Samsung legt im Galaxy S21 Ultra 5G wieder ein phänomenales Smartphone vor. Kritik auf hohem Niveau haben wir nur bei einem vermeintlichen Highlight.
Vor kurzem habe ich erstaunlich schweren Herzens mein Samsung Galaxy S10 verkauft. Trotz einiger Schwächen wie dem Akku hatte Samsung hier sehr viel richtig gemacht. Nun liegt der Nach-Nachfolger Galaxy S21 Ultra 5G auf meinem Tisch. Und siehe da: Samsung hat die Akkulaufzeit deutlich verbessert. Das Display und die Kameratechnik auch. Könnte das wieder Leidenschaft werden? Schauen wir auf die Details!
S21 Ultra: Erstaunlich handlich
- Zunächst einmal ist das Galaxy S21 Ultra 5G erstaunlich handlich. 6,8 Zoll misst die Bildschirmdiagonale. Das klingt fast so groß, wie früher einmal Tablets waren. Doch weil Samsung einen sehr länglichen Formfaktor gewählt hat und das Gerät zudem noch flach ist, ließ es sich mit meinen mittelgroßen Händen gut in einer Hand halten. Es dürfte auch euch kaum größer erscheinen als aktuell gängige Geräte.
- Ist euch das dennoch zu groß, könnt ihr einfach mit einer Wischgeste von der unteren Bildschirmmitte nach unten den Einhandmodus einschalten.
- Überaus ästhetisch ist dieser Einhandmodus allerdings nicht. Das Gerät verkleinert dabei schlicht das Hauptfenster um die Hälfte.
- Das S21 Ultra 5G liegt bei mir wunderbar in der Hand. Dafür sorgt auch die toll griffige Rückseite.
- Die ist in der Farbe „Phantom Black“ auch hübsch anzusehen, ja. Samsung hat eigens ein Video darüber angefertigt, das Produktdesigner bei der Suche nach dem perfekten Schwarz zeigt. Kann man machen. Die Mühe wirkt auf mich aber ein wenig verschenkt, gehen wir davon aus, dass ihr das Ding mit einer passenden Hülle nutzen werdet, wozu ich weiter unten noch rate.
- Die zwei verbliebenen mechanischen Tasten (Ein-Aus und Lauter-Leiser-Wippe) besitzen einen angenehmen Druckpunkt und wackeln nicht.
- Extrapunkte vergebe ich dafür, dass Samsung gegenüber dem S10 den Bixby-Button eingespart hat. Das war allerdings auch schon im Zwischenmodell Galaxy S20 der Fall.
- Statt mittig wie im S10 ist das Kameramodul nun an die Seite gewandert und ragt nun auch deutlich weiter heraus als im S20, um insgesamt etwa 2 bis 3 Millimeter.
- Samsung orientiert sich damit eher am eigentlichen Vorgänger, dem letztjährigen Spitzenmodell S20 Ultra 5G. Immerhin schließt das klobige Kameramodul nun mit dem Gehäuserand ab. Das ist durchaus ansehnlich.
- Liegt das Gerät auf dem Tisch, könnt ihr darauf sogar immer noch tippen, ohne dass es sich bewegt. Zumindest solange ihr im unteren Bildschirmdrittel bleibt. Darüber wackelt das Gerät entsprechend.
- Deswegen und weil das Kameramodul das Talent hat, ein echter Staubfänger zu sein, empfiehlt sich eine Hülle, die plan mit dem Kameramodul abschließt.
Pferdefuß Gesichtserkennung
- Samsung setzt bei den Entsperrmöglichkeiten des S21 Ultra wie schon bei früheren Generationen auf die Möglichkeit der Gesichtserkennung und eines Fingerabdrucksensors im Display. Als weitere Möglichkeiten kommen eine (obligatorische ) Pin und ein Muster zum Einsatz.
