Balkonkraftwerke mit 600 oder 800 Watt: Wie viel ist denn nun erlaubt?

600 Watt und bald 800 Watt – mehr darf eine Mini-PV-Anlage bzw. ein Balkonkraftwerk in Deutschland nicht produzieren. Das hat gut nachvollziehbare Gründe.

Balkonkraftwerke mit 600 oder 800 Watt: Wie viel ist denn nun erlaubt?
Bildquelle: Pexels

Die Anmeldung einer neuen Photovoltaikanlage beim lokalen Netzbetreiber und der Bundesnetzagentur ist ein Klacks. Einige Regeln sind zu aber beachten, insbesondere die maximal erlaubte Stromleistung. Die steigt demnächst von 600 auf 800 Watt. Aber dürftest du noch mehr Solarstrom generieren? Wir klären’s.

Inhalt:

Physikalische Grundlagen

Um ein paar Basics kommen wir nicht drumherum. Fassen wir uns kurz: Deine PV-Anlage erzeugt Strom aus der Sonneneinstrahlung. Wie viele Watt das am Ende sind, entscheiden vier Faktoren: Wetter und Himmelsrichtung, Neigungswinkel der Paneele, deren Verschattung und die eingesetzten Komponenten.

Was am Ende in den Solarpaneelen an Energie fließt, ist Gleichstrom – die Elektronen bewegen sich immer in die gleiche Richtung, vom Minus- zum Pluspol. Gleichstrom ist gegenüber Wechselstrom um einiges gefährlicher, ein Stromschlag selbst mit geringer Stromstärke kann unter anderem heftige Herz-Rhythmus-Störungen auslösen.

Die meisten Stromleitungen transportieren Elektrizität noch als Wechselstrom - das ändert sich bald. (Foto: Pexels)
Die meisten Stromleitungen transportieren Elektrizität noch als Wechselstrom – das ändert sich bald. (Foto: Pexels)

Gleichstrom nutzt man, um Elektrizität über weite Strecken zu transportieren. In Deutschland ist das noch selten der Fall, aber Pläne für sogenannte Hochspannungs-Gleichstromübertragungstrassen gibt es, um beispielsweise Wind- und Solarenergie aus dem hohen Norden in die südlichen Bundesländer zu transportieren.

Die Norm ist jedoch Wechselstrom, der auch aus deiner Steckdose daheim kommt. Um Gleichstrom in Wechselstrom zu transformieren, brauchst du den Wechselrichter, der jedem Balkonkraftwerk beiliegt. Dieser speist maximal 600 Watt ein, der Gesetzgeber wird die Grenze aber sehr bald auf 800 Watt anheben.

Die Gefahren höherer Wattzahlen

Dass diese Leistungsanhebung noch nicht beschlossen ist, obwohl eine entsprechende EU-Richtlinie vorliegt, hat mit den physikalischen Begleiterscheinungen zu tun. Je mehr Strom fließt, desto mehr Wärme erzeugt dieser.

Zu viel Strom (und damit Wärme) kann zu einer Überhitzung einzelner Stromstränge führen. Diese Überlastung kann Teile deines häuslichen Stromnetzes lahmlegen oder führt schlimmstenfalls zu einem Kabel- und Hausbrand, wenn die Stromanlage für die generierte Strommenge nicht ausgelegt ist.

Smarte Wechselrichter mindern Risiken

Der Schlüssel zur Risikominimierung liegt hierbei wieder in den Wechselrichtern, die wie eine Art Stromschranke agieren und maximal 600 Watt – bald eben 800 Watt – durchlassen. Theoretisch.

Denn viele Hersteller haben bereits smarte Wechselrichter im Angebot. Diese schicken nicht nur stumpf eine gewisse konstante Strommenge ins Hausnetz, sondern regeln die Watt-Zahl je nach aktuellem Bedarf. Die 600 bzw. 800 Watt Maximalleistung rufen sie nur im absoluten Ausnahmefall ab.

