Warum die Zeiss ZX1 für mich die innovativste Kamera der Photokina 2018 ist

Zeiss hat auf der Photokina 2018 eine interessante Kamera vorgestellt. Mit Vollformatsensor, Festbrennweite, vor allem aber integrierter Lightroom-App und Share-Möglichkeiten erinnert die Zeiss ZX1 an ein Smartphone, sollte aber erheblich bessere Bilder liefern.

Warum die Zeiss ZX1 für mich die innovativste Kamera der Photokina 2018 ist
Zeiss ZX1

Fotoprofis stehen gerade mit einer Mischung aus Bewunderung und Ratlosigkeit vor dem Zeiss-Stand auf der Photokina 2018 in Köln. Was hat der Objektiv-Experte denn da vorgestellt? Eine eigene Kamera. Und was für eine!

Vollformatsensor, Festbrennweite, WLAN, USB-C

Die Zeiss ZX1 unterscheidet sich mit einer kantigeren Bauweise schon optisch deutlich von anderen Kompakt- oder Systemkameras. Letzteres ist die ZX1 übrigens nicht, denn das 35-mm-Distagon-Objektiv mit Festbrennweite ist fest eingebaut. Anders als bei spiegellosen Systemkameras lässt sich hier das Objektiv also nicht tauschen. Dafür setzt Zeiss auf einen besonders großen Kleinbild-Vollformatsensor, liegt damit also genau im Trend der Photokina 2018.

Zeiss ZX1
Zeiss ZX1

Aber noch etwas ist speziell: Die Zeiss ZX1 verzichtet auf einen Speicherkartenslot. Ähnlich wie bei den heute allermeisten Smartphones ist der Speicher also fest verbaut und in diesem Falle auch nicht aufrüstbar (außer über USB). Zeiss hat ihn mit 512 GB allerdings großzügig ausgestattet. Bilder lassen sich kabellos per WLAN (bis ac), Bluetooth (leider nur 4.1) oder auch USB-C-Kabel auf den Rechner übertragen.

Display größer als ein iPhone SE

Auffällig auch das mit 4,34 Zoll sehr große Touchscreen-Display auf der Rückseite. Nur zur Erinnerung: Das ist so groß, wie vor gar nicht langer Zeit noch Smartphone-Displays waren, größer etwa als das iPhone SE mit dessen 4,0-Zoll-Display. Der Hersteller legt auch Wert darauf, dass sich die Zeiss ZX1 ähnlich bedienen lässt wie ein Smartphone. Trotzdem gibt es zwei mechanische Einstellräder auf der Gehäuse-Oberseite für die Schnellwahl von Verschlusszeit und ISO. Die Blende stellt man direkt am Objektivring ein.

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Interessant wird die Zeiss ZX1 im Hinblick auf die Software. Die Bildbearbeitung Adobe Lightroom CC ist direkt ab Werk vorinstalliert. Bilder lassen sich per WLAN und anderen Apps teilen, ähnlich wie man das vom Smartphone kennt. Welches Betriebssystem hier zum Einsatz kommt oder ob es eine Eigenentwicklung ist, verrät Zeiss hier nicht. Das Konzeptvideo zum Produkt deutet eine Software an, die Android aber nicht unähnlich sieht.

Externes Mikro über USB-C, warum kein Bajonett?

Die Auflösung gibt Zeiss mit 37,4 Megapixeln an, das Gewicht mit rund 800 Gramm. Die Blendenzahl des Objektivs rangiert von f/2-22, die Lichtempfindlichkeit des Sensors von ISO 80 bis 51.200, Verschlusszeit: 30 Sekunden bis 1/8000 sec. Der Akku misst 3.190 mAh, das Gewicht beträgt 800 Gramm. Optische Bildstabilisierung fehlt leider, ebenso wie GPS; 4K-Video lässt sich nur mit 30 fps aufnehmen.

Interessant ist noch der optische Sucher, der mit einem 0,7-Zoll-OLED-Display realisiert wird. Die Maße sind mit 142 x 93 x 46mm für das Gehäuse erstaunlich kompakt. Ein Mikrofon und Kopfhörer sollen sich über USB-C anschließen lassen. Die Zeiss ZX1 soll im Frühjahr 2019 erscheinen; ein Preis ist noch nicht bekannt. Billig dürfte es aufgrund des Vollformatsensors aber nicht werden. Ich rechne mit etwas zwischen 1.500 und 3.000 Euro.

