Die Preise für Spitzensmartphones schnellen nach oben und wir werden uns wohl dran gewöhnen, wie ich neulich in einem Beitrag über 1.000-Euro-Smartphones schrieb. Auch Motorolas neues Spitzengerät, das Moto Z2 Force, ist mit 799 Euro UVP nicht gerade ein Schnäppchen. Ist der Preis gerechtfertigt? Das habe ich versucht in einem Test herauszufinden. Hier meine Ergebnisse:
Motorola Moto Z2 Force Stärken
Schnelle Reaktionszeit | |
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Gute Bildqualität der Kamera | |
Toller Kamera-Profi-Modus | |
Angenehme Moto-Oberfläche | |
Bruchsicher | |
Gut verarbeitet |
Motorola Moto Z2 Force Schwächen
Kamera stellt vor allem bei wenig Licht nicht immer scharf. | |
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Sonderbare Empfangsschwäche im WLAN | |
Unterdurchschnittlicher Akku | |
Flaches Design mit herausstehender Kamera-Linse erkauft | |
Wenig griffige Rückseite |
Gehäuse und Display
Bruchsicher soll das speziell gehärtete Glas des Displays ebenso sein wie die Aluminium-Rückseite des Moto Z2 Force. Mir war etwas mulmig, das so genannte Shutter Shield tatsächlich auszuprobieren, aber dann überwand ich mich. Und das Gerät überstand einen Falltest aus Hüft- und Brusthöhe (etwa 1,60m) problemlos. Kein Kratzer, keine Macken. Respekt!
Gegen die sonstige Verarbeitung des Gehäuses kann ich nichts sagen: Angenehmer Druckpunkt der physischen Tasten, perfekte Spaltmaße. Allenfalls die Rückseite des Geräts wirkt etwas rutschig beim Anfassen. Größtes Manko des Geräts ist in meinen Augen die deutlich herausstehende Kamera-Linse. Die stört zwar kaum beim Aufliegen auf dem Schreibtisch, aber doch beim Einstecken in die Hosentasche und sie zieht magisch Staub an.
Motorola setzt beim Display noch auf dicke Ränder. Etwas Platz wird durch den Fingerabdrucksensor vorne und den noch darüber angebrachten Schriftzug „Moto“ verschenkt. Trotzdem fand ich das Moto Z2 Force handlich und nicht zu groß. Das Display erstrahlte in hellen Farben und bewies mit der Quad HD-Auflösung (2.560 x 1.440 px) satte Schärfe.
Prozessor und Sprache
Die Maschinerie des Moto Z2 Force bewegt sich auf einer Linie mit anderen Spitzensmartphones des Jahres 2017. Das Octacore-System mit Snapdragon 835 zeigte sich bei mir im Test reaktionsschnell und vor allem schnell einsatzbereit. Auch die Kamera war schnell gestartet.
Motorola legt Wert darauf, dass jeweils einer der acht Kerne des Prozessors für natürliche Sprache und kontextuelles Computing genutzt würde. Beides kommt in der eigenen Moto-App des Geräts zum Einsatz, das unter anderem den Dienst Moto Sprache unterstützt. Das Moto Z2 Force reagiert damit auf Sprachbefehle. Ein Dienst, der zusätzlich zum bereits vorinstallierten Google Assistant und dem andockbaren Moto Smart Speaker mit Amazon Alexa (hier unser Test) daher kommt.
Im Alltag habe ich Moto Sprache kaum gebraucht. Außerhalb der Moto-App funktionierte der Service bei mir nicht. Und nur deswegen eine App starten, um dann „Zeig mir das Wetter“ zu sagen, einen kleinen Moment darauf zu warten und dann das lokale Wetter zu sehen – scheint mir auch nicht besonders sinnvoll.
Akku und Speicher
Mal von der störend herausragenden Kamera abgesehen, ist das Moto Z2 Force eine Flunder. Das ist leider auch mit einem verhältnismäßig kleinem Akku erkauft. Nur 2.730 mAh sind drin. Für ein Spitzensmartphone mit einem 5,5 Zoll-Display etwas unterdimensioniert.
Und auch im Praxistest zeigte sich leider: Besonders ausdauernd ist der Akku nicht gerade. Ich kam über den Tag, aber abends ging es dann standardmäßig in den roten Bereich.
Immerhin: Der Schnelllademodus „TurboPower“ mit stolzen 15 Watt Leistung hat den Akku wirklich schnell wieder aufgeladen. Das (zumindest bei mir) mitgelieferte Moto Style Shell erlaubt außerdem kabelloses, induktives Laden, wenn ihr eine Qi-Ladestation besitzt. Netter Nebeneffekt: Das Mod schmiegt sich so genau an die Rückseite, dass die Kamera nicht mehr herausragt.
