Kaum, dass die eKFV inkraftgetreten ist, sind die erste Sharing-Dienste dabei, die Innenstädte mit E-Tretrollern auszustatten. Allein in Berlin sind acht solcher Unternehmen aktiv. Wir haben uns die ersten Angebote angesehen.
Wir haben aus der Vielzahl an bereits engagierten und zukünftigen Anbietern jene rausgepickt, denen wir eine gewisse Durchsetzungskraft am Markt zutrauen oder die interessante Konzepte bieten. Da einige dieser Angebote noch nicht final sind, aktualisieren wir sie, sobald die Details bekanntgegeben sind.
Wer mischt beim Scooter-Verleih mit?
Große Namen sind unter den Verleih-Startups: Die Daimler AG und BMW (mit Hive), die Holtzbrinck-Gruppe (mit Bird) oder IBM (mit E-Floater) investieren viel Geld in die Sharing-Dienste. Ein Blick auf Startup-Investitionen lässt erahnen, wie viel Potential E-Scooter haben. Von „mickrigen“ 70 Millionen Euro, die Voi aus Schweden einsammelte, bis hin zu über 800 Millionen US-Dollar für Bird aus den USA reicht die Kapitalisierung.
Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass zunächst Startups ohne Ende aus dem Boden schießen, um am Ende eines harten Verdrängungswettbewerbs nur eine Handvoll Unternehmen übrig zu lassen. Für euch als Kunden ist das zunächst positiv: Die Preise sind niedrig, die Anbieter verbessern ihre Services kontinuierlich. Und sollte eines der Unternehmen eine größere Stadt sträflichst vernachlässigen, ist es wahrscheinlich, dass die Konkurrenz in diese Lücke hineinstößt.
All das ist vor allem dann perfekt, wenn ihr mit einem Scooter-Kauf liebäugelt. In einem anderen Artikel haben wir euch gezeigt, welche E-Scooter bereits oder zeitnah für den Straßenverkehr zugelassen werden.
Wie viel kostet eine Scooter-Ausleihe?
Die meisten Anbieter setzen auf ein Free-Floating-Modell. Das heißt, dass ihr die E-Tretroller im Stadtgebiet mieten und abstellen könnt. Ähnlich wie beim florierenden Bike-Sharing wird pro Fahrzeugaktivierung 1 Euro fällig. Statt in Kilometern, rechnen die meisten Anbieter 10 bis 15 Cents pro Minute ab.
Um eine Versicherung müsst ihr euch keine Gedanken machen. Die Versicherungsplaketten sind an jedem Leih-Scooter angebracht und das Fahrzeug im Schadensfall abgesichert. Auf was ihr als Privatanwender außerdem achten solltet, zeigen wir euch in den wichtigsten Fragen und Antworten zu E-Scootern.
Lime: Europa-Marktführer mit hohem Komfort
Nach eigenen Angaben ist Lime der in Europa führende Sharing-Dienst für E-Scooter. In 23 Ländern bzw. 100 Städten ist das Unternehmen aktiv. Zum eKFV-Start stellte das Unternehmen 250 Scooter in Berlin bereit, die im sogenannten S-Bahn-Ring zu finden sind. Auch in der Kölner Innenstadt sind die Roller bereits losgelassen. Weitere Städte sollen alsbald folgen.
Nicht verwundern sollte euch, dass ihr in der Lime-App neben den Rollern auch Pedelecs findet. Denn mit diesen ist das Unternehmen in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Ein flottes Wachstum erwartet Lime in den kommenden Monaten, wenn das Unternehmen nach und nach die deutschen Großstädte mit E-Rollern versorgt.
Anders als bei der Konkurrenz könnt ihr direkt bei Lime anheuern. Als sogenannter Juicer pflegt ihr die Roller oder ladet sie auf. Dafür verspricht das Unternehmen einen Verdienst von bis zu 100 Euro pro Tag. Das dürfte aber nur ein Maximalwert für Vollzeitarbeit sein.
Unternehmen | Lime |
Aktive Städte | Berlin, Hamburg, Köln |
Aktivierungsgebühr | 1 € |
Kosten | 0,15 €/Min. (9 €/Std.) |
Besondere Services | Reichweitenangabe, akustisches Signal zur Fahrzeugfindung, verschiedene Modelle einschließlich Pedelecs, Geld verdienen durch Aufladen der Scooter, Gratis-Freischaltung für jede Neukunden-Empfehlung |
Bezahlmöglichkeit | Kreditkarte, PayPal (nach Aufladung mit 5 Euro) |
Lime-App für Android | Lime-App für iOS
Tier Mobility: Von Bus und Bahn auf den Roller
Tier Mobility ist ein junges Berliner Startup mit prominenter Gründerriege. Ehemals wichtige Köpfe von Lieferando, Rebuy und Coup haben dem Scooter-Verleih ein solides Fundament bereitet. Denn statt wahllos die Roller in die Stadtkulisse zu stellen und auf Kundschaft zu hoffen, kooperiert Tier mit öffentlichen Verkehrsbetrieben und Verleihgiganten wie Sixt.
