Smartwatch oder Fitnesstracker? Ein Erfahrungsbericht

Ihr wollt mit dem Sport anfangen und fragt euch, ob ihr eine Smartwatch oder einen Fitnesstracker nutzen sollt? Wir haben beide Geräte parallel getestet und verraten euch, was wir empfehlen würden.

Smartwatch oder Fitnesstracker? Ein Erfahrungsbericht

Einen Grund, mit dem Sport anzufangen, gibt es ja immer. Zu viele Kilos auf den Rippen, einfach für mehr Ausdauer strampeln oder generell etwas kräftiger werden. In meinem ganz persönlichen Fall ist es eine chronische Lungenerkrankung, um die ich mich kümmern sollte. Oder muss, sagen die Ärzte. Es führt also kein Weg dran vorbei.

Das Training in einem Fitnessstudio mit Coach kann schnell ins Geld gehen. Also entschloss ich mich, Eigeninitiative zu ergreifen. Aber ganz ohne Aufsicht wollte ich dann doch nicht beginnen. Wenigstens über meinen Puls und die verbrannten Kalorien wollte ich mich informieren können. Zwei Informationen, die sowohl Smartwatches als auch Fitnesstracker während des Sports aufzeichnen. Also stand ich vor der Frage: Welches davon sollte ich dauerhaft nutzen? Einige Wochen und viele Trainingssitzungen später würde ich die Frage beantworten mit: Beide!

Smartwatch und Fitnesstracker: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Für den Test standen mir eine Ticwatch E2 und das Xiaomi Mi Band 3 zur Verfügung. Beide Geräte werden wie eine Armbanduhr um den Arm geschnallt. Außerdem besitzen sie Sensoren, die Herzschlag und Bewegungen erfassen. Auf den Fotos könnt ihr einige Sensoren erkennen – links die Ticwatch E2, rechts das Mi Band 3.

Über die Auswertungen der erhobenen Parameter erkennen Smartwatch und Fitness-Tracker, wie sehr ihr euch angestrengt habt. Natürlich könntet ihr einwenden, dass da noch einige Sensoren fehlen, um ein präzises Tracking umzusetzen. Die Messung von Sauerstoffsättigung, Blutdruck und Temperatur ist aber teureren oder wesentlich spezielleren Geräten vorbehalten.

Mobvoi TicWatch E2

ModellMobvoi TicWatch E2
GeräteklasseSmartwatch
Display1,4 Zoll OLED mit Touchfunktion
Sensoren und ExtrasBeschleunigungs- und Lagesensoren, Herzschlagsensor, Mikrofon
WasserdichtJa
KonnektivitätBluetooth, WLAN
VoraussetzungenAndroid 4.4 oder höher, iOS 9 oder höher

Hier enden die Gemeinsamkeiten und beginnen die Unterschiede. Die Uhrzeit und das Datum zeigen Mi Band 3 und Ticwatch E2 gleichermaßen an. Doch während der Fitnesstracker dies nur auf Knopfdruck tut, erfüllt die Smartwatch hier die Rolle einer ordinären Armbanduhr.

Die Smartwatch bietet dafür mehr. Sie kann Kompass, Google-Maps-Bildschirm, Kalender oder Timer sein. Faktisch sind sowohl Ticwatch E2 als auch die meisten anderen Android-Smartwatches Erweiterungen des eigenen Smartphones. Mittlerweile funktionieren Smartwatches auch ohne entsprechendes Telefon. Den gesamten Funktionsumfang erhaltet ihr jedoch nur, wenn beide Geräte permanent über Bluetooth verbunden sind.

Xiaomi Mi Band 3

ModellXiaomi Mi Band 3
GeräteklasseFitnesstracker
DisplayLC-Display in schwarz-weiß mit Touchfunktion
Sensoren und ExtrasBeschleunigungs- und Lagesensoren, Herzschlagsensor
WasserdichtJa
KonnektivitätBluetooth
VoraussetzungenAndroid 4.4 oder höher, iOS 9 oder höher

Das ist beim Fitnessarmband anders. Diesem reicht es, wenn es die Fitnessdaten in regelmäßigen Abständen rüberschicken kann. Der Strombedarf unterstreicht das Funktionsgefälle zwischen beiden Devices. Während die Ticwatch E2 bei regulärem Betrieb alle zwei Tage zum Laden an die Steckdose muss, ruft das Mi Band 3 nur alle paar Wochen nach etwas Strom.

