Seit einigen Jahren schon versuche ich bei mir zu Hause, das papierlose Büro einzuführen. Ich bin seitdem Dauergast im nächstgelegenen Copyshop, weil viele Sendungen nach wie vor eben doch ein ausgedrucktes Versandlabel benötigen. Immerhin kannst du mittlerweile in vielen App-gesteuerten Packstationen Sendungen ohne Drucker und Label ganz papierlos aufgeben. Doch das birgt Tücken, wie ich auf schmerzliche Art selbst erfahren musste. Als ich im Dezember 2023 mein „altes“ iPhone 14 Pro an einen Reseller verkaufte und ein Päckchen ohne jegliches Label in die Packstation einlegte, wurde mir das zum Verhängnis.
1. Akt: „Schlauer“ sein als die Packstation
Ich hatte vom Reseller ein Versandlabel mit einem Retourencode zum Ausdrucken erhalten. Doch an diesem Tag – ich war in Eile und es war nach Feierabend – wollte ich nicht noch mal zum Copyshop oder zu einer DHL-Filiale, die ohnehin alle längst geschlossen hatten. Also kopierte ich den Retourencode des Labels auf meinem Smartphone und gab ihn direkt in der nächstgelegenen, App-gesteuerten Packstation ein. Mit Erfolg – dachte ich. Die Klappe öffnete sich, und ich konnte die Sendung einlegen. Au revoir, iPhone!
2. Akt: Keine Versandbenachrichtigung erhalten
Stutzig wurde ich direkt danach, weil weder die Packstation-App auf das Einlegen meiner Sendung reagierte, noch ich eine Versandbenachrichtigung erhielt. Ob das wohl geklappt hatte? In der DHL-App keinerlei Feedback, ob ich etwas eingelegt hätte oder nicht. Seltsam. Aber würde schon alles glattgehen, dachte ich. Hatte bis jetzt ja auch immer funktioniert.
Einige Tage später meldete sich der Reseller, wo denn meine Sendung bliebe, und dann einige Tage später noch einmal. Mir wurde mulmig zumute. Das hatte wohl doch nicht geklappt mit dem Versand. Was nun? Mittlerweile ärgerte ich mich, dass ich in der Eile keinerlei Aufschrift auf dem Paket angebracht hatte oder zumindest einen Zettel mit meiner Rückadresse eingelegt.
3. Akt: „Es ist alles in bester Ordnung“
Ich bemühte die Sendungsverfolgung und danach den Packstation-Service und gab dort meine Sendungsnummer ein. Kein Problem, hieß es von dort. Die Sendung würde nach einigen Tagen automatisch aus der Packstation abgeholt und an den Empfänger verschickt. Ach ja? Aber weiß da die zuständige Mitarbeiterin auch an wen?
4. Akt: Keiner ist für nichts zuständig
Weihnachten kam, Weihnachten ging, aber mein Paket war nirgends zu finden. Die Funktion „Mein Gerät suchen“ am iPhone hatte ich natürlich vor dem Verkauf ausgeschaltet. Sonst hätte ich es nicht verkaufen dürfen. Ich stellte einen Nachforschungsauftrag bei DHL und füllte dort ein Formular aus – was erst beim dritten Mal gelang. Anschließend erhielt ich den Hinweis, das könne jetzt einige Wochen dauern, bis die Sendung gefunden würde. Fair genug!
Wenige Tage später aber schon die E-Mail von einer noreply-Adresse von DHL. Man sei für Schäden nicht haftbar und könne mir leider nicht weiterhelfen. Bei weiteren Fragen, solle ich mich melden. Bei wem? Stand da nicht. Kein Absender, keine weitere Adresse genannt. Niemand für irgendwas zuständig. Der Reseller stornierte meinen Auftrag. Sorry, leider zu spät.
Ich zog noch einmal alle Register, checkte den Packstation-Service, suchte nach dem Paket. Bei Eingabe der Sendungsnummer: nur der Hinweis, dass der Auftrag bestehe. Aber irgendwo musste das Paket doch sein. Oder freute sich hier gerade ein unterbezahlter Subunternehmer über ein gut erhaltenes iPhone?
5. Akt: Resignation
Der Januar kam, der Januar ging. Ich schrieb das iPhone langsam ab. Ein teurer Verlust zwar, der Reseller hatte mir noch gut 800 Euro dafür zahlen wollen. Aber so gesehen: Lehrgeld. Ich würde nie wieder eine so wertvolle Sendung ohne Label verschicken.
6. Akt: Kämpfen
Irgendwann im Februar aber dachte ich: Das kann es doch noch nicht gewesen sein! Es ging hier immerhin um 800 Euro. Du musst den Kampf aufnehmen. Weil ich Journalist bin, wollte ich zumindest die Karte noch ausspielen, mich bei der DHL-Pressestelle zu melden und einen Beitrag über meinen Fall zu schreiben, damit anderen das wenigstens nicht auch passiert. Den Beitrag liest du gerade.
Schon am nächsten Tag meldete sich eine freundliche DHL-Mitarbeiterin. Das Paket sei gefunden worden. Zuständig sei die zentrale Paketermittlungsstelle. Warum der Nachforschungsauftrag im Januar erfolglos blieb, wusste sie leider auch nicht. Jetzt müsste ich nur noch zehn Tage warten, dann wäre die Sendung wieder bei mir. Super!
Die zehn Tage kamen, die zehn Tage gingen, aber nichts passierte, keine Benachrichtigung, kein Paket, kein iPhone. Mittlerweile hatten wir Mitte März 2024. Ich meldete mich noch einmal bei der DHL-Mitarbeiterin. Sie schickte mir einen Code zu. Das Paket liege bereits seit 10 Tagen in einer Packstation. Ach! Schade nur, dass man mich darüber nicht schon dann informiert hatte.
