In eigener Sache: Warum tausende gelangweilte Fußballfans plötzlich einen alten Trendblog-Beitrag ansteuerten

In eigener Sache: Warum tausende gelangweilte Fußballfans plötzlich einen alten Trendblog-Beitrag ansteuerten

Eine Werbung des chinesischen Herstellers Hisense lotste während der Fußball-EM tausende Besucher auf unser Blog. Erstaunlicherweise aber nicht bei den unterhaltsamsten Spielen oder denen mit höchster Einschaltquote. Sondern aus einem überraschenden anderen Grund.

Plötzlich hohes Interesse

Kurz nach der IFA im vergangenen Jahr schrieb ich an dieser Stelle einen Beitrag, der drei neue Fernsehtechniken kurz erklärte und verglich: OLED vs ULED vs SUHD: Welche Fernsehtechnik bietet das beste Bild? Ein paar Dutzend Besucher klickten in den ersten Tagen nach der Veröffentlichung darauf, danach versank der Beitrag mehr oder weniger in der Bedeutungslosigkeit. Bis zum 25. Juni 2016.

Von einem Tag auf den anderen hatte der schon tot geglaubte Beitrag plötzlich mehr als 300 Besucher an einem Tag. Seht selbst:

Ein uralter Beitrag zieht auf einmal deutlich mehr Besucher an. Was war da los?
Ein uralter Beitrag zieht auf einmal deutlich mehr Besucher an. Was war da los?

Solche Ausschläge nach oben kommen schon einmal vor. Manchmal postet jemand einen Beitrag von uns in einem gut besuchten Forum oder einer bekannten Webseite. Nach ein paar Tagen ist der Spuk dann für gewöhnlich wieder vorbei. Diesmal schien es auch so zu sein. Doch nach wenigen Tagen gingen die Ausschläge erneut in die Höhe, der Beitrag feierte schließlich am vergangenen Sonntag, den 10. Juli, mit 410 Besuchern sein bestes Ergebnis.

Im Monatsvergleich sieht das so aus, deutlich mehr im Juni und Juli als im Mai oder den Monaten davor:

ULED-Beitrag-Monatsvergleich

Oder im Tagesvergleich:

ULED-Beitrag-Tagesvergleich

Wir beobachteten den Verlauf für ein paar Tage und machten uns wenig Reim darauf. Hatte Google unseren Beitrag also mal etwas höher in die Suchergebnisseiten einsortiert? Gut möglich. Wir würden also eher gefunden und aufgerufen, wenn jemand nach einem der im Beitrag verschlagworteten Themen OLED, ULED oder SUHD sucht. Aber warum suchte ausgerechnet jetzt jemand danach?

Mein Kollege Peter Giesecke grub sich einige Tage in unser Website-Analysetool AT Internet ein und stieß für Donnerstag, den 30.6., auf ein interessantes Ergebnis. Etwa zwischen 21 und 23 Uhr an jenem Tag waren die Abrufe für unseren Beitrag besonders hoch. Am Nachmittag oder frühen Abend des gleichen Tages: praktisch nicht erwähnenswert.

Besucher für unseren ULED-Beitrag: auffällig hoch während des Spiels Polen-Portugal
Besucher für unseren ULED-Beitrag: auffällig hoch während des Spiels Polen-Portugal

Spätestens hier schien der Beweis gefunden zu sein, dass es irgendwas mit der Fußball-Europameisterschaft und der TV-Übertragung davon zu tun haben müsste. Ein Blick auf den Turnierkalender verriet: Es war das erste Achtelfinale zwischen Polen und dem späteren Europameister Portugal. Kein besonders berauschendes Spiel, das zudem noch erst im Elfmeterschießen entschieden wurde. Mehr als 15 Millionen Zuschauer in Deutschland schalteten trotzdem bei der Partie im Durchschnitt ein.

