aber nur im Inland. Wer ins Ausland reist, kann dann schlicht gar nicht mehr telefonieren, simsen oder Daten nutzen. Das ist natürlich nicht das, was man sich als neue Freizügigkeit erhofft hatte.

Kostenfalle Schweiz: Alte Roaming-Pakete könnten hier Vorteile bieten

Natürlich gibt es noch weitere Fallstricke, sprich: Ärgernisse. So kann man außerhalb der EU auch in den partnerschaftlich verbundenen Ländern Norwegen, Island und Liechtenstein roamen. Nicht aber in der Schweiz! Und das ist in sofern eine mögliche Kostenfalle, dass die Schweiz bisher bei vielen Roaming-Optionen enthalten war. Wer also bei seinem Provider schon vor dem 15. Juni eine EU-Roaming-Option gebucht hatte und einen Urlaub in der oder eine Fahrt durch die Schweiz anstrebt, für den könnte es sich lohnen, diese erst hinterher zu kündigen.

Damit argumentiert auch der Provider O2, der kürzlich eine Abmahnung des Bundesverbands der Verbraucherzentralen erhielt. Die Verbraucherschützer finden, O2 hätte Kunden mit zuvor genutzten Roaming-Optionen zum 15. Juni automatisch umstellen müssen. O2 argumentiert, wer regelmäßig in die Schweiz oder die USA reise, für den könne eine entsprechende Reoming-Option weiterhin besser sein als die gesetzliche Regelung. Der Kunde habe die freie Wahl.

Bald mehr Datenvolumen? Eher im Gegenteil

Eine Argumentation, in der in meinen Augen ein wenig Angst mitschwingt. Was wird nun passieren, wenn ganz Europa kostenlos roamen kann? Werden die Kunden massenhaft im Ausland Prepaid-Tarife kaufen und zuhause nutzen und welche Kosten kommen dann auf die Provider zu? Dass erste Anbieter Roaming ganz sperren oder ähnlich wie O2 tricksen, dürfte nur die erste Reaktion auf diese Verunsicherung sein.

Als zweiten Schritt erwarte ich eine Verschlechterung des Angebots. Aus Angst vor hohen Kosten dürften die Anbieter ihre Datenpakete erst einmal verkleinern. Beim Discounter wird man dann künftig vielleicht nur noch 2 statt 4 GB zum gleichen Preis bekommen. Denn die Anbieter, ohnehin einem hohen Kostendruck ausgesetzt, müssen vorsichtig planen.

Gut also, wer vor dem 15. Juni schon einen Bestandstarif mit ausreichend Daten hatte. Besser dürfte das Angebot soll schnell erst einmal nicht werden. Und das ist kontraproduktiv, weil der Bedarf nach Daten ja immer mehr steigt. Freiheit auf der einen ist also ein Verzicht auf der anderen Seite.

Klarheit dann zur neuen Tarifsaison

Immerhin: Nach der diesjährigen Urlaubssaison dürften die Provider Gewissheit haben, welche Kosten tatsächlich auf sie zu kommen, wer wie viel roamt und ob das Ganze wirklich so teuer wird. Und so dürften wir zur neuen Tarifsaison an den Preisen ablesen können, wohin die Reise für uns geht. Oder, wie ich die Provider kenne, werden sie wieder in anderer Richtung erfinderisch. Dann gibt es vielleicht nicht mehr Datenvolumen, aber dafür Zugang zu WLAN-Hotspots. Der Anbieter UnityMedia warb erst heute damit, dass seine Kunden künftig in acht europäischen Ländern kostenlos über Hotspots ins Netz gehen könnten. Wieder ein Vorteil für einige Kunden, der von der EU nicht reguliert wird. Es bleibt – verwirrend.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, O2 hätte seine Kunden nicht darüber informiert, dass zum 15. Juni dieses Jahres die Roaming-Gebühren EU-weit wegfielen. Das stimmt nicht: O2 hat diese Änderunge seinen Kunden gegenüber in Rechnungen, im Kundenportal, auf der O2-Website und auch im Blog von Telefónica Deutschland kommuniziert. Prepaid- und Vertragskunden mit reguliertem EU-Tarif seien außerdem zum 15. Juni automatisch umgestellt worden, heißt es von Telefónica. Wir haben die entsprechenden Textstellen korrigiert.

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Ein Kommentar zu “Von wegen Freiheit: Erste Mobilfunkverträge ohne Roaming tauchen auf

  1. Ich finde die Sorgen der Provider unbegründet. Die Mehrheit der Kunden wird im Ausland im Schnitt genauso viel Daten verbrauchen, wie im Inland. Jedenfalls war das meine Erfahrung in meinem letzten Urlaub auf Mallorca, erstmals mit EU-reguliertem Roaming (die ich wie du manuell bei O2 beantragen musste). Wieso sollte man im Urlaub mehr Daten verbrauchen als im Inland? Im Gegenteil: ich zumindest habe das Smartphone viel seltener in der Hand gehabt als daheim und eher den Urlaub genossen.

    Ich denke, dass der Verbrauch für die Provider ganz gut kalkulierbar ist. Die Provider suchen nur wieder einen Grund, dem Kunden irgendwo mehr Geld abzunehmen.

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