Lenovo ThinkPhone by Motorola: Smartphone zum ThinkPad gefällig?

Das Lenovo ThinkPhone by Motorola erinnert an ein ThinkPad-Notebook, bringt sogar eine rote Taste mit. Anleihen gibt es auch beim Gehäuse und bei der Sicherheit.

Lenovo ThinkPhone by Motorola: Smartphone zum ThinkPad gefällig?
Lenovo ThinkPhone neben einem ThinkPad (Bild: Lenovo)

Lenovo hat ein Smartphone vorgestellt, das an ein ThinkPad-Notebook erinnert: schwarze Oberfläche, roter Knopf, Schriftzug in der Ecke schräg gestellt.

Das Lenovo ThinkPhone by Motorola ist dennoch ein normales Smartphone – angesiedelt in der oberen Mittelklasse oder unteren Oberklasse. Seine Stärke spielt es erst in Verbindung mit einem ThinkPad aus: Die Daten flutschen und das bei erhöhter Sicherheit. Zudem ist es die erste offene Kooperation der beiden Marken Lenovo und Motorola, die längst zum gleichen Konzern gehören.

Lenovo zeigt das ThinkPhone im Rahmen der CES 2023, einer Messe für Privatkunden. Dennoch werden es vor allem Unternehmen kaufen und als Diensthandy ausgeben. Daher muss es auch nicht absolute Oberklasse sein und mit einem iPhone mithalten.

Das Äußere in bewährter ThinkPad-Qualität

Thinkpads haben nicht nur einen besonderen Look, sondern sind auch besonders stabil. Lenovo experimentiert dafür traditionell mit den Materialien: Kohlenstofffasern (Carbon), Magnesium und Aluminium – in immer neuen Legierungen. Diesen Ansatz wählt Lenovo auch für sein ThinkPhone:

Maße: 159 x 74 x 8 mm
Gewicht: 189 Gramm
Rückseite: Aramidfasern
Rahmen: Flugzeug-Aluminium
Displayschutz: Gorilla Glass Victus
Zertifizierungen: IP68, MIL STD 810H
Farben: Schwarz, ausschließlich Schwarz

Die Stabilität hat sich Lenovo zertifizieren lassen – nicht bloß den üblichen Schutz vor Staub und Wasser gemäß IP68, darüber hinaus auch eine besondere Robustheit nach Militärstandard. Willkommen in der harten Arbeitswelt.

Der Look wurde auch übernommen. Logos auf der Rückseite sind üblich. Lenovo hat es in die rechte untere Ecke gepackt und schräg gestellt – wie das Logo auf der Handballenablage eines Thinkpads.

Tatsächlich ikonisch ist der rote Knopf. Auf einem Thinkpad hat er die Funktion eines Trackpoints. Er sitzt mitten in der Tastatur und kann Maus bzw. Trackpad ersetzen. Auf einem Smartphone ergibt dies keinen Sinn. Daher hat Lenovo eine der seitlichen Tasten rot eingefärbt.

Frau mit Lenovo ThinkPhone
Das Lenovo ThinkPhone liegt gut in der Hand, darf aber auch mal aus der Hand fallen (Bild: Lenovo)

Dieser Red Key ist weder An/Aus-Knopf noch Lautstärkewippe, sondern eine Taste für Extrafunktionen – wie sie Sony hat, um die Kamera schnell aufzurufen, oder Samsung, um den Sprachassistenten Bixby zu aktivieren.

Die Taste kannst du mit mehreren Funktionen belegen. Gedrückt gehalten könnte Push to Talk in Microsoft Teams aktivieren. Einmal drücken könnte ein andere, wichtige Funktion aufrufen. Zweimal drücken soll eine Verbindung zum ThinkPad herstellen (obwohl das auch automatisch geht).

Erste Tester vor Ort in Las Vegas bescheinigen dem ThinkPhone eine gute Verarbeitung und der roten Taste einen guten Druckpunkt – eine der Stärken von Lenovo-Tastaturen.

Die inneren Werte des ThinkPhones

Die hier genannten Angaben stehen nicht alle auf dem Datenblatt, das Lenovo offiziell herausgegeben hat. Letztlich bleibt abzuwarten, welche genauen Spezifikationen in Deutschland erscheinen werden. Vermutlich wird es hierzulande nur ein ThinkPhone mit maximal 8 GB RAM und 256 GB Speicher geben.

