Microsoft kauft Activision Blizzard: Was Gamer wissen müssen

Microsoft plant die milliardenschwere Übernahme von Activision Blizzard. Wir fassen für euch zusammen, was das für die Branche bedeutet.

Microsoft kauft Activision Blizzard: Was Gamer wissen müssen

Um was geht es?

Via Twitter ließ Microsoft am 18. Januar 2022 die Bombe platzen: Man heiße Activision Blizzard in der Xbox-Familie willkommen, habe also eines der umsatzstärksten Spielestudios übernommen.

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Erst auf den zweiten Blick zeigt sich, dass der Einkauf noch nicht vollzogen ist. Genauer: Microsoft bietet insgesamt 68,7 Milliarden US-Dollar für sämtliche Aktien des Branchen-Primus Actvision Blizzard. Um das einzuordnen: Die Milliardensumme dieses Deals liegt nahezu gleichauf mit dem Bruttoinlandsprodukt von Luxemburg.

Während die Führungszirkel beider Firmen sich bei der Übernahme einig sind, liegt die letztliche Entscheidung bei den Aktionären. Die aber dürften sich wohl kaum dagegen wehren, denn Microsoft bietet einen Aktien-Kaufpreis von 95 US-Dollar, der gut 50 Prozent über dem liegt, was die Börse notierte. Zudem müssen noch die Kartellbehörden zustimmen – denn mit der Übernahme würde Microsoft zum drittgrößten Spielehersteller weltweit aufsteigen. Hinter Sony aus Japan und dem chinesischen Durchstarter Tencent.

Geht alles glatt, ist die Übernahme im Sommer 2023 vollzogen. Von heut auf morgen geht es also nicht.

Was genau kauft Microsoft?

Für einmal Luxemburg kriegen die Xbox Game Studios neben Activision und Blizzard auch das Mobil-Studio King, Ravensoft, Infinity Ward und Rreyarch. Nicht zu vergessen sind Toys for Bob, Sledge Hammer Games, High Moon und Beenox.

Zu den bekannten Marken des Unternehmens gehören Candy Crush, Overwatch, Starcraft, World of Warcraft, Spyro, Crash Bandicoot, das Tony-Hawk-Franchise und die großen Klassiker Call of Duty und Diablo.

Insgesamt sind 10.000 Personen bei Activision Blizzard beschäftigt. In Luxemburg leben übrigens um die 626.000 Menschen.

Kam das Übernahmeangebot überraschend?

Neu ist Microsofts Vorgehen nicht. Der Windows-Konzern verleibte sich 2017 assoziierte Studio-Partner (Turn10, Playground Games) und renommierte Spieleschmieden ein. Erst vergangenes Jahr sicherte ein Scheck von gut 8 Milliarden US-Dollar die Studio- und Spielemarken von Bethesda, dessen kommende Highlights wie Starfield zunächst und womöglich exklusiv in Xbox-Services erscheinen.

Bereits jetzt sind unzählige Entwickler für Microsoft tätig. (Mit Material von Xbox)

Mit Xbox Services sind nicht nur Games für die Konsole gemeint, sondern alles, was auch auf dem PC oder einem Android-Smartphone läuft – aber dazu etwas später mehr.

Die geplante Übernahme eines weiteren Spielegiganten schlägt hohe Wellen – und auch wegen der irrwitzigen Milliardensummen fürchten Gamer um ihre Lieblingsstudios und -games. Hierbei ist wichtig zu betonen: Auch wenn viele Videospiel-Nostalgiker gerne von Traditionsstudios sprechen und die Fackel ihrer Game-Evergreens hochhalten, ist die gesamte Videospiel-Industrie seit jeher von Veränderung geprägt.

Da übernimmt ein französisches Studio eine US-Marke mit Strahlkraft (Infogrames mit Atari), rettet sich ein angeschlagener Konsolenhersteller in ein Joint-Venture (Sega) oder bündeln strauchelnde Rollenspiel-Studios ihre Expertise (Square Enix).

Nicht zu vergessen sind die Übernahmen jüngster Zeit: Electronic Arts schluckte Codemasters, Team 17 übernahm Astragon und Indie-Publisher Devolver band Croteam (Serious Sam) stark an sich.

Was bedeutet das für Sony und Nintendo?

Die Übernahme wäre vor allem ein herber Schlag ins Sony-Kontor. Ob Call of Duty, Overwatch oder die Remakes von Spyro und Crash Bandicoot. Diese Millionen-Seller erfreuen sich vor allem auf der PlayStation großer Beliebtheit und sie erschienen als zeitexklusive Releases und/oder mit zusätzlichen Features.

Xbox-Spieler behandelte Activision Blizzard hingegen oft etwas stiefmütterlich. Kaum vorstellbar, dass die Xbox Studios künftig weiterhin so verfahren und einem Konkurrenten mit ähnlichen Konzept weiterhin die besten Neuerscheinungen zeitgleich und/oder mit erweiterten Inhalten und exklusiven Zusätzen anbietet. Es könnte laufen wie Bethesda, das ebenfalls zu den Xbox Studios gehört. Deren Rollenspieltitel Starfield erscheint allen Ankündigungen nach nicht auf PlayStation 5, stattdessen im Microsoft-Metaverse.

