Virtual Reality für Profis: Für wen sind Oculus Rift und Co. geeignet?

Wer keine Kompromisse eingehen und immer der Erste sein möchte, wird meist ordentlich zur Kasse gebeten. Der Einstieg in professionelles Virtual Reality-Equipment ist leider sehr teuer. Und nicht für jeden lohnenswert.

Virtual Reality für Profis: Für wen sind Oculus Rift und Co. geeignet?
VR muss nicht zwangsläufig so aussehen. (Foto: Oculus VR)

Die VR-Lösungen für Einsteiger und ambitionierte Nutzer sind zwar verhältnismäßig günstig, offenbaren aber schnell ihre technischen Limitierungen. Es ist gegenwärtig noch nicht möglich, mit Cardboard oder Gear VR komplexe Welten zu erschaffen, in denen man sich frei bewegen kann. Dabei ist gerade die Holodeck-Fantasie aus „Star Trek“ das, was viele Menschen mit VR verbinden. Dieser Vorstellung kommen Profi-Headsets wie HTC Vive und Oculus Rift sehr viel näher, nur genau das hat leider einen stolzen Preis. Denn für beide Brillen benötigt ihr leistungsstarke, teure PC-Hardware. Und verhältnismäßig viel Platz im Wohn- oder Arbeitszimmer.

Staunen mit Profi-VR?! (Foto: Oculus VR)
Staunen mit Profi-VR?! (Foto: Oculus VR)

Technisch überlegen: HTC Vive

Wer HTC Vive direkt beim Hersteller bestellt, zahlt alleine für die Brille inklusive Versandkosten derzeit 960 Euro. So übel diese Summe klingen mag, geboten wird hier einiges. Denn mitgeliefert werden zwei Laser-Tracker namens Lighthouse, die in der Lage sind, Bewegungen in einen bis zu 25 Quadratmeter großen Raum wahrzunehmen. Zusätzlich gibt’s zwei Controller für die Steuerung in VR-Szenarien, genauso natürlich das eigentliche Headset mit Kopfhörern. Im Inneren stecken zwei OLED-Panels mit einer Auflösung von 1080 x 1200 Pixeln. Aber um diese auch mit Inhalten zu versorgen, benötigt es einen Highend-Gaming-PC mit mindestens einem Intel Core i5-4590 oder AMD FX 8350. Als Grafikkarte verlangt die Peripherie eine Nvidia GeForce GTX 970 oder eine AMD Radeon R9 290. Damit bewegen wir uns schon in Preisklassen um die 800 Euro und mehr. Denn: Etwas Luft nach oben sollte der Rechner für die nahe VR-Zukunft besitzen. Besser wäre also beispielsweise ein Intel Core i7 der 6. Generation, der Unterstützung von einer GeForce GTX 980 erhält.

Highend hat einen Preis. (Foto: HTC)
Highend hat einen Preis. (Foto: HTC)

Trotzdem: Seid ihr bereit, gut und gerne 1800 Euro auszugeben, erhaltet ihr mit HTC Vive das derzeit wohl fortschrittlichste System, das dank der Unterstützung des Softwareunternehmens Valve (Steam, „Half-Life 2“) auf offene Strukturen setzt. Gerade im Indie-Sektor sind schon etliche Spiele verfügbar, von großen Blockbuster-Produktionen kann allerdings noch nicht die Rede sein.  Ein ähnliches Problem besitzt der direkte Konkurrent Oculus Rift.

Oculus Rift: Verantwortlich für den Hype

Mit einer Kickstarter-Kampagne fing es an, dann kaufte Facebook das Startups Oculus VR mitsamt der Oculus Rift. Und seit April 2016 ist die VR-Brille erhält, wobei Käufer derzeit bis zum August 2016 warten müssen, um ihr Exemplar zu erhalten. So oder so liegen wir bei rund 740 Euro für Brille, Xbox One-Controller, Positionssensor, Fernbedienung und dem Spiel „Lucky’s Tale“.  Die Unterschiede zu HTC Vive liegen im Detail: Die Ortung im Raum ist nicht ganz so komplex, das beiliegende Gamepad soll die Wartezeit auf die speziellen Rift-VR-Controller überbrücken. Qualitativ hochwertige Kopfhörer sind schon fest integriert. Und generell sieht die Oculus Rift sehr viel stylischer als der Konkurrent aus.