Ein ähnliches Bild ergibt sich für den 25. Juni, den ersten Tag, an dem unser Beitrag signifikant mehr Besucher anzog als als zuvor. Wieder viele Seitenaufrufe gegen 21 Uhr, noch mehr gegen 22 Uhr. Allerdings auch schon etwas Interesse gegen 19 Uhr. Auf dem Turnierkalender standen an diesem Samstag die Achtelfinalpartien Wales – Nordirland (18 Uhr) und – wieder – Portugal an, diesmal gegen Kroatien (21 Uhr):

Leichtes Interesse bei Wales-Nordirland, deutlich mehr bei Portugal-Kroatien
Leichtes Interesse bei Wales-Nordirland, deutlich mehr bei Portugal-Kroatien

Ein ähnlich starkes Ergebnis verzeichnete unser Beitrag insgesamt noch einmal am Sonntag, den 26. Juni, hier vor allem gegen 19 Uhr – der zweiten Halbzeit des Spiels Deutschland – Slowakei (3:0). Mehr als 28 Millionen Zuschauer waren hier im Schnitt dabei:

Am Sonntag, der 26.6., fanden drei Spiele statt, darunter Deutschland-Slowakei zwischen 18 und 20 Uhr.
Am Sonntag, der 26.6., fanden drei Spiele statt, darunter Deutschland-Slowakei zwischen 18 und 20 Uhr.

Das Mysterium schien also gelöst, zumindest teilweise: Zu Zeiten einiger Fußballspiele riefen besonders viele TV-Zuschauer unseren Beitrag OLED vs ULED vs SUHD auf. Und auch die Antwort auf das Warum war dann recht schnell gefunden: Es dürfte mit der Werbung des Herstellers Hisense zu tun haben:

Hisense-ULED-Werbung. Etwa alle fünf Minuten in jedem EM-Spiel zu sehen. Bildquelle: ARD/UEFA
Hisense-ULED-Werbung. Etwa alle fünf Minuten in jedem EM-Spiel zu sehen. Bildquelle: ARD/UEFA

Etwa alle fünf Minuten tauchte die Hisense-Werbung im Wechsel mit der der anderen EM-Hauptsponsoren auf. Werbeslogan: „Turn on ULED #FeelEverything“:

Hisense ULED-Werbung, hier im Finale Portugal - Frankreich. Bildquelle: ARD/UEFA
Hisense ULED-Werbung, hier im Finale Portugal – Frankreich. Bildquelle: ARD/UEFA

„Turn on was?“, werden sich da einige gefragt haben und per Smartphone, Tablet oder Laptop auf Google nach ULED gesucht haben. Unser Beitrag taucht dort derzeit als einer der obersten auf.

Rätsel also gelöst und Formel entschlüsselt? Je höher die Einschaltquote, desto mehr Besucher wegen ULED auch auf dem Trendblog? Ganz so einfach ist es nicht – und hier wird es interessant.

„Nur“ knapp 18 Millionen Zuschauer sahen am Sonntagabend das Finale zwischen Portugal und Frankreich. Dennoch feierten wir da auf dem Trendblog mit über 400 Zugriffen den bisher größten Erfolg für unseren OLED-vs-ULED-Beitrag. Das Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft gegen Frankreich am vergangenen Donnerstag war derweil ein echter Straßenfeger mit der höchsten EM-Einschaltquote aller Zeiten und fast 30 Millionen Zuschauern. Die „Quoten“ für unseren ULED-Beitrag waren an diesem Tag aber vergleichsweise gering. Nur 42 Seitenaufrufe statt 400 ein paar Tage später.

Plötzlich Zeit für andere Dinge

Das kann viele Gründe haben. Viel hängt davon ab, in welcher Spielsituation und Perspektive eine Werbebande zu sehen ist. Tritt etwa gerade ein Spieler zur Ecke an, die Kamera stellt auf Nahaufnahme und das Werbebanner liegt direkt im Auge des Betrachters? Dann fällt Werbung natürlich besonders auf. Weniger hingegen, wenn sich in einem Spiel Torchance an Torchance reiht. Man bringt für Werbung dann schlicht keine Aufmerksamkeit auf. So etwa im Spiel Deutschland-Frankreich – auch wenn die Bemühungen unserer Jungs leider nicht von Erfolg gekrönt waren.