- Während die Gesichtserkennung für mein Empfinden wieder einmal nicht die allerzuverlässigste ist, gerade bei schlechteren Lichtverhältnissen und dem Tragen vom Kopfschmuck, funktioniert der Fingerabdrucksensor im Display diesmal tadellos, weil blitzschnell. Den hatte ich im S10 nach einiger Zeit noch genervt ausgeschaltet.
- Die Entwicklung des Smartphones begann offenbar schon weit vor der Pandemie. Gerade die hat jedoch gezeigt, dass Anwender ihr Gerät am besten mit einem Fingerabdrucksensor im Ein-Aus-Schalter entsperren. Zumal auch das S21 Ultra eine Gesichtsentsperrung mit aufgesetztem Mund-Nasen-Schutz nicht erlaubt.
- Schön klingt auch die Möglichkeit, das Gerät mit Hilfe der Smart-Lock-Trageerkennung entsperren zu lassen. Die soll dann erkennen, wenn ihr das Gerät herumtragt, damit ihr es nicht jedes Mal entsperren müsst. Der Hinweis darauf, dass das S21 euch dann nicht mehr von anderen Personen unterscheiden kann, relativiert diese Möglichkeit dann aber sogleich wieder:
Kamera im S21 Ultra: Vielseitig, aber nicht ohne Tadel
- Samsung verwendet im S21 Ultra 5G wie schon im S20 Ultra ein sehr großes Kameramodul, weil der Hersteller darin auch wieder eine Periskopkamera unterbringt, die einen 10-fach-Zoom liefert.
- Was toll klingt, hat allerdings in diesem frühen Stadium von Periskopkameras noch einige Tücken. Die Linse, die ein starkes 240-mm-Teleäquivalent liefert, erkauft das mit einer eher lichtschwachen f/4.9-Blende und mit 1/3,24 Zoll einem sehr kleinen Sensor.
- Bei Dunkelheit kam dabei in meinen Tests auch nicht mehr heraus als ein hässlicher Pixelhaufen. Wenn ihr die Periskop-Kamera also verwenden wollt, dann auf jeden Fall tagsüber, wenn euch genug Licht zur Verfügung steht.
- Die beste Kamera in Samsungs Setup ist ohnehin die Hauptkamera mit besonders großem 1/1.33-Zoll-Sensor und Pixelbinning, das die sehr kleinen Pixelgrößen (0,8µm) wieder ausgleichen soll.
- Pixelbinning bedeutet: Die Kamera fängt 108 Megapixel ein und rechnet jeweils 9 Pixel zu einem zusammen. Der Vorteil soll in einer besseren Lichtausbeute bei Nacht liegen. Bei guten Lichtverhältnissen am Tag greift dafür der zweite Vorteil besonders hoch auflösender Bilder.
- Am Tag spielt die Kamera des S21 Ultra diesen Vorteil auch voll aus. Selbst mit der Periskopkamera und auch noch beim 30-fach-Spacezoom kamen mehr als brauchbare Bilder heraus. So etwa von Bildern des zunehmenden Mondes (tatsächlich bei Tag aufgenommen, die Automatik dunkelte ab):
Schwächen bei Nacht
- Gerade nachts zeigt dieses Kamerasystem allerdings Schwächen. Das System forderte von mir im Nachtmodus nicht selten, das Gerät ganze 6 Sekunden lang ruhig zu halten, was ohne Stativ unmöglich ist.
- Nachts am Rhein geschossene Bilder mit den Zoom-Kameras sind nahezu unbrauchbar (s.o.).
- Aber selbst die Hauptkamera lieferte sogar mit Hilfe des Nachtmodus‘ teils enttäuschende, weil stark rauschende Ergebnisse:
- Eins gilt für das Ultra jedoch genauso wie für jedes Top-Galaxy der letzten Jahre: Zu dunkle Bilder gibt es nicht mehr. Sei es mit Unterstützung von KI oder einer besonders hohen Lichtempfindlichkeit (dann leider zuweilen gepaart mit Rauschen): die Bilder sind immer hell genug. Auch nicht selbstverständlich.