Prozessor: Qualcomm Snapdragon 8+ Gen 1
Arbeitsspeicher: 8 oder 12 GB DDR5-RAM
Speicher: 128, 256 oder 512 GB UFS-3.1
Akkukapzität: 5000 mAh
Akkulaufzeit: 36 Stunden
Schnellladen: 68 Watt
Wireless Charging: 15 Watt

Diese Zahlen sehen beeindruckend aus. Doch im Alltag schließen sich ein potenter, aber energiehungriger Prozessor und eine lange Akkulaufzeit gegenseitig aus. Letztlich musste Lenovo einen Kompromiss schließen. Wie schnell und wie stark die Leistung gedrosselt wird, um einen Arbeitstag am ThinkPhone durchzuhalten, müssen die ersten Tests ermitteln.

Snapdragon 8+ Gen1
Im ThinkPhone steckt ein sehr potenter Prozessor, dennoch verspricht Lenovo eine lange Laufzeit (Bild: Lenovo)

Ein schönes Detail: Das Ladegerät des ThinkPhones soll auch ein ThinkPad laden können (USB-C vorausgesetzt). Du musst also nur noch ein Ladegerät einstecken, das so klein ist wie ein normales Smartphone-Ladegerät, und keinen dicken Klotz, wie ihn Laptops üblicherweise haben.

Display mit guten Kompromissen

Der Bildschirm des ThinkPhone ist schön groß, damit auch viele Zahlen und Grafiken darauf passen, wie sie im Arbeitsumfeld häufig verschickt werden.

Displaygröße: 6,6 Zoll in der Diagonalen
Seitenverhältnis: 20:9
Auflösung: 2400 x 1080 Bildpunkte, FHD+
Pixeldichte: 402 ppi
Anzeigetechnik: pOLED
Farbraum: DCI-P3, über eine Milliarde Farben
Bildwiederholrate: 144 Hz fix oder bis zu 120 Hz adaptiv
Bildhelligkeit: bis zu 1.200 Nits

Der Kompromiss hier ist folgender: Die Auflösung ist nicht die größte, aber groß genug, um auch noch Details in den Zahlen und Grafiken erkennen zu können. Dieser Abstand zur Smartphone-Oberklasse spart Energie und gewinnt Akkulaufzeit.

Displays des Lenovo ThinkPhones
Das Display des ThinkPhone ist ein Kompromiss, aber für die Arbeitswelt optimiert (Bild: Lenovo)

Doch um unterwegs auch bei strahlendem Sonnenschein die Daten noch entziffern zu können, kannst du die Helligkeit auf fantastische 1.200 Nits hochregeln.

Alle anderen Features (inkl. Kamera)

Auch bei der weiteren Ausstattung erweist sich das ThinkPhone als Arbeitsgerät.

Kabelgebundene Kopfhörer finden keinen Platz mehr, in der Arbeitswelt trägt man Bluetooth-Headsets. Notfalls macht es, auf den Tisch gelegt, damit alle im Raum gut hören können, auch mit Stereo-Lautsprechern einen guten Klang.

Lautsprecher: Stereo-Lautsprecher, Dolby Atmos
3,5-mm-Klinke-Audiobuchse: nicht vorhanden
SIM-Karten: 2 x Nano-SIM (Dual-SIM)
Micro-SD-Port: nicht vorhanden
USB-Port: USB-C (USB 3.1)
Fingerabdruck-Sensor: unter dem Display
Mobilfunk: 5G
WLAN: Wi-Fi 6E
Bluetooth: Bluetooth 5.2
Betriebssystem: Android 13
Android-Updates: 3 Jahre lang
Sicherheitsupdates: 4 Jahre lang

Das ThinkPhone kann das mobile Internet automatisch oder per Tastendruck an ein angeschlossenes ThinkPad weiterreichen. Im Alltag sieht das dann so aus: Notebook aufklappen, sofort lostippen – wie zuhause oder im Büro-WLAN.

Lenovo verspricht Updates für viele Jahre, sodass Unternehmen Planungssicherheit haben.

Hauptkamera: 50 Megapixel, OIS
Ultraweitwinkelkamera: 13 Megapixel
Tele-Zoom-Kamera: nicht vorhanden
Frontkamera: 32 Megapixel, Autofokus

Dieses Kamera-Set ist okay, aber nicht herausragend. Noch unklar ist, wie gut das ThinkPhone Bilder per Software aufbessern kann. Viele, denen das Unternehmen ein ThinkPhone als Diensthandy stellt, hätten wohl lieber ein iPhone und werden dieses privat auch noch nutzen.

