Samsung Dex im Test: Auch das beste Android für Desktops ist nicht gut genug

Das Smartphone gleichzeitig als PC benutzen? Soll mit Samsungs Docking-Station Dex funktionieren. Bei uns im Test zeigt sich allerdings: Auch dieser Versuch, Android auf Desktop-Systeme zu bringen, scheitert an Google und eigenen Versäumnissen.

Samsung Dex im Test: Auch das beste Android für Desktops ist nicht gut genug

Meinen heimlichen Wunsch, Android als Desktop-Betriebssystem zu nutzen, verfolgte ich über mehrere Jahre zusammen mit einigen Tüftlern, die sich an dieser Aufgabe die Zähne ausbissen. Mittlerweile habe ich den Traum aufgegeben. Ein funktionierendes Android auf dem Desktop wird nicht mehr kommen, und zwar deswegen nicht, weil Google daran kein Interesse hat. Daran ändert es leider auch nichts, dass Samsung in seinen leistungsstarken Flaggschiff-Smartphones Galaxy S8 und Galaxy Note 8 eine Desktop-Lösung als Zubehör anbietet: Dex.

Update: Seit diesem Test hat sich viel getan. Die Software wurde weiterentwickelt. Wir zeugen euch deshalb in einem anderen Beitrag, wie ihr Samsung DeX Schritt für Schritt einrichtet. Es lohnt sich.

Dex als PC-Ersatz: Daran scheitert’s

Über die Docking-Station Samsung Dex lassen sich Galaxy S8 oder Note 8 an einen Monitor oder Fernseher anschließen. Die Smartphones wechseln dann auf dem großen Bildschirm in eine Desktop-Oberfläche im Querformat. Die DeX-Oberfläche erinnert an ein Windows- oder Linux-System; tatsächlich greift Samsung bei Dex wirklich auf ein angepasstes Linux zurück (wie auch Android eins ist). Unten links finden Nutzer ein Startmenü, daneben in einer Taskleiste die geöffneten Apps, rechts unten ein Systemmenü mit Datum, Uhrzeit, Akkuladestand, Verbindungen, App-Hinweisen.

Samsung Dex: Nicht alle Webseiten laden in der Desktop-Version.
Samsung Dex: Nicht alle Webseiten laden in der Desktop-Version.

Bevor ich hier lange um den heißen Brei herumrede, kann ich auch gleich zur Sache kommen. DeX scheitert, wie alle anderen bisherigen Android-als-Desktop-Ansätze, daran dass…

