(Alb-)Traum Smartphone: Was ich nach 14 Tagen Urlaub gelernt habe

Zwei Wochen Urlaub. Nicht fernab der Zivilisation, sondern mit einem omnipräsenten Breitbandinternet. Immerhin war genügend Zeit, den eigenen Medien- und Social-Media-Konsum zu überdenken.

(Alb-)Traum Smartphone: Was ich nach 14 Tagen Urlaub gelernt habe

Ob wir es leugnen oder nicht – der Alltag wird bestimmt vom Internet und den sozialen Netzwerken. Hier mal ein Bildchen bei Instagram posten, dort mal einen Beitrag teilen, ein Katzenfoto anklicken oder Freunden bei WhatsApp zeigen, was man tagtäglich so treibt. Google Maps, aktuelle Nachrichten, Restaurantempfehlungen, checken, was in der Gegend so abgeht – das und vieles mehr sind Komfortfunktionen, die wir nicht mehr missen wollen. Sicherlich ist die jüngere Generation etwas empfänglicher für das, was uns Smartphones ermöglichen. Aber ich sehe es zunehmend: Senioren nutzen das Mobiltelefon als Kompaktkamera, schreiben ihren Kindern über einen Messenger und bleiben mit Freunden über Facebook in Kontakt. Überall kramen die Menschen ihre Smartphones heraus, zu jedem erdenklichen Anlass. Und gibt es keinen konkreten Grund, dann findet man schon einen, der für das Umfeld glaubwürdig erscheint.

Mit dem Smartphone in den Urlaub

Und dann der Urlaub. Wir nehmen das Smartphone mit auf die Reise, schließlich kann es nützlich sein. Im EU-Ausland dank der neuen Roaming-Regelungen ist das mittlerweile auch nicht mehr teuer. Ich glaube langsam, dass uns genau das nicht gut tut, wenn wir uns nicht zum Verzicht zwingen. Zumindest mir fiel es erst einmal schwer, das Telefon zur Seite zu legen und wieder real zu erleben und zu entdecken. Mit den eigenen Augen, dem Verstand und Karten aus Papier. Erschwerend kam hinzu, dass ich in meinem ausgewählten Urlaubsland Schweden von schnellem LTE-Internet im wahrsten Sinne des Wortes umgeben war – auch mitten in der Pampa. Ein (Alb-)Traum.

Meine Freundin und ich nutzen diese LTE-Freiheit während der kleinen Tour durch den Süden Schwedens ausgiebig. Ständig wurden Fotos und kleine Videos aufgenommen, die bei Instagram (als Story) geteilt werden mussten. Wozu warten, wenn man es auch gleich und live posten konnte? Routen ließen wir von Google Maps berechnen, allerlei Apps halfen bei der Suche nach interessanten Locations. Ihr kennt das gewiss. Doch irgendwann hatte ich einfach genug, das Smartphone stresste mich zunehmend. Ein Bild posten und später ständig auf das Display starren, weil ja Benachrichtungen eingetrudelt sein könnten. Likes von Freunden zum Beispiel. Dann kam die Frage auf: Was soll der Quatsch?

Alles muss gepostet werden. (Foto: Sven Wernicke)
Alles muss gepostet werden. (Foto: Sven Wernicke)

Leider etwas zu spät reagierte ich. Zuerst deaktivierte ich auf meinem Smartphone das Anzeigen aller Benachrichtungen für Apps im Sperrbildschirm. Das führte dazu, dass ich bereits am gleichen Tag gar nicht mehr so häufig auf das Telefon schauen musste. Doch sobald ich mein Samsung Galaxy S8 entsperrte, poppten Meldungen von Facebook, Instagram und so weiter auf. Ich entschied mich dazu, auch diese komplett abzuschalten. Und das tat gut. Recht schnell entstand das Gefühl, wieder etwas die Kontrolle über mein Smartphone zurückbekommen zu haben. Denn ICH entschied wieder, wann ich eine App starten wollte.

