Gratis-WLAN im Regionalzug – auf diese Engpässe müsst ihr euch einstellen

Die Deutsche Bahn will die Passagiere ihrer Regionalzüge mit kostenlosem WLAN versorgen. Doch wenn die Daten später nicht flutschen, hängt das auch von anderen Faktoren ab. Wir erklären euch, wo die Flaschenhälse liegen.

Gratis-WLAN im Regionalzug – auf diese Engpässe müsst ihr euch einstellen
Am Ende des Viadukts in Altenbeken lauert ein Funkloch in allen drei Netzen (Bild: Deutsche Bahn)

Wer mit dem Internet aufgewachsen ist, könnte sich fragen, warum die Deutsche Bahn ihre Schienen durch die ganzen Funklöcher gebaut hat. Dumm ist die Frage nicht, ich würde sie nur anders formulieren: Warum werden nicht entlang der Trassen mehr Mobilfunkmasten aufgestellt? Wie auch immer: Der Mobilfunkempfang im Zug hängt von verschiedenen Faktoren und Partnern ab. Wenn da ein Flaschenhals beseitigt werden soll, reicht es nicht, einseitig das Schlaraffenland auszurufen, wie es jetzt die Deutsche Bahn getan hat. Sie will in allen Regionalzügen kostenloses WLAN anbieten. Ich bin mal gespannt, wie das werden wird.

Ähnliche Technik wie im ICE

Das Angebot Wifi @ DB Regio soll bis 2020 in allen Regionalzügen der Deutschen Bahn zu nutzen sein. Der Internetzugang über WLAN im Zug kann dann rund um die Uhr in Anspruch genommen werden, doch die Datenmenge wird auf ein Maß begrenzt sein, mit dem sich bei normaler Nutzung mindestens eine halbe Stunde lang im virtuellen Netz mitreisen lässt. Wer eine dauerhafte Registrierung nicht scheut und ein Kundenkonto anlegt, soll das dreifache Datenvolumen pro Tag erhalten. Nicht darauf angerechnet wird der Zugriff auf ein On-Board-Informations- und Unterhaltungsangebot, das auf einem Server im Zug gehostet wird, also ohne ständige Mobilfunkverbindung auskommt.

Technisch wird sich das nur wenig vom dem unterscheiden, was die Deutsche Bahn gerade in ihre ICEs einbaut. Irgendwo im Zug wird auf einem Wagen eine Antenne aufgesetzt, die für einen möglichst guten Empfang zu den nächsten Mobilfunkmasten sorgen soll. Das neue Multi-Provider-System funkt dabei alle drei deutschen Mobilfunknetze an (Telekom, Vodafone, Telefónica O2). Wer in den letzten Jahren ICE gefahren ist, konnte dort per Hotspot im Zug nur über das Telekomnetz surfen.

Funklöcher auf 12,8 Prozent der Strecke

Das wäre durchaus ein Gewinn, denn bei einer Messung der Verbindungsqualität Ende Juli auf einem Drittel des gesamten Regio-Netzes wurde festgestellt, dass es entlang von 87,2 Prozent der Schienenwege eine Netzabdeckung gibt. Bei alleiniger Betrachtung des Telekomnetzes sinkt dieser Wert auf 64,4 Prozent. Mit diesen Werten geht die Bahn jetzt hausieren, doch der zweite Blick offenbart, dass damit eine Netzabdeckung von ≥ 10 Mbit/s gemeint ist, ohne zu sagen, ob das pro Zug oder pro Nutzer gemessen wird. Wieviele Personen sitzen eigentlich in einem Zug und starren aufs Smartphone, wenn sie morgens zur Arbeit fahren?

DB regio hat gemessen, wie gut die Mobilfunkanbindung entlang ihrer Strecken ist (Bild: dbregio.de)
DB regio hat gemessen, wie gut die Mobilfunkanbindung entlang ihrer Strecken ist (Bild: dbregio.de)

Noch einmal im Klartext: Wenn die Zahlen stimmen, würde die neue Technik die Hälfte der Funklöcher eliminieren – deutschlandweit betrachtet. Das muss also nicht dort sein, wo tatsächlich viele Menschen unterwegs sind. Und eine bessere Netzabdeckung bedeutet nicht gleichzeitig, dass diese dann auch gut ist. Ein Funkmast in der Nähe reicht aus, um die Zahlen schön aussehen zu lassen. Jeder Netflixkunde sollte sich aber darauf einstellen, dass es immer wieder Ruckler gibt und die Bildqualität hoch- und runterschaltet. Mich würde das ganz schön nerven.

Erst versprechen, dann fragen, wer zahlt

Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist die Frage, wer das alles zahlt. Die Deutsche Bahn lässt ihre Regionalzüge nicht dort fahren, wo es ihr am besten passt. Die einzelnen Strecken werden von den Bundesländern ausgeschrieben. Wenn diese Gratis-WLAN wollen, müssen sie auch dafür zahlen, so die Logik der Deutschen Bahn. Die Pläne zu Wifi @ DB Regio wurden jedoch verkündet, ohne dass die Finanzierung gesichert ist. Vielleicht gibt es am Ende nur ein Datenvolumen, das für zehn Minuten bei normaler Nutzung reicht. Wie auch immer die Zahlen noch verschoben werden, sich eine komplette Serienfolge über Netflix anzuschauen, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht funktionieren.

Mich nervt es ehrlich gesagt, dass das Problem nicht grundsätzlich angegangen wird. Dazu würde auch gehören, dass mehr Mobilfunkmasten am Rand der Bahntrassen gebaut werden, aber auch – und das findet normalerweise keine Beachtung – die bestehenden Antennenstandorte mit einer dickeren Leitung angeschlossen werden, um die Kapazität zu erhöhen. Es reicht nicht einfach nur, das Mobilfunknetz auszubauen, dies muss auch umfangreicher geschehen, als die Nachfrage im Zug steigt.

Was am Ende rauskommt

Im enno, der als Regionalbahn zwischen Hannover und Wolfsburg verkehrt, fährt ab und zu meine Frau mit. Seit Dezember 2015 kann dort auch von den Zuggästen kostenloses WLAN genutzt werden. Meist liest sie im Zug ein Ebook und lädt sich dort auch neue Ausgaben ohne Probleme herunter. Doch in letzter Zeit sei es des Öfteren vorgekommen, dass sie die ganze Fahrt über keinen Zugang zum WLAN erhalten habe, berichtet sie.

Ähnliches berichten übrigens auch erste Nutzer des kostenlosen Internetzugangs in der zweiten Klasse eines ICEs. Als die Testzüge erstmals durchs Land fuhren, funktionierte es wunderbar. Mittlerweile sollen die Daten nicht mehr so gut rutschen und es ebenfalls zu Verbindungsproblemen kommen. Ich bin gespannt, wie das sein wird, wenn sich die Zuggäste an den Gratisdienst gewöhnt haben und ihn eifrig nutzen.

Beitragsbild: Viadukt in Altenbeken mit Zug, commons.wikimedia.org/Eah, Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

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