Smartphones mit optischem Zoom: Das ist der Trick dahinter

Smartphones mit optischem Zoom arbeiten mit einem einfachen Trick. Stufenlos Zoomen solltet ihr damit aber nicht. Wir sagen euch, warum.

Smartphones mit optischem Zoom: Das ist der Trick dahinter
Kamera im Mate 20 Pro

Wer sich mal ein wenig mit Digitalfotografie befasst hat, der weiß: Nur ein optischer Zoom ist ein guter Zoom. Der Digitalzoom ist „böse“, weil er das Bildergebnis verschlechtert. Seit einiger Zeit gibt es auch Smartphones mit optischem Zoom – zumindest werben die Hersteller damit. Aber wie funktioniert der eigentlich, wenn sich doch hier nicht an einem Objektivring drehen lässt?

Optischer Zoom bei Smartphones dank zweier Linsen

Die Antwort ist simpel: mit einem Trick. Aktuelle Smartphones mit optischem Zoom haben immer mindestens zwei Linsen eingebaut, verwenden also eine Dualkamera, eine Triplekamera oder noch mehr Objektive. Die Hersteller bauen hier einfach Linsen mit unterschiedlichen Brennweiten ein.

Galaxy Note 9 Dualkamera mit 2x optischem Zoom
Galaxy Note 9 Dualkamera mit 2x optischem Zoom

Schaltet man die Kamera ein, sieht man in der Regel zunächst den normalen Bildwinkel der 1. Linse (oft 26mm Brennweite). Für gewöhnlich befindet sich in der Kamera-App ein 2x- oder 3x-Button, mit dem ihr heranzoomen könnt. Die Kamera macht dann nichts anderes als auf die 2. Linse mit einer größeren Brennweite (meist 52mm) umzuschalten.

Brennweiten und Objektive in der Fotografie

Die Brennweite eines Objektivs leitet sich aus dem Bildwinkel und der Sensorgröße einer Kamera ab. Fotografen sprechen von Normalobjektiven, Teleobjektiven und Weitwinkelobjektiven. Entscheidend hierfür sind Bildwinkel und Brennweite:

  • Normalobjektive, ca. 50mm Brennweite bei einer Kleinbildkamera. Der Bildausschnitt entspricht am ehesten dem menschlichen Blickfeld.
  • Weitwinkelobjektive: ca. 8 bis 50mm Brennweite, fangen mehr ein, als das menschliche Blickfeld sehen kann.
  • Teleobjektive, ca. 50 bis 600mm Brennweite (Skala ist nach oben hin aber im Prinzip offen). Reduzieren den Bildwinkel, holen damit entfernte Objekte optisch näher heran.

Natürlich gibt es hier noch weitere Unterkategorien, zum Beispiel Ultraweitwinkelobjektive mit einer besonders kleinen Brennweite (und im Umkehrschluss einem sehr breiten Bildwinkel). Bei Fotoeinsteigern am Beliebtesten sind Telezoomobjektive oder so genannte Streetzoom-Objektive. Mit ihnen lässt sich die Brennweite verstellen. Meist werden dabei die Bildwinkel aller drei Objektivtypen ein Stück weit abgedeckt.

Ob ein Objektiv mit 50mm Brennweite ein Normalobjektiv ist, ist übrigens abhängig vom verwendeten Kameratyp. Nur bei Vollformatkameras sind 50mm die Normalbrennweite. Bei Kameras mit kleineren Sensoren (also auch Smartphones) liegt die Normalbrennweite darunter, und 50mm sind schon als leichtes Tele zu betrachten.

Zoomen: ja, aber bloß nicht stufenlos!

Bei Digitalkameras verändert sich durch Drehen des Objektivrads die Stellung der Linsen im Inneren eines Telezoomobjektivs. Das geht bei den unbeweglichen Linsen eines Smartphones nicht. Und das ist auch der Grund, warum ihr bei einem Smartphone nicht stufenlos zoomen solltet. Zoomt ihr bei einem Motiv etwa auf das 1,6-Fache heran, ist hier immer noch die 1. Kameralinse aktiv. Sie kann Brennweite und Bildwinkel nicht verändern, also kann sie das Zoomen nur mit dem schlechteren Digitalzoom realisieren.

