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Leeres Fussball-Stadion in Corona-Zeiten

Leeres Fussball-Stadion in Corona-Zeiten (Bild: Pixaby/Gerd Altmann)

Warum ich kein Fußball mehr schaue

Fußball ist nicht mehr attraktiv. Nicht Corona ist daran schuld, sondern Fernsehbosse und Vereinsführungen. Ein Rant von Peter Giesecke.

Die Saison ist vorbei. Nur darum ging es noch. Das Ende zu erreichen. Denn schön anzusehen war das nicht, was die Fußball-Bundesliga nach der Corona-Pause noch zu bieten hatte.

Die leeren Ränge und dass ich jede Stimme klar und deutlich vernehmen konnte, vom Feld wie auch von der Bank, das erinnerte mich schon sehr an Testspiele beim Oberligisten vor Saisonbeginn.

Nicht anders sah dann auch das Gekicke aus. Warum jetzt gerade dieser Ballverlust? Haben die das nicht mal besser gekonnt? – Keine Atmosphäre. Keine Spannung. Keine Gänsehaut. Es ging nur noch um Ergebnis und Tabellenplatz. Musste das wirklich so sein?

Plastikschalen soweit das Auge reicht

In der englischen Premier League sieht das schon anders aus. Die unteren Ränge im Stadion, die immer wieder im Bild zu sehen sind, sind mit Stoffbahnen überzogen. Darauf seht ihr Vereinemblem und weitere Folklore. Nicht schön, aber besser als nichts.

In einem Spiel habe ich neben dem Tor auch schon eine riesige Bildwand gesehen, auf denen leibhaftige Fans zu sehen waren. Vermutlich aus einer anderen Zeit. Aber immerhin.

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Warum haben sich in Deutschland eigentlich nicht die Fanclubs an der Gestaltung der Ränge beteiligt? Spruchbänder. Gerne auch mit Gästeblock. Das gesamte Stadion in zwei Farben getaucht. – Durften sie nicht? Immerhin organisieren sie auch die Choreographien vor und während des Spiels. Ich finde, sie hätten eine Stimme verdient gehabt.

Kommentare noch unerträglicher

In England haben die Zuschauer die Wahl zwischen dem Original-Ton vom Platz (unerträglich wie ich finde) und einer leichten Stadion-Atmosphäre, die die Sender darüber gelegt haben.

Beides habe ich auch schon bei der Übertragung deutscher Spiele gehört. Was mir dabei aber noch viel mehr auffiel als sonst: Hierzulande sind die Kommentare unglaublich fad: Kimmich zu Boateng. Dann zu Neuer. Zurück zu Kimmich. Einzige Ausnahme: Dazn. Denn die Streaming-Plattform folgt dem englischen Modell.

Hier unterhalten sich zwei Moderatoren. Meist ist das dann auch ein richtiges Gespräch. Das sorgt nicht nur für einen angenehmeren Ton. Es macht auch das Bild attraktiver (oder zumindest erträglicher) das wir auf dem Bildschirm sehen.

Warum keine Fans ins Stadion lassen?

Ich hätte mir zumindest ein paar Fans im Stadion gewünscht. Menschen in Stehplätzen dürfte es dort nicht geben – also wie in der Champions League. Jede zweite Reihe müsste frei bleiben und in jeder Reihe müssten die Vereine nur jeden dritten Platz besetzen dürfen. So habe ich auch schon Ersatzspieler um die Ersatzbank herum sitzen sehen.

Ein Sechstel der Plätze ließe sich auf diese Weise füllen. In der Münchener Allianz Arena wären das 11.600 Plätze, in der Paderborner Benteler Arena immerhin noch knapp 1.000 Plätze. Das würde zumindest etwas Stimmung ins Stadion bringen.

Fernsehen ohne Fernseher und Live-TV-Apps: So geht’s

Alle Zuschauer hätten fest zugewiesene Sitzplätze. Wer sich nicht an die Abstands- und Hygieneregeln hält, muss ein ordentliches Bußgeld zahlen und erhält lebenslanges Stadionverbot. Das ließe sich in einem Stadion voller Kameras sogar recht einfach überwachen.

Ich bin kein Epidemiologe und urteile deshalb bloß auf Grundlage meiner Beobachtungen in den letzten Wochen, wie die Menschen sich in verschiedenen Situationen verhalten und Abstand gehalten haben. Ich wünsche es mir als Fan.

Die nächsten Wochen und Monate

Die Bundesliga-Saison ist vorbei. Deutschland spielt aber noch die Relegation und den DFB-Pokal aus. In anderen Ländern müssen die Ligen ihren Abschluss finden. Und ab dem 7. August geht die Champions League in Lissabon in die Abschlussrunde.

Großveranstaltungen soll es in Deutschland bis Ende Oktober nicht geben. Wenn im Herbst eine zweite Coronawelle folgt, sagt die DFL die Spiele wieder ab oder lässt weiterhin keine Zuschauer ins Stadion.

Ich fürchte, mein Fan-Dasein wird in einen langen Winterschlaf gehen – bis endlich ein Impfstoff gefunden ist. Es gibt aber noch einen anderen Grund, dass ich in Zukunft weniger Fußball schauen werde: die Übertragungsrechte.

TV-Rechte déjà vu: Nicht der Beste gewinnt

Sky und Dazn werden sich die Fernsehrechte für die Saisons 2021/22 bis 2025/26 teilen. Sky allein ist schon sehr teuer. Zudem bietet der Sender mit Sky Ticket ein Streamingangebot, das technisch gesehen immer wieder mit Problemen zu kämpfen hat.

Sky Ticket im Test: Es läuft noch nicht rund

Ich kann mich an ein Spiel erinnern, bei denen ich drei der vier Tore verpasst habe. Die Freischaltung dauerte fast die gesamte erste Hälfte. Dann fror das Bild genau in dem Moment ein, als das nächste Tor fiel, und sprang so zurück zum Livestream, dass ich es verpasst habe.

Dazn dagegen zeigt zu wenig Spiele. Ich will kein Abo für den Freitagabend, sondern ein Abo für meine Lieblingsmannschaft. EIN Abo! Ich verstehe nicht, dass Kartellamt und Gesetzgeber es der DFL immer wieder durchgehen lassen, den Willen des Verbrauchers so grundlegend zu ignorieren.

Fazit

Fußballschauen macht keinen Spaß mehr. Das liegt nicht an Corona, sondern an den Verantwortlichen in Fußball und Fernsehen.

Wenn Honorationen einen Pokal übergeben, wird das ganze Stadion in Lametta gehüllt. Doch jetzt schaffen es die Bundesligavereine nicht einmal, ihre Stadien mit ihren Farben zu schmücken. Die Fernsehsender haben Mikrofone auf Stangen montiert und legen Ton-Konserven unter das Bild. Mehr Fantasie haben sie nicht.

Zeit für Anderes.

Beitragsbild: Pixaby/Gerd Altmann

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