E-Motorroller nur 45 km/h schnell: Warum eigentlich?

Motorroller sind EU-weit auf eine Geschwindigkeit von 45 km/h begrenzt. Die Suche nach den Gründen dafür ergibt: da ginge auch mehr.

E-Motorroller nur 45 km/h schnell: Warum eigentlich?
Bei 45 km/h ist Schluss. Bild: Kito Roller

E-Mopeds machen Spaß. Sie sind luftig, wendig, und ihr könnt sie in der Klasse bis 50 ccm sogar mit einem PKW-Führerschein fahren. Nur eine Sache verwundert und ärgert viele Fahrer:innen: bei 45 km/h ist schon Schluss. Und im dichten Stadtverkehr ist das nicht ohne, denn schnelleren Autos und Lastwagen seid ihr damit im Weg. Aber woher kommt eigentlich diese Begrenzung?

45 km/h sind eine Harmonisierung

Der Grund dafür ist erstaunlich banal: Um Handelshemmnisse abzubauen und den Binnenmarkt zu stärken, einigten sich die damaligen Staaten des EU-Vorläufers EWG im Jahr 1992 auf eine gemeinsame Richtlinie. Die trägt den eingängigen Namen „Betriebserlaubnis für zweirädrige oder dreirädrige Kraftfahrzeuge“ (92/61/EWG). Und sie enthält auch eine Höchstgeschwindigkeit von Kleinkrafträdern bis 50 ccm von 45 km/h.

Von uns getestet: Der Elektroroller Kumpan 1954 RI wird bis zu 45 km/h schnell.
Von uns getestet: Der Elektroroller Kumpan 1954 RI wird bis zu 45 km/h schnell.

In 7 der 12 EWG-Staaten galt davor bereits eine Beschränkung von 45 km/h. Drei Länder (darunter Deutschland und Österreich) wiederum hatten eine Geschwindigkeitsbeschränkung für Kleinkrafträder bis 50 ccm von 50 km/h. Und Italien und Spanien hatten zu der Zeit gar keine eindeutige Beschränkung für Fahrzeuge dieser Art. Hier passte sich die Minderheit also schlicht der Mehrheit an.

Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) schreibt dazu in einer Untersuchung im Jahr 2018: „Diskussionen rund um Verkehrssicherheitsbelange sind in diesem Zusammenhang nicht bekannt.“ Dennoch erließ die EU die einheitliche Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h im Jahr 2002, die auch in Deutschland in Kraft trat und weiterhin gilt.

Mofa, Moped, Mokick und Roller: Alles dasselbe?

Die Begriffe Mofa, Moped, Roller und Mokick werden oft gleichbedeutend verwendet. So ganz richtig ist das aber nicht. Mofa ist kurz für Motorfahrrad, bei den meisten dieser Fahrzeuge war und ist bei 25 km/h Schluss. Moped steht derweil für ein Motorfahrzeug mit Pedalen, bis 25 oder 45 km/h schnell. Ebenso ein Mokick, das wiederum ein Kunstwort aus Motorrad und Kickstarter ist und über Fußrasten verfügt. Motorroller wie die Vespa schließlich haben einen Durchstieg und keine muskelbetriebene Zusatz-Antriebsform.

Kino-Überraschungshit "25 km/h". Hier sind Bjarne Mädel und Lars Eidinger noch auf alten Mofas unterwegs. Eine Fortsetzung könnte "45 km/h" heißen... Bild: Sony Pictures
Kino-Überraschungshit „25 km/h“. Hier sind Bjarne Mädel und Lars Eidinger noch auf alten Mofas unterwegs. Eine Fortsetzung könnte „45 km/h“ heißen… Bild: Sony Pictures

Moderne E-Bikes (eigentlich Pedelecs) sind entfernte Nachfahren von Mofas, deren Motorleistung das Fahrzeug bis 25 km/h unterstützen kann. Eigentlich alle modernen Elektroroller bis 50 ccm und 45 km/h sind elektifizierte Roller. Weil es die alten Mofas und Mopeds heute kaum noch gibt, die Namen sich aber eingeprägt haben, werden die Begriffe manchmal synonym zu Roller verwendet.

