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Apple MacBook Pro 2019

Apple MacBook Pro 2019

Von einem, der auszog und zähneknirschend zu Apple zurückkehrte

Jürgen Vielmeier wollte eigentlich nur mal etwas Anderes sehen als sein langweiliges MacBook. Dass er nun doch zu Apple zurückkehrt, liegt aber nicht daran, dass bei macOS alles besser wäre. Ein Reisebericht.

Im Kanon der Weltliteratur ist eine Geschichte besonders beliebt: Die vom jungen Helden, der seine Heimat verlässt, um in der Ferne sein Glück zu suchen. Irgendwann kehrt er zurück, reumütig meist, und findet das Glück schließlich in seiner Heimat. Meine Geschichte geht ein wenig anders: Auch ich brach auf, suchte nach dem Glück und kehrte zurück. Aber nicht reumütig, eher resigniert.

Wenn der Lüfter ständig heult

Seit 2008 nutze ich Apple MacBooks. Nach 12 Jahren war ich zwar nicht unzufrieden damit, aber doch etwas gelangweilt. Ob es da draußen nicht noch was Spannenderes gäbe? Ich wollte einen Rechner mit Touchscreen und auch mal ein paar andere Betriebssysteme ausprobieren. Anfang des Jahres begab ich mich auf Reise.

Lenovo Yoga C640 im Test: Klein macht Laut

Meine erste Station war das Lenovo Yoga C640. Ich konnte wunderbar darauf tippen, mochte die Verarbeitung, den Yoga-Modus und das schöne Design. Nur eins brachte mich zur Weißglut: Der Lüfter sprang ständig an und wieder aus, an und wieder aus, an… Und wenn er lief, dann in einer erstaunlichen Lautstärke. Erst da fiel mir auf, dass ich den Lüfter bei meinem mittlerweile 7 Jahre alten MacBook Air nur ganz selten mal gehört hatte, und wie angenehm das eigentlich war.

Linux: Sieht toll aus, aber nicht alles funktioniert

Auf dem Yoga C640 testete ich Voyager OS. Ein getunetes Ubuntu-Linux, dessen Optik mir auf Anhieb gefiel. Das sah ein wenig aus wie macOS. Allerdings traten schon nach der Installation Probleme auf. Das System erkannte den Touchscreen gar nicht erst, nach ein paar Tagen auch das Touchpad nicht mehr. Und irgendwann fielen auch die Lautsprecher aus.

Linux statt macOS: Ein Selbstversuch mit überraschendem Ausgang

Mein nächster Halt: ein Lenovo Thinkpad X1 Carbon. Die Thinkpad-Serie gilt als beliebt für ihre Tastatur. Mir blieb davon vor allem in Erinnerung, dass ich statt den Cursor-Tasten immer wieder aus Versehen die benachbarte Bild-hoch-Taste erwischte. Das Trackpad löste immer wieder versehentlich aus.

Auf dem Thinkpad testete ich Deepin Linux – die vielleicht schönste Benutzeroberfläche eines Betriebssystem, die es überhaupt gibt. Und eigentlich die Alternative für Menschen wie mich, die von macOS kommen, aber keinen Mac, sondern lieber andere Notebooks ausprobieren wollen.

Deepin im Test: Wunderschönes Linux für macOS-Fans

So schön Deepin aber aussieht: am Ende ärgerten mich Kleinigkeiten. Das Thinkpad wollte aus dem Ruhemodus nicht wieder aufwachen, sondern immer gleich neu booten. Und nach jedem Neustart hatte Deepin einzelne Einstellungen vergessen. Einige Programme wollten auf Teufel komm raus nicht aktualisieren, die Systemlautstärke ließ sich nicht regeln. Sie ging nur aus oder ganz laut.

Nach ein paar Tagen war ich genervt davon, dass mit Linux immer etwas schief ging. Und ich merkte: es sind solche Kleinigkeiten, die ich auf dem Mac für selbstverständlich hielt, die anderswo offenbar gar nicht funktionieren.

Windows 10: Das Las Vegas unter den Betriebssystemen

Alle Ausflüge zu Windows ließen mich etwas konsterniert zurück. Auf den meisten Geräten übte der Lüfter Dauerläufe, auch wenn er selten so nervig wurde wie im Yoga C640. Sonderbare Bloatware, meist „Support Assistant“ oder ähnlich genannt, springt mit „wichtigen Updates“ dazwischen, ein vorinstalliertes McAfee, das es allen Unkenrufen zum Trotz wohl auch am Sanktnimmerleinstag noch geben wird, warnt mit eindringlichen Botschaften vor möglichen Gefahren aus dem Netz.

