Drohnen sind auf dem Vormarsch. Sie werden zunehmend bei TV- und Filmproduktionen und im privaten Segment eingesetzt. Wer in seiner Freizeit auch mal eine Drohne – meist handelt es sich hierbei um Quadrocopter mit vier Rotoren – steigen lassen möchte, hat mittlerweile eine große Auswahl. Diese unterteilt sich grob in drei Kategorien:
- Spielzeugdrohnen bis 50 Euro
- Einsteiger-Drohnen bis ca. 150 Euro
- Hobby- und Profidrohnen für einige Hunderter oder Tausender
Spielzeug-Drohnen sind ein nettes Gimmick für Kinder. Sie können nur wenige Minuten fliegen, steuern sich extrem schwammig und es gibt in der Regel keine Möglichkeit, um Fotos oder Videos aufzunehmen. Und wenn, dann nur in miserabler Qualität. Wer dagegen mit seiner Drohne annehmbare Fotos und Videos aufzeichnen möchte, muss einige hundert Euro investieren.
In der Nische dazwischen hat sich das chinesische Start-up Ryze Tech mit seiner Tello platziert. Hierbei handelt es sich um einen potenten Einsteiger-Quadrocopter für rund 100 Euro, der auf Technologien von Intel und dem Drohnen-Profis von DJI basiert. Letztere hat die Ryze Tech auch ins eigene Produktprogramm aufgenommen. DJI wird manchmal als Hersteller der Drohne genannt. Genau genommen, ist Ryze Tech aber ein eigenes Unternehmen, das Technik von DJI prominent lizenziert.
Das bietet die Tello
Ryze bewirbt seine kompakte Drohne, die in etwa so groß wie zwei Erwachsenenhände ist, mit folgenden Features:
- Akku: 1.100 mAH, wechselbar
- Flugzeit pro Akkuladung: 13 Minuten
- Maximale Flughöhe: 10 Meter
- Maximale Reichweite: 100 Meter
- Geschwindigkeit: ca. 30 km/h
- Foto- (5 Megapixel) und Video-Aufnahmefunktion (720p30)
- Steuerung über das Smartphone (iOS und Android)
- Verschiedene Flug- und Fun-Modi, u.a. 360-Grad-Kreise und Saltos
Eine leichte Drohne für nur 100 Euro mit HD-Videofunktion, verschiedenen Modi und annehmbarer Flugzeit? Das klingt fast zu gut, um wahr zu sein. Deswegen haben wir der Tello auf den Zahn gefühlt.
Der erste Eindruck ist top
Wer die Tello aus der Verpackung nimmt, mag erstaunt sein. Das Fluggerät fällt wirklich kompakt aus (Maße: 19,8 x 4,8 x 23 Zentimeter) und ist mit seinen rund 140 Gramm ziemlich leicht. Das schlichte Design gefällt, die Verarbeitung wirkt stabil und hochwertig.
Der positive Ersteindruck wird durch die leichte Inbetriebnahme unterstrichen. Diese gestaltet sich so:
- Tello auspacken und den Akku in den Batterieschacht schieben
- Das mitgelieferte microUSB-Kabel in der Seite einstecken und über ein passendes USB-Netzteil (das leider nicht mitgeliefert wird) an der Steckdose zirka eine Stunde laden
- Währenddessen die kostenlose Tello-App aus dem jeweiligen App Store herunterladen, installieren und beim ersten Starten die Hinweise auf dem Bildschirm beachten. Tipp: Die App benötigt den Zugriff auf die Medien, ansonsten werden die Fotos und Videos nicht gespeichert.
- Nach dem Laden: Drohne einschalten, das WLAN am Smartphone aktivieren und das Tello-eigene WLAN auswählen
- Zur Tello-App wechseln, die Verbindung bestätigen und links oben den „Launch“-Button drücken. Los geht’s!
Mit Highspeed über den Acker
Kaum drückt man den „Launch“-Button surrt die Tello lautstark ein paar Zentimeter in die Luft, wo sie dann selbst bei leichtem Wind stabil stehen bleibt und auf die Eingaben des Nutzers wartet.
Der kleine Quadrocopter wird komplett über das Smartphone gesteuert, wo unter anderem zwei virtuelle Joysticks zu sehen sind. Man kann zwar eine Art Gamepad dazukaufen, das ist aber nicht zwingend erforderlich.
Die Tello fliegt flüssig in alle Richtungen davon und nimmt dabei auch beachtliche Geschwindigkeiten von bis zu 30 km/h auf – was man selbstverständlich nur im Freien testen sollte. Die Drohne eignet sich aber nicht nur für den Outdoor-Einsatz, sondern auch für die heimischen vier Wände. Hier wird logischerweise viel Geschick vom Nutzer erwartet.