Zeiss ZX1
Zeiss ZX1

Und ich finde die Zeiss ZX1 trotz einiger offensichtlicher Schwächen hochinteressant. Sicher, es wäre schöner gewesen, wenn man an der ZX1 Objektive austauschen könnte oder wenn Zeiss zumindest ein Objektiv mit variabler Brennweite eingebaut hätte. Der Schritt ist sonderbar, zumal Zeiss eine Vielzahl an Objektiven für die Bajonett-Systeme verschiedener Hersteller im Programm hat. Eine optische Bildstabilisierung sollte im Jahr 2018 eigentlich selbstverständlich sein. Das eingebaute Display lässt sich nicht schwenken.

Keine Speicherkarte – na und?

Dass die Zeiss ZX1 auf eine Speicherkarte verzichtet, klingt unüblich. Anderseits: Warum eigentlich nicht? In den meisten Fällen überträgt man die Bilder einer Kamera heute sowieso auf den Rechner oder in die Cloud. Das ginge genauso gut über USB-C oder kabellos. Verwendet man eine falsche Speicherkarte, verlangsamt das den Schreibprozess. Interner Speicher kann da viel schneller arbeiten.

Vor allem aber ist der Schritt mutig, es mit eigener Software und Share-Möglichkeiten auf der Kamera selbst zu versuchen. Bilder direkt auf dem Kamera-Display mit Adobe Lightroom CC (und vielleicht noch anderen Foto-Apps?) zu bearbeiten, sie gleich per Mail zu teilen oder noch auf dem Gerät selber auf Instagram hochladen? Das war etwas, wovor bisher jeder noch aktive Kamerahersteller bis heute zurückgeschreckt ist.

In Erinnerung an Samsungs Galaxy-Kameras

Sollte Zeiss bei der Zeiss ZX1 wirklich auf Android setzen, brächte das natürlich auch große Verantwortung mit. Eine Kamera für mehrere tausend Euro ersetzt man nicht jedes zweite Jahr. Zeiss müsste sie mehrere Jahre lang mit den neuesten Android-Versionen versorgen. Für den Hersteller wäre das ein teures Vergnügen. Einmal abgesehen davon, dass man erst einmal Käufer finden muss, die darauf vertrauen, dass Zeiss diese Updates auch liefern wird.

Zeiss ZX1
Zeiss ZX1

Die Zeiss ZX1 erinnert mich ein wenig an Samsungs Galaxy-Kameras vor einigen Jahren. Auch die waren wie ein Smartphone mit Android ausgestattet und scheiterten letztlich an zwei Dingen: fehlenden Updates und viel zu kleinen Bildsensoren. Zumindest bei letzterem Punkt, der Sensorgröße, macht Zeiss alles richtig. Dass man zusätzlich über das optische Know-How verfügt, kann der Kamera nur zu Gute kommen.

Ich bin skeptisch, dass die Zeiss ZX1 ein Verkaufsschlager wird. Und doch ist es die Kamera, die mir auf der Photokina 2018 gerade am innovativsten erscheint. Zeiss wagt hier mit seiner ersten eigenen Kamera seit Jahren mehr Mut als die etablierten Schwergewichte. Ich bin sehr gespannt, wie das finale Produkt im Frühjahr 2019 aussehen wird, was Tests zeigen werden und natürlich auch: wie erschwinglich die ZX1 wird.

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5 Kommentare zu “Warum die Zeiss ZX1 für mich die innovativste Kamera der Photokina 2018 ist

  1. Mutiger Schritt von Zeiss. Als ambitionierter Hobby Fotograf (Portrait) habe ich mich jetzt nicht über die Festbrennweite gewundert…liefert eine solche doch Erfahrungsgemäß die in der Schärfe knackigsten Bilder. Das man das Objektiv jedoch nicht tauschen kann – von mir aus auch „nur“ auf weitere verschiedene Festbrennweiten finde ich sehr gewagt. Sehe es ebenso wie der Autor was den „Verkaufsschlager“ anbelangt. Empfinde auch das die eingebaute RAW Konvertierung die Verbreitung mit entsprechender Stückzahlen behindern könnte. Nicht das der Konverter Lightroom schlecht wäre, aber meine Präferenz in der Konvertierung ist Phase One Capture One und ich denke das sehen viele Fotografen ähnlich. Das quasi „mitkaufen“ des eingebauten Lightrooms im Hinblick auf die Niederschlagung des Kaufpreises wäre für mich keine Option. Ich nehme an, die Kamera kann aber auch die RAW Dateien ausgeben!? Softwareupgrades…die dann vielleicht nach ein paar Jahren nicht kommen ist ein weiterer Punkt die mich vom Kauf abschrecken würden. Sollte die Kamera allerdings eine Bildqualität liefern, die man sonst nur aus dem Mittelformat bei vergleichsweise günstigerem Preis kennt, könnten alle o.g. Kritikpunkte in den Hintergrund treten.

