Virtual Reality für Ambitionierte: Was gibt es im preislichen Mittelfeld?

Virtual Reality für Ambitionierte: Was gibt es im preislichen Mittelfeld?

Brille aufsetzen und Spaß haben. Möchtet ihr Virtual Reality möglichst unkompliziert, aber zugleich eindrucksvoll erleben, solltet ihr euch nicht mit Cardboard-Lösungen begnügen. Doch was gibt es noch, was den Geldbeutel nicht zu sehr strapaziert?

Mittelklasse? Kaum vorhanden.

VR ist das Trendthema des Jahres, der Bereich steckt allerdings noch immer in den Kinderschuhen. Und das spürt man auch als Konsument: Denn die Profi-Brillen verlangen einen teuren PC und kommen so auf Kosten um die 1700 Euro (und durchaus auch mehr). Googles Cardboard ist dagegen schon sehr viel günstiger, geeignete Headsets beginnen preislich schon bei um die 10 Euro. Nur hier muss man auch einige Kompromisse in Kauf nehmen, gerade bei Nutzerkomfort und Qualität der VR-Anwendungen. Eine Art Mittelklasse für ambitionierte Nutzer muss sich erst noch entwickeln. Aber es gibt sie bereits. Das prominenteste Beispiel ist Gear VR von Samsung.

Die Gear VR. (Foto: Sven Wernicke)
Die Gear VR. (Foto: Sven Wernicke)

Keine großen Hürden

Ich hatte die Gear VR bereits vor einigen Monaten getestet. Im Rahmen des Verkaufsstarts des Samsung Galaxy S7 (Edge) verschenkte der Hersteller die Brille sogar für Vorbesteller, sonst werden in der Regel 100 Euro fällig. Aber: Ein Samsung-Spitzensmartphone ist nötig, um VR überhaupt erleben zu können. Derzeit werden das S6, S6 Edge, Galaxy Note 5, S7 und S7 Edge unterstützt, andere Mobiltelefone der Koreaner leider nicht. Das hat auch mehrere Gründe: Zum einen sind besagte Handys enorm leistungsstark, zum anderen kommen stets hochauflösende Displays zum Einsatz. Zwei Aspekte, die für ein gutes VR-Gefühl nötig sind.

Ein etwas klischeebeladenes Foto. Aber wer das erste Mal die Gear VR benutzt, wird schon erstaunt sein. (Foto: Samsung)
Ein etwas klischeebeladenes Foto. Aber wer das erste Mal die Gear VR benutzt, wird schon erstaunt sein. (Foto: Samsung)

Und die Gear VR besitzt weitere Vorzüge: Die Brille verzichtet auf eine eigene Energieversorgung, sie zwackt sich etwas „Strom“ vom Smartphone ab, das in die Peripherie gesteckt wird. Zusätzliche Sensoren ermöglichen ein verbessertes Tracking des Kopfes – für eine niedrigere Verzögerung (zwischen Ein- und Ausgabe) und einer höheren Präzision, die sonst womöglich aufkommende Übelkeit reduziert. Außerdem kann eine reguläre Brille getragen werden, obwohl dies Samsung nicht empfiehlt. Im Zweifel lässt sich die Schärfe durch ein kleines Drehrad dezent einstellen.

Die größte Stärke von Gear VR kommt allerdings dank der Zusammenarbeit mit Oculus VR, den Machern des Profi-VR-Headsets Oculus Rift. Eine extra entworfene Software wird automatisch gestartet, sobald man die Brille mit eingelegtem Smartphone aufsetzt. Installationen und dergleichen sind abgesehen vom ersten Start nicht nötig. Mit dem Kopf und dem Touchpad sowie Tasten am Brillenrand hangelt man sich durch Menüs, lädt sich VR-Videos, Panoramabilder, Apps und Spiele herunter, die kurze Zeit später ohne Aufwand verwendet werden können. Nur ausgewählte Games benötigen einen separat erhältlichen Controller, ein reguläres Bluetooth-Gamepad.

Nicht günstig

Bewusst sollte euch sein: Ein geeignetes Smartphone kostet mindestens 600 Euro, dazu gesellt sich Gear VR. Wir reden hier also ungefähr über 700 Euro für den Einstieg in eine sehr komfortabel gelöste VR-Dimension, die Cardboard überlegen ist, aber auch ihre Grenzen hat. Beispielsweise ist eine freie Bewegung im Raum nicht möglich, viele Spiele kommen über das Niveau guter Smartphone-Apps nicht hinaus. Das liegt freilich daran, dass wir hier über nichts anderes als angepasste Android-Anwendungen sprechen. Samsung achtet allerdings auf eine hohe Qualität, was man auch zu spüren bekommt. Teils sind Spiele und Multimedia-Programme sogar recht teuer, für manche Apps zahlt man 8 Euro und mehr im Gear VR-eigenen Oculus Store. Dennoch: Es ist die bislang ansprechendste Lösung für diejenigen, die Virtual Reality wünschen – aber nicht zu jedem Preis. Zudem erhält man freilich ein Smartphone dazu, das man als solches verwenden kann.