Top-Neuerscheinungen wie Call of Duty auf Xbox *und* PlayStation? Das scheint ab 2023 eher unwahrscheinlich… (Screenshot: Activision Blizzard)

Zu dem gehören die Xbox-Konsolen und Xcloud-Streamingservices, mit denen Spiele auf einer enormen Gerätevielfalt laufen. Ihr startet das Spiel auf eurem Android-Telefon, zockt auf dem Rechner weiter oder nehmt den Speicherstand in eine gediegene Xbox-Session auf eurem Fernseher mit.

Damit emanzipiert sich Microsoft vom klassischen Konsolen-Denken, das die Xbox-Marke in der vorangegangenen Generation beinahe auslöschte. Zu groß war der Erfolg der PlayStation 4. Infolge von Sonys Marktdominanz krempelte Microsoft sein Geschäftsmodell um, stellte Multiplattform-Titel in den Fokus, schuf mit Game Pass ein attraktives Spiele-Abo, wanzte sich mit hochwertigen Profi-Controllern an die Hardcore-Gamer heran – und kaufte im großen Stil Studios zu.

Im Game Pass ist neuerdings auch Electronic Arts vertreten – bald folgt Ubisoft. (Mit Material von Xbox)

Entscheidend ist für die Xbox Studios nicht mehr der Absatz der Xbox-Series-Geräte, sondern, wie viele User sich für digitale Spielekäufe und das Spiele-Abo Game Pass entscheiden. Mit Activision Blizzard und Portfolio hat sich die Attraktivität des Bezahlservices für viele Gamer nochmals gesteigert.

Selbst wenn die Xbox Game Studios ihre Neuerscheinungen auch auf PlayStation bringen, hat das Microsoft-Metaverse noch einen gewichtigen Vorteil: Alle Titel gibt es ab Release-Tag auch im Game Pass. Abonnenten müssen also keine 70 Euro oder 80 Euro für einen Vollpreistitel hinblättern, sondern nur die 12,99 Euro pro Monat. Für den gesamten Abo-Dienst und seine über 200 Spiele.

Für Nintendo-Spieler ändert sich indes wohl nicht viel. Das, was auf der Switch läuft, dürfte zuverlässig für die Hybridkonsole erscheinen. Jüngstes Beispiel der Microsoft-Nintendo-Kooperation ist der Re-Release des N64-Klassikers Banjo-Kazooie, an dem das Xbox-Unternehmen seit dem Kauf von Rare alle Rechte hält.

Für Activision Blizzard ein Segen

Seid ihr mit der Spieleindustrie vertraut, steht das Übernahmeangebot in einem engen Zusammenhang mit den Skandalen um die Manager bei Activision Blizzard. Denen warfen ehemalige Mitarbeiter vor, ein toxisches, geradezu menschenfeindliches Klima geschaffen zu haben. Neu sind derlei Vorwürfe nicht – der Spielejournalist Jason Schreier hat hierüber zwei ganze Bücher verfasst. Aber die Wucht, mit der eine Anschuldigung nach der anderen das börsennotierte Unternehmen traf, zwang es, immer wieder neue Maßnahmen für ein besseres Arbeitsklima anzukündigen.

Ein paar Dutzend Manager sind bereits gefeuert, doch der Activision-Blizzard-Chef Bobby Kotick hielt sich an der Spitze. Er saß die Anschuldigungen, zu wenig gegen die Toxizität unternommen zu haben, einfach aus. Wie es mit ihm weitergeht, ist die Gretchenfrage dieser Übernahme. Noch vor einigen Wochen fabulierte Microsoft, man werde genau schauen, mit wem man da Verträge schließe.

Bobby Kotick ist CEO von Activision Blizzard. Nur, wie lange noch? (Foto: Wikicommons)

Nun könnte ihnen dieser Laden bald selbst gehören und ein großer Kehraus das sein, was es braucht, um das Unternehmen fit für Xbox Studios zu machen. Am wenigsten Sorgen muss sich Bobby Kotick selbst machen, der nur mittels hoher dreistelliger Millionenbeträge von seinem Posten zu entfernen ist.

Solch eine Übernahme plant ein Unternehmen aber weit im Voraus. Die Negativschlagzeilen waren nicht der Anlass, das Scheckheft zu zücken. Aber ganz sicher kamen diese schlechten Nachrichten auch gelegen, um den ohnehin wahnwitzigen Kaufpreis etwas zu drücken.

Für Spieler mit fetten Fragezeichen versehen

Für Gamer bedeutet die Übernahme perspektivisch, Microsoft zu bezahlen. Für Call of Duty, Overwatch, Starcraft und Co. Wenn ihr nicht ohnehin schon Hellblade, Forza, Fable usw. spielen wolltet. Seid ihr bislang auf PlayStation unterwegs, könnte es also sein, dass ihr ab Sommer 2023 zunächst zur Xbox greifen müsst, um eure Lieblingsgames von Activision Blizzard zocken zu können.

Man darf gespannt sein, ob Microsoft nun seine Shopping-Tour beendet – oder noch die eine oder andere Marke hinzukauft. Und Sony muss schauen, nicht ins Hintertreffen zu geraten. Das bessere Blatt scheint derzeit der Xbox-Konzern zu haben.

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