Wo Systemkameras punkten und DSLRs brillieren

DSLR oder Systemkamera? Foto-Enthusiasten haben die Wahl zwischen zwei grundlegend unterschiedlichen Konzepten. Wo die Vorzüge beider Klassen liegen, erklären wir euch in diesem Beitrag.

Wo Systemkameras punkten und DSLRs brillieren

Vor einiger Zeit haben wir euch im Trendblog schon einmal die Vorzüge von spiegellosen Systemkameras vorgestellt. Mittlerweile sind DSLMs auch bei den Absatzzahlen an DSLRs vorbeigezogen, und sie behaupten diese Position seitdem. Fujifilm X-T4, Canon EOS RP und Sonys Alpha 7 stellen die Flaggschiffe des Segments.

Stehen Spiegelreflexkameras damit vor dem Aus? Oder gibt es nur einen Systemkamera-Hype? Wir haben uns mit beiden Geräteklassen auseinandergesetzt und den Status Quo in 5 Kategorien abgeklopft.

Ergonomie und Gewicht

DSLR- und DSLM-Kamera-Gehäuse imitieren vielfach analoge Fotoapparate vergangener Jahrzehnte. Die bewährte Gestaltung führt zu einer guten Ergonomie und einem Quasi-Standard. Zentrale Knöpfe und Drehregler findet ihr zwischen den Modellen an ähnlicher oder gleicher Position. Auf geringe Unterschiede könnt ihr euch schnell einstellen. Tendenziell sind DSLRs etwas schwerer als ihre spiegellosen Konkurrenten.

Die Systemkamera-Gehäuse können kompakter und leichter ausfallen – hier am Beispiel der Canon EOS RP illustriert. Ist das geringere Gewicht ein Vorteil? Das müsst ihr selbst entscheiden. (Foto: Jürgen Vielmeier)

Ist das ein Vor- oder Nachteil? Das solltet ihr nach einem Hands-on selbst entscheiden. Manch einer wertschätzt jede Gewichtseinsparung. Andere mögen es, ein schweres Modell in Händen zu halten. Systemkameras neigen allerdings dazu, etwas „kopflastig“ zu sein, wenn ihr Objektive mit längerer Brennweite aufschraubt. Zunächst ist diese Gewichtsverlagerung ungewohnt. Aus der Hand geschossene Fotos gelingen nach einiger Übung. Damit die Kamera auf einem Stativ nicht vornüber kippt, sollte dieses eine entsprechendes Gewicht tragen können.

Bedienelemente und Foto-Erlebnis

Im Einsteiger- und Mittelklasse-Segment hat sich der Trend zur Sparsamkeit durchgesetzt. Fast alle Hersteller reduzieren die haptischen Bedienelemente und erhöhen dafür die Optionen auf ihren Touchdisplays.

Nikon D780 CES 2020
Bei der Platzierung der Bedienelemente bleiben die Hersteller ihren DSLR-Vorbildern treu. (Foto: Nikon D780)

Wenn es um die Art des Fotografierens geht, könnten DSLR und Systemkamera nicht unterschiedlicher sein. Mit dem Blick durch den Sucher und dem typischen Hochklappen des Spiegels kommt die DSLR der analogen Fotografie verdammt nah.

Um zu guten Resultaten zu kommen, bedarf es jedoch einiger Übung. Ein charakteristisches Merkmal dafür ist der „Blackout“. In der Zeit, in der die DSLR-Kamera den Fotosensor öffnet, könnt ihr durch den Sucher nichts sehen, weil der hochgeklappte Spiegel im Weg ist. Zwar bietet ein Gros der Spiegelreflex-Modelle ebenfalls einen Live View an. Dieser ist aber mehr als Unterstützung gedacht, denn zentrale Einstellungen lassen sich nur in den Untiefen der Menüs vornehmen.

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Anders bei den meisten spiegellosen Systemkameras, bei denen diese Vorschau zum Konzept gehört. Das Sucher-Display bleibt während des Aufnahmevorgangs weiterhin angeschaltet. Mit Objekten mitziehen, schnell nachfokussieren oder die Aufnahmereihen gezielt unterbrechen, ist mit den DSLMs eher möglich.