  • Nur einige Android-Apps in Desktop-optimierter Darstellung vorliegen. Dazu gehören mitgelieferte Samsung-Apps und das vorinstallierte Microsoft-Office-Paket
  • Die verfügbaren Office-Versionen nur Testversionen sind. Will der Anwender sie nutzen, muss er sich erst aufwändig bei Microsoft registrieren.
  • Dex den Anwender hierbei alleine lässt. Etwa beim Start von Word wird man in den Play Store weitergeleitet, um sich die Vollversion zu laden. Die verlinkte Play-Store-Seite bietet allerdings keinerlei Infos, wie man diese Version installiert.
  • Man viele Apps nicht auf eine beliebige Größe ziehen kann. Die Netflix-App etwa lässt sich in den Quermodus schalten, aber nicht im Vollbild darstellen. Serien schaut man also auf einem kleinen Fenster im großen Bildschirm.
  • Samsung den Anwender die Einrichtung alleine austüfteln lässt. Anders als mit einer externen Tastatur und Maus lässt sich DeX nicht bedienen. Klar. Bei der Ersteinrichtung kommt das System allerdings zu keinem Zeitpunkt auf die Idee, den Nutzer erst einmal zu bitten, Eingabegeräte zu koppeln. Dex bootet und dann kann man es nicht bedienen. Man muss dann wieder das Galaxy zur Hand nehmen – was Dex vorübergehend beendet – und hier die Bluetooth-Einstellungen durchwühlen. Der erste Eindruck ist damit stark getrübt.
  • In der mitgelieferten Kurzanleitung zwar steht, dass man Maus und Tastatur an das System anschließen kann, aber nicht wie. Ich habe mir diese Informationen selbst durch Ausprobieren und Webrecherche zusammensuchen müssen, was mich eine halbe Stunde gekostet hat. Nutzerfreundlich ist das nicht gerade.
  • Dex, wie alle anderen Android-als-Desktop-Systeme, die ich bisher getestet habe, es nicht fertig bringt, den Browser vollständig für Desktop-Darstellung zu optimieren. Das gelingt zwar im Samsung-Browser bei den meisten Seiten, aber eben nicht allen. Immer wieder laden einzelne Seiten, wie etwa Spiegel Online, in mobiler Darstellung.
  • Dex nach dem Aufwachen aus dem Standby-Zustand nach der Telefon-PIN verlangt, das externe Keyboard da aber noch nicht freigeschaltet ist.
  • Dex zwar zwei USB-Schnittstellen anbietet, mit einer daran angeschlossenen Seagate-Festplatte modernen Typs aber nicht arbeiten konnte.
  • Der Audio-Ausgang für das Galaxy S8 am Fuße des Gehäuses untergebracht ist. Weil das Galaxy S8 bei der Verwendung von Dex tief in der Docking-Station steckt, sich über Audioklinke also keine Schreibtischlautsprecher daran anschließen lassen. Musik spielt dann nur der kleine Gerätelautsprecher des Galaxy S8 oder alternativ Bluetooth ab. Einen eigenen Audio-Ausgang hat die Dex-Dockingstation nicht.
  • Dex nur funktioniert, wenn das Ladekabel für das Galaxy S8 eingesteckt ist. Gut, das ist ein Komfort-Problem, aber es wäre in meinen Augen auch anders gegangen.
  • Samsung Dex trotz all dieser Nachteile UVP 159 Euro kostet. Ein stolzer Preis. Vorbesteller eines Galaxy Note 8 erhalten Dex derzeit immerhin kostenlos dazu, so dass ein Test zumindest nicht finanziell wehtun muss.

Ich könnte noch weiter machen. Bei einem Start von Dex erkannte das System plötzlich meine Maus nicht mehr. An sich kein Problem, aber damit fehlte eine Eingabemöglichkeit, um diesen Fehler zu beheben. Schade, dass sich der Touchscreen des Galaxy S8 in dem Fall nicht als Touchpad für Dex benutzen lässt. Aber schaltet man das Smartphone ein, schaltet sich Dex automatisch aus. Ein Parallelbetrieb beider Welten ist damit auch nicht gegeben.

Euronics Trendblog: Bei Dex wie auf einem anderen Desktop-System auch.
Euronics Trendblog: Bei Dex wie auf einem anderen Desktop-System auch.

Dabei hat Dex fantastische Ansätze:

  • Benachrichtigungen, wie etwa neue WhatsApp-Nachrichten, erscheinen als Pop-up rechts unten oberhalb der Statusleiste.
  • Der mitgelieferte Samsung-Browser erlaubt ein fast so gutes Arbeiten wie auf einem Desktop. Die meisten Webseiten werden als Desktop-Version angezeigt. Fenster lassen sich beliebig vergrößern oder verkleinern. Wörter können ganz einfach mit der Maus markiert, kopiert und eingefügt werden.
  • Die gesamte Taskleiste unten macht mir mehr Spaß als die von Windows 10.
  • Einstellungen sind für den Desktop-Modus angepasst und lassen sich mit wenigen Klicks aufrufen. Screenshots kann man mit nur einem Klick erstellen und anschließend sofort bearbeiten.
  • Das ganze Look and Feel ist wie auf einem Desktop-Rechner. Die Benutzeroberfläche ist optisch sehr angenehm gestaltet.

Aber dann geht doch wieder so vieles schief. Bei der App meines Standard-Radiosenders 1live etwa funktioniert der Livestream nicht. Dex teilt zwar mit, dass die App unter Umständen nicht wie gewünscht funktioniere. Aber man fragt sich, warum sie das denn nicht tut, wenn Dex es immerhin schafft, sie in einem Hochformat-Fenster problemlos zu öffnen.