Weniger Unfälle bei 45 km/h?

Der Grund, warum viele Länder bereits 45 km/h als Höchstgeschwindigkeit festgelegt hatten, hat natürlich auch mit dem Sicherheitsaspekt zu tun. So kamen Noordzij, Forke, Brendicke und Chinn 2001 zu dem Schluss, dass die Fahrer von Kleinkrafträdern vergleichsweise häufig verunglückten.

Für ihre von der EU in Auftrag gegebene Studie werteten sie Unfallstatistiken aus den 1990er-Jahren aus. Ein Grund für die überdurchschnittlich vielen Unfälle sahen sie darin, dass auf den leicht motorisierten Fahrzeugen häufig junge und wenig erfahrene Fahrer:innen unterwegs waren.

Elektroroller Vässla 2: Bis 45 km/h schnell. Bild: Vässla
Elektroroller Vässla 2: Bis 45 km/h schnell. Bild: Vässla

Auch die Bundesanstalt für Straßenwesen fand heraus, dass Kleinkraftradfahrer im Vergleich zu Motorradfahrern häufiger in Auffahrunfälle und Unfälle mit rechts abbiegenden Fahrzeugen verwickelt sind. Mangelnde Erfahrung und daraus resultierend auch gefährliche Überholmanöver machten sie dabei als Ursache aus.

Dann wiederum reagierten einige Länder damit schlicht auf andere Gegebenheiten. In vielen Ländern betrug das innerstädtische Tempolimit 40 statt wie bei uns 50 km/h. Genau anders herum als heute wollte man den schwerer zu kontrollierenden Rollern keinen Freibrief erteilen, um schneller zu fahren als der Rest.

Nachteile der 45 km/h

In der oben bereits genannten Untersuchung fand die UDV 2018 keinen Zusammenhang zwischen Unfällen von Kleinkrafträdern und ihrer Geschwindigkeit. Deswegen und mit der zunehmenden Verbreitung moderner Elektroroller ist die Geschwindigkeitsbeschränkung von 45 km/h zuletzt wieder in die Diskussion geraten. Auch die Initiatoren einer Debatte auf OpenPetition regen an, die mögliche Höchstgeschwindigkeit dem Stadtverkehr anzupassen.

Indem ihre Geschwindigkeit auf 45 km/h begrenzt ist, sind moderne Elektroller im heutigen Innenstadtverkehr benachteiligt. Sie behindern zum einen den Verkehrsfluss. Zum anderen haben Autofahrer reell meist ein wenig mehr auf dem Tacho als die erlaubten 50 km/h. Langsamere Fahrzeuge sind ihnen da im Weg. PKW- und LKW-Fahrer:innen setzen also zu riskanten Überholmanövern an. Mit der gedrosselten Geschwindigkeit der Roller steigt die Unfallgefahr also, statt dass sie sinkt.

Romantisches Bild einer Vespa vor einem – am liebsten – mediterranen Hintergrund. Bild: Mathias Elle
Romantisches Bild einer Vespa vor einem – am liebsten – mediterranen Hintergrund. Bild: Mathias Elle

Müßig würde eine höhere Geschwindigkeit für Roller natürlich in dem Moment, in dem im gesamten Innenstadtverkehr nur noch 30 km/h erlaubt wären. Unter anderem die Grünen im NRW-Landtag machten diesen Vorschlag. Niedrigere Innenstadtgeschwindigkeiten sind seit längerem Gegenstand politischer Diskussionen, weil sie die Schwere von Unfällen mit Personenbeteiligung reduzieren könnten.

Keine Roller auf Autobahnen?

Anders als auch wir zunächst vermuteten, hat die festgelegte Höchstgeschwindigkeit von Elektrorollern bis 50 ccm also nichts mit dem Wunsch vieler Länder zu tun, die Roller nicht auf die Autobahn zu lassen. Noch vor einigen Jahrzehnten betrug die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit, die ein Fahrzeug erreichen musste, um auf einer Autobahn zu fahren, in einigen Ländern 50 km/h. Darunter etwa war die DDR, in der einige besonders schnelle Mopeds wie die Simson-Kleinkrafträder auf der Autobahn erlaubt waren.