Dynabook Tecra X40-F im Test: So macht Business Spaß

Ich probierte Windows unter anderem auf dem Dynabook Tecra X40F aus – ein eigentlich sehr schönes, allenfalls etwas langweiliges Notebook (auf dem ich schnell auf Ubuntu-Linux flüchtete). Was immer ich unter Windows tat, ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, auf einer Verkaufsveranstaltung zu sein. Software, die ich nie selbst installiert hatte, buhlte um meine Aufmerksamkeit.

Das ist Windows auf vielen Maschinen: Ein vorinstalliertes Spiel, auf dem Microsoft Werbung schaltet, während gleichzeitig ein vorinstalliertes McAfee mit Rabatten wirbt. Willkommen in Las Vegas!

Sonderbar etwa auch vorinstallierte Spiele wie die Microsoft Solitaire Collection. Das Spiel an sich ist nicht schlecht. Microsoft schaltet hier aber allen Ernstes Werbung drauf und warnte, wenn ich ein Spiel nicht schaffte, würde mir ein Abbruch als Niederlage angerechnet werden. Oha!

Und ich lernte: macOS mag zwar langweilig sein, lässt mich die meiste Zeit aber mit solchem Quatsch in Ruhe.

Chromebooks: Aufgepustete Smartphone-Apps mit Werbebannern

Es ist erstaunlich, wie ruhig Googles Chrome OS im Vergleich zu Windows ist. Auf dem Asus Chromebook Flip C436 probierte ich aus, wie es wäre, für immer auf ein Chromebook zu wechseln.

Chromebook statt Windows: So steigt ihr ohne (großen) Komfortverlust um

Kurz gesagt: Es ginge, wenn ihr euch mit Apps zufrieden gebt, deren Optimierung für Smartphones sich nicht verbergen lässt, und auf denen fast immer noch ein Werbebanner blinkt. Chrome OS ist schlank, sehr leicht zu bedienen, aber die Android-Apps, die ihr zur Verfügung habt, sind ganz eindeutig nicht für Notebooks gedacht. Ich konnte damit arbeiten, recht gut sogar. Aber besser als ein MacBook? War das Chromebook Flip C436 alles in allem nicht.

Asus Chromebook Flip C436 im Test: Das beste Chromebook aller Zeiten

Erst da merkte ich, dass macOS mehr ist als ein langweiliges System. Es ist ein langweiliges System, das neben sehr viel Schrott in einem nach wie vor unübersichtlichen AppStore viele sehr, sehr gute Apps anbietet. Wahrscheinlich sogar die besten der Welt.

iPadOS: Vielleicht die Zukunft, aber nicht die Notebook-Gegenwart

Hier ist allerdings Apples zweites Notebook-Betriebssystem (wenn ihr so wollt) iPadOS nicht viel schlechter aufgestellt. Ich probierte, wie es es wäre, mit einem iPad, einer Maus und einer Bluetooth-Tastatur wie mit einem Notebook zu arbeiten. Die Mausunterstützung ist pfiffig, das Multitasking gewöhnungsbedüftig, aber möglich.

iPad mit Mauszeiger: Plötzlich ein Computer

Was mir letztendlich fehlte, waren ein Dateisystem und bekannte Kleinigkeiten vom MacBook, etwa die wunderbare Allzweckwaffe Vorschau oder einfache Helligkeits-Regler in der Tastatur.

iPad als Notebook: Ein Selbstversuch

Ich schaute dennoch, was eine Konfiguration aus einem iPad Pro mit einem Magic Keyboard kosten würde und ob ich damit wenigstens preiswerter wegkäme. In der niedrigsten Speicheroption ohne LTE mit Magic Keyboard: UVP 1.498 Euro. Für eine Maschine mit 6 GB RAM und 128 GB Speicher, die zwar auch als Notebook funktioniert, dabei aber auch nicht besser ist als ein MacBook.