Das Moto Z2 Force verfügt über ordentliche 6 GB RAM und immerhin 64 GB ROM, die sich aufrüsten lassen. Dass das System alleine stolze 17 GB für sich beansprucht, sollte man dabei auf jeden Fall einkalkulieren.
Kamera
Auf so eine Handykamera habe ich lange gewartet – und werde ich auch noch eine Weile länger warten müssen. Denn der Profi-Modus erlaubt es mir einerseits, nahezu alle gewünschten Einstellungen zu verändern. ISO, Verschlusszeit, Weißabgleich, Belichtung.
Die Blende kann ich hier zwar offiziell nicht verstellen, dafür aber mit selektiver Schärfe in etwa den gleichen Effekt erzielen. Dieser geht über den zusätzlich möglichen Bokeh-Effekt hinaus und wirkt viel natürlicher. Zusätzlich gibt es einen Schwarz-Weiß-Modus für wirklich schöne, künstlerische Bilder – wobei ich die Möglichkeit lieber in der Frontkamera für schicke Selfies gehabt hätte.
Andererseits sind die Profi-Einstellungen etwas schwer zugänglich. Startet man die Kamera neu, ist standardmäßig der Normal-Modus ausgewählt, nicht der Profi-Modus. Im Vergleich zu einer echten Profikamera mit Einstellrädern geht man also viele Schritte mehr. Außerdem hatte ich gerade bei Nacht oder schlechten Lichtverhältnissen oft große Schwierigkeiten: Der Fokus wollte einfach nicht das Motiv scharf stellen, das ich wollte – automatisch sowieso nicht.
Die Bilder, die ich mit dem Moto Z2 Force letztendlich erfolgreich geschossen habe, sind größtenteils in Ordnung. Bei wenig Licht schaltet die Kamera automatisch in den Low-Light-Modus, was entweder mit hohem Rauschen oder mit Bewegungsunschärfe erkauft wird.
Der Kamera-Härtetest
Ein Motiv, das ich seit einiger Zeit als Härtetest für jede Smartphone-Kamera verwende, ist die Leuchtreklame an einer benachbarten Gaststätte bei Nacht. Schafft das Smartphone es, die Schrift der Leuchtreklame lesbar anzuzeigen und trotzdem die Umgebung hell genug auszuleuchten?
Das Bild zeigt euch: Wie jedes andere Smartphone bisher scheitert auch das Moto Z2 Force an diesem Härtetest. Der Hintergrund ist zwar gut ausgeleuchtet, die Leuchtreklame fast lesbar, die Farben aber verwaschen und das Bild rauscht stark.
Meine Lieblingsbilder mit dem Moto Z2 Force
Hier ein paar Bilder, die mit dem Moto Z2 Force wirklich schön geworden sind:
Selfies auf Wunsch verschönern
Ich halte nicht viel von selbstverschönernden Kamera-Optionen, aber zu diesem Zweck habe ich die Möglichkeit im Moto Z2 Force einmal ausprobiert. Hier das „normale“ Selfie:
Und hier das vermeintlich verschönerte Selfie. Die Kamera hat doch tatsächlich die Falten auf meiner Stirn weggezaubert und mein rechtes Auge etwas größer gemacht. Ob das jetzt wirklich besser aussieht…
Empfangsprobleme mit dem Moto Z2 Force
Motorola-Smartphones haben mittlerweile schon traditionell Probleme, mein heimisches WLAN zu erkennen. Das war schon beim Moto G5 Plus oder bei meinem Test mit dem Moto X4 so. Ich behelfe mir mittlerweile damit, dass ich über ein anderes Smartphone die Verbindung teile, worauf das jeweilige Motorola-Gerät mein WLAN plötzlich erkennt.
Auch beim Moto Z2 Force funktionierte der Trick. Allerdings endeten die Probleme damit leider nicht. Einmal eingerichtet, riss die Verbindung zu meiner Fritzbox immer wieder ab. Manchmal selbst, wenn ich daneben saß. In schöner Regelmäßigkeit auf jeden Fall in meiner Küche, etwa zehn Meter Luftlinie zum Router, wo eigentlich kaum anderes Smartphone jemals Probleme hatte.
Ich weiß nicht, ob der Fehler nur bei mir oder auch bei anderen auftritt, aber derartig heftige Verbindungsprobleme im heimischen WLAN hatte ich mit einem Smartphone noch nie.
Unterwegs im Mobilfunknetz kann ich derweil nicht über Empfangsprobleme klagen. Das Moto Z2 Force hat sogar LTE+ an Bord und die Verbindungsqualität hängt maßgeblich vom Provider ab.