Systemkameras sprechen damit vor allem Fotografie-Einsteiger an. Ihr seht immer, wie das Resultat ausschaut, noch bevor ihr den Auslöser betätigt. Der digitale Sucher ist indes nur ein Feigenblatt, schließlich guckt ihr faktisch auf einen weiteren, aber kleineren Bildschirm.

Die Abbildungsqualität zu beurteilen, ist ohne tiefer gehende Analysen kaum möglich, weil sie von Modell zu Modell variieren kann. Und im hohen Maße vom Objektiv abhängig ist. Eine Faustregel bleibt aber stehen: Ein gutes Objektiv gleicht eine schlechtere Kamera aus, während minderwertigere Linsen miesere Bilder nach sich ziehen. Vignettierungen, chromatische Aberrationen und Farbsäume können immer auftreten.

Zwei gleichwertige, moderne Kameras – eine mit, eine ohne Spiegel – mit einem ähnlich gelagerten Objektiv erzeugen fast gleichwertige Bilder, die sich nur in kleinsten Details unterscheiden.

Batterie und Leistung

Bei der Akkulaufzeit ist die DSLR im Vorteil. Solange ihr nur durch den Sucher blickt, zieht sie kaum Strom. Das Justieren der Objektive und das Einstellen am Display belasten die Batterie nur minimal. Mit einer Akkuladung kommt ihr gut und gerne über vier Wochen.

In der Systemkamera hingegen arbeiten Sensor, Prozessor und Displays permanent. Entsprechend kurz fällt ihre Einsatzzeit aus. Die Hersteller geben sie üblicherweise in Bildern pro Akkuladung an. Frühere Modelle kommen auf 200-300 Fotos, neuere können durchaus die doppelte Anzahl aufnehmen, ehe ihr sie laden müsst.

Schwenkdisplay Fujifilm X-T4
Fujifilms X-T4 schießt viele Fotos am Stück, bietet detailreiche Bilder und viele Einstellungsmöglichkeiten. (Foto: Fujifilm)

Die Leistung ist bei beiden Klassen ähnlich. Eine Fujifilm X-T4 kann als Systemkamera beeindruckende 200 JPG-Fotos am Stück schießen – eine flotte Speicherkarte vorausgesetzt. Mit RAW und höchster Auflösung reduziert sich dieser theoretische Wert. In der Praxis sind je nach DSLR- und Systemkamera-Modell 7 bis 15 Fotos möglich. Das ist noch immer mehr, als viele Fotografen benötigen.

Zubehör, Auswahl und Kompatibilität

Habt ihr jemals eine Kamera mit Wechselobjektiven besessen, kennt ihr das Problem. Jeder Hersteller setzt auf eigene Anschlüsse, oft sind die Objektive nur über Adapterringe zu anderen Kameramodellen kompatibel. Canon etwa setzt auf EF-S für APS-C-Kameras und EF-Bajonette für das Vollformat. Für die Systemkamera EOS R aber setzt der japanische Hersteller auf eine andere Lösung.

Kamera Adapter
Mit Adaptern -etwa für Canon, Sony und Nikon – bringt ihr eure Objektive an Bajonette, die eigentlich inkompatibel sind. (Fotos: Canon (links), Sony (mittig), Nikon (rechts))

Das Zubehör auf einen anderen Anschluss oder ein anderes System mitzunehmen, funktioniert nicht ohne weiteres. Adapterringe beheben das Problem, was ein wenig zulasten der allgemeinen Abbildungsqualität geht.

Bei der Auswahl sollten Systemkamera-Fans Geduld zeigen. Für die seit Jahrzehnten etablierten Spiegelreflexkameras fällt die Objektiv-Auswahl sehr breit aus. Vom Makro- über das Pancake-, Porträt- oder Teleobjektiv findet ihr faktisch jeden Brennweitenbereich. Für jeden Anwendungsbereich findet ihr zudem Einsteiger-, Mittelklasse- und Profi-Linsen, die neben der optischen Qualität nützliche Zusatzfunktionen an Bord haben.