Ersteinrichtung: Langwierig gegen fehleranfällig

Autark hin, autark her – ohne Smartphone läuft bei beiden nichts. Die Ticwatch E2 verlangt nach einem Smartphone, um Google-Funktionen wie den Kalender und die Kontakte zu synchronisieren als auch die WLAN-Einstellungen zu übernehmen. Der Einrichtungsvorgang dauert zwischen fünf bis fünfzehn Minuten. Weitere Einstellungen sind optional.

Ich kann mich dann noch dazu entschieden, die Mobvoi-Fitness-App auf dem Smartphone zu installieren. Über diese konnte ich meine Daten in hübschen Zusammenfassungen begutachten. Die vorinstallierte Smartwatch-Version dieser Fitness-App läuft auch ohne den „großen Bruder“. Mobvoi bewirbt die Ticwatch E2 damit, dass sie über die Mobvoi-Anwendungen Sportarten automatisch erkennt und den Fortschritt aufzeichnet. Eine coole Funktion, die sich in der Praxis aber erst bewähren muss.

Das Mi Band 3 wird über die kostenlose App Mi Fit für Android oder iOS eingerichtet. In der Theorie klingt die Erstinstallation kinderleicht. App starten, Software-Update für das Armband aufs Smartphone laden und von dort via Bluetooth überspielen.

Obwohl das Mi Band 3 direkt auf dem Smartphone (Samsung Galaxy S9) lag, brach der Update-Vorgang mitsamt der Bluetooth-Verbindung zweimal ab. Das Problem tauchte nach der Aktualisierung nicht mehr auf. Die Mi-Band-App präsentiert sich aufgeräumt und übersichtlich. Besonders gut hat mir gefallen, dass Hersteller Xiaomi Sportler miteinander vernetzen möchte. Zusammen trainiert es sich viel besser – für mich als Anfänger ging es hingegen als Solitär ins Gym.

Die Ticwatch E2 Schweizer Taschenmesser

Das Trainingsprogramm sah so aus, dass ich mich zunächst auf die Grundausdauer konzentrierte. Es ging sechsmal die Woche auf das Standfahrrad, wo ich in jeder Sitzung zweimal zwanzig Minuten absolvierte. Das Fitnessgerät konnte so eingestellt werden, dass es eine Fahrt mit mehr oder minder heftigem Anstieg und Widerstand simulierte.

Leider hatte keines der Testgeräte ein Programm, das „Standfahrrad“ hieß. Sicher, die Ticwatch E2 kann via Google Fit Krafttraining, (echtes) Radfahren und sogar Paragliding erfassen. Aber das Standfahrrad? Gab es nicht, da half nur der Griff zum Menüpunkt „Sonstige“. Ähnlich sah es beim Mi Band 3 aus. Dieses bot lediglich die Optionen Laufband und „Sonstiges“ an.

Ticwatch E2 Smartwatch Smartwatch oder Fitnesstracker
Unter den verschiedenen Uhranzeigen sind die hauseigenen Mobvoi-Skins die besten. Auf einen Blick seht ihr Uhrzeit, Termine und zurückgelegte Distanz.

In den ersten beiden Wochen setzte ich ausschließlich die Ticwatch E2 ein und fuhr das Standfahrrad. Das Prozedere war immer das Gleiche: Das Fitnessgerät einstellen, die Google Fit-App öffnen und das Programm „Sonstige“ starten. Zuverlässig zeichnete die Smartwatch den Herzschlag auf, berechnete die verbrannten Kalorien und vergab mir Kardiopunkte. Letztere sind eine Einheit der Weltgesundheitsorganisation, die als Indikator dient, wie aktiv ihr seid.

Ihr beendet das Training entweder über die Google Fit-App – oder aber die Uhr stellt selbstständig fest, wann ihr von einer schweißtreibenden Aktivität in einen Ruhezustand wechselt. Denn das ist eines der Markenzeichen der Smartwach aus dem Hause Mobvoi.