  2. Eine sehr gute, fundierte Beurteilung der Zeiss ZX1 Kamera – auch ihrer Chancen auf dem Markt. Ein Balanceakt zwischen digitaler Kamera und Smartphone. Kleine Anmerkung: Die erste digitale Kamera von Zeiss, das digitale Kamera-Okular DC4 zur Verwendung mit Zeiss Diascope Spektiven wurde auf der Photokina 2006 gezeigt. 1000 Exemplare wurden hergestellt.

  3. Der Artikel fasst die Chancen und Risiken für die Kamera gut zusammen.
    Zwei Punkte sehe ich jedoch anders: Zum einen halte ich die Preisschätzung für hoffnungslos optimistisch. Ich denke, die angegebene Obergrenze wird nicht ausreichen, für weit unter 4.000 Euro wird die Kamera sicher nicht in den Handel kommen.
    Das andere Problem sehe ich in den fotografischen (nicht fototechnischen) Grundlagen: Das Bedienkonzept sieht ebenso wenig zu Ende gedacht aus wie die äußere Form. Die drei fest belegten Räder erlauben keine wirklich schnelle Reaktion auf veränderte Lichtbedingungen. Dafür bräuchte man mindestens noch ein weiteres, frei belegbares Rad. So wird man öfter, als es einem lieb ist, auch zum Aufnehmen das Touch-Interface bemühen müssen. Damit bekommen die Räder eher dekorativen Charakter.
    Und bei allem Verständnis für den Wunsch nach einer moderne Gehäuseform: Gut greifbar sollte es bleiben. Daran habe ich allerdings noch gravierende Zweifel. Schon im Promovideo sieht die Haltung eher verkrampft aus, es fehlen wichtige Griffhilfen im Daumenbereich und die Form der vorderen Ausbuchtung wirkt auch wenig hilfreich. Wenn Zeiss schon die größte Kompaktkamera des Fotomarkts baut, sollte sie wenigstens gut in der Hand liegen.
    Hoffen wir, dass ich möglichst weitgehend falsch liege. Zeiss adressiert mit der Kamera wichtige Punkte und es wäre Ihnen diesbezüglich Erfolg zu wünschen.

    Viele Grüße,
    Sebastian

  4. Gaaaaanz tolles Design!!!Kompliment!!!
    Verkauft sich aber nicht-garantiert!
    Warum nicht?
    Konzipiert für schnellen Upload in den Social medien- Warum dann 37 MP Sensor????Braucht es nicht für die
    diese Medien!!!
    Lightroom, na ja….gibt es bessere Möglichkeiten einer deutlich schnelleren Bearbeitung z.B. AcdSee-nondestruktiv im JPG!.
    Ich arbeite seit Jahren damit und finde Lightroom einfach zu kompliziert und zu langsam! Egal-das ist ein anderes Thema.
    Objektiv : 35mm F 2.0-Hallo???
    In Zeiten des totalen Hypes um Freistellmöglichkeiten im Foto ein Objektiv mit F2.0 -anstatt mit F1.2 herauszubringen-fatal!! Zeiss könnte dies mit Sicherheit!! Gerade bei 35mm ist F2.0 ein fataler Fehler!
    Die nicht vorhandene Möglichkeit, ein Objektiv zu wechseln stört mich nicht einmal besonders.
    Aber, dann möchte ich ein deutlich lichtstärkeres Objektiv. Kostet diese tolle Kiste mit Sicherheit 3-4 T Euro! Aber auch , wenn sie „nur“ 1500 Euro kosten würde, wäre mir das zuviel.
    Schade eigentlich, denn das Design ist zeitgemäß, aber ich glaube nict, dass sich diese Kamera auch nur ansatzweise verkaufen wird. Schade, sehr schade. Das Design ist super!!

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