Foto-Basics: Die Schärfe einer Systemkamera steuern

Mit einer Spiegelreflex- oder Systemkamera könnt ihr die Schärfe variieren – und damit besonders natürlich anmutende Fotos erzeugen.

Foto-Basics: Die Schärfe einer Systemkamera steuern

Schöne Fotos könnt ihr im Prinzip mit jeder modernen Kamera machen. Im Vergleich zwischen Smartphone und Spiegelreflex-/Systemkamera haben letztgenannte aber (mindestens) einen entscheidenden Vorteil: Ihr könnt genau bestimmen, wo die Schärfe sitzen und wie groß sie sein soll. Dazu geht ihr wie folgt vor:

Blendenautomatik wählen

Die meisten Spiegelreflex- und Systemkameras verfügen über ein Programmwahlrad wie dieses hier:

Wenn ihr die Blende steuern wollt, wählt das Programm Blendenautomatik/Blendenpriorität. Auf den meisten Kameras ist sie mit einem A (für Aperture = Blende) oder Av (Aperture Value Mode) bezeichnet:

Die Blendenautomatik lässt euch die Öffnung der Blende selbst bestimmen und passt die Verschlusszeit automatisch an, so dass eure Bilder nicht zu hell oder dunkel werden (sollten).

Schaltet ihr nun die Kamera ein, seht ihr im Sucher oder auf dem Display nun eine Information über die gewählte Blende, in unserem Fall Blende 3.5:

Je nach Kamerasystem könnt ihr die Blende über das Touchscreen-Display (wenn vorhanden), über einen Schnellwahlknopf oder – wie in unserem Beispiel – an einem weiteren Schnellwahlrad verstellen. Meist erhaltet ihr eine haptische Rückmeldung, wenn ihr das Rad und damit die Blende eine Stufe oder Zwischenstufe weiter geöffnet oder geschlossen habt.

Beispiel für ein Schnellwahlrad an einer Canon-Systemkamera. In der Blendenautomatik können wir hier die Öffnung der Blende steuern.

Einige Objektive lassen euch die Blende auch direkt am Objektiv und hier am Blendenwahlring verstellen:

Fujinon-Objektiv mit Blendenwahlring. Bild: Fujifilm

Hinweis: Ihr könnt die Blende auch im manuellen Modus einstellen. Hierfür wählt ihr am Programmwahlrad die Einstellung M:

Das Kamerasystem lässt euch hier zusätzlich zur Blende auch die Verschlusszeit wählen. Hierbei solltet ihr wissen, wie beides zusammenhängt, weil die Einstellungen eure Bilder sonst leicht unter- oder überbelichten können. Bei weit geschlossener Blende (etwa Blendenstufe 16) solltet ihr je nach Lichtverhältnissen eine längere Verschlusszeit wählen.

Was ist Schärfentiefe

Stellt ihr ein Motiv scharf, dann sind immer auch ein Teil des Vorder- oder Hintergrundes scharf. Je mehr um das Motiv herum scharf ist, desto größer die Schärfentiefe. Extrembeispiel: Alles ist scharf = eine große Schärfentiefe. Das Gegenteil wäre eine niedrige Schärfentiefe von nur einigen Millimetern. Ein Beispiel:

An diesem Schlüsselbund haben wir die linke Mutter fokussiert und dabei eine eher große Blende (5.6) gewählt. Ihr seht, dass nicht nur der Hintergrund so unscharf ist, dass ihr dort kaum etwas klar erkennen könnt, sondern auch der Bereich vor der Mutter leicht unscharf ist:

Das gleiche Motiv mit Blende 11, einer mittleren Blendenöffnung. Hier ist der Bereich rundum die Mutter nun scharf, und ihr erkennt auch immer mehr vom Hintergrund:

Blende 22, das Maximum für unser Beispiel-Objektiv. Im Vordergrund ist alles scharf, die hintere Mutter aber immer noch nicht ganz. Dafür könnt ihr vom Hintergrund immer mehr erkennen:

Noch ein Beispiel. Das Auge des Drachens mit Blende 3.5. Bis auf den kleinen Bereich rund um das Auge ist alles in Unschärfe getaucht und nur schemenhaft zu erkennen:

Gleiches Motiv mit Blende 16: Auch der Vordergrund und Teile des Hintergrunds sind nun scharf. Im Hintergrund erkennt ihr immer mehr Details:

Je besser ein Objektiv ist, desto besser könnt ihr meist auch die Schärfentiefe steuern. Außerdem steigt die „Güte“ der Unschärfe, das so genannte Bokeh.