Deutschland60 km/h
Österreich60 km/h
Frankreich60 km/h
Spanien60 km/h
Schweiz80 km/h
Bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit für die Nutzung von Fahrzeugen auf Autobahnen

Mittlerweile haben allerdings nahezu alle EU-Staaten eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit für Autobahnen von mindestens 60 km/h festgelegt. Das heißt, Fahrzeuge, die nicht mindestens 60 km/h schnell fahren können, dürfen nicht auf eine Schnellstraße. Um Kleinkrafträder von dort zu verbannen und klarer von 125-ccm-Maschinen zu unterscheiden, gibt es also bessere Möglichkeiten als eine festgeschriebene Höchstgeschwindigkeit. Etwa andersfarbige Kennzeichen.

Fazit

Die festgelegte Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h für Elektroroller, Roller und Mopeds hat vor allem politische Gründe. Studien zeigen, dass die Geschwindigkeit nicht mit der Unfallhäufigkeit einhergeht. Untersuchungen legen sogar nahe, dass die Begrenzung durch gefährliche Überholmanöver schnellerer Fahrzeuge andersartige Unfälle verursacht.

Eine höhere Maximalgeschwindigkeit der E-Roller von etwa 60 km/h wäre wünschenswert, einhergehend mit einem erweiterten Praxisteil beim Führerschein.

Beitragsbild: Kito Roller

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3 Kommentare zu “E-Motorroller nur 45 km/h schnell: Warum eigentlich?

  1. Absolut richtig der Artikel.
    Auch ich fahre eine 50ccm Vespa und habe seit 30 Jahren einen PKW Führerschein. Diese 45 km/h sind einfach zu langsam um im Strassenverkehr mithalten zu können. Man wird gefährlich von den anderen Verkehrsteilnehmern überholt und geschnitten weil man zu langsam ist.
    Es wäre wünschenswert das man dieses EU Gesetz von den Bürokraten die nichts verstehen wieder ändert bzw. anpasst an den Gegebenheiten.

  2. Ich verstehe, dass ein Moped mit einem jungen, unerfahrenen und zu rücksichtslosen Fahrer beginnt, deshalb sollen die Grenzen von 25 km/h und dann bis zu 45 km/h ab dem 16. Lebensjahr unsere jungen Leute schützen. Bisher sehr gut.

    Aber dann gibt es die erwachsenen und erfahrenen Mopedfahrer mit Hunderttausenden von Kilometern in unserem Leben auf 2 Rädern, die einfach keine großvolumigen Motorräder fahren wollen, weil wir nicht mehr von halsbrecherischen Geschwindigkeiten angezogen werden und uns dennoch leidenschaftlich für Nostalgie interessieren unser Moped verantwortungsbewusst zu fahren, ohne unseren Körper den Fahrern schneller Autos auszusetzen, die uns aggressiv überholen. Das ist doch völlig albern: Eine Regel von erfahrenen Mopedfahrern sollte auf eine der Verkehrsrealität angemessene Moped-Geschwindigkeitserhöhung angewendet werden, um schwere Unfälle zu vermeiden und nicht gegen Regeln zu verstoßen. Denken Sie bitte an den gesunden Menschenverstand!

  3. Mittlerweile (Februar 2023) gibt es zum Glück schon einige E-Scooter und nur einen E-Chopper, die schneller als 45 km/h fahren, dann aber leider deutlich teurer sind als die 45 km/h-Modelle. Als jahrzehntelanger Reisemotorradfahrer (jetzt nicht mehr) zieht mich so ein moderner E-Chopper schon mächtig an. Aber als 45-km/h Version auf keinen Fall, das Risiko von anderen (absichtlich?) übersehen oder geschnitten zu werden ist mir zu hoch. Bin über 70, der Tod kommt von alleine, ich brauche dafür keine Hilfe.

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