7. Akt: Die Wiedervereinigung
Aber das wollte ich dann doch zu gerne selber sehen. Ich kopierte den Code auf mein Handy, ging runter zur Packstation, gab ihn ein, und siehe da: Ein Paket für mich. Absender: Zentrale Paketermittlungsstelle Wuppertal. Die Sendung war neu verpackt worden, mein Name mit Heimadresse stand als Empfänger dort. Vielleicht war schon einmal versucht worden, es mir zuzustellen, als ich gerade nicht zuhause war. Die Umleitung ironischerweise dann: an dieselbe Packstation wie im Dezember.
Im Paket auf jeden Fall: mein unversehrtes iPhone 14 Pro. Juchee! Nur drei Monate später hielt ich es wieder in Händen. Und ich überlegte eine Weile ernsthaft, es nun wieder gegen mein neueres iPhone 15 Pro zu tauschen – nachdem es so aussah, als wolle sich das Phone 14 Pro einfach nicht von mir trennen können. Aber den Gedanken verwarf ich dann doch.
Beim Reseller holte ich ein neues Angebot für das iPhone 14 Pro ein – diesmal nur noch etwas über 650 Euro. 150 Euro weniger etwa als noch im Dezember. Schade. Ein Happy End mit Schmerzen also.
Und die Moral von der Geschicht?
Du weißt sie schon:
- Du wirst nicht so leichtsinnig sein wie ich. Du wirst immer einen Zettel mit deiner Absenderadresse in ein Paket legen, das du ohne Label verschickst, damit DHL dich im Notfall als Absender ermitteln kann.
- Zum Audrucken bestimmte Versandlabels wirst du auch ausdrucken und von Hand aufkleben. Oder in einer DHL-Filiale ausdrucken lassen. Weil du nicht in Teufels Küche kommen willst.
- Papierloser Versand und papierloses Büro – es ist auch im Jahre 2024 oft noch mehr Wunsch als Realität. Schade.
Epilog: Klar trifft mich die Schuld, aber wirklich nur mich?
Junge, wir konntest du nur so dumm sein und eine so teure Sendung ohne Aufschrift ohne alles am eigentlich offiziellen Weg vorbei auf gut Glück in die Packstation legen…
Sagen wir: Ich hab den Preis für meinen Leichtsinn bezahlt (150 Euro Wertverlust und drei bange Monate meines Lebens) und gestehe hier ein, dass die Hauptschuld bei mir selbst liegt.
Ein paar Fragen allerdings müssen sich auch DHL und die Packstation gefallen lassen:
- Warum konnte ich trotz allem die Packstation öffnen und die Sendung einlegen?
- Warum konnte bei der Packstation niemand die Sendung zuordnen?
- Warum die falsche Info, das Paket würde noch binnen weniger Tage zugestellt?
- Warum ein so unpersönlicher, praktisch nicht menschlicher Kontakt nach dem Stellen des Nachforschungsauftrags? Warum gibt es keine Möglichkeit, dort mal mit einem Menschen zu reden?
- Warum führte auch eben jener Nachforschungsauftrag ins Leere?
- Warum ist das Formular dort so fehleranfällig und funktioniert oft nicht?
- Wenn der Nachforschungsauftrag gar nicht die zuständige Instanz ist, warum leitet die Packstation-Hilfe trotzdem dahin um?
- Warum ist der Hilfebereich so wenig hilfreich?
- Warum kann ich die zentrale Paketermittlung, die offenbar dafür zuständig ist, nicht direkt erreichen?
- Warum hörte ich durch die DHL-Pressestelle überhaupt zum ersten Mal von einer zentralen Paketermittlung?
- Warum schien am Ende die DHL-Pressestelle die einzige Instanz zu sein, die mir wirklich helfen konnte? Warum konnte sie das? Warum andere nicht?
- Was wäre aus meinem Paket geworden, wenn ich nicht nachgehakt hätte?
- Was machen all die DHL-Kund:innen, denen Ähnliches passiert ist wie mir, die aber keine Journalisten sind und sich folglich auch nicht an die DHL-Pressestelle wenden können?
Eventuell hat auch DHL hier noch einige Hausaufgaben zu erledigen…
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Hallo, ich bin mit etwas Recherche auf deinen Beitrag gestoßen. Mir ist kürzlich etwas ähnliches passiert. Gleiches Szenario. Versand via Packstation ohne Label zum Ausdrucken einer eBay-Sendung. Vor wenigen Tagen kam dann ein Päckchen bei mir an für welches der Zusteller 20 Euro Nachentgeld wollte. Es war an mich und von mir nachträglich von DHL adressiert worden. Reste eines alten Hermes-Aufklebers waren noch drauf mit meiner Adresse. Meine Vermutung: Der Zusteller hat schlicht vergessen das ausgedruckte Label drauf zu kleben und der alte Hermes-Aufkleber war die Rettung vor dem „Verlust“. Nun hat meine Odysee begonnen die Nachvergütung zurück zu bekommen. Dafür gibt es online ein Formular um dies zu beantragen. Habe ich getan. Heute schrieb mir DHL eine nette Nachricht à la „Vielen Dank für Ihr Anliegen. Keine Sorge, Ihr Päkchen ist unterwegs zum Empfänger.“ Schon putzig das die das bei einem Paket ohne Sendungsverfolgung, welches den Empfänger nie hätte erreichen können, wissen. Ich habe jetzt bereits 2 Telefonate mit der Hotline und einen sinnlosen Chat mit der DHL-KI hinter mir und bin gespannt ob es mit den 20 Euro klappt. Mein Lehrgeld war zum Glück klein, aber auch ich bin wieder dazu über gegangen Paketlabel auszudrucken und selbst drauf zu kleben….