ThinkPhone und ThinkPad als Einheit

Mit Think 2 Think nutzt Lenovo eine Erweiterung der Motorola-Anwendung Ready For auf dem ThinkPhone. Darüber kannst du das Smarpthone mit einem kompatiblen Lenovo-PC mit Windows 10 oder 11 koppeln.

Per Instant Connect erkennen und verbinden sich zwei Geräte automatisch, wenn sie sich in der Nähe befinden. Die Bluetooth-Reichweite von bis zu zehn Metern reicht wohl nicht aus. WLAN ist hier die Wahl. Einmal gekoppelt, verfügen die Geräte über eine gemeinsame Zwischenablage. Darüber hinaus gibt es auch eine gemeinsame Ablage für permanente Dateien.

Lenovo ThinkPhone und ThinkPad
ThinkPhone und ThinkPad werden zu einer Einheit: Notifications erscheinen auf beiden Geräten (Bild: Lenovo)

Benachrichtigungen erscheinen grundsätzlich auf beiden Geräten. Im Windows Action Center kannst du dann aus einer Notification des ThinkPhones heraus die passende Windows-App öffnen. Vom ThinkPad aus kannst du auch direkt auf dem ThinkPhone arbeiten. Dafür streamt das Smartphone einzelne Android-Apps auf den Computer.

Schließlich kannst du alle Kameras des ThinkPhones als Webcam verwenden.

Diese Funktionen sind allesamt nice, aber nicht neu. Das Besondere ist, dass sie hier funktionieren, ohne dass du dich darum kümmern musst. Im Zweifelsfall hilft dir der Support. So etwas kann die Arbeitsweise im Unternehmen nachhaltig verändern.

Sicherheit für Unternehmen

Nicht nur die Software hat Lenovo angepasst, auch die Hardware. Im ThinkPhone steckt mit dem Moto KeySafe ein eigener Sicherheitsprozessor. Dieser schafft eine zusätzliche Ebene an Sicherheit, denn er agiert als Sandbox für PINs, Passwörter und kryptografische Schlüssel.

Einen solchen Kryptochip haben auch andere Smartphones der Oberklasse. Unklar ist, wie das ThinkPhone sich davon unterscheidet. Leider wird auch unklar bleiben, ob ein solcher Chip prinzipiell in der Lage ist, „nach Hause zu telefonieren“, also Daten nach China abfließen zu lassen. Nicht ohne Grund verwendet Lenovo den eigenen Namen, um an die ThinkPads zu erinnern, für die Sicherheitsfunktionen aber den Namen des US-Mobilfunkpioniers Motorola, der heute eine Tochter des chinesischen Unternehmens ist.

Mann mit ThinkPhone und ThinkPad
Die Sicherheitsarchitektur von Motorola sorgt dafür, dass alle Daten sicher zwischen ThinkPhone und ThinkPad fließen können (Bild: Lenovo)

Unternehmen können ihre ThinkPhones zentral verwalten und alle Funktionen per Moto OEMConfig und Moto Device Manager aus der Ferne konfigurieren. Lenovo nennt dies auch Zero Touch. Die Moto Secure App ist dagegen ein Ort auf dem Gerät, über den sich die Sicherheitseinstellungen konfigurieren lassen. Moto Threat Defense und eine Anbindung an ThinkShield runden das Sicherheitskonzept ab.

Fazit: Gute Kompromisse – für die Arbeitswelt

Was macht das Lenovo ThinkPhone by Motorola aus? Es erinnert an ein Lenovo ThinkPad, doch die rote Taste ist kein Trackpoint, sondern ruft spezielle Funktionen im Arbeitsalltag auf.

Das ThinkPhone ist ein solides Smartphone der unteren Oberklasse, kann mit einem iPhone jedoch nicht mithalten – muss es aber auch nicht. Voraussichtlich wird es an Unternehmen vermarktet, die dieses in großer Stückzahl bestellen und an ihre Mitarbeiter:innen ausgeben.

Für diesen Zweck wurde es optimiert. Alle Kompromisse, die Lenovo beim ThinkPhone gemacht hat, scheinen in diesem Licht vernünftig: starker Prozessor, trotzdem lange Akkulaufzeit, reduzierte Auflösung, dafür helles Display, robustes Gehäuse, aber keine Glasrückseite, lange Updategarantie.

Das Lenovo ThinkPhone by Motorola erscheint offiziell in den kommenden Monaten, gerüchteweise aber schon Ende Januar. Eine deutsche Pressemitteilung deutet auf ein Erscheinen auch hierzulande hin. Unklar ist noch, ob auch Privatkunden es kaufen können.

Beitragsbild: Lenovo

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