E-Scooter Kumpan 1950 ausprobiert: Es rollt so schön

Der Kumpan 1950 ist der wohl schönste E-Scooter im Retro-Design, der jemals erfunden wurde. Wir haben getestet, ob sich darauf auch gut fahren lässt, und sind nicht enttäuscht worden.

E-Scooter Kumpan 1950 ausprobiert: Es rollt so schön
E-Scooter Kumpan 1950

In meiner kleinen Reisereportage habe ich es bereits aufgeschrieben: Ich fuhr mit einem Kumpan 1950 am Rhein entlang rund 30km von Remagen nach Bonn. Nur im letzten Stückchen ging der Akku in die Knie.

Und hier hätten wir gleich das erste nennenswerte Detail: Hersteller Ebility gibt für den Kumpan 1950 bis zu 40km Reichweite an (ein stolzer Wert übrigens!). Auf dem schon mehrfach genutzten Testroller, den ich bekam, war die Reichweite des Akkus auf etwa 30km gesunken. Darauf wies mich der Hersteller vorab hin. Ihr müsst also, wie bei anderen Scootern auch, von einer leichten Rückläufigkeit der Reichweite ausgehen. Selbst 30 km sind für einen E-Scooter aber noch vergleichsweise viel.

Liegt sehr tief, fährt sich fantastisch

Gleich als ich den Roller abholte und damit bei Werk von Ebility vom Huf fuhr, schrammte ich beim Herunterfahren mit dem Ständer leicht an der Bordsteinkante entlang. Der Kumpan 1950 liegt sehr tief und selbst niedrige Bordsteinkanten sind für ihn schon etwas zu hoch. Bremst in dem Falle lieber leicht ab und hebt den Roller über den Bordstein, sonst setzt es Schrammen am Ständer.

Kumpan 1950 von unten: sehr tief gelegt
Kumpan 1950 von unten: sehr tief gelegt

In der Praxis schränkte mich das nur ein wenig ein. Allerdings fuhr von da an bei jeder Bodenwelle ein wenig die Angst mit. Bei niedrigen Bodenwellen zum Glück umsonst. Bei großen lief ich es gar nicht erst drauf ankommen.

Der Kumpan 1950 fährt sich fantastisch. Er beschleunigt dynamisch und schnell, und besonders schön ist, dass ihr mit dem rechten Griff Gas gebt. Das heißt, wenn ihr dauerhaft beschleunigt, haltet ihr einfach den Gasgriff gedreht, was kaum Kraft kostet und weniger anstrengt als Modelle, bei denen ihr einen Knopf oder Hebel die ganze Zeit betätigen müsstet.

Gasgriff des Kumpan: Hiermit beschleunigt ihr
Gasgriff des Kumpan: Hiermit beschleunigt ihr

Jedoch: Der Kumpan 1950 kennt im Grunde nur Vollgas. Wenn ihr mal langsam anfahren oder auf Schleichfahrt neben eurer Begleitung zu Fuß herfahren wollt, wird das schon schwierig. Positiver ausgedrückt: Der Kumpan gibt immer alles. Auf ebener Strecke sogar mitunter ein klein wenig mehr als die versprochenen 25 km/h.

Es gibt allerdings noch den Modus des unterstützenden Fahrens. Hierbei dreht ihr nicht am Griffbrett und nutzt den Scooter wie einen Tretroller. Der Kumpan unterstützt dann die Fahrt mit ein wenig Leistung, ähnlich wie das bei einem E-Bike funktioniert. Ich muss allerdings gestehen, da bei meinen Testfahrten keinen nennenswerten Unterschied zum vollmechanischen Rollen bemerkt zu haben.

Fahren im Sitzen: Gewöhnungsbedürftig, aber dann sehr bequem

Für die 25 km/h benötigt ihr ein Mofa-Kennzeichen und einen Helm. Das kann durchaus schick aussehen, macht euch im Alltag allerdings schon wieder ein kleines bisschen weniger flexibel. Zumal der Roller keine Aufbewahrungsbox hat und ihr den Helm mitnehmen müsst. Mal eben schnell zum Einkaufen fahren, ist also gar nicht so praktisch wie mit den neuen E-Scootern, die ihr bis 20 km/h ohne Helm fahren dürft.

Schicker Sitz des Kumpan 1950 Street.
Schicker Sitz des Kumpan 1950 Street.

