Jam.gg: Online-Emulator mit Gratis-Games getestet

Jam.gg bringt Spiele-Klassiker auf deinen Bildschirm zurück. Der Service ist gratis, bietet 9 Systeme, unzählige Spiele – und hat noch mit Problemen zu kämpfen.

Jam.gg: Online-Emulator mit Gratis-Games getestet

Auf dem Desktop-PC, Notebook, Smartphone oder Tablet ist es zwar attraktiv, mittels Software alte Spielesysteme wiederzubeleben. Doch die Konfiguration und das Fein-Tuning der umfangreichen Programme sind oftmals nur etwas für Profis. Einfach starten und loslegen fällt meist flach. Hier will Jam.gg Abhilfe schaffen, ein Cloud-Gaming-Dienst für Retro-Spiele.

Jam.gg: 9 Systeme auf 1 Plattform

Jam.gg ahmt insgesamt neun Systeme nach: NES, Super Nintendo, N64, GameBoy, GameBoy Advance, Sega Master System und Genesis/MegaDrive sowie die erste Sony PlayStation und PC-DOS.

Retro-Systeme auf Jam.gg
Diese 8 Konsolen emuliert Jam.gg – plus MS-DOS, das die Plattform aber nicht einzeln aufführt. (Mit Material von Jam.gg)

Das Prinzip von Jam.gg ist vergleichbar mit dem von Xbox Cloud Gaming oder einem anderen Cloud-Gaming-Anbieter: Ein Server verwaltet und berechnet das Spiel, dein Rechner ist nur für die Controller-Eingaben zuständig und stellt das Video-Audio-Signal dar.

Ganz bewusst schreiben wir hier von „Rechner“. Auf Desktop-PC, Notebook und Chromebook läuft Jam.gg ohne Probleme. Auf Android-basierten Tablets und Smartphones war es uns nicht möglich, eine Partie zu starten.

Gratis, üppige Sammlung und für eigene Spiele

Interessant ist, dass Jam.gg nach der Registrierung sofortigen Zugriff auf mehr als 60 Games gewährt – bislang vollkommen kostenlos. Die richtig großen Namen sind in der Spieleauswahl allerdings nicht zu finden.

Game Collection Jam.gg
Die gesamte Jam.gg-Spielesammlung im Überblick – große Namen fehlen, feine Spiele sind dennoch dabei. (Mit Material von Jam.gg)

Eingefleischte Retrofans schnalzen dennoch mit der Zunge. Jam.gg bietet eine feine Auswahl bester Neo-Geo-Klassiker, belebt außerdem das spielerisch hervorragende „40 Winks“ wieder und bringt mit „Micro Mages“ eines der beliebtesten über Kickstarter finanzierten Spiele für lau auf den Bildschirm.

Reicht dir die Spieleauswahl nicht, kannst du über die „Bring your own Game“-Funktion (zuvor legal erstellte) ROMs und Disc-Abbilder deiner Retrogames in den Online-Emulator laden und zocken.

„Explosive Racing“ gehört zu den Nischentiteln im Aufgebot. (Mit Material von Funcom)

Der Anbieter verspricht, dass für diese sensiblen Dateien jeweils eine eigene virtuelle Maschine läuft, für die du den Zugriff steuerst. Die Emulator-Umgebung läuft demnach nur für dich, es sei denn, du lädst Freunde ein.

Schnelle Registrierung, fummelige Bedienung

Jam.gg gestaltet den Registrierungsprozess einfach: Mail-Adresse und Nickname eingeben, Passwort wählen – fertig. Die Programm-Oberfläche ist auf den ersten Blick ebenso flott wie intuitiv.

Jam.gg Benutzeroberfläche
Es wird bunt! Die grafische Nutzeroberfläche ist stilsicher, manch wichtige Sortier- und Filterfunktion fehlt aber.

Einfach eines der vorgestellten Spiele anklicken, die Schaltfläche zur Raumerstellung drücken oder einem offenen Spiel beitreten und schon kann der Spaß losgehen.

Jedes Spiel kannst du mit Maus und Tastatur oder einem Controller für Nintendo Switch, PlayStation 4/5 oder Xbox One/Series zocken. Da die meisten Titel in den Konsolenfassungen vorliegen, ist der Griff zum Gamepad die beste Option, um die Klassiker zu genießen.

Die technische Umsetzung der ist sauber, Einstellungsmöglichkeiten gibt es jedoch keine. Jam.gg emuliert die Plattformen möglichst nah an der echten Hardware.

PlayStation-Spiele wabern deshalb wie früher über den Screen, N64-Spiele wirken oft verwaschen und niedrig aufgelöst. NES-Klassiker ruckeln, sobald zu viele Figuren auf dem Spielbildschirm auftauchen, SNES-Spiele bleiben grobpixelig.