Es ist kurios, aber nach zwei, drei Tagen änderte sich mein Nutzungsverhalten. Ich schaute früh mal in den sozialen Netzwerken vorbei, bei Lust, Laune und Zeit (z.B. bei einem Kaffee) am Nachmittag und – wenn nichts Besseres anstand – auch am Abend noch einmal kurz. Das Telefon wurde mehr und mehr zum Fotoapparat und Google-Maps-Navigator (darauf kann ich tatsächlich nicht so leicht verzichten). Mein persönlicher Stresspegel sank so sehr, dass ich das selbst spürte. Mein Kopf kam etwas mehr zur Ruhe. Und zugegeben: Es nervte mich dann sogar etwas, dass meine Freundin nicht gewillt war, die Benachrichtungen an ihrem iPhone abzuschalten. Dabei hätte es sicher nicht geschadet, mal einen Tag das mobile Gerät gar nicht erst einzupacken. Wir hatten es uns fest vorgenommen, geschafft haben wir es nicht.

Weniger Nachrichten für mehr Erholung

Was ich ebenso jedem Urlauber empfehlen möchte: Versucht, wenn es geht, auf aktuelle Nachrichten zum Großteil zu verzichten. Ich bemerkte kaum, dass der Wahlkampf in Deutschland in vollem Gange ist und andere Katastrophen auf der Welt geschahen. Sicherlich vernahm ich hier und da wichtige Meldungen, jedoch verzichtete ich auf ausgiebige Recherche und das zeitraubende Lesen vieler Artikel. Die geballte Ladung an News erwartete mich zwar wieder in Deutschland, aber während des freien Tage mal fast komplett auf das Weltgeschehen zu pfeifen, macht deutlich, wie anstrengend es sein kann, kontinuierlich mit Angst, Unsicherheit, schlimmen Ereignissen konfrontiert zu werden.

Auf dem Leuchtturm haben wir irgendwas bei Instagram gepostet... (Foto: Sven Wernicke)
Auf dem Leuchtturm haben wir irgendwas bei Instagram gepostet… (Foto: Sven Wernicke)

Ich erzähle euch hier sicher nichts Neues, oder? Oft fehlt trotzdem die Kraft oder die Motivation, vielleicht sogar das Einsehen, mal das Handy zu ignorieren oder wenigstens die Benachrichtungen abzuschalten. Aber es tut soooooo gut und verdeutlicht, wie abhängig wir doch sind. Immer und überall informiert zu sein, in Kontakt zu stehen und genau zu wissen, was es um die Ecke zu sehen gibt – das ist einerseits praktisch und toll. Andererseits wird damit der Stresspegel hoch gehalten. In den schlimmsten Fällen glotzen wir auf den Bildschirm, statt uns den Sonnenuntergang anzugucken.

Das war übrigens für mich der Auslöser, meinen Konsum zu überdenken. Wir saßen auf einem Leuchtturm (!) und beobachten, wie die letzten Sonnenstrahlen am Horizont verschwanden. Statt dies zu genießen, schossen wir Fotos, überlegten, was wir teilen können und versäumten damit den Moment der Ruhe. Dumm. Aber aus Fehlern lernt man auch, oder? Ich für meinen Teil weiß, dass ich versuchen muss, mein Nutzungsverhalten wieder in eine „gesunde“ Bahn zu lenken. Alles andere muss auf Dauer schlecht sein. Und zu viel Internet und Smartphone zerstört die Erholung, die ein Urlaub schließlich bringen soll…

Wie sind eure Erfahrungen? Ich freue mich über Kommentare.

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2 Kommentare zu “(Alb-)Traum Smartphone: Was ich nach 14 Tagen Urlaub gelernt habe

  1. Moin Sven, eine gute Geschichte, muss man so machen! Habe vor einiger Zeit WA komplett gelöscht und Skype/Telegramm nur auf dem PC belassen, bzw. Nutzung von Twitter eingestellt. Smartphone ist dadurch ruhiger und ist das was es sein soll, nur (m)ein Werkzeug. Dadurch „knipst“ und tippt man weniger und hat viiiiiel mehr Zeit für effektive Arbeit, Familie, Erholung.

    1. Danke!
      Whatsapp (und Facebook Messenger) sind bei mir gar nicht mal das Problem, da passiert relativ wenig. Aber gerade Facebook, Instagram und Twitter waren schon sehr übel im Urlaub. Jetzt versuche ich, das auch im Alltag etwas zu übernehmen…und eben auch mehr Ruhe zu haben. „Nur (m)ein Werkzeug“ find ich da ein gutes Ziel! 🙂

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