Auf dem eingebauten Ledersessel könnt ihr auch im Sitzen fahren. Hierbei müsst ihr beachten, dass ihr weit zurückgelehnt seid und dabei weniger Kontrolle über den Lenker habt. In meinen Testfahrten hatte ich anfangs einige Schwierigkeiten, im Sitzen gerade die Spur zu halten, ohne ins Schwanken zu kommen. Aber auch das braucht, wie so vieles, nur ein wenig Gewöhnung.

Beim Fahren im Sitzen habt ihr deutlich weniger Windwiderstand. Ihr fahrt bei Gegenwind also ein klein wenig schneller und der Akku hält länger durch, was gerade für längere Fahrten interessant wird.

Kein Motor mehr, aber immer noch Licht

Ebility hat den Kumpan 1950 mit einer Lichtanlage und einer Klingel ausgestattet. Letztere ist – etwas ungewöhnlich – rechts statt links Lenkstange untergebracht. Das höhenverstellbare Vorderlicht leuchtete bei Nachtfahrten den Weg gut aus. Praktisch: Selbst wenn der Akku eigentlich leer ist und ihr den Kumpan schieben oder tretrollern müsstet, ist oft immer noch etwas Restenergie für die Lichtanlage da.

Das Licht schaltet sich beim Start des Rollers automatisch ein und brennt nach Ende einer Fahrt für 5 Minuten nach. Separat ein- und ausschalten könnt ihr es, ebenso wie den Motor, wenn ihr den Ein-Aus-Schalter länger gedrückt haltet.

Ladestand in Prozent
Ladestand in Prozent

Als einzige Digitalanzeige hat der Kumpan unten auf dem Trittbrett den Akkustand angebracht. Der ist praktischerweise in Prozent angegeben und lässt sich so genau skalieren. Eine Fahrt beginnt mit ihr mit einem Druck auf die Einschalt-Taste direkt dahinter. Die Beschleunigung schaltet ihr über einen weiteren Kippschalter rechts an der Lenkstange hinzu. Der Kumpan 1950 schaltet sich nach 5 Minuten Inaktivität von selbst aus.

Fährt auch als Tretroller

A propos: Ist der Akku leer, bedeutet das nicht, dass der Kumpan 1950 sich nicht mehr bewegen lassen würde. Ihr könnt den Roller immer noch schieben oder – und hier wird’s interessant – ihn mit reiner Muskelkraft als Tretroller benutzen. Letzteres habe ich auf einer Nachtfahrt für 7 Kilometer recht erfolgreich erprobt. Der Roller läuft dabei sehr leicht, ich brachte auf ebener Strecke Geschwindigkeiten zwischen 13 und 17 km/h zustande. Natürlich seid ihr am Ende der Fahrt dabei weit mehr aus der Puste als mit einer Elektrofahrt.

Rücklicht und Nummernschild
Rücklicht und Nummernschild

Im normalen Modus fährt der Kumpan 1950 von alleine in der Theorie bis zu 25 km/h schnell. In der Praxis waren es auch auf ebener Strecke manchmal ein klein wenig mehr – 25 bis 28 km/h. Ging es leicht oder steiler bergab, kommt ihr natürlich auch locker auf über 30 km/h. Wenn ihr sicher fahren wollt, geht ihr dabei ein wenig in die Knie, bildet mit euren Armen ein Dreieck und haltet den Lenker ein wenig auf Spannung.

Geht es bergauf, reduziert sich die Geschwindigkeit des Kumpan auf deutlich unter 20 km/h. Ihr könnt dann gerne mit dem Fuß ein wenig nachhelfen, mitrollern und ihm so ein wenig Unterstützung geben. Das müsst ihr ohnehin, wenn ihr den Kumpan startet: Der Roller startet erst, nachdem ihr ein- bis zweimal angetreten habt.

Dürfte auch gerne noch etwas schneller sein

Für das Fahrerlebnis sind die 25 km/h theoretische Maximalgeschwindigkeit übrigens ein zufriedenstellender Wert. Ich habe so manchen Radfahrer damit einfach stehen lassen, mir gerade auf langen Strecken aber schon hin und wieder gewünscht, zumindest zuweilen noch 5 bis 10 km/h mehr aus dem Gefährt herausholen zu können, wie das etwa mit einem Fahrrad oder E-Bike möglich ist.