Ich möchte Ubuntu, aber Ubuntu möchte mich nicht

Am Ende war ich so weit. Das Dell XPS 13 9300 hatte mich auf dem Papier überzeugt. Mein hehrer Plan war, mich dort in einem Dualboot mit Ubuntu niederzulassen. Windows 10 würde ich für den Notfall und für Spiele behalten. Etwas über 1.600 Euro überwies ich für eine Maschine mit FHD+-Display mit Touch, Core i7 und 16 GB RAM. Die Systeme gelten als sehr Linux-freundlich; es gibt sie sogar mit vorinstalliertem Ubuntu, dann aber ohne Windows.

Dell XPS 13 9300 im Test: Das leider nur fast perfekte Notebook

Als ich Ubuntu darauf installieren wollte, beklagte das Installationsprogramm das Vorhandensein von Intels Rapid Storage Technology (RST). Die sollte ich doch bitte erstmal abschalten, sonst könne Ubuntu nicht installieren. Bei einer Installation von Linux treten eigentlich immer derartige Schwierigkeiten auf, ich hatte mich mittlerweile dran gewöhnt.

Im BIOS des XPS 13 fand ich schließlich die Möglichkeit RST zu deaktivieren. Dann könne es allerdings passieren, dass Windows gar nicht mehr starte, lautete die Warnung. Und Foren-Beiträge bestätigten sinngemäß: Jepp, wenn das Installationsprogramm moniert, dass du RST ausschalten sollst, dann ist das schlecht, ganz schlecht. Offenbar doch nicht so Linux-freundlich, die Kiste…

Ubuntu möchte, dass ich RST ausschalte.

Ich tat es trotzdem, ich deaktivierte RST. Und nach einem langen Kampf, der auch eine Wiederherstellung enthielt, konnte ich schließlich Ubuntu installieren. Wenn ich Windows danach nutzen wollte, brauchte das System fast 2 Minnuten, um hochzufahren. Und auch Ubuntu war irgendwie nicht wiederzuerkennen. Es reagierte seltsam langsam auf Eingaben, die Aktualisierungsverwaltung war teilweise gar nicht zu benutzen. Ich hatte das schlechteste aus beiden Welten geschaffen.

Dass das Dell XPS 13 9300 ganz nebenbei nur 5-6 Stunden unter einem Akku lief, der laut Hersteller eigentlich über 18 schaffen sollte, brachte das Fass zum überlaufen. Ich schickte es wieder zurück. Und ich hatte endgültig genug davon, dass bei Linux-Installationen immer etwas schief ging.

Zurück zum Mac?

Jetzt kommt für gewöhnlich der Teil der Geschichte, in der der Held reumütig zurückkehrt. In meinem Falle hätte das bedeutet, viel Geld in ein neues MacBook Air zu stecken und mit macOS für immer glücklich zu werden. Aber so glücklich war ich nicht.

Apple: Das neue MacBook Air und sein Nebenbuhler iPad Pro

Denn schon seit Jahren wirkt Apple, als hätte das Unternehmen völlig das Interesse daran verloren, aus macOS noch etwas zu machen. Den Mac App Store mal aufräumen und die ganzen Trittbrettfahrer-Apps rausschmeißen? Die Integration von iPad-Apps mal ernsthaft voranbringen? Ein Mac mit Touchscreen? 360-Grad-Modus? Aber warum denn, funktioniert doch auch alles so…

Das Ende

Am Ende entschied ich mich nicht für ein neues MacBook Air, sondern für ein 1 Jahr altes, „refurbished“ MacBook Pro für etwas über 1.100 Euro. Es hatte keinesfalls die beste Ausstattung, sogar noch die alte, verschrieene Butterfly-Tastatur. Aber irgendetwas gefiel mir daran auf Anhieb. Vielleicht sogar, dass ich hier gar nicht das Gefühl haben müsste, etwas zu verpassen. Und dass ich schnell wieder wechseln könnte, wenn doch noch etwas Besseres käme.

Windows-Alternativen: (10)6 Möglichkeiten zum Umsteigen

Am Ende habe ich also nichts gewählt, mit dem ich restlos überzeugt gewesen wäre, sondern schlicht das kleinere Übel. Und doch weiß ich das Ganze jetzt etwas mehr zu schätzen also vorher: Ein Lüfter, der meistens aus bleibt, tolle Apps ohne Werbung, ein System, bei dem das meiste ohne Zutun funktioniert. Auch Spielen dem Mac lässt sich ganz passabel.

Vielleicht würde ich sogar etwas tiefer in macOS einsteigen, mehr ausprobieren als vorher. Zumindest dafür hat sich die Reise gelohnt.

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