Die Münchner Verkehrsgesellschaft wird ab Oktober 2019 die Tier-Roller in der eigenen App anzeigen, in Berlin wird dies über Jelbi bereits im Juli möglich sein. Ab dann verteilt Tier Mobility in München die ersten 1.500 Leihroller. Zwischen 50 bis 100 deutsche Städte sollen bis Ende dieses Jahres folgen.
Erste Erfahrungen sammelte Tier Mobility im Scooter-freundlichen Wien.
Unternehmen | Tier Mobility |
Geplante Städte | Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Düsseldorf, Köln, Bonn, Münster |
Aktivierungsgebühr | 1 € |
Kosten | 0,15 €/Min. (9 €/Std.) |
Besondere Services | Kooperationen mit Münchner Verkehrsgesellschaft und den Berliner Verkehrsbetrieben, Freifahrt für jeden geworbenen Neukunden |
Bezahlmöglichkeit | Kreditkarte |
Tier-App für Android | Tier-App für iOS
Voi: Utopieverliebte Schwedenroller
Für Voi ist das Verleihgeschäft nur ein weiteres Standbein. Die Schweden begannen mit dem Bau von Lasten- und Fahrräder. Dass E-Scooter nun als weiteres Geschäftsfeld dazukommen, liegt in der Firmenphilosophie begründet. Voi möchte mit intelligenter Software den Verkehrsfluss der Metropolen erfassen und zusammen mit Stadtentwicklern optimieren.
Ein hehres Ziel, welchem Voi mit dem Leihmodell Voiager1 näher kommen möchte. Zum Start versorgt Voi 30 deutsche Städte mit den Rollern. Welche Städte das sein sollen? Fast unbekannt. Lediglich Lübeck gab zum Redaktionsschluss eine Kooperation mit Voi bekannt.
Unternehmen | Voi |
Geplante Städte | 30 deutsche Städte, Lübeck als Kooperationspartner präsentiert |
Aktivierungsgebühr | 1 € |
Kosten | Noch nicht festgelegt |
Besondere Services | Kooperationen mit Lübeck, Scooter sollen Verkehrsfluss analysieren und Daten bereitstellen, um Verkehr zu verbessern |
Bezahlmöglichkeit | Kreditkarte, Paypal |
Voi-App für Android | Voi-App für iOS
Hive/Freenow: Schwarmintelligenz unter einem guten Stern
Über zwei Ecken ist Hive mit dem Mercedes-Konzern und BMW verbunden. Den beiden Auto-Giganten gehört MyTaxi, und MyTaxi wiederum hat Hive akquiriert. Der Sharing-Dienst wird jedoch bald von der Bildfläche verschwinden und dann mit MyTaxi zusammen als Freenow firmieren. Ihr kommt noch mit?
Nicht so schlimm, wenn nicht. Denn das leuchtende Gelb bleibt den E-Scootern erhalten. Das wurde zum Aushängeschild in bislang fünf europäischen Hauptstädten, in denen Hive vertreten ist. Hierzulande sind die Roller erst in einem Testlauf auf den Unigeländen in Hamburg und München in Umlauf. Im Laufe des Jahres erschließt Hive dann die ersten Innenstädte. Erster, so das Startup, müsse man nicht sein, sondern ein rundum gutes Paket auf die Beine stellen.
Dafür sollte das Unternehmen den eigenen Webauftritt unbedingt überarbeiten. Gerade die hive-FAQ wirkt, als sei sie auf die Schnelle ins Deutsche übersetzt worden. Buchbar seien die Scooter zum Start in der gleichen App wie die Taxis, so BMW und Mercedes.
Unternehmen | Hive |
Geplante Städte | Keine Angabe |
Aktivierungsgebühr | 1 € |
Kosten | 0,15 €/Min. (9 €/Std.) |
Besondere Services | Einbindung in die myTaxi-App |
Bezahlmöglichkeit | Kreditkarte |
Circ: So schnell kann es gehen
Circ nannte sich bis Anfang Juni 2019 Flash und auch dessen Internetadresse verweist noch auf den „alten“ Firmennamen. Ob nun Flash oder Circ, das Unternehmen zeigt sich umtriebig. In sieben Ländern und 26 Städten ist es bereits als Scooter-Verleih engagiert.
Schon am 17. Juni 2019, nur zwei Tage nach dem plötzlichen Inkrafttreten der eKFV, startete Circ in Berlin sein Geschäft. Möglich machte dies eine Sondergenehmigung, dank derer Circ so schnell wie kein anderer Verleih seine Roller auf die Straße brachte.