Eigene Controller für Oculus Rift erscheinen später. (Foto: Oculus VR)
Eigene Controller für Oculus Rift erscheinen später. (Foto: Oculus VR)

Auf das Technische heruntergebrochen sind sich beide VR-Brillen sehr ähnlich: Die verhältnismäßig aufwändige Einrichtung durch das Tracking im Raum und die komplexe Technik sowie Verkabelelung der Komponenten setzen Fachwissen, Geduld und Zeit voraus. Auch bei den PC-Empfehlungen rät Oculus VR zu einer hervorragenden Grafikkarte und einem flotten Prozessor. 8GB RAM wären auch nicht verkehrt.

Unklare Zukunft

Für HTC Vive und Oculus Rift gilt gleichermaßen die ungewisse Zukunft. Zweifelsohne sind beide Headsets Cardboard und Gear VR haushoch überlegen, vor allem in den Bereichen Genauigkeit, Betrachtungswinkel, Latenz und Positionstracking. Nur durch den teuren Einstieg und die langen Wartezeiten bis zur Auslieferung sind sie gegenwärtig kaum verbreitet und in erster Linie für die Enthusiasten bzw. Early Adopters gedacht. Für Software-Entwickler ist es nicht ertragreich, für recht wenige Nutzer Anwendungen wie Spiele zu programmieren. Daher fehlen Blockbuster und aufwändige Produktionen, die das Potential beider Brillen ausschöpfen sowie die Möglichkeiten verdeutlichen. Klar, es existieren pompöse Grafikdemos, beeindruckende Indie-Games und clevere Konzepte, nur sind das letztlich auch nur Häppchen und nette Zerstreuung, doch nichts, was langfristig motivieren mag.

Es ist einfach nicht klar, ob Rift und Vive Hype-Erscheinungen sind oder langfristig eine Bedeutung besitzen werden. Denn letztlich möchte jeder Hersteller den Massenmarkt erreichen – mit möglichst vielen abgesetzten Brillen, die auch Entwickler beflügeln, VR-Inhalte zu entwerfen. Es besteht eine Wahrscheinlichkeit, dass sich aus diesem Grund eher Gear VR oder PlayStation VR durchsetzen oder die PC-Headsets noch einige Jahre länger benötigen, um sich zu etablieren. Womöglich finden HTC Vive und Oculus Rift einen anderen Platz – zum Beispiel bei interaktiven Kunst-Installationen, in modernen Spielhallen, im medizinischen Sektor, Bildungseinrichtungen und so weiter?

Das gibt's für Käufer der Oculus Rift. (Foto: Oculus VR)
Das gibt’s für Käufer der Oculus Rift. (Foto: Oculus VR)

Alternativen?

Zwar sind viele ähnlich geartete Alternativen vorhanden, diese sind aber noch lange nicht marktreif und werden oder wurden via Crowdfunding finanziert. Ob und wann uns ernstzunehmende Rift- und Vive- Konkurrenten erwarten? Tja. Erwähnenswert ist ein Konzept: Razer möchte mit OSVR eine OpenSource-VR-Brille etablieren, die Hersteller nachbauen können. Basierend auf einheitlichen Standards und Grundparamentern (zum Beispiel ein 5,5 Zoll großes Display und Infrarot-Sensor für Raum-Ortung) soll eine Brille erschaffen werden, die massenmarkttauglich und bezahlbar ist. Das Entwickler-Kit ist bereits für 300 US-Dollar zu haben. Andererseits befindet sich OSVR ebenfalls in einem frühen Stadium, von einer Kaufempfehlung kann also nicht die Rede sein.

OSVR von Razer. (Foto: Razer)
OSVR von Razer. (Foto: Razer)

Nicht falsch verstehen: Von Oculus Rift und HTV Vive kann man eigentlich gar nicht abraten, reden wir hier über extrem spannende Technik, die auch schon einen Status erreicht hat, bei dem die Headsets zum Konsumieren von VR sehr gut genutzt werden können. Möchtet ihr unbedingt zu den Ersten gehören, die sich den Trend ins Haus holen wollen, rechnet mit Sümmchen um die 2000 Euro, solltet ihr noch keinen geeigneten PC besitzen. Erfahrungen im Umgang mit Windows-Rechnern solltet ihr unbedingt mitbringen. Ist euch das alles zu viel und potentiell zu anstrengend, dürftet ihr mit Gear VR und PlayStation VR ab Herbst 2016 sehr viel besser beraten sein. Denn das sind Produkte zum sofortigen Loslegen, nicht zum aufwändigen Experimentieren und Installieren.

Mehr zum Thema

Beitragsbild: Oculus

Neue Beiträge abonnieren!

Täglich frisch um 17 Uhr im Postfach

Themenauswahl

Änderungen jederzeit über die Abo-Verwaltung möglich – weitere Themen verfügbar

Jetzt kommentieren!

Schreibe einen Kommentar

*
*
Bitte nimm Kenntnis von unseren Datenschutzhinweisen.