Die Küchengeräte werden immer smarter: In den Thermomix müssen nur alle Zutaten gegeben werden, es kommt schon etwas Essbares wieder heraus. Ambitionierte Hobbyköche dagegen setzen auf vernetzte Geräte, die per App den nächsten Schritt ansagen und dabei noch eine Lehrstunde über die richtige Zubereitung erteilen. Dennoch kommen sie – trotz aller Intelligenz – nicht ohne den Menschen aus. Dieser muss noch das Essen zwischen den einzelnen Arbeitsschritten von einem Gerät ins andere umfüllen und schließlich auf einem Teller anrichten. Moley Robotics verfolgt einen anderen Ansatz: Es werden nicht einzelne Arbeitsschritte optimiert, sondern der komplette Kochvorgang wird wortwörtlich in die Hände der Intelligenz gelegt. Zwei Roboterarme kochen wie ein Mensch.
Alle Arbeitsschritte in einem Rutsch
Moleys Roboterarme sollen schließlich die Zutaten aus dem Kühlschrank holen, sie vorbereiten, in Topf oder Pfanne geben und verrühren oder was auch immer zu tun ist, bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist. Im Anschluss wird alles angerichtet und das dreckige Geschirr in den Spülautomaten geräumt, damit die Küche hinterher auch wieder so aussieht, wie der Roboter sie vorgefunden hat. Der Mensch kann sich zurücklehnen, nachdem er ein Gericht per App ausgesucht hat, und sich darüber freuen, dass er nun zuhause Gerichte zubereiten kann, ohne selbst die Fähigkeit zu besitzen, diese zu kochen.
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Die beiden Roboterarme werden fest in die Küche eingebaut, so dass sie alles auf der Arbeitsfläche erreichen können. Ihre geschwungenen Formen erinnern an einen menschlichen Arm, doch ein Blick auf die ersten Prototypen verrät ihre Herkunft aus der Industrieproduktion. Am Ende jedes Arms befindet sich eine Hand mit fünf Fingern. Zwanzig Motoren führen die einzelnen Bewegungen aus, die nicht in ihrem Ablauf optimiert wurden (zum Beispiel immer den kürzesten Weg zu wählen). Sie kopieren stattdessen die menschlichen Bewegungen. Ganze 129 Sensoren und eine 3D-Kamera helfen dabei, nichts anbrennen zu lassen.
Noch nicht ganz so perfekt
Die Hände sollen mit den meisten Geräten in der Küche umgehen können, zum Beispiel ein Messer aufnehmen und damit schneiden. Oder mit einem Schneebesen Eiweiß aufschlagen. Auch die Hitze reguliert Moley ganz klassisch über einen Drehregler am Kochfeld und nicht etwa über eine Datenleitung. Nur Moley selbst wird elektronisch gesteuert – über einen Touchscreen, der in die Kühlschranktür eingelassen ist. Wenn die Roboterarme zu Werke gehen, wird aus Sicherheitsgründen die Küchenzeile mit zwei Glasscheiben verschlossen. Wenn der Mensch selbst kochen möchte, werden die beiden Arme einfach nach oben gezogen.
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Es ist aber bereits jetzt abzusehen, dass die erste Version noch nicht all diese Fähigkeiten beherrschen wird. Die Zutaten aus dem Kühlschrank zu holen und mit einem Messer kleinzuschneiden, wurde vorerst nur in einer Animation gezeigt. Die Vorbereitungsarbeiten muss derzeit noch der Mensch übernehmen. Auch das Aufräumen nach dem Kochen beschränkt sich derzeit noch darauf, das schmutzige Geschirr in den Spüle zu stellen. Später einmal soll Moley den Geschirrspüler füllen und die Arbeitsfläche mit einem Putzschwamm reinigen. Auch das war bislang nur in der Animation zu sehen. Was Moley derzeit definitiv kann: eine Suppe kochen und auf einem Teller anrichten. Dabei fährt er auch mit der Kelle einmal kurz über den Topfrand, um Tropfen abzustreifen, damit diese nicht auf die Arbeitsfläche – oder schlimmer noch: den Tellerrand – fallen.