Hatte ich mal vergessen, Google Fit zu starten, sprang die Ticwatch ein und informierte mich im Anschluss an den Sport, dass es eben diesen trackte. Die aufgezeichneten körperlichen Aktivitäten speichert sie diese in der Mobvoi-App TicExercise. Doch ausgerechnet diese Daten könnt ihr nicht mit Google Fit synchronisieren. Und als Aktivität wurde die Kategorie „Sonstiges“ gewählt – unabhängig davon, welchen Sport ich tatsächlich ausführte.

Das Mi Band 3: Kleiner Experte

Würde man lediglich die Funktionsanzahl von Ticwatch E2 und Mi Band 3 gegenüber stellen, würde der Fitnesstracker den Kürzeren ziehen. Tatsächlich möchte das Mi Band 3 ausschließlich zum Sporteln und zur Aufzeichnung der Gesundheitsdaten herhalten. Die Anzeige von Uhrzeit und lokalem Wetter ist da fast eine Dreingabe.

Was mich anfangs irritierte, war das Gewicht von nur 20 Gramm. Meiner Meinung nach etwas zu leicht, doch lernte ich die Vorzüge bald kennen. Auf dem Laufband, das ich nach eineinhalb Trainingswochen regelmäßig nutzte, zog das Mi Band 3 nicht so stark am Arm, wie es die Ticwatch E2 im direkten Vergleich tat. Der Gewichtskomfort geht einher mit einer etwas fummeligen Bedienung.

Xiaomi Mi Band 3
Das Mi Band 3 bewirbt Hersteller Xiaomi als Lifestyle- und Fitnessgadget. Bei Ausdauer- und Kraftsport ist das leichte Gadget ein Zugewinn. (Foto: Xiaomi)

Das LC-Display ist klein, Gesten müsst ihr auf engstem Raum ausführen. Gerade dickere Finger dürften Probleme haben, den Touchbildschirm vernünftig zu bedienen. Dabei ist die Bedienung logisch und nachvollziehbar. Durch vertikales Scrolling wechselt ihr die Hauptkategorien, mit einem horizontalen Strich schaltet ihr zwischen den Unterkategorien hin und her. Über den Knopf unter dem Display startet und stoppt ihr die Aktivitäten. Simpler geht es nicht.

Doch auch hier gilt: Einen Abgleich der Tracking-Daten mit Google Fit ist nicht möglich. Und die Sportmodi sind mit Laufen und Übung auch schon zusammengefasst. Ob das Kalorienzählen im Mi Band 3 tatsächlich so präzise funktioniert wie mit der Smartwatch und Google Fit, wollte ich in einem letzten Testabschnitt klären.

Und jetzt im Wechsel!

Ich wechselte also hin und her. Auf dem Standfahrrad und bei Beinpressen (die später hinzukamen) zog ich die Ticwatch E2 dem Tracker vor. Auf dem Laufband und beim Gewichtheben griff ich auf das Mi Band 3 zurück.

Pulsmessung E2 vs Mi Band 3
Beide Gadgets messen ähnliche Werte – nur hin und wieder kommt es zu Abweichungen wie hier.

Es interessierte mich natürlich, wie akkurat die Messungen sind und ob sie großartig voneinander abwichen. Also links die Ticwatch an den Arm geschnallt, rechts das Mi Band 3 befestigt und los ging es. Die Pulsmessungen und die Anzeige verbrauchter Kalorien stimmten zu etwa 99 Prozent überein. Hin und wieder maßen Mi Band 3 oder Ticwatch E2 einen etwas höheren Puls (ein bis zwei Schläge mehr pro Minute), ansonsten kamen beide Geräte bei der nachträglichen Auswertung auf verdammt ähnliche Ergebnisse.

