Es war auf einer Live-Kochshow am Siemens-Stand mit Fernsehkoch Nelson Müller. Während Müller am Herd das Essen brutzelte, zeigte sein Gehilfe nebenbei, was Siemens damit zu tun hat. „Huch, jetzt habe ich schon wieder das Tablet mit meinen verschmierten Fingern angefasst“, sagte der Gehilfe, „dabei geht das doch einfacher!“
Sprachs und wandte sich dem smarten Küchenassistenten Mykie zu. „Mykie, haben wir alle Zutaten für das Mango Chutney im Kühlschrank?“
Denn der intelligente neue Kühlschrank der vernetzten Siemens-Küche weiß, welche Lebensmittel darin sind, ob sie noch frisch sind und ob sie sich für das gewünschte Rezept eignen. Im Prinzip ist das genial!
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Aber Mykie verstand nicht richtig: „Soll ich nach Zutaten zu einem Rezept, die du zuhause hast, suchen? Oder möchtest du selbst nach Zutaten suchen?“
Der Mitarbeiter versuchte es noch einmal: „Mykie, haben wir alle Zutaten für das Mango Chutney im Kühlschrank?“
Doch Mykie wollte wieder nicht: „Tut mir Leid, ich habe nicht verstanden, was du gesagt hast.“
Es ist nur eine Episode in der langen Geschichte von Sprachsteuerungen und Hindernissen dieser. Es kann viel dazu beigetragen haben, dass Mykie in dem Moment nichts verstanden hat. Vielleicht war es der Vorführeffekt, vielleicht auch nur schlechter WLAN-Empfang in den Messehallen. Und doch zeigt dieser Moment, wo nach wie vor das Problem mit der viel gepriesenen künstlichen Intelligenz liegt, die auch gerade auf der IFA 2017 das beherrschende Thema ist. Das Mensch-Maschine-Interface versteht den Menschen in immer noch zu vielen Fällen nicht. Und da können die Systeme dahinter noch so intelligent sein, ohne funktioniert es nicht.
Was sagt das nun für die beiden Trends Sprachsteuerung und künstliche Intelligenz aus? Beide liegen eigentlich gut im Soll der aktuellen IFA-Trends:
IFA-Trends 2017
- 4K/UHD: Angekommen im Mainstream. Niedrigere Auflösungen gibt es für TV-Geräte kaum noch, die Preise sind stark ins Rutschen gekommen. Sharp hat derweil einen 8K-Fernseher für den Massenmarkt für 2018 angekündigt.
- Breitbild-Smartphones nahezu randlos und mit 18:9 oder ähnlichem Seitenverhältnis (Vorbilder: Galaxy S8 und LG G6): junger Trend mit immer mehr Vertretern, selbst Wiko
- Multiroom-Lautsprecher: Lautsprecher, die sich untereinander vernetzen lassen. Mittlerweile Massenmarkt. Vorbild: Sonos. Neu dabei etwa Marshall.
- HDR-Bildschirme: Stark im Kommen, vor allem im TV-Geräte-Bereich, aber auch bei ersten Smartphones, etwa von Sony.
- Breitband-Gaming-Monitore: Mittlerweile sehr beliebt unter den Herstellern, ebenso wie die 144-Hertz-Bildwiederholrate oder beides in einem.
- Internet der Dinge (IoT): Angekommen und mittlerweile von fast jedem Hersteller unterstützt, vor allem im Küchenbereich. Dort kochen die Hersteller allerdings sehr oft ihr eigenes Süppchen mit proprietären Techniken.
- Sprachsteuerungen in Lautsprechern, Backöfen etc: Das ganz heiße Ding auf der IFA 2017
- Künstliche Intelligenz: Verbirgt sich natürlich meist im Hintergrund einer Sprachsteuerung und wird ebenfalls in Küchen, Wohnzimmersystemen, vernetzten Häusern und vielem mehr eingesetzt. Viele Hersteller greifen dabei auf den Google Assistent, Alexa oder Cortana zurück. Einige verwenden aber auch ihre eigenen Lösungen.
- Virtual Reality: Am Scheideweg. Viele Aussteller zeigen weiterhin die dicken Klopper gepaart mit oft zweifelhaften Anwendungen vor den Augen der Anwender. Und auch Samsung hat auf dem eigenen IFA-Stand einen eigenen „Freizeitpark“ mit 4D-Kino aufgebaut, bei dem den Besuchern VR-Brillen aufgesetzt werden. Sollten sich die Brillen aber nicht bald durchsetzen, könnten sich die Abgesänge auf die Technik bewahrheiten.
