Garmin Dashcam 55 und 65 ausprobiert: Teure Kameras für die Ewigkeit

Seit kurzem sind sie auch in Deutschland zu bestimmten Zwecken erlaubt: Die Gamin Dashcams 55 und 65 präsentierten sich bei uns im Hands-on als zuverlässige Wegbegleiter mit einer Menge praktischer Funktionen, aber auch als Holzhammer-Produkte ohne besonderen Komfort.

Garmin Dashcam 55 und 65 ausprobiert: Teure Kameras für die Ewigkeit
Garmin Dashcam 65 und 55 Aufnahme

Aus oder Aufnahme. Das sind die einzigen beiden Möglichkeiten, die man mit den Garmin Dashcam 55 und Dashcam 65 hat. Dieses binäre Detail zieht sich durch die Benutzerführung beider Geräte, die ich ein paar Wochen lang ausprobiert habe.

Kann nur aufnehmen oder ausgeschaltet sein

Soll heißen: Die Benutzerführung der Garmin Dashcam 55 und dem etwas besseren Schwestermodell Dashcam 65 ist auf das Notwendigste beschränkt. Beide haben in etwa die Größe einer Actioncam und beide können eben nur das: aufnehmen oder ausgeschaltet sein. Dass man die Geräte bedient oder Einstellungen vornimmt, ohne dabei aufzunehmen, ist nicht vorgesehen.

Von hinten genau gleich: Garmin Dashcam 65 und Dashcam 55
Von hinten genau gleich: Garmin Dashcam 65 und Dashcam 55

Streng genommen genügt das. Was soll man mit einer Dashcam auch sonst groß machen außer aufnehmen? Die Videos werden minutenweise gespeichert und lassen sich später am Rechner einzeln durchgehen. Ist dabei zu sehen, wie man die Kamera erst auspackt und einhängt, ist das nicht weiter störend. Relevant sollen die Videos ohnehin nur werden, falls es zu einem Unfall kommt. Und hier ist es besser, die Kamera nimmt im Zweifel auf, als dass sie es nicht tut.

Halterung klebt für immer an der Scheibe, Akku hält nur 30 Minuten

Geschuldet ist diese sonderbare Funktion wohl auch der enttäuschenden Akkulaufzeit von kaum mehr als einer halben Stunde bei beiden Geräten. Es ist vorgesehen, dass man sie über die mitgelieferten, fast endlos wirkenden Netzstecker für den 12-Volt-Anschluss immer eingesteckt hat. Auch das ist nicht unbedingt das Höchstmaß an Komfort. Was ist zum Beispiel, wenn man nur einen 12-Volt-Anschluss im Auto hat (wie die meisten Autos) und gleichzeitig ein Navi benutzen oder das Smartphone aufladen möchte?

Die Garmin Dashcams 55 und 65 werden mit einer Magnethalterung befestigt. Das verklebte Metallplättchen lässt sich nur noch schwer ablösen.
Die Garmin Dashcams 55 und 65 werden mit einer Magnethalterung befestigt. Das verklebte Metallplättchen lässt sich nur noch schwer ablösen.

Etwas holzhammerartig wirkt auch die Befestigung der Geräte hinter der Windschutzscheibe. Garmin legt beiden Geräten zwei Mini-Metallplättchen bei, die innen an die Scheibe geklebt werden und dann praktisch für die Ewigkeit gedacht sind. Der Hersteller warnt in der Gebrauchsanweisung davor, dass sich diese quasi nicht mehr entfernen lassen, zumindest nicht rückstandslos.

Hier lässt sich drüber streiten, ob ein fester Saugnapf nicht die bessere Lösung gewesen wäre, wie Garmin ihn auch für das Dashcam-Navi Drive Assist 51 (Testbericht) verwendet. Immerhin: Die Kameras werden mit der Magnethalterung einfach darauf aufgesetzt, lassen sich immer wieder abnehmen und halten in der Tat bombenfest.

Gute Bedienung, alle Videos bleiben gespeichert

Die Benutzerführung ist simpel. Wie schon beschrieben, nimmt die Kamera beim Einschalten sofort auf. Der Nutzer hat die Wahl, ob er die Fahrt mit oder ohne Ton aufzeichnet. Das Menü suggeriert, dass nur Videos, die man mit einem Knopfdruck händisch markiert, auch gespeichert werden. Dem ist aber nicht so. Alle Videos bleiben im Speicher bis dieser voll ist, markierte Videos und Bilder werden nur in einem anderen Verzeichnis geparkt.

Mit vier Tasten an der Seite und einer Magnethalterung. Die beiden Garmin Dashcams 55 und 65
Mit vier Tasten an der Seite und einer Magnethalterung. Die beiden Garmin Dashcams 55 und 65

Mit vier Knöpfen am Gehäuserand navigiert man durchs Menü und wählt Funktionen aus oder ab. Das Verfahren ist nicht unbedingt intuitiv, aber schnell erlernbar. Als besondere Funktionen stehen den Garmin Dashcam 55 und Dashcam 65 diverse Sicherheitsfunktionen und eine Travelapse-Aufzeichnung zur Verfügung. Hierbei wird eine Fahrt im Zeitraffer aufgezeichnet. Hilfreiche Nebenfunktionen, die das Fahren sicherer machen sollen, sind Kollisionswarnung, Spurhalteassistent und ein Losfahralarm. Im Test meldete sich vor allem der Spurhalteassistent zuverlässig, wenn ich zum Beispiel von einer Autobahn abfuhr.

