Fazit: Gelungene Restauration eines Klassikers
Mit der vierten Auflage von Gehirn-Jogging bringt Nintendo die Erfolgsreihe auf die Switch. Abwechslungsreiche Aufgaben, motivierende Tagestests und entspannende Minispiele bilden das solide Fundament eines modernen Klassikers. Die Knobel-Software treibt mit diesem Dreiklang eure grauen Zellen an.
Ob die erworbenen Fähigkeiten aus dem Training im Alltag einen Unterschied machen, vermögen wir nicht zu sagen. Dafür ist das Programm suchterzeugend, was dazu führt, sich mit diesen und anderen Knobelaufgaben auseinanderzusetzen.
Trotz kleinerer technischer Mankos und der nur eingeschränkten Online-Anbindung ist Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging für Switch eine klare Kaufempfehlung. Für Jung und für Alt.
Willkommen zurück im Oberstübchen
Vor dreizehn Jahren debütierte Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging auf dem Handheld Nintendo DS. Ein unerwarteter Erfolg, der viele Millionen Nutzer ansprach und zwei Nachfolger hervorbrachte. Dass die Reihe auf der Nintendo Switch erscheint, ist konsequent. Die Hybrid-Konsole ist mobil, reagiert auf Toucheingaben und erreicht breite Käufermassen.
Habt ihr schon einmal Gehirn-Jogging gespielt, fühlt ihr euch sofort heimisch. Wieder brabbelt das schwebende Konterfei des japanischen Hirnforschers Ryûta Kawashima im Startbildschirm von präfrontalem Cortex. Erklärt die Vorzüge von Denksportaufgaben. Und zitiert diverse Studien, die belegen, dass regelmäßige Knobeleien geistig fit halten. Uff, durchatmen, Herr Kawashima!
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Denn für Einsteiger kann die Textlastigkeit leicht überfordernd sein. Ihr kennt Gehirn-Jogging nicht? Auf dem Modul finden sich Denk-, Rechen- und Sprach-Übungen, die den präfrontalen Cortex trainieren. Dieser managt Kurzzeitgedächtnis, Entscheidungsfreude, beurteilt emotionale Bewertungen und aktiviert flexibles Verhalten. Kein unwichtiger Teil der grauen Zellen, weshalb ihn zu stärken sinnvoll ist.
Alte und neue Übungen
Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging für Switch bietet grundlegend drei Modi: kurze Übungen, Tagestests und Spiele zur Ablenkung. Die Denksporteinheiten mit etwa zwei Minuten Spielzeit pro Durchlauf setzen sich aus altbekannten und neuen Aufgaben zusammen. Die Aufgabe, Zahlen schnellstmöglich zu addieren, subtrahieren, dividieren oder multiplizieren, ist seit dem Debüt dabei. Die höchste Nummer unter vielen anzutippen ebenso.
Drei Beispiele aus dem Aufgaben-Portfolio: Spielt Piano, findet das richtige Foto und ordnet den korrekten Buchstaben einem unvollständigen Wort zu. (Screenshots: Nintendo)
Dass ihr einen Hürdenläufer springen lassen müsst, während ihr die höchste Zahl erspäht und heraussucht, das beispielsweise ist neu. Und fordernd. Überhaupt sind all die Aufgaben, so leicht sie erscheinen mögen, echte Kopfnüsse. Bilder zu erkennen, wenn das Spiel sie spiegelt und über dem Screen verteilt liegen, fordert das fotografische Gedächtnis. Das Lesen alter Zeitungsartikel kitzelt an der eigenen Lesekompetenz.
Seid ihr der kleinen Aufgaben überdrüssig, absolviert ihr einen Tagestest mit drei zufällig ausgewählten Übungen. Auf Grundlage der dort erzielten Ergebnisse stuft Dr. Kawashima euer geistiges Alter ein. Und dieser Moment kann am Anfang heftig sein. In meinem Fall stand da das Alter von 56 Jahren – eine Diskrepanz von mehreren Jahrzehnten! Durch fleißiges Üben reduzierte sich die Zahl deutlich. Euren Fortschritt überprüft ihr mittels integriertem Kalender inklusive Stempelmarken für absolvierte Testtage.
