Netflix Infinite Runner: Kurzweiliges Online-Spiel ist eine kluge Eigenwerbung

Der US-Videostreaming-Anbieter Netflix ließ bereits kurz vor Silvester mit einer eigenen Adaption des Klassikers „Dinner for One“ aufhorchen. Nun hat er ein eigenes Online Jump-and-Run-Spiel herausgebracht. Beides ist Eigenwerbung, aber ziemlich clevere.

Netflix Infinite Runner: Kurzweiliges Online-Spiel ist eine kluge Eigenwerbung

TV-Werbespots werden heute kaum noch wahrgenommen, Online-Banner gerne geblockt. Wie wirbt man also am besten für sich? Mit völlig neuen Formaten, über die andere dann gerne sprechen. Netflix scheint an diesem ungewöhnlichen Weg gefallen gefunden zu haben. Neuestes Beispiel für die untypischen Werbemaßnahmen des US-Videostreaming-Pioniers ist ein simples Online-Spiel namens Netflix Infinite Runner.

Bei Netflix Infinite Runner schlüpft man in die Rolle eines beliebten Charakters einer Netflix Eigenproduktion. Zur Auswahl stehen:

  • Pablo Escobar (Narcos)
  • Marco Polo (Marco Polo)
  • Piper Chapman (Orange is the New Black)
  • Mike Wheeler (Stranger Things)

Was am Netflix Infinite Runner wirklich schön ist: Mit jeder Spielfigur tritt man in die jeweilige Welt der Serie ein. Pablo Escobar etwa muss sich vor Drogenfahndern und Soldaten in Acht nehmen, Piper Chapman vor Mithäftlingen und Wärtern. Jede der vier Spielewelten hat außerdem die jeweilige Originalmelodie als Hintergrundmusik spendiert bekommen.

Alles Weitere an Netflix Infinite Runner ist derweil dann simpelst und wirkt wie eine Mischung aus Flappy Bird und Googles T-Rex Running Game. Die Steuerung ist zwar simpelst: Mann kann nur die Leertaste verwenden, um zu springen. Dabei muss man über Hindernisse hinweg springen oder kann Bonuselemente einsammeln. Springt man zu spät, erwischen einen die Gegner. Die Steuerung hängt manchmal ein wenig.

Ansonsten aber ist Netflix Infinite Runner gar nicht einmal so leicht, wie es aussieht und verfolgt damit das Konzept von Flappy Bird: man mag nicht wahrhaben, dass man schon so schnell aus dem Leben scheidet und startet immer wieder neu.

Zumindest eine Weile. Denn besonders aufwändig hat Netflix den Infinite Runner nun auch wieder nicht gestrickt. Es ist kaum zu übersehen, dass es hier nur um Werbung gehen soll. Damit macht der Streaming-Dienst wieder einmal auf seine teuren und mehr oder weniger erfolgreichen Eigenproduktionen aufmerksam.

Kolumbianische Regierung wehrt sich gegen Narcos-Werbung

Anfang Dezember hatte Netflix noch mit einer „Binge Routine“ geworben. Der Dienst hatte herausgefunden, dass Nutzer sich nach einem Serienstreaming gerne einen Film ansähen. Dass diese oft thematisch zusammenhängen, hat der Dienst dann in einer Infografik dargestellt. Da kam etwa bei heraus, dass viele Nutzer nach Narcos etwa „Pulp Fiction“ eingeschaltet hätten, ebenfalls einen Film, in dem es um Drogen und Gewalt geht:

Und zwei Tage vor Silvester überraschte Netflix mit einer Neuauflage von „Dinner for One“, eine der ersten Eigenproduktionen des Dienstes für den deutschen Markt. Am Tisch von Miss Sophie saßen dann nicht Sir Toby, Admiral von Schneider, Mr. Winterbottom und Mr. Pommeroy, sondern Saul Goodman (Better Call Saul), Frank Underwood (House of Cards), Suzanne „Crazy Eyes“ Warren (Orange is the New Black) und wieder Pablo Escobar (Narcos):

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Nicht überall stößt diese Netflix-Werbung übrigens auf Gegenliebe. In Kolumbien etwa, wo sich die Regierung in einem komplizierten Friedensprozess mit den FARC-Rebellen befindet, reißt die Serie „Narcos“ alte Wunden wieder auf. Das längst verscheucht geglaubte Gespenst Pablo Escobar ist wieder da. Denn was man natürlich nicht vergessen darf: Der Mann war echt, hat ein ganzes Land in den Abgrund gerissen und dass seine Schreckensherrschaft vorbei ist, ist gerade einmal 20 Jahre her. Die kolumbianische Regierung bat kürzlich etwa die Stadtregierung Madrids, ein gigantisches Netflix-Werbeplakat mit der Figur des Pablo Escobar herunterzunehmen. Der Mann habe es nicht verdient, dass man für ihn werbe. Auch viele Madrilenen störten sich an der doppeldeutigen Plakataufschritt „Oh, weiße Weihnacht“.

So oder so: Netflix weiß seine Eigenproduktionen als Marken einzusetzen. Ob man am Spiel Infinite Runner nun besonders lange sitzt oder nicht: So eine Art der Werbung bleibt länger im Gedächtnis als ein 0815-Werbespot. Und auch ein großes Pablo-Escobar-Werbeplakat verfehlt seine Wirkung nicht. Wenn es dabei gegen den guten Geschmack verstößt, geht es für mein Empfinden eine Spur zu weit. Trotzdem bin ich gespannt, auf welche Weise der Dienst als nächstes wirbt.

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