Canon Objektive
Trendblog-Autor Daniel zählt mittlerweile sieben Objektive für seine Canon-DSLR. Ein Wechsel auf eine Systemkamera? Derzeit schwer vorstellbar.

Der Vergleich mit DSLRs zeigt, dass die DSLMs noch aufholen müssen. Canon hat derzeit 11 RF-Objektive für die eigenen spiegellosen Kameras im Aufgebot, Fujifilms XF-Objektive kommen auf immerhin 16 Modelle. Nicht berücksichtigt sind die Dritthersteller-Linsen von Samyang, Sigma und Co. Gerade bei Canon und Nikon, die erst sehr spät in den Markt um vollformatige DSLMs eingestiegen sind, ist in den kommenden Monaten und Jahren mit einem wachsenden Angebot an passenden Objektiven zu rechnen.

Die Preisfrage – was ist günstiger?

Weniger Mechanik, höherer Preis? Irritiert zeigen sich manche FotografInnen, wenn sie sehen, dass manche Systemkamera ähnlich viel oder gar etwas mehr kostet als ihr DSLR-Pendant.

Mit ihren Wechselobjektiven sind die DSLMs ähnlich variabel und ihre empfindliche Sensorik für Profi-Fotografie konzipiert. Im Zusammenspiel mit flottem Datendurchsatz, hochauflösenden Displays und überlegenden Autofokus-Eigenschaften ergibt sich ein attraktives Gesamtpaket. Der Einstieg liegt bei etwa 300 Euro und geht in den niedrigen vierstelligen Bereich.

Die Spiegelreflexkameras sind gefestigte Größen. Jährlich erscheinen neue Spitzenmodelle und überarbeiten die großen Anbieter ihre DSLR-Palette. Einsteiger-Kameras wie die Canon EOS 4000D sind in Aktionen schon für 200 Euro zu haben. Die Mittelklasse rangiert zwischen 700 Euro und 1.500 Euro. Modelle darüber sind für Vollbild-Aufnahmen ausgelegt und richten sich an Profis.

Was wir von DSLR und Systemkameras halten

Welches Konzept jetzt besser oder für uns geeigneter ist, diskutieren wir öfter in der Redaktion. Wie die Trendblog-Autoren Jürgen Vielmeier und Daniel Wendorf darauf blicken, könnt ihr in unserem ersten Euronics-Podcast-Snippet hören.

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Fazit: Technisch gleichauf, konzeptionell einfach anders

Spiegelreflex- oder spiegellose Systemkamera? Einen klaren „Sieger“ können wir nicht benennen. Beide Klassen haben ihre Vor- und Nachteile, die nach fotografischen Vorlieben zu gewichten sind.

Für die DSLRs sprechen die breiten Paletten an Kameragehäusen und -objektiven, die von Makro-Aufnahmen über Landschaftspanoramen bis zur Porträt- und Sternenfotografie alle Bedürfnisse bedient. Das Fotografieren über den Sucher ist zudem sehr nahe an der Analog-Fotografie. Und damit ein schönes Gefühl der Entschleunigung.

Spiegellose Systemkameras erleichtern den Fotografie-Einstieg, weil sie die Resultate in einer Vorschau zeigen. Das ist den Smartphones nicht unähnlich, weshalb der Umstieg vom Wischtelefon auf eine DSLM etwas leichter fällt. Nachholbedarf haben sie beim Zubehör. Noch ist die Objektiv-Auswahl klein, nicht jedes Metier ist bedient. Beim größten Malus – der geringen Akkulaufzeit – konnten die großen Hersteller mittlerweile ein wenig aufholen.

Bei Abbildungsqualität sind beide Geräteklassen gleichauf. Innovationen wie den ultraschnellen Autofokus der Systemkameras findet ihr mittlerweile auch in DSLRs. Umgekehrt profitieren Systemkameras indes von ehemals DSLR-exklusiven Bauteilen wie internen Bildstabilisatoren.

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