Abschalten! Und zwar mit der Bazillen-Jagd (auch als Dr. Mario bekannt) und dem Schweizer Rätselklassiker Sudoku. (Screenshots: Nintendo)
Angenehm ist, dass das Programm euch bereits nach einigen Aufgaben in den Alltag „entlässt“. Durchgehend drei oder vier Stunden das Gehirn zu joggen unterbindet der virtuelle Dr. Kawashima mit charmanten Einlassungen. Aber er bietet zur Entspannung mehrere Mini-Spiele an. Dazu gehören die auf Dr. Mario basierende Bazillen-Jagd und Sudokus in verschiedenen Schwierigkeitsstufen. Mehr als 25 Minuten pro Tag seid ihr mit der Software nicht beschäftigt.
Wie sinnvoll ist Gehirn-Jogging?
Dass abwechslungsreiche Aufgabenstellungen und Problemlösungen beitragen, das Gehirn fit zu machen, ist in der Forschung unumstritten. Die Frage, ob digitales Gehirn-Jogging lohnt, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen. Der Hirnforscher Lutz Jäncke resümierte 2013, dass Trainingseffekte nachweisbar seien.
Ob eine Transferleistung stattfinde, das sei nicht klar. Transferleistung meint, dass das gezielte Training einer Aufgabe andere Denkleistungen verbessert. Nahtransfers funktionieren. Sich Zahlen zu merken und später Personen einzuprägen, liegt kognitiv gesehen eng beieinander. Sind die Lösungsanforderungen für Problemstellungen weit auseinander liegend, müsste eher das allgemeine Denkvermögen stimmen. Wollt ihr eure Kombinationsgabe breiter aufstellen, seien euch Denkspiele wie Layton empfohlen.
Trotzdem ist Gehirn-Jogging der erste Schritt hin zu einem fitteren Gehirn.
Das Interview mit Lutz Jäncke in ganzer Länge findet ihr hier.
Funktionierende Technik mit Schwächen im Detail
Bliebe zu klären, wie sich Gehirn-Jogging in technischer Hinsicht schlägt. Kennt ihr die DS-Fassungen, wisst ihr, dass sämtliche Eingaben über den Touchscreen erfolgen. Das ist auch bei der Switch-Version so. Kauft ihr das Modul im stationären Handel, liegt ein Touchpen für kapazitive Displays bei. Erwerbt ihr das Spiel im Nintendo eShop, fehlt der Eingabestift. Was halb so schlimm wäre. Denn generell funktionieren alle Pens für Tablet und Smartphone mit der Switch.
Die Eingaben erkennt die Software größtenteils korrekt. Hier und da kann es vorkommen, dass eine 5 und die 9 miteinander vertauscht sind. Das wirkt sich negativ auf die Ergebnisse aus. Hier hilft Gehirn-Jogging, indem ihr erlernen könnt, wie das Spiel die Zahleneingabe erwartet. Zudem bietet das Programm eine Funktion an, die 5 in zwei Zügen zu schreiben.
Gewöhnungsbedürftiger als das Schreiben ist die Spielhaltung. Gehirn-Jogging spielt ihr mit einer vertikal gehaltenen Switch in einer und dem Stift in der anderen Hand. Das originale Modell mit Joy-Cons solltet ihr um diese entlasten, da das Konsolengewicht binnen einiger Minuten ordentlich nach unten zieht.
Manche Aufgaben funktionieren nur mit den einzelnen Joy-Cons. Switch-Lite-Spieler haben da einen Nachteil. (Fotos: Nintendo)
Switch Lite mit kleinen Einschränkungen
Besitzer einer Switch Lite haben einen eingeschränkten Funktionsumfang. Für diverse Aufgaben benötigt ihr den rechten Joy-Con und dessen Infrarot-Kamera. Auch Übungen für mehrere Spieler gleichzeitig am heimischen HDTV setzen auf Eingabe per Joy-Con. Dort zeigt ihr bei Schere, Stein, Papier die entsprechende Geste. Ob dieser Bruch mit der Spiele-Philosophie zündet, bleibt Geschmackssache.
Die Weltmeisterschaft im Blick
Bei den Online-Funktionen gibt sich Gehirn-Jogging für Switch zurückhaltend. Eine Mitgliedschaft für Nintendo Online vorausgesetzt, habt ihr derzeit Zugriff auf weltweite Bestenlisten und automatisch versendete Rekord-Emails an Freunde. Erst in ein paar Monaten kommt die offizielle Gehirn-Jogging-Weltmeisterschaft. Spätestens dann dürften wieder ihre grauen Zellen intensivst zu trainieren.
Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging für Switch ist bei Euronics erhältlich.
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