Display: Samsung setzt noch einen drauf
- Womit wir beim Thema Display wären – seit jeher Samsungs besondere Stärke. Und das S21 Ultra bildet hier keine Ausnahme.
- Wie immer hat Samsung ein phänomenales OLED-Display eingebaut. Tolle Farben, echte Schwarzwerte. Und es liegt vom subjektiven Eindruck her noch vor dem des iPhone 12 Pro Max, mit dem wir es verglichen haben.
- Das vielleicht Überraschendste an diesem Display aber ist die Helligkeit. Samsung gibt in den technischen Daten „bis zu 1.500 nits“ an. Das wäre fast zweimal so hell wie bei Mittelklasse-Displays. Und tatsächlich: Schraube ich die Helligkeit in den Einstellungen voll hoch, brennt es mir fast die Netzhaut weg. Samsung löst hier ein für alle Mal das Problem zu dunkler Displays. Selbst im gleißenden Sonnenlicht erkennt ihr alles, was ihr müsst. Ich bin ehrlich erstaunt, dass ein OLED-Display so hell sein kann.
- Auch das Display-Design mit den abgeschrägten Rändern hat Samsung mittlerweile perfektioniert. So wirkt das Display vollflächig und breiter als es eigentlich ist. Und doch löst ihr das Gerät nicht mehr aus Versehen am Displayrand aus, wenn ihr es festhaltet, was bei früheren „Edge“-Modellen noch der Fall war.
- Samsung hat die Notch auf ein kleines, mittiges Loch („Infinity-O“) für die Frontkamera reduziert. Mehr Display pro Fläche geht eigentlich kaum.
120 Hertz nur adaptiv
- Samsung setzt im S21 Ultra auf ein derzeit begehrtes 120-Hertz-Display für eine flüssigere und augenschonendere Darstellung etwa beim Scrollen oder Spielen. Doch hier kommt ein großes Aber: Das könnt ihr nicht mal eben schnell von Hand auswählen.
- Samsung stellt euch vor die Wahl zwischen standardmäßig 60 Hertz oder adaptivem 120 Hertz. Bei letzteren entscheidet das System, bei welcher Anwendung ihr die vollen 120 Hertz nutzen könnt. Die Möglichkeit, 120 Hertz direkt auszuwählen, fehlt in den Standard-Einstellungen leider. Das Gerät soll so Energie sparen.
- A propos Energie: Hier hat sich Samsung klar verbessert. Der voluminöse 5.000-mAh-Akku des S21 Ultra war bei mir im Test tatsächlich kaum totzukriegen. Ich kam damit selbst bei verstärkterer Nutzung wie für diesen Test locker über anderthalb Tage. Bei mäßiger Nutzung schafft ihr auch noch weit mehr. Beim S10 war der Akku noch der große Pferdefuß des Systems gewesen.
- Durchaus schnell aufgeladen ist der Akku des S21 Ultra dank des 25-Watt-Ladesystems denn auch: Von etwa 10 auf 100 Prozent ging es bei mir in etwa 1:20h. Ja, es gibt Hersteller, die noch mehr Geschwindigkeit an den Tag legen. Samsung setzt hier aber auf einen ordentlichen Kompromiss aus Schnellladung und Akkuschonung.
Actioncam gleich eingebaut, OneUI immer besser
- Nettes Gimmick: Mit einer Extra-Funktion bei der Videoaufnahme könnt ihr die Verwacklung mit optischer Bildstabilisierung und KI reduzieren wie bei einer Actioncam. In einem Testvideo funktionierte das erstaunlich gut.
- Die Auflösung ist bei der Actioncam-Funktion allerdings auf Full HD und 60 Bilder pro Sekunde begrenzt. Ohne die Super-Schüttel-Funktion könnt ihr Auflösungen bis hinauf zu 8K bei 24 Bildern pro Sekunde wählen. Die Bildqualtität ist dabei gut.