Samsung Dex: Look and Feel wie auf einem Desktop-System
Samsung Dex: Look and Feel wie auf einem Desktop-System

Der Traum von Android auf dem Desktop ist ausgeträumt

Der Samsung-Browser erlaubt zwar Tabbed Browsing, aber nur innerhalb eines Fensters. Die Möglichkeit, ein weiteres Fenster zu öffnen, habe ich nicht gefunden. Das Einfügen der Bilder für diesen Artikel war unverhältnismäßig kompliziert, trotz des anwenderfreundich gestalteten Dateimanagers. Unterm Strich dauert alles, vom Wechseln zwischen Apps bis zum Bearbeiten von Bildern, dann eben doch bedeutend länger als auf einem Mac oder PC.

Samsung Dex Setup
Samsung Dex Setup

Ich würde Dex so gerne mögen, ich hätte nichts lieber als einen dritten Weg neben MacOS und Windows. Aber das ist Samsungs Dockingstation leider nicht. Auch wenn der Ansatz hier der wahrscheinlich beste ist, den ich bisher gesehen habe – besser als Andromium OS und das mittlerweile wieder eingestellte Remix OS – es reicht nicht, um eine Alternative zu MacOS, Windows oder anderen Linux-Distributionen wie Ubuntu zu sein. Und ich glaube, wir müssen uns langsam aber sicher von dem Gedanken verabschieden, dass Android das noch werden kann. Schade, aber ist so.

Gesamurteil Samsung Dex: 5/10

Updates: Neue Dex-Station und Alternativen

Samsung Dex ist eine gute Idee, weshalb das Unternehmen auch beim Samsung Galaxy 9 darauf ersetzt. Allerdings wurde die Form geändert. Das Galaxy 9 steht nun nicht mehr im Becher, sondern liegt quer vor euch, sodass es es Touchpad genutzt werden kann.

Mit Huawei Easy Projection und Sentio Desktop gibt es noch weitere Alternativen zu Samsung Dex.

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Ein Kommentar zu “Samsung Dex im Test: Auch das beste Android für Desktops ist nicht gut genug

  1. Der Autor hat sich wohl eher oberflächlich mit dem Thema befasst.
    Das ein Smartphone keinen ausgewachsen Desktop-PC ersetzen kann sagt mir eigentlich schon der gesunde Menschenverstand.
    Das Arbeiten mit Microsoft Office läuft problemlos bei mir. Das Microsoft Office nicht umsonst ist kann wohl auch nicht wirklich verwundern, oder hat der Autor auf dem Desktop-Rechner eine kostenlose Version am laufen?
    Ein kleiner Tipp von mir zum Thema Internet und Browser: Mal Opera versuchen, damit hatte ich bisher keine Website die unter Dex nicht richtig funktioniert hat.
    Für Netflix im Vollbildmodus gibt es im PlayStore mittlerweile sehr gute Apps, die diese Einstellungen bei Netflix erlauben. Als kleiner Hinweis: Die SkyGo App funktioniert ohne Tricks im Vollbildmodus.
    Durch die App „Dex Max“ kann man verschiedene Apps so einstellen, das diese im Vollbildmodus laufen.

    Samsung Dex ist sicher kein vollwertiger Desktop-PC, kommt diesem allerdings schon sehr nahe.
    Wer beruflich viel unterwegs ist, der kann sich damit sicherlich schon behelfen (z.B. Berichte schreiben und verschicken, Fotos bearbeiten usw.) Für mich wichtig wenn ich unterwegs bin: Bundesliga und CL auf SkyGo im Hotelzimmer am TV-Gerät ansehen. Macht mehr Spaß als auf dem Notebook oder dem Smartphone.
    Der Ton kommt übrigens nicht vom Smartphone, die Audioaugabe kann auf das TV-Gerät übertragen werden.
    Als Eingabegerät habe ich eine Klapptastatur mit TouchPad über Bluetooth mit dem S8 verbunden, läuft problemlos und man kann auch beim Start von Dex die Pin eingeben, die Tastatur ist sofort im System verfügbar.

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