Berg und Tal: Alles geht mit einem E-Scooter
Berg und Tal: Alles geht mit einem E-Scooter

Trotzdem: Die gut 5 km/h, die der Kumpan mehr erreicht als ein eKFV-konformer E-Scooter, machen sich in meinen Augen schon bezahlt. Wunderbar war auch das Stehen auf dem großzügig breiten Trittbrett. Hier hat Ebility im Vergleich zu vielen E-Scooter-Wettbewerbern nicht gespart. Wobei ein Scooter der Verleihfirma Tier bei einer Stichprobe allerdings die Nase vorne hatte, war bei einer Bergauffahrt. Der auf 20 km/h begrenzte Scooter lieferte selbst bei dieser Schikane beachtenswerte 20 km/h und hätte den Kumpan hier locker abgehängt.

Fahrt vorbei: Wohin jetzt mit dem Helm?

Auch die Handhabung eines eKFV-konformen E-Scooters geht ein wenig über die des Kumpan hinaus. Ein eKFV-konformer E-Scooter ist nicht selten noch etwas leichter zu transportieren als der Kumpan und ihr braucht keinen Helm für seine Nutzung.

Über ein Schloss verfügt der Kumpan 1950 übrigens nicht. Ihr müsst ihn mit einem Fahrradschloss vor Langfingern schützen.

Was selbst Kritiker am Kumpan 1950 zugeben müssen: Er ist wunderschön. Den Namen hat er nicht umsonst. Das Retro-Design ist bewusst an Designs der 1950er-Jahre angelehnt. Egal ob in schwarz oder in weiß – wie in meinem Test – es war eine Freude, ihn nur anzugucken. Nicht nur für mich, das sei gesagt. Ich bekam viele Komplimente für „meinen“ Scooter und bemerkte oft, wie sich Menschen auf der Straße danach umdrehten oder bewundernd guckten.

Solide Bauteile, gute Verarbeitung

Auch die Verarbeitung ist in meinen Augen tadellos. Wie oben bereits beschrieben: Ich war längst nicht der erste, der auf diesem Testgerät schon unterwegs war. Schrammen gab es keine, Ermüdungserscheinungen an Bremsen und Kabeln ebensowenig. Lediglich das Trittbrett wies leichte Abnutzungserscheinungen auf. Der Lenker hat beim Fahren ein klein wenig Spiel, aber das wirkt in Form einer leichten Federung gar nicht einmal nachteilig.

Scheibenbremse
Scheibenbremse

A propos: eine eigene Federung hat der Kumpan im Grunde nicht. Die Reifen sind, wie bei einem Fahrrad luftgefüllt. Das Fahrerlebnis war dadurch nicht getrübt. Mir wäre die fehlende Federung gar nicht aufgefallen, hätte mein Formalienkatalog nicht danach gefragt. Natürlich macht eine Fahrt auf Kopfsteinpflaster mit einem Kumpan wie mit einem gefederten Leihscooter wenig Spaß. Allerdings machte der Kumpan auch die eine oder andere Fahrt über eine Schotterpiste oder einen Feldweg klaglos mit.

Ständer und Klappmechanismus des 1950
Ständer und Klappmechanismus des 1950

Wenn ich überhaupt eines der Bauteile leicht kritisieren würde, dann den zweistufigen Ständer. Ausgeklappt steht der Roller damit sicher, ihn wieder einzufahren ist dafür eher vertrackt. Auch das doch recht hohe Gewicht von 16 Kilogramm macht den Scooter auf die Dauer etwas weniger gut transportabel. Was ein wenig auch seiner sehr tiefen Bauweise geschuldet ist.

Wiederaufladen? Nur an einer nahegelegenen Steckdose

Während meines Tests parkte der Kumpan bei mir im Garten auf dem gemeinsam genutzten Fahrradständer des Mietshauses. Um ihn dorthin zu bekommen, musste ich ihn zunächst eine Stufe am Eingang hochheben, dann durch das Erdgeschoss schieben und an der Hintertreppe wieder hinunter tragen. Ihn in den 3. Stock in meine Wohnung zu schleppen, wäre angesichts seines Gewichts nicht wirklich eine Option gewesen.

Ladegerät des Kumpan, Ladekabel und ein Fahrradschloss
Ladegerät des Kumpan, Ladekabel und ein Fahrradschloss

Ich probierte, den Kumpan 1950 ökologisch an einer 100-Watt-Solarzelle wieder aufzuladen, aber: keine Chance. Zwar weist der Akku 36 Volt und 2 Ampere Ladespannung aus, tatsächlich lieferte das Ladegerät aber 42 Volt und 3 Ampere, also 126 Watt. Über den Umweg meiner stärksten Powerbank (alleine mit Solarstrom vollgeladen), konnte diese den Akku des Kumpan mit 28 Prozent Ladung unterstützen, bevor sie sich verabschiedete. Von da an lud ich den Akku des Scooters nur noch über die Steckdose für meine Waschmaschine im glücklicherweise angrenzenden Waschkeller.