Schärfe mit der Blende steuern

Am den obigen Beispielen habt ihr gesehen: Eine kleine Blendenzahl, wie etwa 3.5, erzeugt eine geringe Schärfentiefe, stellt also einen kleineren Bereich scharf. Eine große Blendenzahl, wie etwa 22, stellt einen größeren Bereich scharf.

Ein paar Faustegeln:

  • Objektivhersteller nennen eine Blendenzahl meist gleich im Produktnamen. Damit ist die größtmögliche Blendenöffnung des Objektivs angegeben. Das Canon RF 100mm F2.8L Macro IS USM etwa hat eine Maximalblende von 2.8.
  • Blendenzahlen zwischen 1.0 und 5.6 stellen jeweils nur einen kleinen Bereich scharf.
  • Der Effekt ist umso stärker, je niedriger die Blendenzahl ist.
  • Mit Blende 2.0 oder noch darunter lassen sich Schärfentiefebereiche von nur wenigen Millimetern erzeugen.
  • Blendenzahlen höher als 16 stellen einen sehr großen Bereich scharf.
  • Objektive mit einer langen Brennweite (wie Tele-/Zoomobjektive) haben oft eine etwas kleinere Maximalblende von 4 oder nur 5.6.
  • Objektive mit einer langen Brennweite und trotzdem großer Maximalblende (von etwa 2.8 oder kleiner) sind oft sehr teuer.
  • Ein Objektiv mit nur einer Brennweite (z.B. 50mm) hat nicht selten auch sehr große Blenden und kann vergleichsweise preiswert sein.

Bei der Blendenzahl handelt es sich eigentlich um einen Kehrwert. Die Blendenzahl 2.8 steht eigentlich für f/2.8, was das Verhältnis zwischen der Brennweite f und der Größe der Blendenöffnung meint. Je größer der Kehrwert, desto weiter geöffnet die Blende. Eine Blende von f/1.4 ist etwa weiter geöffnet als f/2.0 und damit eine größere Blende.

Ebenfalls wichtig: Brennweite und Abstand

Wenn ihr die Schärfe steuern wollt, sollte sich euer Motiv nicht weit von der Kamera entfernt befinden. Die eindeutigsten Effekte erreicht ihr bei einem Abstand von unter einem Meter. Hier könnt ihr also einen Effekt wie in unserem Beispiel oben mit dem Schlüsselbund im Vordergrund erreichen. Der war bei unserer Nahaufnahme nur wenige Zentimeter von unserer Kamera entfernt; das hintere Objekt etwa einen halben Meter.

Hätten wir beide Motive mit gleichem Abstand voneinander in 2, 5 oder gar 10 Metern Entfernung aufgebaut, hätte die Kamera die Schärfe zwischen ihnen nicht mehr variieren können und beide scharf gestellt, so wie hier:

Verstärken könnt ihr den Effekt mit einem Objektiv mit großer Brennweite, wie einem Tele-Objektiv. Denn das „holt“ Objekte noch etwas näher heran.

Auch Kameras mit Vollformatsensoren haben eine längere Brennweite. Deswegen habt ihr auch hier von Haus aus einen kleineren Schärfentiefebereich – im Gegensatz etwa zu Reise- und Smartphone-Kameras, die mit kleinen Sensoren leben müssen.

Selektive Schärfe: Warum ist das wünschenswert?

Wir alle wollen gerne scharf sehen. Das menschliche Auge arbeitet deswegen so, dass es einzelne Bereiche fokussiert, während die übrigen in Unschärfe versinken. Lest ihr etwas auf einen Smartphone-Bildschirm, fokussiert sich das Auge darauf und stellt den Hintergrund unscharf.

Ein Bild, in dem ein Bereich scharf zu sehen ist und der Rest unscharf, wirkt also besonders natürlich und angenehm auf uns. Die Betrachterin weiß „intuitiv“, wohin sie schauen soll. Gerade Fotografie-Anfänger wollen meistens möglichst alles scharf stellen. Aber das überfordert das Auge; es weiß nicht, wohin es gucken soll. Hier gilt also der alte Grundsatz: weniger ist mehr.

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