Ein Wechselrichter der Firma SUNGROW
Wechselrichter wie dieser Sungrow SH10.0RT können weit mehr als Gleichstrom in Wechselstrom zu transformieren. (Foto: SUNGROW)

Je nach Hersteller sind neue Wechselrichtermodelle außerdem in der Lage, über eine dritte Phase den überschüssigen Solarstrom in einem mit der Anlage gekoppelten Batteriespeicher zu leiten – andernfalls landet der Überschuss kostenfrei im Stromnetz, es sei denn, du hast dich für eine Einspeisevergütung registriert.

800 Watt ist eine politische Grenze

Woher kommen und aber die 800 Watt? Nicht aus der Physik – mit entsprechenden Stromleitungen und Gerätschaften im Hausnetz wären auch deutlich höhere Ströme möglich. Die 800-Watt-Grenze ist in der EU-Richtlinie 2016/613 festgelegt. Bis zu dieser Grenze sind Stromerzeugungsanlagen nicht netzrelevant und damit nicht meldepflichtig.

Eine Wand im Presseraum des Europäischen Parlaments (Foto: Pexels)
Die EU hat 800 Watt als „nicht netzrelevant“ eingestuft. (Foto: Pexels)

Dieser Richtlinie tragen faktisch auch alle Balkonkraftwerkhersteller Rechnung, indem die mitgelieferten Wechselrichter maximal zwei Eingänge für die Solarpaneele haben, die wiederum zusammen auf kaum mehr als die 600 bzw. 800 Watt Spitzenleistung (Wp) kommen.

Darf ich mehr als 800 Watt Solarstrom erzeugen?

Solaranlagen mit mehr als 600 bzw. 800 Watt sind in Deutschland zulässig – du kannst sie regulär in Bau- und Elektromärkten kaufen. Das gilt auch für Anlagen, die du am Balkon montierst – man spricht aber dann nicht mehr von Mini-PV-Anlagen oder Balkonkraftwerken.

Für diese leistungsfähigeren Anlagen greifen schärfere Gesetze und Regularien. Sind die Balkonkraftwerke nämlich ohne echte Anmeldung und viel Papierkram in Betrieb zu nehmen, müssen leistungsstärkere Solaranlagen einige Schritte auf dem Weg zur Genehmigung durchlaufen.

Eine Neubausiedlung mit Photovoltaik auf den Dächern. (Foto: Pixabay)
Du darfst auch mehr als 600 bzw. später 800 Watt mit deiner Solaranlage erzeugen. Dann aber gelten andere Gesetze und Richtlinien. (Foto: Pixabay)

Da wäre die Prüfung durch den lokalen Netzbetreiber, der feststellen muss, ob die leistungsstärkere Solaranlage überhaupt mit dem Netz kompatibel ist. Hast du keinen smarten Wechselrichter, der nur den aktuell verbrauchten Strom ins Hausnetz einspeist, geht der überschüssige Strom ins öffentliche Netz. Und das ächzt bereits unter dem Solarboom. Für den Vorabcheck hat der Netzbetreiber acht Wochen Zeit.

Die Installation einer leistungsstärkeren Anlage muss durch einen Fachbetrieb erfolgen. Während die kleinen Balkonkraftwerke bis 600/800 Watt jede Person aufbauen und in Betrieb nehmen darf, ist hier Expertise zwingend notwendig. Ohne den fachgerechten Aufbau ist die Anlage illegal. Das gilt sowohl für Balkonkraftwerke über der 600/800-Watt-Grenze als auch Solaranlagen auf dem Haus- oder Flachdach.

Was bleibt, ist die Anmeldung der Anlage, die über das Marktstammdatenregister, die Bundesnetzagentur und ggf. über Finanzamt und Gewerbeamt zu erfolgen hat.

Fazit: Leistungsstärkere Solaranlagen sind legal

Die Inbetriebnahme einer Solaranlage über 600 oder 800 Watt ist legal – dann aber spricht man nicht mehr von einem Balkonkraftwerk oder einer Mini-PV-Anlage. Eine leistungsstärkere Anlage senkt die Stromrechnung noch weiter ab oder erwirtschaftet ein nettes Nebeneinkommen.

Der Netzbetreiber muss sie aber zuvor genehmigen und der Einbau ist zwingend von einer Elektrofachkraft vorzunehmen, die außerdem abklopft, ob die Komponenten das hausinterne Stromnetz nicht überlasten.

Balkonkraftwerke findest du auch bei EURONICS.

(Aufmacher: Pexels)

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