Software-Oberfläche und weitere Spielereien
Mein Testvorgänger Moto X4 ist mir noch positiv wegen seiner angenehmen Software-Oberfläche in Erinnerung geblieben. Das Moto Z2 Force verwendet die gleiche. Ein schöner und insgesamt „runder“ Startbildschirm:
Im Sperrbildschirm lassen sich Benachrichtigungen ganz einfach durch leichten Druck auf ein Icon anzeigen. Durch Wischgesten kann man die Benachrichtigung löschen oder – falls die App es erlaubt – direkt im Sperrbildschirm darauf reagieren. Etwa mit einer WhatsApp-Antwort.
Praktisch dafür, dass der Näherungssensor im Moto Z2 Force auf Bewegungen reagiert und den Bildschirm einschaltet, wenn es Bewegungen in der Nähe registriert. Das klappt eigentlich fast immer, wenn man das möchte. Allerdings auch sehr oft, wenn nicht. Der Sensor ist empfindlich eingestellt und lässt immer mal wieder das Display aufleuchten.
Andere Software-Spielereien wie die Moto-App mit Sprachsteuerung oder weitere Gesten, die das Gerät unterstützt, habe ich nicht ausprobiert. Ich brauche so etwas im Alltag schlicht nicht.
Und sonst?
Das Moto Z2 Force läuft derzeit noch mit Android 7.1.1. Ein Update auf Android 8 Oreo ist angekündigt und es soll direkt ein Update vom ursprünglich ausgelieferten Bluetooth 4.2 auf Bluetooth 5.0 mitbringen.
Das Gerät ist nur mit einer wasserabweisenden Nanobeschichtung versehen. Anders als mittlerweile viele andere Geräte ist es nicht wasser- und nicht staubfest. Schade, denn in Kombination mit dem bruchsicheren Glas hätte das Moto Z2 Force so die Chance zum perfekten und wohl schönsten Outdoor-Smartphone gehabt.
An das Moto Z2 Force lassen sich natürlich auch Moto Mods andocken, Erweiterungen wie ein Lautsprecher, eine 360-Grad-Kamera oder ein GamePad. Kürzliche habe ich hier den passenden Moto Smart Speaker mit Amazon Alexa getestet.
Einen Kopfhörer legt Motorola dem Gerät übrigens nicht bei. „Auf ein 5-Euro-Plastikding kann ich gerade noch verzichten“, mag sich der eine oder andere Nutzer denken. Da Motorola aber auf eine Klinkenbuchse verzichtet und auf USB-C setzt, vergibt man die Chance, einen guten Soundeindruck zu hinterlassen. Ein USB-C-auf-Klinke-Adapter liegt zwar bei. Gerade ein solcher Adapter hat sich aber nicht selten als Pferdefuß für guten Sound erwiesen.
Zusammenfassung: Licht und Schatten
Vielleicht betrachtet man ein Smartphone besonders kritisch, das aufgrund des Verkaufspreises in der Spitze mitmischen will. Vielleicht kam auch deswegen bei mir zu wenig Leidenschaft auf.
Probleme mit dem Autofokus, die blöd herausstehende Kamera, die wenig griffige Rückseite, die eher unterdurchschnittliche Akkulaufzeit, Verbindungsprobleme im WLAN, kein Wasserfestigkeit, kein Kopfhörer im Lieferumfang, dafür Spielereien, die die Welt nicht braucht… All das trübt den Eindruck und lässt die Frage aufkommen, ob der hohe Verkaufspreis wirklich gerechtfertigt ist.
Auf der anderen Seite habe ich hier ein sehr schnelles, reaktionsstarkes Smartphone mit einem – endlich einmal – bruchsicheren Display. Mit einer Kamera, die praktisch alle Einstellungen einer Profikamera mitbringt und in den meisten Fällen tolle Fotos macht.
Fazit: Ja, aber
Das Motorola Moto Z2 Force ist ein stark motorisiertes Smartphone mit guter Verarbeitung und prinzipiell toller Kamera, aber leider auch Schwächen. Bedenken, über die man teilweise hinwegsehen könnte – stünde da nicht der hohe Verkaufspreis von UVP 799 Euro im Raume. Für das gleiche Geld bekommt man auch ein iPhone 8, ein Huawei Mate 10 Pro – und wahrscheinlich in wenigen Monaten auch ein Samsung Galaxy S9.
Dafür bietet das Moto Z2 Force zu wenig. Der Preis scheint mir angesichts des Gebotenen um 200 Euro zu hoch angesetzt.
Mein Gesamturteil Motorola Moto Z2 Force: 8/10
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