Jam.gg ist also keineswegs perfekt, sondern bietet einen Trade-off: Du sparst dir die elendige Fummelei vor dem Spielstart, das Programm läuft aber nicht mit allen Optimierungen, wie sie DuckStation, Project 64 und Co. bieten.

Zickige Analog-Controller

Der PS1-Klassiker "40 Winks" auf Jam.gg.
„40 Winks“ leidet unter der miesen Analog-Steuerung. Präzises Rennen und Hüpfen? Gibt es nicht!

Was uns negativer auffiel als die grafische Darstellung, war das zickige Controller-Gebaren mit der Analogstick-Erkennung.

Das äußert sich dann beispielsweise in PS1- und N64-Spielen so, dass die Spielfigur immer nur zentimeterweise in eine Richtung läuft, dann stehen bleibt und wieder ein paar Schritte geht.

Arg ist die Spielsteuerung in den selbst hochgeladenen Spielen. Hier setzt die Controller-Erkennung in vielen Fällen vollkommen aus und klappt es auch mit der vorkonfigurierten Tastatursteuerung eher leidlich. Beide Kontrollschemata geben die Eingaben nur sporadisch weiter. Spielen ist so eine einzige Qual. Ein Neustart schafft häufig, aber eben nicht immer Abhilfe.

Resident Evil 2 im Online-Emulator Jam.gg.
Erst im zweiten Anlauf konnten wir Leon S. Kennedy durch Raccoon City steuern. Die Demo von „Resident Evil 2“ haben wir selbst in Jam.gg geladen. (Mit Material von Capcom)

Jam.gg verspricht vage „Verbesserungen“, derzeit ist die BYOG-Funktion („Bring your own game“) noch in der Beta-Phase. Bis alles rund läuft, haben die Programmierer noch einiges an Arbeit zu bewältigen.

Falsche Prioritäten

Jam.gg möchte mehr sein als nur ein im Browser verfügbarer Spielehub. Ein paar Social-Network-Funktionen gibt es deshalb obendrein. Titel für mehrere Spieler kannst du bequem auf der Couch oder im Online-Duell mit Fremden und Freunden zocken. Mögt ihr euch, vernetzt ihr eure Konten und lade euch zu neuen Partien ein. Das klappt erstaunlich gut und ohne die nervigen Eingabe-Verzögerungen vieler aktueller Games.

Metal Slug auf Jam.gg
Am zweiten Kamera-Fenster rechts zu erkennen: Hier zocken wir eine zünftige Mehrspieler-Partie „Metal Slug“. (Mit Material von SNK und Jam.gg)

Doch hier habe ich persönlich ein wenig das Gefühl, dass sich die Jam.gg-Betreiber verrennen. Online-Koop ist schön und gut, der eingebaute Sprach- und Textchat sind komfortabel. Das sehe ich aber als weiterführende Features an, die – hätte ich etwas zu sagen – in meiner To-Do-Liste weiter unten auftauchen würden.

Prioritäten lägen eigentlich bei der Spielesammlungsorganisation. Favoriten kannst du nicht markieren, die entsprechenden Tags in den Spielekarten sind nicht anklickbar, um ähnliche Titel zu entdecken. Und die BYOG-Funktion scheint immer nur für ein Game reserviert zu sein – wechselst du den Titel, verlierst du den zuvor erreichten Spielefortschritt. Demnach müsstest du wieder von vorn anfangen, kehrst du in das vorherige Spiel zurück.

Fazit: Viel Potenzial für Online-Emulation

Der Ersteindruck ist unterm Strich positiv. Jam.gg beschreitet neue Wege, indem es die Möglichkeiten von Cloud-Gaming auf alte Systeme überträgt. Das alles ist derzeit noch kostenlos und lädt deshalb dazu ein, einfach die ein oder andere Runde in wohliger Nostalgie zu schwelgen.

Die Gratis-Spiele sind fein, eigene Spiele hochzuladen eine sehr schöne Dreingabe. Da du nichts konfigurieren musst, funktioniert Jam.gg im bester Plug-&-Play-Manier.

Gleichwohl sind einige grobe Designentscheidungen und technische Probleme nicht wegzureden. Dass du keine Favoriten anlegen kannst, die Einstellungsoptionen gegen Null gehen und Analog-Controller den Dienst sporadisch verweigern, sind die meiner Meinung nach drei größten Jam.gg-Baustellen.

Jam.gg ist kostenlos im Browser verfügbar. Auch wenn der Analogstick öfter spinnt, ist ein Controller klar empfohlen.

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