Es war am letzten Tag meiner Singapur-Reise. Ich floh vor der Hitze in ein Shopping-Center, dann vor den Menschenmassen ins Untergeschoss. Und plötzlich war er dort, der Stand mit den Fake Apple AirPods. Ein paar China-Smartphones konnte man dort kaufen, Selfie-Sticks und Powerbanks. Und eben auch diese hier: kabellose True-Wireless-Kopfhörer vom Typ Joyroom JR-T03 – die aber auch haargenau so aussehen wie Apple AirPods:
An preisgünstiger Elektronikware aus China und Co. mangelt es in Südostasien nicht. Ich hatte ursprünglich geplant, dort ein China-Smartphone zu erstehen, aber viel billiger waren sie dort auch nicht. Nicht wenige Geschäfte boten True-Wireless-Kopfhörer an, die Apple AirPods (Shoplink) mehr oder weniger ähnlich waren. Einige Geräte hatte ich zuvor getestet, aber die passten entweder nicht gut oder hatten Verbindungsprobleme. Bei den Joyroom JR-T03 sollte es anders sein.
Wer probiert die Ware schon an der Kasse aus!
Der Stand machte einen guten Eindruck und der Verkäufer ließ mich die Joyroom JR-T03 klaglos ausprobieren. Der Sound war nicht perfekt, aber in Ordnung, die Verbindung zu meinem Smartphone klappte tadellos. Ich hielt das Smartphone weiter weg, bewegte mich ein wenig, um eventuelle Schwachstellen zu testen. Alles kein Problem. Nicht einmal 50 Euro sollten die Fake Apple AirPods kosten, also nicht einmal ein Drittel von dem, was man für Originale zahlen müsste. Eine gute Chance auf günstiges True Wireless – endlich weg mit den Kabeln! Ich sagte ja.
„Nimm nicht die!“, sagte der Verkäufer, als ich zahlen wollte. „Die sind nur das Vorführgerät. Ich geb dir ein paar originalverpackte“. Klar, gerne, sagte ich, frisch und unbenutzt ist ja immer besser. Ich bezahlte und stecke die Verpackung direkt ein, und dachte in dem Moment nicht daran, die neuen Kopfhörer noch einmal zu testen.
Das war der erste Fehler, den ich machte.
Ich schlenderte noch ein wenig weiter durch die Kaufhäuser. Etwa eine Stunde später auf einer Bank nahm ich meinen Kauf aus der Tasche und probierte die Fake Apple AirPods aus. Die Verpackung war sehr ordentlich. Überrascht war ich auch über die zusätzliche, rote Gummi-Schutzhülle und die Gebrauchsanweisung in gutem Englisch.
Defekt oder nur leerer Akku?
Die Joyroom JR-T03 verbanden sich auch nach einer sehr kurz Erkennung sofort per Bluetooth (5.0) mit meinem iPhone. Ich spielte einen Song ab, genoss den ordentlich basslastigen Sound – und hatte schon nach wenigen Sekunden einen ersten Aussetzer im rechten Hörer. Und gleich darauf noch einen. Hoppla, das sollte doch eigentlich nicht sein! Ich verband die Joyrooms noch einmal mit meinem Smartphone, spielte wieder einen Song – selbes Problem.
Ich war mittlerweile recht weit von dem Kaufhaus mit dem Stand entfernt, in dem ich die Kopfhörer gekauft hatte. Und die Zeit, in Richtung Flughafen aufbrechen, drängte schon ein wenig. Sollte ich noch einmal zurück zum Stand gehen und die Dinger austauschen lassen? Oder war einfach nur der Akku schwach? Ich entschied mich dazu, die Dinger zu behalten und erst einmal ordentlich aufzuladen. Dann würden sie schon funktionieren.
Das war der zweite und größte Fehler, den ich machte.
Zurück in Deutschland steckte ich die Joyrooms in die Steckdose und lud sie erst einmal ordentlich auf. Fertig geladen probierte ich sie erneut – und erlebte den gleichen Fehler wie noch in Singapur: ständiger Wackelkontakt auf dem rechten Hörer. Oha, ach nein!
„Zu klein, um von Menschenhänden repariert zu werden“
Ich kontaktierte ein Geschäft in der Nähe, das sich auf die Reparatur von iPhones und ähnlich kleinen Elektronikgeräten spezialisiert hatte und fragte frei heraus, wie es mit nachgemachten Kopfhörern vom Typ AirPod stünde. „Ganz schlecht“, antwortete der Besitzer. AirPods wären zu klein, um von Menschenhänden repariert zu werden. „Ich würde sie beim Versuch, sie zu reparieren, höchstens noch weiter kaputt machen. Wenn Sie das wollen…“
Hier machte ich vielleicht zum ersten Mal in dieser Geschichte etwas richtig und wollte es nicht.
Im Netz finden sich einige Informationen zu Joyroom. Der Hersteller aus Shenzhen ist tatsächlich schon seit 2009 aktiv, verkauft seine Produkte international (wenn auch nicht offiziell in Deutschland) – und er hat eine Kontaktadresse, die ich einfach einmal anschrieb, um mich nach einem Austauschgerät zu erkundigen. Eine Antwort steht noch aus.
Defekt, und jetzt? Nach China schicken?
Im besten Falle meldet sich der Hersteller zurück, glaubt mir so und schickt mir schnell ein Ersatzgerät. Weniger günstig wäre, wenn ich die defekten Joyroom JR-T03 erst nach China schicken müsste. Das kann schnell um die 15 Euro kosten (ein Drittel des Kaufpreises).
Im schlechtesten Falle höre ich gar nichts vom Hersteller und bleibe auf den Dingern sitzen. Wäre bei dem Verkaufspreis kein Weltuntergang, aber ein Ärger, den man hätte vermeiden können. Ich hätte die Geräte noch direkt an der Kasse ausprobieren sollen – aber ganz ehrlich: macht ihr das bei jedem Gerät, das ihr euch kauft? Und spätestens als ich den Fehler bemerkte, hätte ich sofort zum Stand zurücklaufen sollen.
Die Moral von der Geschicht kann nun unterschiedlich lauten. Klar: Wer zu billig kauft, kauft zweimal, sagt der Volksmund. Und wer bei einem Defekt nicht sofort umtauscht, ist selber schuld.
True-Wireless-In-Ear-Kopfhörer: Welche gibt es und was ist so toll daran?
Auf der anderen Seite zeigt sich aber auch, dass Käufe von No-Name-Herstellern aus China immer mit einem gewissen Risiko zu genießen sind. Billig ist die Ware meist, ja. Aber für den Käufer gibt es wenig Sicherheit. Keine Garantie, auf die er sich in Deutschland stützen kann. Und dann den Ärger mit Transportkosten und langen Wartezeiten, sollte einmal etwas schief gehen. Der ganze Ärger mit den Fakes wiegt das gesparte Geld nicht auf. Lieber kaufe ich beim nächsten mal die Original Apple AirPods, direkt in Deutschland.
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