Vom Meisterkoch gelernt
Bevor der Roboter ein Rezept nachkochen kann, muss er allerdings erst lernen, wie das geht. Sich im Internet auf die Suche zu begeben und ein Rezept von chefkoch.de nachzukochen, kann er jedenfalls nicht. Trainiert wird er deshalb von Fernsehkoch Tim Anderson, der 2011 in Großbritannien die Staffel der Sendung MasterChef gewonnen hat. Anderson kocht jedes Gericht vor und trägt dabei spezielle Motion-Capture-Handschuhe, die all seine Bewegungen bis ins Detail erfassen. Insgesamt 2.000 Gerichte sollen die Roboterarme beherrschen, wenn sie 2017 in die eigene Küche eingebaut werden können.
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Da sich Moley möglichst getreu an die Vorlage hält, wiederholt er aber auch die kleinen Fehler – zum Beispiel wenn dem Meisterkoch doch mal ein Tropfen daneben geht. Es kann aber auch etwas Unvorhergesehenes passieren. Ein Gefäß könnte umfallen, etwas unbeabsichtigt vom Löffel rutschen oder daran festkleben. Solche Situationen müssen per Intelligenz korrigiert werden. Doch wie das gelingt, wie Moley überhaupt erkennt, wenn etwas schiefgegangen ist, das wird wohl erst der Praxistest zeigen.
Nicht gerade günstig
Eine frühe Version der Roboter-Arme hat Moley bereits im Rahmen der Hannover Messe 2015 vorgestellt. Jetzt erfolgt die Finanzierung der Produktion über die Crowdfunding-Plattform Seedrs. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Vorbestellung, also um eine klassische Vorfinanzierung. Wer Geld überweist, erhält einen kleinen Anteil am Unternehmen. Anfang November 2016 waren schon 86 Prozent des Finanzierungszieles von einer Million Pfund erreicht. Mit den neuen Mitteln soll dann auch das Versprechen eingehalten werden, die Roboterarme 2017 in die ersten Küchen einzubauen.
Preise nannte Moley Robotics an mehreren Stellen, aber da dürfte das letzte Wort noch nicht gesprochen worden sein. Einmal heißt es, die Roboterarme würden 15.000 Dollar kosten, tatsächlich werden die Arme aber wohl nur in Verbindung mit einer kompletten Küche zu haben sein. Schließlich sollen die Arme sich auch in einer gewohnten Umgebung zurechtfinden und keine neuen Griffe lernen müssen. Für das Gesamtpaket wird dann wohl ein Preis von 75.000 bis 100.000 Dollar aufgerufen werden. Neben der Robotiktechnik wird dann mindestens ein Backofen, ein Kochfeld und ein Touchscreen zur Bedienung enthalten sein. Es scheint so, dass Kühlschrank und Geschirrspüler nicht Teil der Consumer-Edition sein werden.
Mein Fazit
Davon einmal abgesehen, dass sich eh kaum jemand die Roboterarme von Moley leisten kann (die werden wohl vor allem in Kaufhäusern zu bewundern sein), mir persönlich geht diese Vollautomatisierung des Kochens zu weit. Ich würde mich gerne in ein Auto setzen, dass nicht nur über verschiedene Assistenzsyteme verfügt, sondern komplett selbstfahrend ist. Aber in der Küche möchte ich immer noch selbst kochen. Interessant finde ich dagegen den Ansatz, die Intelligenz nicht nur auf eine Maschine zu beschränken, sondern diese über mehrere Arbeitsschritte auszudehnen.
Ein Beispiel zum Abschluss: Wer Brötchen backt, muss sich abends spät in die Küche stellen, um den Teig vorzubereiten, und morgens früh wieder, damit sie rechtzeitig zum Frühstück frisch aus dem Ofen kommen. Das Problem ist die Ruhezeit von oftmals nur acht Stunden. Einen dieser Schritte würde ich mir gerne abnehmen lassen, um länger schlafen zu können. Zwei Roboterarme, die den Teig dann mit einem Leinentuch abdecken und in den Kühlschrank stellen, oder am nächsten Morgen dort herausholen, formen und in den Backofen schieben, fände ich da ganz schön praktisch.
Beitragsbild: Moley Robotics
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