- Smartwatches: Auch hier gibt es Abgesänge noch und nöcher, die Geräte sind auf der IFA aber zahlreich vertreten. Die Hersteller haben hier noch lange nicht aufgegeben und jüngste Zahlen von IDC zeigen, dass sie damit richtig liegen.
- 360-Grad-Kameras: Von vielen Herstellern auf der IFA gezeigt, etwa von Acer und Ricoh. Man wird allerdings das Gefühl nicht los, dass sie nicht das nächste große Ding werden, wie von Essential-Gründer Andy Rubin erhofft, zumal sie vom wackeligen Trend Virtual Reality natürlich ein Stück weit abhängen.
Was sagt das nun für Sprachsteuerungen und künstliche Intelligenz? Trends kommen und gehen. Einige setzen sich durch, wie etwa 4K, andere, wie 3D-Technik verschwinden nach einigen Jahren wieder. Meist trifft es die Ideen, die in der Praxis eben doch nicht ganz so praktikabel sind. Wer hatte schon Spaß daran, sich im Wohnzimmer vor jedem Film erst einmal eine 3D-Brille aufzusetzen? Vor der gleichen Herausforderung steht aktuell Virtual Reality: Die Technik ist unpraktisch, teuer und noch immer fehlen genügend bahnbrechende Anwendungen.
Viele Sprachen, viele große Herausforderungen
Das Problem mit Sprachsteuerungen, die schwer von Begriff sind, ist nicht so trivial, wie es klingt. Nachdem uns Witze über Missverständnisse von Sprachautomaten am Telefon oder mit Siri schon eine ganze Weile begleiten, deutet das darauf hin: Das Problem wird so schnell nicht abgeschafft werden können, egal, wie hart die Anbieter daran arbeiten. Systeme, die weltweit funktionieren, dürfen eben nicht nur im verhältnismäßig einfachen Englisch funktionieren. Sie müssen es in jeder noch so komplexen Sprache. Und das stellt die Entwickler vor massive Probleme.
Die deutsche Sprache scheint hier schon eine harte Nuss zu sein. Amazon wagte sich mit Alexa früh, aber doch erst Jahre nach dem Start der englischen Version auf den deutschen Markt. Viel versteht Alexa richtig, vieles aber eben immer noch nicht. Google ließ sich ebenfalls viel Zeit, um den auf Englisch schon verfügbaren Assistenten auch auf Deutsch auf den Markt zu bringen.
Und Samsung verwendet für seinen neuen Assistenten Bixby bei geschriebenem Text zwar bereits Deutsch, eine deutsche Spracherkennung lässt allerdings noch auf sich warten. Lediglich auf Englisch und Koreanisch ist Bixby auf den beiden, weltweit begehrten Spitzensmartphones Galaxy S8 und Galaxy Note 8 erst erhältlich.
Die nächsten zwei Jahre werden entscheidend sein für das Thema Sprachsteuerung alias Voice first. Anwendungen für künstliche Intelligenz gibt es genug und sie werden gefragt sein. Es liegt an einer ansprechenden, gut funktionierenden Bedienung, ob sie sich durchsetzen. Bei Mykie und Siemens‘ smarter Küche würde ich es mir wünschen.
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Hallo Jürgen, danke für den Bericht! Ich sehe das derzeit ähnlich, im Gesprächsmodus wird in Zukunft vieles geregelt werden können, bis dahin ist aber noch ein Weg zu gehen. Was ich jedoch nicht verstehe ist der Vernetzungswahn der neuen Haushaltsgeräte – der Backofen, Kühlschrank und Waschmaschine müssen doch nicht am Netz hängen und schlau sein, wofür den auch? Bestücken/Entleeren muss man eh per Hand, und aus der Ferne starten, nun ja, wenn man will, gibt es da schon seit 20 Jahren eine Start/Endzeitvorwahl, nur genutzt wird diese nicht. Die einzige Geschichte die mir derzeit sinnvoll erscheint ist ein fernbedienbarer Thermostat, ist aber auch nur dann von Vorteil wenn man „normale“ Heizkörper hat, bei Fußbodenheizung (wird wegen Niedrigtemperatur immer mehr) wird auch das nicht gebraucht. Der ganze IoT-Drang ist irgendwie „weit hergeholt“, oder?
Toller Bericht. Ich weiß nicht, ob es tatsächlich notwendig ist, jegliche Dinge per Sprache zu steuern und zu vernetzen. Letztlich wird damit doch jedes Gerät auch fehleranfällig. Zudem holt man sich mit jedem vernetzten Gerät auch ein Einfallstor für Hacker ins Haus. Oder muss ich dann jede Woche auf meinen Kühlschrank ein Softwareupdate installieren, was wenn es schief geht den Kühlschrank außer Betrieb setzt?! Auf so etwas habe ich echt keine Lust.