Genau wissen wir es nicht, aber wir haben eine – selbstverständlich rein subjektive und vermutlich niemals nachweisbare – Vermutung: Gesucht wurde nach ULED hauptsächlich dann, wenn ein Spiel gerade besonders langweilig war. Deutschland gegen die Slowakei etwa: recht früh entschieden, in der zweiten Halbzeit langweilig und gerade deswegen wahrscheinlich mehr Besucher bei uns. Passiert wenig und hat man nicht das Gefühl, etwas zu verpassen, wenn man mal kurz wegguckt, greift man auch schonmal zum Second Screen und sucht etwas auf dem Smartphone.

Hisense freut sich über mehr Besucher

Der chinesische Staatskonzern Hisense zumindest ist laut einer am Freitag veröffentlichten Pressemeldung erstmals großflächig bei einem internationalen Turnier als einer der Hauptwerbepartner in Erscheinung getreten:

Die Zuschauer zu Hause und Fans in den Stadien Frankreichs konnten ebenfalls das Logo von Hisense auf Stadion-LED-Displays, Tickets, Interview-Hintergrundwänden und in Fanzonen bei allen Spielen der UEFA EURO 2016 sehen, was die #FeelEverything-Message sogar noch weiter vorantrieb.

Und man zeigte sich zufrieden mit dem Erfolg der Maßnahmen (Hervorhebung von uns):

Auf dem deutschen Markt ließen sich deutliche positive Auswirkungen auf die Verkaufszahlen der Produkte von Hisense beobachten, speziell im Bereich TV. Dort stieß insbesondere das während der UEFA EURO 2016 gezielt beworbene UHD-Modell H65M5500 auf eine große Nachfrage. Auch die Zugriffszahlen der Website www.hisense.de stiegen erheblich an.

Wenn die „Querschläger“ auf unserer Seite ein Indikator dafür sind, dann darf man Hisense hier gerne glauben. Die Werbung dürfte sich gelohnt haben.

Hisense-Werbung: "Nächste Evolution"
Hisense-Werbung: „Nächste Evolution“

Die Wahrheit

Das etwas erschreckende Fazit dieses Beitrags aber: Werbung funktioniert dann, wenn viele Menschen gleichzeitig etwas sehr Langweiliges sehen und den Kopf frei haben für andere Dinge. Umschalten mag man dann irgendwie nicht, man könnte ja doch was verpassen. Also erträgt man’s und schlägt die Zeit mit anderen Dingen tot. Das spricht nicht gerade für die EM. Führende Trainer wie Ewald Lienen oder – aktuell im „Spiegel“ – Lucien Favre kritisierten denn auch das Niveau des Turniers. Aber für die Werbung, die dort präsent war und ein bisschen mysteriös blieb – vielleicht gerade deswegen ein Erfolg.

Was ist das denn nun?

Am Schluss wäre noch die Frage zu klären: Was ist denn nun eigentlich ULED? Bei Hisense-Fernsehern steht die Abkürzung für „Ultra LED“, damit gemeint sind LED-Fernseher mit Ultra-HD-Auflösung und Nanokristallen für ein – laut Hersteller – besonders kontrastreiches Bild. Eine Google-Suche zum Thema fördert dazu einen Beitrag vom Euronics Trendblog zu Tage. 😉 Dort findet ihr auch alles zum Unterschied zu den Techniken der anderen Hersteller. Und noch mehr Infos über ULED erhaltet ihr – leider auf nur Englisch – auch auf der Hisense-Website.

Beitragsbild: ARD/UEFA/Hisense

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4 Kommentare zu “In eigener Sache: Warum tausende gelangweilte Fußballfans plötzlich einen alten Trendblog-Beitrag ansteuerten

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