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Blackberry Motion im Test: Sicher, wertig, konservativ

Sicherheit als Killerfeature? Das Blackberry Motion soll vor allem damit punkten. Bei uns im Test allerdings wirkt das Gerät etwas altmodisch.

Das Blackberry Motion wirkt auf den ersten Blick ein wenig aus der Zeit gefallen. Auftragsfertiger TCL verzichtet auf eine Glasrückseite, eine Dualkamera oder einen ultraschnellen Prozessor. Dafür wird das Thema Sicherheit besonders groß geschrieben. Aber reicht das, um im ausgehenden Jahr 2017 neue Nutzer zu begeistern?

Sicherheit? Alle wollen Sicherheit!

Sicher, safety first. Die Zeiten sind vorbei, in denen man sorglos seine Daten mit aller Welt teilte. Vor allem in der Corporate Welt, in der Blackberry einst zuhause war und vielerorts immer noch ist, wurde das Thema besonders groß geschrieben. Und um diese weiterhin zu erreichen, haben Blackberry und der neue Auftragsfertiger TCL versucht, starke Sicherheitslösungen im Blackberry Motion möglichst attraktiv einzubauen:

Okay, begriffen: Wirklich sicher, das Ding!

Und immerhin fällt nichts außer dem langsamen Hochfahren dabei negativ auf. Sicherheit gut ins Gerät integriert, mehr Sicherheit als anderswo. Nimmt man doch gut und gerne mit!

Das Blackberry Motion hat einen übersichtlichen Datei-Manager

Natürlich kann ein Android-System immer ausspioniert werden, Daten werden an Google gesendet (nachdem man den einzelnen Apps die Freigabe erteilt hat, was in Android 7.1 vor jeder Erstnutzung akribisch abgefragt wird). Der Nutzer bleibt für seine Sicherheit selbst verantwortlich. Mit den Sicherheits-Einstellungen im Blackberry Motion immerhin hat er zahlreiche Möglichkeiten dazu. Das ist schön.

Das Blackberry Motion ist Mittelklasse

Die Frage, um die es aber eigentlich geht, ist: Wie attraktiv ist Sicherheit? Und ist es einer kritischen Masse wert, dafür einen doch recht saftigen Aufschlag für ein ansonsten mittelprächtiges Smartphone zu zahlen? Denn, mit Verlaub, das ist das Blackberry Motion leider:

Und dann wirkt einiges am Blackberry Motion ein wenig aus der Zeit gefallen: Eine Glasrückseite wie in den neuen Samsungs, dem iPhone 8 oder X oder dem Huawei Mate Pro 10 ist natürlich nicht zwingend notwendig. Dass Blackberry hier aber auf einen – wirklich eleganten – Aluminium-Rahmen setzt, was vor zwei Jahren Mode war, ist aber auch ein Statement. Ebenso die großen Display-Ränder, der Verzicht auf eine Dualkamera. Nicht alles wirkt wie von gestern, aber doch irgendwie konservativ.

Griffige Rückseite, gute Verarbeitung: das Blackberry Motion

Um hier aber nicht immer nur zu meckern: Das Gehäuse mit dem Alu-Rahmen und der griffigen Rückseite liegt gut in der Hand. Die physischen Tasten haben angenehme Druckpunkte. Die Verarbeitung wirkt hochwertig.

Nur Sicherheit als eigene Handschrift?

Bei meinen Tests mit dem Huawei Mate 10 Pro und dem Motorola Moto X4 erwähnte ich, für wie wichtig ich eine eigene Handschrift bei Smartphones halte. Blackberry versucht, auch dem Motion einen eigenen Stempel aufzudrücken. Für mich verfehlte das aber seine Wirkung:

Um noch etwas anders zu machen als der Rest, hat TCL im Blackberry Motion an der rechten Gehäuseseite eine weitere Taste eingebaut: die frei konfigurierbare Komforttaste. Die Idee ist gut: Ich kann Profile oder häufig genutzte Apps über diese Taste bei eingeschaltetem System mit einem Tastendruck aufrufen.