Unterm Strich kann ich nach drei Wochen ein gemischtes Fazit ziehen…

Fazit: Beide Geräteklassen leisten Unglaubliches

Smartwatch oder Fitnesstracker? Für was würde ich mich entscheiden, wenn ich meine Sportaktivitäten aufzeichnen möchte? Beide. Aus Bequemlichkeit würde ich zunächst zur Smartwatch greifen. Über sie kann ich Uhrzeit und Datum ablesen oder mich dank Google Maps auch durch fremde Städte navigieren. Selbstredend erfasst sie alle meine sportlichen Aktivitäten. Ein Allzweckwerkzeug, das mir alles an die Hand gibt, das ich irgendwie mal brauchen könnte. Die Ticwatch E2 überraschte mich dahingehend, dass sie selbständig erkannte, ob ich nun Sport trieb oder ruhte. Damit löst sie ein Versprechen ein, das ich als Marketing-Gewäsch abtat und dann als ganz großen Komfort schätzen lernte.

Das Mi Band 3 ist demgegenüber ein Experte auf seinem Gebiet. Sport-Aktivitäten trackt das federleichte Gadget zuverlässig, es war beim Gewichteheben und dem Laufband nicht zu spüren. Es ist also, meiner Einschätzung nach, perfekt für all jene, die solche Technik als Bereicherung im Sport nutzen wollen. Im Alltag taugte das Mi Band 3 darüber hinaus nur als sporadische Uhren-Anzeige und zur Wettervorhersage. Dafür ist das Mi Band günstiger und muss nur sehr selten aufgeladen werden.

Freizeit-Allrounder oder federleichter Sport-Spezialist? Ihr seht, es kommt darauf an, welche Anforderungen ihr an die elektronischen Begleiter stellt. Ticwatch E2 und Mi Band 3 sind in ihrem jeweiligen Segment hervorragende Vertreter.

Die Ticwatch E2 ist bereits erschienen. Das Mi Band 3 findet ihr im Fachhandel.

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4 Kommentare zu “Smartwatch oder Fitnesstracker? Ein Erfahrungsbericht

  1. Schöne Gegenüberstellung!

    Ich nutze seit einem Dreivierteljahr eine Apple Watch zum Tracken meiner Aktivitäten und Gesundheitsdaten und mag sie nicht mehr missen. Die Uhr motiviert mich, jeden Tag aktiv zu sein und die gesetzten Ziele zu erreichen. Vor dem Kauf war ich skeptisch, ob ich so ein Gadget überhaupt brauche. Ich hatte bis dahin nur relativ wenig Sport gemacht und hatte mich auch im Alltag viel zu wenig bewegt. Jetzt mache ich mehr Sport als jemals zuvor. 🙂 Und die übrigen Features wie Telefonieren, Benachrichtigungen, Navigieren etc. sind natürlich nice-to-have und auch da gewöhnt man sich schnell dran.
    Ich kann jedenfalls nur allen empfehlen, sich so ein Gerät zuzulegen. Ob es eine Smartwatch oder ein Fitnesstracker sein soll, muss natürlich jeder für sich entscheiden.

  2. Die Akkulaufzeit ist für mich (aktuell noch) das Argument gegen eine Smartwatch. Neben dem Smartphone auch noch jeden Abend die Uhr laden? Dann lieber das Mi Band, hier hält der Akku locker 2 Wochen.

    P.S. Der Part was den Akku betrifft fehlt mir leider etwas im Test. Für mich ein wichtiges Argument – z.B. im Urlaub auf Wandertouren, wo man vielleicht nicht die Möglichkeit hat parallel zwei Geräte (Smartphone, Uhr) zu laden, man aber trotzdem jeden Tag messen will, was man so geleistet hat.

    1. Ich war vor dem Kauf auch skeptisch wegen der Akkulaufzeit. Ist aber letztendlich kein Problem für mich. Da ich die Uhr nachts trage (wegen Schlaftracking), lade ich sie immer morgens im Büro. Das passt eigentlich ganz gut. Im Urlaub muss man sich da natürlich irgendwie anders arrangieren aber im Normalfall hält der Akku auch knapp 2 Tage durch. Und morgens beim Frühstück finden sich immer ein paar Minuten zum Laden …

    2. Hallo Maik!

      Danke fürs Feedback. Ich werde schauen, dass ich die Akkuleistung beider Geräte noch etwas stärker herausstelle.

      Gruß

      Daniel Wendorf

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