Immer im Blick: Die Akku-Anzeige. Daneben: Ladestecker für Akku oder (links) Smartphone
Immer im Blick: Die Akku-Anzeige. Daneben: Ladestecker für Akku oder (links) Smartphone

Die Ladebuchse für den Akku befindet sich vorne am Trittbrett. Als kleines Schmankerl hat Ebility daneben sogar eine USB-Buchse eingebaut, an der ihr euer Smartphone laden könnt. Das während der Fahrt zu tun, klingt für mich nicht nach einer guten Idee; ausprobiert habe ich es nicht.

Hält auch Regen und ein wenig Frost stand

Gewünscht hätte ich mir, dass sich der Akku herausnehmen und in der Wohnung an der Steckdose aufladen lässt. Hier gehe ich aber davon aus, dass die Konstruktion mit einem wechselbaren Akku im Rahmen des linienförmigen Designs nicht ohne Weiteres möglich gewesen wäre.

Viel trockenes Wetter im Sommer 2019, aber der Kumpan würde auch eine Regenfahrt überstehen.
Viel trockenes Wetter im Sommer 2019, aber der Kumpan würde auch eine Regenfahrt überstehen.

Was ich „gerne“ noch getestet hätte, wäre eine Fahrt bei Regen. Aber tatsächlich prasselte während der Dauer meines Tests kein Tropfen hinunter. Ich gehe aber ohnehin davon aus, dass bei schlechtem Wetter kaum jemand mit einem Roller fahren mag. Er wird dann einfach im Keller oder der Garage stehen bleiben und die Halterin oder der Halter wird ihn, wie ein Cabrio, nur bei gutem Wetter fahren wollen.

Mit Schutzblechen immerhin ist der Kumpan ausgestattet, und das Trittbrett ist mit Schleifstein verstärkt, der auch bei Feuchtigkeit festen Halt bieten sollte. Ebility schreibt dazu in der Bedienungsanleitung:

Bei längeren Regenfahrten sowie nach der Rollerreinigung kann durch Feuchtigkeit die Bremsanlage verzögert ansprechen. Deshalb sollten die Bremsen bei Regenfahrten öfters vorsichtig betätigt und nach der Rollerreinigung an einem verkehrssicheren Ort vorsichtig „trockengebremst“ werden, damit eine einwandfreie Bremswirkung gewährleistet ist.

Ebility gibt als niedrigste Betriebstemperatur -5° Celsius an. Im allertiefsten Winter werdet ihr also Probleme haben, mit dem Roller zu fahren.

Trittbrett des Kumpan 1950: breit und rutschfest
Trittbrett des Kumpan 1950: breit und rutschfest

So schlank und klein der Kumpan 1950 wirkt: In voller Größe transportieren lässt er sich so einfach nicht. Aufgestellt und mit Spiegel nimmt er einen wuchtigen Umfang ein. Noch vor vollständigem Lesen der Gebrauchsweisung am ersten Tag meiner Fahrt scheiterte der Versuch eines Zusammenbaus und der Mitnahme im Auto eines Freundes. Der Kumpan lässt sich jedoch über die beiden Schnellspanner, die auch den Ständer beherbergen, schnell zusammenklappen und dann deutlich platzsparender verstauen.

Bei einem platten Reifen, legt Ebility der/dem NutzerIn nahe, ihn durchaus mit Fahrradflickzeug von Hand zu reparieren (wo möglich) und sonst eine Zweiradwerkstatt aufzusuchen.

Fazit

Nicht alles am Kumpan 1950 ist perfekt. Die niedrige Fahrzeughöhe erlaubt es euch auch nicht, über flache Bordsteine zu fahren. Das Gewicht macht den Transport etwas schwer. Schade ist, dass sich der Akku nicht herausnehmen lässt.

Kumpan 1950: ein feines Stück Technik
Kumpan 1950: ein feines Stück Technik

Davon abgesehen überzeugt der E-Scooter im Test voll und ganz. Er ist nicht nur todschick, es fährt sich darauf auch sehr angenehm und durchaus flott. Die Verarbeitung ist solide, die Technik zuverlässig, der Akku mit – ideal – 40km Reichweite und – real – immer noch 30km erstaunlich ausdauernd. Kurz gesagt: ein feines Stück Technik.

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