Kommt es zu einer Kollision, schalten sich die Rotoren sofort eigenständig aus und die Drohne fällt zu Boden. In unserem Test zeigte sich, dass die Tello nicht nur robust wirkt, sondern es wirklich ist. Bei unseren Flügen kollidierte der Quadrocopter mit Bäumen, Zäunen und knallte auf Schotterwege – all das machte der Tello nichts aus. Sie nahm keinerlei Schaden und flog nach dem Crash anstandslos weiter. Sollte doch mal etwas Bruch gehen, zum Beispiel einer der Rotoren, so können die Einzelteile nachbestellt und leicht austauscht werden.
Wie versprochen, hält der Akku wirklich über zehn Minuten durch. Auch die Flughöhe von rund 100 Metern wird erreicht, die angegebene Reichweite konnten wir nicht ganz erreichen. Hierbei ist die Art der Verbindung der größte Knackpunkt: Die Tello verbindet sich über ein eigenes WLAN mit dem Smartphone, die Einrichtung geht wie erwähnt ganz einfach vonstatten.
Doch bereits nach zirka drei bis vier Metern wird das WLAN-Signal deutlich schwächer. Das bedeutet, das Live-Bild, das man auf seinem Handy-Display sieht, fängt an zu ruckeln. Nach weiteren Metern kommt leider nur noch eine „Diashow“ an. Trotzdem lässt sich die Tello dann noch sehr gut steuern. Gelangt der Quadrocopter an seine Maximalreichweite, erscheint eine Fehlermeldung – spätestes dann ist Zeit zur Rückkehr.
Mängel bei der Bildqualität
Dass die Tello ihr Bild in Echtzeit ans Smartphone streamt, ist einerseits klasse. So sieht der „Pilot“ die Welt durch die „Augen“ seiner Drohne. Andererseits entpuppt sich dieses Feature als größter Nachteil. Wie erwähnt, bricht schon nach wenigen Metern das WLAN-Signal ein, die Bildübertragung leidet darunter sehr. Das gilt nicht nur für den „Echtzeit-Check“, sondern auch für die Videoaufnahmen.
Denn: Die Tello besitzt keinen fest verbauten Speicher und auch keine Möglichkeit, eine Speicherkarte einzuschieben. Das bedeutet, es gibt keine Möglichkeit, wo die Fotos und Videos abgelegt werden könnten. Stattdessen legt das flinke Fluggefährt das Live-Bild auf dem Smartphone ab – inklusive aller Ruckler und Pixelfragmente.
Somit muss man leider attestieren: Dass die Tello mit ihren rund 100 Euro Kaufpreis HD-Videos aufzeichnen kann, ist eine gute Sache. Allerdings nur in der Theorie. In der Praxis erweist sich das als eher halbgare Lösung. Dafür gehen die Standbilder in Ordnung – zumindest aus der Sicht von Schnappschuss-Fotografen und Selfie-Junkies.
Pluspunkte bei den Flugmodi
Jeder, der erwartet, die Tello als Video- und Foto-Begleiter einzusetzen, wird somit enttäuscht. Zumindest wenn er die Maßstäbe von höherwertigeren und deutlich teureren Drohnen ansetzt. Dafür überzeugt das kleine Fluggerät mit einem hohen Fun-Faktor.
Die App bietet aktuell sieben verschieden, vorprogrammierte Flugmodi an. Neben dem freien Flug, also der Steuerung durch den Piloten, gibt es unter anderem „Throw & Go“ (Tello in die Luft werfen und sie bleibt dann an Ort und Stelle schweben), „Kreisen“ (die Drohne fliegt im Kreis), „360°“ (ideal für Rundumaufnahmen) und „8D-Saltos“. Bei letzterem vollführt der Quadrocopter schnelle Saltos, die durch Wischbewegungen auf dem Smartphone-Display ausgelöst werden.
Zusätzlich lassen sich über die Programmiersprache „Scratch“ weitere Manöver programmieren. Wie das geht, zeigen unter beispielsweise diverse Video-Tutorials auf YouTube.
Was uns ebenfalls gefallen hat: Der Akku lässt sich durch simples Rein- und Rausziehen leicht austauschen. Wer eine längere Tello-Session plant, sollte sich noch ein paar Ersatzakkus beschaffen. Auch eine schützende Tasche, in der die Drohne mit Ersatzbatterien verstaut werden kann, stellt sich als gute Anschaffung heraus.
Fazit
Seltsamerweise wird die Tello als Drohne für Kinder angepriesen. Dem stimmen wir ganz und gar nicht zu. Der Quadrocopter, der deutlich mehr als eine 30-Euro-Spielzeugdrohne bietet, macht auch Erwachsenen jede Menge Spaß.
Ryzens Gadget bietet jede Menge Spaß für recht wenig Geld. Für Drohnen-Einsteiger eine echte Kaufempfehlung!
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