Berlin soll nur der Anfang sein. Noch bis Ende des Jahres sollen Circ-Scooter in 80 Städten und Gemeinden zu finden sein. Um nahtloses Umsteigen vom öffentlichen Personennahverkehr auf die Roller zu gewährleisten, ist Circ im Internationalen Verband für öffentliches Verkehrswesen (UTIP) und dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen assoziiert.
Es liegt also nahe, dass Circ ähnlich wie Tier Mobility verstärkt mit kommunalen Verkehrsbetrieben zusammenarbeiten will. Für Nutzer sind kleinere Features des Leihscooters reizvoll. Der Kaffeebecherhalter etwa. Eine Spielerei, die in Berlin aber vor allem die Coffee-Lounge-Besucher begeistern soll.
Ohne Kreditkarte läuft allerdings nichts. Besitzt ihr keine, habt ihr nicht einmal die Möglichkeit, die Standorte der E-Scooter zu checken. Ärgerlich, denn durch alternative Zahlmethoden wie PayPal würde Circ seinen Service für viel mehr Nutzer attraktiver machen.
Unternehmen | Circ |
Aktive und geplante Städte | Berlin; Start des Angebots in 80 Städten bis Ende des Jahres |
Aktivierungsgebühr | 1 € |
Kosten | 0,15 €/Min. (9 €/Std.) |
Besondere Services | Kaffeebecherhalter; erstmalige Erstattung der Grundgebühr und 20 Minuten Freifahrt bei Erstregistrierung |
Bezahlmöglichkeit | Kreditkarte |
Bird: Hoch fliegende Hoffnungen
Ein interessanter Anbieter ist Bird. Im Gegensatz zur Konkurrenz will das US-Unternehmen auch Monatsabos anbieten. Zu welchem Preis, bleibt ebenso schleierhaft wie der Marktstart in Deutschland. In welchen Städten die E-Vögelchen anzutreffen sind, verrät Bird nicht.
Als Leihfahrzeuge stünden euch nach Marktstart ein intern entwickelter Scooter und der Bird Cruiser zur Verfügung. Letzterer ist kein Trittroller, sondern im weitesten Sinne ein Sitzroller mit Elektroantrieb. Hierzulande sind die Vorgaben dank eKFV klar umrissen. In der Heimat sieht es dagegen anders aus. Bird musste zuletzt massive Eingeständnisse machen, um weiterhin Leih-Roller anbieten zu dürfen. Dazu gehört die kostenlose Bereitstellung von Helmen und die Drosselung der Höchstgeschwindigkeit.
Ein baldiger Start hierzulande ist recht wahrscheinlich, da die deutsche Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck viele Millionen Euro investiert hat. Für euch als Nutzer würde ein Start insofern einen Mehrwert bieten, als dass die Bird-Fahrzeuge einen deutlich robusteren Eindruck hinterlassen und das Monatsabo den Markt in Bewegung versetzen dürfte.
Unternehmen | Bird |
Geplante Städte | Keine konkreten Angaben |
Aktivierungsgebühr | Noch keine Angabe |
Kosten | Noch keine Angabe, Monatsabo wahrscheinlich |
Besondere Services | Zwei sehr unterschiedliche Modelle (Scooter, Sitzroller), Monatsabo |
Bezahlmöglichkeit | Noch keine finale Angabe |
Bird-App für Android | Bird-App für iOS
E-Floater: Die hanseatische Antwort auf E-Scooter
Von der Hansestadt Hamburg aus möchte E-Floater den Verleihmarkt erobern. Das Unternehmen ist kein klassisches Startup, sondern ein mittlerweile etabliertes mittelständisches Unternehmen. Drei Jahre investierte eine Gruppe um Firmengründer Oliver Risse, um einen eigenen Roller zu entwickeln.
Die größte Besonderheit sind die insgesamt drei Räder. Das Fahrzeug fährt also stabiler als die üblichen Scooter. Das hilft Neulingen, um sich tatsächlich auch auf das Rollbrett zu trauen. Ein anderer Unterschied: Die Leihscooter sind über eine Web-basierte App verfügbar – unabhängig eures Smartphone-Betriebssystems könnt ihr auf das Verleihangebot zugreifen.
Bislang sind nur zwei – laut Seite kostenlos verfügbare – Scooter im Hafen geparkt. Heißt: Noch ist der Service nicht gestartet, im Sommer soll es jedoch so weit sein. Dann, wenn der E-Floater eine offizielle Zulassung erhält.
Unternehmen | E-Floater |
Geplante Städte | Keine konkreten Angaben, erste Scooter in Hamburg |
Aktivierungsgebühr | Noch keine Angabe |
Kosten | Noch keine Angabe |
Besondere Services | App über Webbrowser aufrufbar, Fahrzeug mit drei Rädern |
Bezahlmöglichkeit | Noch keine Angabe |