- Samsung setzt auf das aktuelle Android 11 und die neueste Version der eigenen Benutzer-Oberfläche OneUI 3.1. Design ist oft eine Geschmacksfrage, aber ich bin ein großer Fan der Software. Sie bietet eine proportionale, elegante, wenig aufdringliche Designsprache – was früher nicht immer Samsungs Stärke war.
- Dazu kommen tolle Bord-Apps wie das simple aber leistungsfähige Diktiergerät oder die Galerie, die es euch erlaubt, Fotos und Videos direkt an Ort und Stelle mit den wichtigsten Funktionen zu bearbeiten.
- Die Aufnahmequalität der eingebauten Mikrofone ist wieder einmal phänomenal. So nehmt ihr mit dem bordeigenen Diktiergerät Aufnahmen praktisch ohne Brummen und Rauschen auf. Das hat unser Vergleichsgerät iPhone 12 Pro Max nicht geschafft.
- Auch der Sound der Stereo-Lautsprecher ist erstaunlich gut. YouTube-Videos schaute ich damit beinahe lieber als mit meinem Notebook. Und auch unseren Standard-Härtetest meisterte das S21 Ultra tadellos: den Song „Nightcall“ von London Grammar auf voller Lautstärke.
- Und 5G? Ist theoretisch mit an Bord. Samsung gibt euch (ähnlich wie beim Adaptiven 120 Hertz) nur eine gemischte Auswahl und nicht die Möglichkeit, 5G zu forcieren. Im Netz von Telekom und Vodafone kann es ohnehin bei einigen 5G-Bändern zu Problemen kommen.
Ein Blick auf die technischen Daten
Galaxy S21 Ultra 5G |
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6,8 Zoll OLED-Display, 120 Hz adaptive Bildwiederholrate, HDR10+, 1500 nits (Maximalhelligkeit), 1440 x 3200 Pixel (515 ppi), 89,8 Prozent Bildschirm-Gehäuse-Verhältnis |
Octacore-Prozessor Exynos 2100 (5nm) |
Hauptkamera mit 108 MP, f/1.8, 24mm Weitwinkel, Sensorgröße: 1/1.33″, Pixelgröße: 0,8µm (Pixel-Binning) |
Videofunktionen: 8K mit 24fps, 4K mit 30/60fps, HDR 10+ |
Wifi 6, Bluetooth 5.2 |
Schnelllademodus mit 25 Watt, USB Power Delivery 3.0, Fast Qi/PMA kabelloses Laden mit 15W |
ANT+, Ultra Wideband (UWB) support |
Benchmarks laut GSMArena: AnTuTu: 657150 (v8) GeekBench: 3518 (v5.1) Akkulaufzeit-Dauertest: 114h |
Fazit
Samsung hat sich im Galaxy S21 Ultra 5G wieder einmal stark weiter entwickelt. Besonders schön ist, dass die Akkulaufzeit diesmal stimmt, das Display weit und breit seinesgleichen sucht und vielleicht sogar, dass Samsung Nervfaktoren wie Bixby deutlich reduziert hat. Und wie immer bei Samsung scheint zu gelten: Was gerade technisch möglich ist, ist auch drin. Seien es Bluetooth 5.2, Wifi 6E, 8K-Video, Actioncam-Stabilisierung oder die Periskopkamera.
Direkt wählbares 5G und vor allem forciertes 120 Hertz im Display hätten das Nutzungserlebnis noch besser gemacht. Auf hohem Niveau enttäuscht sogar die Kamera nachts, wenngleich es zu dunkle Bilder bei Samsungs Spitzenmodellen nicht mehr gibt.
Und jetzt, wo ich am Ende dieses Beitrags angelangt bin, fällt mir der Abschied tatsächlich schon ein wenig schwerer als zu Anfang. Samsung hat auch im S21 UItra 5G ein Smartphone mit Persönlichkeit erschaffen. Oft wisst ihr das erst nach ein paar Wochen der Nutzung zu schätzen.