In der Praxis verwechselt man diese zur besseren Erkennung geriffelte Taste aber häufig mit der Ein-Aus-Taste. Letztere braucht man ja wahrlich häufiger und weil beide Tasten nahe beieinander liegen, kommt es immer wieder vor, dass man sich „verdrückt“.

Das Blackberry Motion hat eine zusätzliche „Komfortaste“ spendiert bekommen, die man allerdings beim Ertasten immer wieder mit der benachbarten Ein-Aus-Taste verwechselt.

Verwirrende Home-Taste im Blackberry Motion

Auch die eigene Home-Taste mit Blackberry-Logo soll das Motion von anderen Systemen abheben. Sie lässt sich – wie auf „alten“ iPhones bis iPhone 8 – physisch herunterdrücken. Für den geübten Android-Nutzer ist das aber etwas verwirrend, weil die benachbarten Zurück- und Multitasking-Tasten als Sensor-Tasten vorliegen, wie man es von anderen Android-Geräten gewöhnt ist. Will man nach der Zurück-Taste etwa die Home-Taste drücken, muss man gedanklich zunächst umschalten. Das ist in meinen Augen nahe dran an einem Usability-Fail.

Eine eigene Home-Taste für das Blackberry Motion – verwirrt den Nutzer, weil die benachbarten Zurück- und Multitasking-Tasten als Sensor-Tasten aufgeblendet sind.

Schön an der Home-Taste ist auf jeden Fall, dass sie zusätzliche Wischgesten erlaubt. So lässt sich das Benachrichtigungsrollo herunter- und wieder hochrollen, wenn man mit dem Daumen über die Home-Taste wischt ohne sie zu drücken. Berührt man die Home-Taste im Kamera-Modus, wird die Aufnahme direkt in den passwortgeschützten Ordner gelegt.

Schön am Blackberry Motion: Klinkenstecker UND USB-C

Unter der Fassade hat Blackberry dem Motion dann doch ein paar schöne Eigenschaften spendiert: Zusätzlich zum USB Typ-C-Stecker verfügt das Motion über einen althergebrachten Klinkenstecker. Es ist vermutlich bei mir eine selbsterfüllende Prophezeiung, dass ich mit diesem gleich beim ersten Versuch mit dem – eher ungewöhnlichen – mitgelieferten In-Ear-Kopfhörer einen leichten Wackelkontakt bekam. Schön immerhin, dass man die Wahl hat, über welche Schnittstelle man seinen Kopfhörer anschließt.

Klinke oder USB-C? Beim Blackberry Motion habt ihr die Wahl! Mitgeliefert wird ein Klinken-Kopfhörer mit In-Ear-Buds.

Auch bei 4 GB RAM, Beidou, Glonass und OTDOA zusätzlich zu GPS, Dual-Band-WLAN, Dual-Sim-Fähigkeit und 4K-Video hat sich TCL nicht lumpen lassen. Und toll ist natürlich auch der satte 4.000 mAh-Akku. Bei mir im Test zeigte sich dieser auch deutlich ausdauernder als bei anderen Smartphones, wenn auch nicht ganz so stark, wie angesichts der hohen Kapazität erhofft.

Wichtigste Frage: Was taugt die Kamera?

Die Spitzenklasse der Smartphones balgt sich zunehmend um die Frage, wer die beste Kamera hat. Hier kann und soll das Blackberry Motion natürlich nicht mit einem viel teureren iPhone X oder Galaxy Note 8 mithalten.

Außer dass der Typ da auf dem Bild aussieht, als würde er gleich einschlafen, liefert die Frontkamera ordentliche Selfies.

Allerdings hätte ich etwas mehr dann doch erwartet. Selbst tagsüber soffen bei strahlendem Sonnenlicht und daher etwas mehr Kontrast einige Bildbereiche in Dunkelheit ab:

Bestes Wetter und das Gebüsch vorne ist kaum als solches auszumachen? Das sollte eigentlich nicht sein.