Benutzt auf jeden Fall die angebotenen Zoom-Stufen der Kamera-App!
Benutzt auf jeden Fall die angebotenen Zoom-Stufen der Kamera-App!

Wichtig zu wissen: Die verschiedenen Linsen einer Kamera arbeiten nicht zusammen. Es gibt hier nur Entweder-Oder. Benutzt bei Smartphones mit optischem Zoom also auf jeden Fall die Zoomstufen: 1x, 2x oder – wo angeboten – 3x.

Beispiele für Smartphones mit optischem Zoom

iPhone XS

Apple iPhone XS
Apple iPhone XS

Das aktuelle iPhone XS (Shoplink) verwendet eine Dualkamera (ebenso wie das Schwestermodell iPhone XS Max und die Vorgänger iPhone X, iPhone 8 Plus und iPhone 7 Plus). Beide Linsen dieser Kamera haben verschiedene Brennweiten:

  • iPhone XS: 1. Kameralinse: 26mm Brennweite (Weitwinkel), Blende f/1.8, 1/2,55-Zoll-Sensor, Pixelgröße 1.4µm
  • iPhone XS: 2. Kameralinse: 52mm Brennweite (Tele), Blende f/2.4, 1/3,4-Zoll-Sensor, Pixelgröße 1.0µm

Wie ihr seht, hat die 2. Kameralinse 52mm Brennweite und damit doppelt so viel (2x) wie die erste. Das optische Zoomen wird also schlicht durch das Umschalten erreicht. Exemplarisch aufgeführt haben wir hier auch noch die anderen Werte der Kamera, und das ist nicht unwichtig:

Die 2. Kameralinse im iPhone XS hat eine kleinere Blende (weniger Lichtausbeute), einen kleineren Sensor (weniger Details) und kleinere Pixel (ebenfalls weniger Lichteinfang). Soll heißen: Die 2. Kameralinse im iPhone XS ist etwas schlechter als die 1. und dementsprechend auch ihre Fotos. Optischer Zoom ist hier also doch mit einem Qualitätsverlust verbunden. Auch wenn der nicht ganz so tragisch ausfällt wie bei einem Digitalzoom.

Huawei Mate 20 Pro

Huawei Mate20 Pro
Huawei Mate20 Pro

Huawei hat ins Mate 20 Pro gar eine Triplekamera eingebaut. Triple- also Dreifachkamera heißt noch lange nicht, dass ihr damit automatisch dreifach optischen Zoom habt. Es kommt auf die Funktionsweise der Kamera an. Im Mate 20 Pro soll der optische Zoom sogar fünffach sein. Aber das ist auch nur ein Rechentrick, wenn auch ein cleverer:

  • Huawei Mate 20 Pro: 1. Kameralinse: 27mm Brennweite (Weitwinkel), Blende f/1.8, 1/1,8-Zoll-Sensor
  • Huawei Mate 20 Pro: 2. Kameralinse: 16mm Brennweite (Ultraweitwinkel), Blende f/2.2, 1/2,7-Zoll-Sensor
  • Huawei Mate 20 Pro: 3. Kameralinse: 80mm Brennweite (Tele), Blende f/2.4, 1/4-Zoll-Sensor

Den 5-fach optischen Zoom im Teleobjektiv des Mate 20 Pro habt ihr also nur relativ zum ebenfalls verbauten Ultraweitwinkel (5x 16mm = 80mm). Im Vergleich zum Normalobjektiv wäre der Zoom „nur“ 3-fach. Und auch hier hat die Linse mit dem Teleobjektiv die schlechteren Eigenschaften hinsichtlich Licht- und Detailausbeute.