Das S7 (Edge) ist optimal für Gear VR geeignet. (Foto: Samsung)
Das S7 (Edge) ist optimal für Gear VR geeignet. (Foto: Samsung)

Alternativen?

Es mag schon etwas verwunderlich sein, dass Samsung tatsächlich als Vorreiter in diesem Sektor gilt: Luxus-Smartphone-Technik trifft auf VR-Brille und führt zu einem sehr ordentlichen Resultat, das auch längere Zeit begeistern kann. Im Zweifel, um sich 360-Grad-Videos bei Facebook oder Youtube anzuschauen bzw. Netflix auf einer riesigen virtuellen Leinwand zu genießen. Das ist trotz der technisch bedingten Raster-Effekts des Displays imposant.

LG 360 VR: Virtual-Reality-Brille passend zum LG G5
LG 360 VR: Virtual-Reality-Brille passend zum LG G5

Aber wo ist eigentlich die Konkurrenz? Die ließ sich recht viel Zeit, doch in den kommenden Wochen und Monaten geht es los: LG bringt mit dem LG 360 VR eine ähnlich geartete VR-Brille für das hauseigene LG G5 heraus. Im Inneren befindet sich allerdings ein 1,88 Zoll großes Display mit einer Auflösung von 960 x 720 Pixeln. Inhalte werden über ein Kabel vom Smartphone zur Brille gebracht. Versprochen werden auch hier eine eingängige Bedienung und hochwertigen VR-Spaß für zirka 250 Euro (zzgl. Smartphone). Huawei wiederum orientiert sich mit dem vermutlich im 2. Oder 3. Quartal 2016 erscheinenden Huawei VR an Samsungs Gear VR, möchte aber Besitzern des P9 und des Mate 8 vor allem ein riesiges 360-Grad-Videoangebot servieren.

PlayStation VR - mit Virtual Reality zum Erfolg? (Foto: Sony)
PlayStation VR – mit Virtual Reality zum Erfolg? (Foto: Sony)

Und da ist noch Sony. Die Japaner tüftelten einige Jahre an ihrer VR-Brille für die PlayStation 4, die im Oktober 2016 ab 400 Euro erscheint. PlayStation VR schielt technisch betrachtet schon Richtung Profiklasse, das aber zu einem sensationellen Preis. Denn die Basis liefert die PS4, die Brille stellt das Geschehen auf einem 5,7 Zoll großen OLED-Bildschirm in Full-HD-Auflösung dar. Durch PlayStation Camera und Move-Controller werden sogar komplexe Körperbewegungen wahrgenommen. Und: Zahlreiche Spiele sollen zum Start erscheinen, darunter ein PlayStation VR-exklusives „Star Wars“-Game. Konsole, Headset und nötiges Zubehör liegen zusammen wohl bei unter 800 Euro und könnten damit zu einem Verkaufshit zu Weihnachten 2016 werden. Der Fokus liegt allerdings klar auf Gaming und ist im Gegensatz zu Gear VR nur im Wohnzimmer verwendbar.

Fazit: Entertainment schon jetzt

Ob wir es wollen oder nicht – VR kommt und wird zunehmend bezahlbar. Cardboard ist eine Art Appetizer für Einsteiger, Oculus Rift und HTC Vive richten sich an Profis. Der „Mainstream“ wird von Herstellern noch sehr zögerlich bedient, Samsungs Gear VR übernimmt hier die Vorreiterrolle. Und das schon jetzt erstaunlich gut, nur noch immer recht weit entfernt von dem, was VR letztlich auszeichnen soll: Das völlige Eintauchen in fremde Welten bei maximaler Bewegungsfreiheit. Mit PlayStation VR könnte uns ab Oktober 2016 eine bezahlbare Lösung die heimischen vier Wände erwarten. Möchtet ihr nicht so lange warten, ist Gear VR die erste Wahl, wollt ihr ohnehin ein Smartphone von Samsung erwerben. Ähnliches dürfte für Huawei VR und LG 360 VR gelten. Andere Unternehmen mit womöglich ebenfalls geeigneten VR-Ansätzen müssen sich dagegen noch beweisen.  Die größten Aussichten auf Erfolg haben dennoch (meiner Auffassung nach) Gear VR und PlayStation VR.

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