Virtual und Augmented Reality fristen seit Jahren einen Dornröschenschlaf. Es gibt sie, doch der einen Technologie fehlen gute Anwendungen, der anderen passende Endgeräte. Apple traut sich im neuen XR-Headset Vision Pro nun, beides zu vereinen – und das sieht richtig gut aus!
Die Vision Pro sieht auf den ersten Blick aus wie eine normale VR-Brille. Allerdings sorgen gleich mehrere Kameras innen und außen dafür, dass Träger:innen der Brille die Umgebung als solche wahrnehmen können. Andere Personen, die mit der Träger:in interagieren, sehen das Gesichtsfeld auf einem äußeren Display.
Im Inneren sollen hochauflösende Displays dafür sorgen, dass Träger:innen der Vision Pro nicht nur die Welt um sich herum möglichst natürlich wahrnehmen, sondern auch Anwendungen wie Videokonferenz, Spiele, Serienstreaming oder auch Grafik- und Büroprogramme als verschiedene Leinwände wahrnehmen, die wie im Raum aufgeblendet wirken.
Spatial Audio soll für 3D-Raumklang sorgen. Lidar und weitere Sensoren sollen die Umgebung scannen. Gleich zwei Prozessoren werkeln im Inneren: ein M2-Prozessor, wie er auch in MacBooks zum Einsatz kommt, soll die Rechenpower bereitstellen, ein neu entwickelter R1-Prozessor die Daten aus den vielen Kameras und Sensoren auslesen. Das soll nebenbei dem bisher oft vorkommenden Unwohlsein beim Tragen einer VR-Brille (Motion Sickness) vorbeugen. Wirklich ein echter Computer zum Tragen also. Auch ein Interagieren mit anderen Träger:innen einer Vision Pro soll möglich sein – so etwa ein gemeinsamer Kinoabend.
Steuern der Vision Pro? Mit Daumen und Zeigefinger!
Vielleicht am interessantesten aber: die Steuerung. Apple verzichtet auf ein externes Eingabegerät. Wer die Vision Pro nutzt, wählt Menüpunkte durch Augenkontakt an und damit aus, indem er oder sie Daumen und Zeigefinger aufeinander tippt. Es wirkt wie eine ähnlich innovative und intuitive Steuerung wie seinerzeit Multitouch im ersten iPhone. Ein Scrollrad, das der Digital Crown der Apple Watch nachempfunden ist, hilft beim Ein- oder Auszoomen.
Erste Anwendungen, die Apple gezeigt hat, rangieren von 3D-Modellings über live „erlebte“ Videos aus der Fotos-App bis hin zu Videokonferenzen, 3D-Lernsoftware, Videoschnitt und, ja – auch 3D-Filme wie Avatar: The Way of Water. Die Demos, die Apple auf der Keynote zur WWDC 2023 gezeigt hat, sehen insgesamt beeindruckend aus:
Das Headset oder – wie Apple selbst sagt – der „erste räumliche Computer der Welt“ sieht auch nicht all zu sperrig aus. Er wirkt rund, weich und aus anschmiegsamem Material.
Obacht allerdings: Was Apple bei all der modernen Technik nicht direkt in die Brille integriert hat, ist einen Akku. Den steckst du dir unterdessen in deine Hosentasche und dockst ihn über ein Kabel magnetisch mit Magsafe an die Vision Pro an:
Auch ein neues Betriebssystem hat Apple dafür ins Leben gerufen: visionOS soll es Entwicklern erleichtern, ihre macOS- oder iOS-Apps auch auf die Vision Pro zu importieren.
Apple Vision Pro: Ist das die Zukunft?
„Ich habe die Zukunft gesehen“, schrieb mir ein Freund und jahrzehntelanger Apple-Fan nach der Präsentation. Und was das automatische Dimmen der Augen des Trägers oder der Trägerin anbelangt: „Ein bisschen hat es auch etwas von Black Mirror“. Die dystopische Science-Fiction-Serie beleuchtet eher negative Auswüchse des vermeintlichen technischen Fortschritts.
Hier aber sehe ich ihn positiv: Was Apple in der Vision Pro zeigt, könnte die erste gelungene Kombination aus Virtual Reality und Augmented Reality sein. Mehr noch: Sie könnte nicht nur beiden Technologien endlich zu dem Durchbruch verhelfen, auf den wir seit Jahren warten. Sie könnte auch eine Art Renaissance der 3D-Technik begünstigen. Wenn das alles so reibungslos funktioniert, wie Apple es auf der eigenen Keynote gezeigt hat – wie man es dem Techkonzern aber eigentlich auch zutraut.
Preise? Verfügbarkeit? Apple kündigte an, dass der Marktstart in den USA Anfang 2024 erfolgen soll, bei einem Verkaufspreis ab 3.499 Dollar. Andere Länder – vermutlich auch Deutschland – sollen im Laufe des Jahres 2024 folgen. Ich rechne mit Preisen nicht unter 3.999 Euro, eher mehr.
Ganz schön viel Geld für die Zukunft des – ja, des was eigentlich? Des Heimcomputings, des Heimkinos, des Homeoffice? Eine Mischung aus allem irgendwie und noch viel mehr. Die AR/VR-Spielerei wird ganz neue Welten und Räume auftun – im wahrsten Sinne des Wortes. Ich bin mir sicher, dass so manche:r seine oder ihre Ersparnisse dafür locker machen wird – und dass wir im nächsten Jahr viele ähnliche Geräte anderer Hersteller sehen werden.
Ich könnte mir sogar denken, dass Facebook-Gründer Mark Zuckerberg heute Abend mit der Zunge geschnalzt hat. Sein Konzern hat sich zuletzt ganz dem Thema Virtual Reality verschrieben („Metaverse“), aber niemand teilte bisher seine Begeisterung dafür. Alleine dafür würde sich kaum jemand eine AR/VR-Brille kaufen. Aber wenn man sich, anders herum, eh eine kaufen wollte: Warum dann nicht auch mal im Metaverse vorbeischauen?
Mir fehlt vielleicht noch (!) der unbändige Wille oder sagen wir: die Killeranwendung, um das unbedingt haben zu müssen. Aber so ging es mir beim ersten iPhone auch, bis ich dann einmal eins in der Hand hatte. Ausprobieren möchte ich die Vision Pro auf jeden Fall. Und du?
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Ich habe mich bisher nicht sonderlich für VR-Brillen interessiert aber was Apple da vorstellt, ist schon ein Hammer. Ausprobieren möchte ich das Gerät auf jeden Fall.