Abends verwackelten sehr viele Bilder, auch bei Lichtverhältnissen, die einigen Kameras gleicher Preisklasse keine Probleme bereiten:

Ein gut ausgeleuchtetes Hotel in einer gut ausgeleuchteten Frankfurter Einkaufsstraße. Dafür ein enttäuschendes Bild.

Am Nachthimmel ist bei gar nicht so schlechten Lichtverhältnissen fast immer ein deutliches Rauschen zu erkennen. Keine Smartphone-Kamera liefert nachts perfekte Bilder. Aber viele dann doch bessere als das Blackberry Motion:

Klickt für eine Vergrößerung auf das Motiv: Der Nachthimmel hinter Ludwig van ist völlig verrauscht. Das kriegen einige Smartphones besser hin.

Das Blackberry Motion scheiterte auch an unserem Härtetest für Smartphone-Kameras – jedes andere Smartphone bisher allerdings auch:

Unser Smartphone-Härtetest: Die Straße sollte bei Nacht gut ausgeleuchtet, die rote Leuchtreklame dennoch lesbar sein. Das Blackberry Motion scheitert daran – jedes andere Smartphone bisher aber auch.

Schön ist, dass man über den manuellen Modus zahlreiche Einstellung von Hand vornehmen kann, etwa ISO, Weißabgleich und Verschlusszeit, nicht aber die Blende.

Der Weißabgleich lässt sich im Blackberry Motion von Hand einstellen, ein Motiv sich auf diese Weise etwa in ein unnatürliches Rot tauchen.

Nachteilig fiel mir die sehr lange Bearbeitungszeit für ein HDR-Foto bei schlechten Lichtverhältnissen auf. Hier dauert es einige Sekunden, bis die Kamera wieder bereit ist. Das ist definitiv zu lange für eine Smartphone-Kamera im ausgehenden Jahr 2017!

Vieles am Blackberry Motion ist Geschmackssache, einiges aber nicht.

Fazit: Hm

Das Blackberry Motion ist ein solides Mittelklasse-Smartphone mit ordentlicher Handhabung und einigen Ausreißern nach oben, aber auch Nachteilen. Langjährige Blackberry-Nutzer werden einiges an ihrer gewohnten Umgebung wieder erkennen. Sicherheit wird in dem Gerät großgeschrieben.

Das Benutzen der physischen Home-Taste und das Jonglieren zwischen Ein-Aus- und Komforttaste wird dem Nutzer ein wenig Übung abverlangen. Schade, dass Blackberry auf einem mittlerweile etwas betagten Prozessor zurückgreift, was sich in der Praxis leider bemerkbar macht. Ebenfalls schade, dass sich die eigene Handschrift fast nur ums Thema Sicherheit dreht.

Vieles am Blackberry Motion ist Geschmackssache, einiges aber nicht.

Enttäuschend ist letztendlich die Kamera. Die hat bei schlechten Lichtverhältnissen große Mühe, überhaupt ein brauchbares Foto zu liefern, rechnet bei HDR-Fotos quälend lange und kapituliert manchmal selbst bei eigentlich guten Lichtverhältnissen.

Das Blackberry Motion kann langjährigen Blackberry-Nutzern gefallen, neue Fans wird die Herstellerkombo mit dem Gebotenen aber kaum gewinnen. Leider auch nicht zu dem für mein Empfinden um 200 Euro zu hohen Ausgabepreis von UVP 469 Euro.

Blackberry Motion Pros und Cons

ProContra
Gute Gehäuse-Verarbeitung, wertiges GefühlReaktionsgeschwindigkeit etwas behäbig, Mittelklasse-Prozessor von 2016
Gute Verbindungs-Eigenschaften, Dual-SIMHome- und Komforttaste gewöhnungsbedürftig
4 GB RAM, hohe Akku-KapazitätLetztendlich enttäuschende Kamera
Wasser- und Staubgeschützt nach IP67, Display kratzfestHoher Preis
USB-C und KlinkeAußer Sicherheit wenig sinnvolle, ureigene Blackberry-Features
Viele kluge Sicherheitsfeatures

Unsere Wertung Blackberry Motion: 6.5/10

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