Samsung Galaxy S9+

Samsung Galaxy S9 Plus (Bild: Samsung)
Samsung Galaxy S9 Plus (Bild: Samsung)

Samsung warb für das Galaxy S9 und das größere Schwestermodell Galaxy S9+ mit einer Dualblende, die dem menschlichen Auge nachempfunden sein soll. Die hat allerdings keinen Einfluss auf den optischen Zoom; letzteren hat auch nur das größere Galaxy S9+ spendiert bekommen (2x). Denn auch nur dieses hat zwei Kameralinsen:

  • Samsung Galaxy S9+: 1. Kameralinse: 26mm Brennweite (Weitwinkel), Blende f/1.5-2.4, 1/2,55-Zoll-Sensor, Pixelgröße 1.4µm
  • Samsung Galaxy S9+: 2. Kameralinse: 52mm Brennweite (Tele), Blende f/2.4, 1/3,6-Zoll-Sensor, Pixelgröße 1.0µm

Smartphones mit optischem Zoom: viel Augenwischerei

Die 2. Kameralinse im iPhone XS und dem Samsung Galaxy S9+ hat jeweils 52mm Brennweite. Jetzt stellt euch vor: Ein Smartphonehersteller würde nur eine Kamera mit 52mm Brennweite verbauen. Dann könntet ihr zwar nicht zoomen, aber hättet den gleichen Teleeffekt. Die meisten Anbieter wählen für ihre Hauptkamera einen Weitwinkel, auch weil sich hier am meisten Licht einfangen lässt.

Zusammengefasst lässt sich also sagen:

  • Optischer Zoom in Smartphones lässt sich nur in Dual- oder Mehrfachkameras realisieren.
  • Der Umkehrschluss gilt allerdings nicht, dass jede Dual- oder Mehrfachkamera automatisch optischen Zoom hätte! Manchmal besitzen die verschiedenen Objektive auch andere Funktionen, etwa für getrennte Monochrom- und Farbaufnahmen.
  • Optischer Zoom bei Smartphones kommt dadurch zustande, dass zwischen Kameras mit unterschiedlichen Brennweiten hin- und hergeschaltet wird.
  • Der Zoomfaktor der 2. Linse ist relativ zur 1. Wenn die erste also einen besonders großen Weitwinkel hat, ist der Zoomfaktor der Telekamera entsprechend höher. Ein 5-fach-Zoom kommt also nicht zwingend näher heran als ein 3-fach-Zoom.
  • Die Objektive arbeiten nicht zusammen. Zoomt ihr stufenlos, zum Beispiel 1,8-fach, kommt nur der schlechtere Digitalzoom zum Einsatz. Benutzt deswegen die angebotenen Zoomstufen der Kamera-App, denn die schalten zwischen den Objektiven hin und her.
  • Teleaufnahmen verwackeln schneller. Die Telekamera sollte deswegen idealerweise auch optische Bildstabilisierung mitbringen.

Fazit

Der optische Zoom bei Smartphones ist nicht mit dem von Telezoom-Objektiven in Digitalkameras vergleichbar. Weil hier schlicht zwischen Linsen mit verschiedenen Brennweiten hin- und hergeschaltet wird, ist der Zoom nicht stufenlos. Und weil die Telekamera fast immer etwas schlechter ausgestattet ist als die Hauptkamera, sind gezoomte Bilder etwas schlechter, also doch mit einem Qualitätsverlust verbunden.

Huawei Mate 20 (Pro): Nicht mehr nur alles eine Nummer größer

Trotzdem: Smartphones mit optischem Zoom bieten einige Vorteile. Weil Einfachkameras in der Regel nur Weitwinkel verwenden, lassen sich Motive näher heranholen. Und auf diese Weise immer noch in besserer Qualität, als es ein Digitalzoom könnte.

Das könnte den einen oder anderen auf die Idee bringen, seine schwere Spiegelreflexkamera mit Telezoomobjektiv bald ganz in der Schublade zu lassen. Dass man mit letzterer aber nach wie vor viel detailreichere Fotos knipsen kann, sollte auch jedem klar sein.

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