Dashcams tun, was sie sollen, viel mehr nicht

Beide Geräte sind mit einem automatischen Unfallsensor (G-Sensor) ausgestattet, der bei einer Kollision die entsprechenden Videos automatisch markieren soll. (Gespeichert werden sie ohnehin.) Mir blieb es zum Glück erspart, diese Funktion testen zu müssen. Von der Dashcam 65 habe ich allerdings ein interessantes Video, bei der ich die Kamera in einer Tasche transportiere und schließlich auspacke. Hier hielt die Kamera die Erschütterungen offenbar für eine Kollision und zeichnete auf.

Die Bildqualität fand ich bei beiden Geräten in Ordnung, auch bei Nacht erkennt man Nummernschilder und die wichtigsten Details. Die Dashcam 55 schien mir bei direktem Sonnenlicht etwas Schwierigkeiten mit der schnellen Aufzeichnung von Nummernschildern zu haben. Die Dashcam 65 stellt durch ihren extremen Weitwinkel Linien gebogen dar. Der weitere Hauptunterschied zwischen beiden Kameras ist neben dem Weitwinkel (nur in der DC 65) auch die Bildqualität. Die ist in der preisgünstigeren Dashcam 55 interessanterweise höher (1440p) als in der Dashcam 65 (1080p).

Sprachsteuerung nicht sinnvoll, langes 12-Volt-Kabel

Beiden Geräten liegen eine 8 GB microSD-Speicherkarte und ein 4 (!) Meter langes 12-Volt-Anschlusskabel bei. Ferner lassen sich die Cams über leider nur etwa 30cm kurze USB-Kabel an einen Rechner anschließen. Hier hätte ich mir beinahe gewünscht, Garmin hätte das 4-Meter-Kabel halbiert und die andere Hälfte zum USB-Kabel gemacht, so dass man die Kamera auch im Auto an einer USB-Buchse hätte aufladen können (haben immer mehr moderne Bordkonsolen). Andererseits gilt zumindest beim Haupt-Anschlusskabel: lieber etwas zu lang als zu kurz.

Zu unterscheiden am orangen Ring: Links die Garmin Dashcam 55, rechts die Dashcam 65.
Zu unterscheiden am orangen Ring: Links die Garmin Dashcam 55, rechts die Dashcam 65.

In die Garmin Dashcam 55 und Dashcam 65 ist außerdem eine Sprachsteuerung integriert. Diese muss man allerdings erst per Knopfdruck aktivieren, bevor man sie während der Fahrt benutzen kann. Was unpraktisch ist, wenn die Kamera zum Beispiel am rechten Rand der Windschutzscheibe hängt. Via App lassen sich beide Dashcams auch drahtlos mit einem Smartphone koppeln und die Videos so ohne Kabel rüberschicken.

Sind Dashcam-Aufnahmen ganz sicher jetzt erlaubt?

Das Urteil, das der Bundesgerichtshof am 15. Mai über Dashcams fällte, ließ mich und viele andere Beobachter etwas ratlos zurück, zunächst offenbar auch Garmin. Demnach ist es zwar erlaubt, Videos aus einer Dashcam als Beweismittel zu nutzen, nicht aber mit ihnen dauerhaft aufzuzeichnen.

Dieses Paradox ließe sich rechtlich auflösen, indem eine Veröffentlichung von Dashcam-Videos untersagt wird, wenn darauf Nummernschilder oder Personen klar zu erkennen sind. Und technisch, indem Dashcam-Videos nach einem kurzen Zeitintervall oder zumindest am Ende jeder Fahrt wieder gelöscht werden. In meinem Test konnten beide Garmin-Dashcams das noch nicht und speicherten die Videos aber quasi für immer.

Dies löste Garmin nach meinem Test mit einem Software-Update für die Dashcams 45, 55 und 65. Videos sollen danach nun für maximal drei Minuten aufgezeichnet werden. Ältere Aufnahmen werden ständig überschrieben und spätestens nach Fahrtende gelöscht, falls sie nicht markiert wurden. Auch die Timelapse-Funktion wurde für Deutschland wieder deaktiviert (im Ausland bleibt sie verfügbar). Rechtlich ist Garmin damit nun auf der sicheren Seite. Etwas schade ist das trotzdem, denn die Timelapse-Funktion war schön.

So benutzt ihr euer Smartphone oder eure Actioncam als Dashcam

Fazit: Kann man machen, kostet aber

Was man beiden Kameras, der Garmin Dashcam 55 und der Dashcam 65, lassen muss: Sie erfüllen ihren Zweck, zeichnen stoisch auf, halten bombenfest und machen eine Fahrt durch Spurhalteassistent und Kollisionswarnung etwas sicherer. Schön, dass Garmin den Geräten ein extra langes Netzkabel und auch eine microSD-Karte beilegt. Streitbar ist die Magnethalterung, die quasi für immer an der Windschutzscheibe klebt.

Garmin Dashcam 55 im Einsatz
Garmin Dashcam 55 im Einsatz

Weniger gelungen finde ich die Entweder-Aus-oder-Aufnahme-Attitüde und die sehr kurze Akkulaufzeit. Zumindest für den Preis. Garmin verkauft die Dashcam 55 (Shoplink) und die Dashcam 65 für gut 200 Euro. Erinnert man sich daran, dass es sich bei beiden eigentlich nur um eine Kamera handelt, die nicht viel mehr tut, als in ordentlicher Qualität Videos aufzuzeichnen, ist das ganz schön viel Geld.

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