Ortungsdienste GPS, Glonass, Galileo und Beidou: So findet man dich am besten

Wenn ihr GPS am Smartphone aktiviert, sind immer öfter auch Glonass, Galileo oder Beidou mit eingeschaltet. Was verbirgt sich hinter diesen Ortungsdiensten und welche Vorteile habt ihr dadurch?

Ortungsdienste GPS, Glonass, Galileo und Beidou: So findet man dich am besten
Handy als Navi (Dariusz Sankowski)

Beinahe jeder kennt GPS, das globale Satellitennetzwerk, das Herzstück von Navigationssystemen im Auto. Und natürlich kommt es auch in modernen Smartphones zum Einsatz. Aber eben nicht alleine. Moderne Smartphones verwenden auch Glonass, Galileo, Beidou und QZSS. Was verbirgt sich dahinter und welche Vorteile bringt euch das?

Was ist GPS?

Mit GPS fing alles an. Oder genauer gesagt: Als GPS im Mai 2000 durch das Ende der künstlichen Signalverschlechterung auch für zivile Nutzer eine Genauigkeit von unter 10 Metern erlaubte, setzte ein Boom von Navigationssystemen im Auto ein. Dabei wurde GPS, das offiziell eigentlich NAVSTAR-GPS heißt (NAVigational Satellite Timing And Ranging – Global Positioning System), schon in den 1970er Jahren erdacht. Seit 1985 löste es nach und nach das bisherige US-Militärpositionssystem ab und seit Juli 1995 ist es mit aktuell 35 Satelliten voll funktionsfähig. Welches das erste Mobiltelefon mit GPS war, ist umstritten. Es könnte das bereits 1999 angekündigte Benefon Esc gewesen sein.

GPS-Satellit (Bild: NASA)
GPS-Satellit (Bild: NASA)

Smartphones verwendeten eigentlich von Anfang an GPS – auch wenn der Urtyp unserer heutiger Smartphones, das erste iPhone, noch großzügig darauf verzichtete. Im kommenden Jahr erhält GPS sogar eine Art Update: Neue Chips des Herstellers Broadcom empfangen dann das verbesserte L5-Signal neuerer GPS-Satelliten zusätzlich zum bisherigen L1-Signal. Das soll die Genauigkeit von bisher 5 Metern auf 30 Zentimeter erhöhen – sogar in Hochhausschluchten.

Was ist GNSS?

Heute liest und redet man oft von GPS und meint eigentlich GNSS. Denn eigentlich alle modernen Smartphones greifen längst nicht mehr nur auf GPS zurück, auch wenn es dort so steht. Sie nutzen weitere Systeme wie Glonass oder Galileo. GNSS steht für Global Navigation Satellite System und meint die gleichzeitige Nutzung verschiedener Positionssysteme.

Weil alle der vier großen Systeme die gleiche Art von Signal senden, können kompatible Smartphones jedes unterstützte GNSS-System nutzen. Ist zum Beispiel gerade kein guter GPS-Empfang möglich, kann das System auf Glonass ausweichen oder auf Galileo. Oder sogar die Satelliten verschiedener Systeme gleichzeitig nutzen! Das erhöht die Genauigkeit ernorm. In einem 2004 unterzeichneten Vertrag verpflichteten sich die Betreiber der vier globalen Systeme, sich gegenseitig nicht zu behindern.

Was ist Galileo?

Galileo ist ein europäisches Gemeinschaftsprojekt für ein eigenes Satellitennavigationssystem. Es wird seit 1999 von der EU und der Europäischen Weltraumorganisation ESA gemeinsam entwickelt – und ist damit der einzige nicht-militärisch genutzte, globale Ortungsdienst. Seit Ende 2016 ist das Netz mit 18 der geplanten 30 Satelliten in Betrieb. Die letzten 12 noch fehlenden Satelliten sollen 2018 an den Start gehen. Voll funktionsfähig wird Galileo wohl erst 2020 sein – was nicht bedeutet, dass man es nicht heute schon nutzen könnte.

Satellitensysteme im Vergleich (Bild: Cmglee/ Geo Swan unter CC-Lizenz BY-SA 3.0)
Satellitensysteme im Vergleich (Bild: Cmglee/ Geo Swan unter CC-Lizenz BY-SA 3.0)

Galileo kostete insgesamt 5 Milliarden Euro und soll eine mögliche Unabhängigkeit vom US-amerikanischen GPS- und dem russischen Glonass-System bieten. Die kommerzielle Galileo-Version bietet eine Genauigkeit von unter 1 Meter. Die offene Version ist mit 5 bis 8 Metern etwas weniger präzise.

Was ist Glonass?

Glonass steht für Global Navigation Satellite System und wird vom russischen Verteidigungsministerium finanziert und betrieben. Allein diese Tatsache dürfte vielen Nutzern Unbehagen bereiten, dabei sind die Parallelen zum US-amerikanischen GPS auffällig. Entwickelt in den 1970er Jahren, in Betrieb genommen in den 1980ern, voll funktionsfähig im Jahr 1996. Dann allerdings versagten mehr und mehr Satelliten des Systems, Glonass wurde einige Zeit unbenutzbar, bis Russland ab 2005 für knapp 2 Milliarden Euro den Wiederaufbau anschob. Seit 2011 steht das Glonass-Netz wieder und basiert auf 27 Satelliten. Die Genauigkeit wird mit 4,5 bis 7,5 Metern angegeben.

Was ist Beidou/Compass?

Auch in China war und ist man bestrebt, die Abhängigkeit vom US-amerikanischen Navigationssystem GPS zu verringern. Die erste Generation der Eigenentwicklung Beidou (chinesisch für „großer Bär“) wurde seit den 1990er Jahren entwickelt und ging im Jahr 2000 vor allem regional in China in den Betrieb.

Derzeit arbeitet China daran, die zweite Beidou-Generation fertigzustellen, die, je nach Quelle, auch BDS (Beidou Navigation Satellite System), Compass oder Beidou 2 genannt wird. Dies ist seit 2011 in China in Betrieb und soll bis 2020 mit 35 Satelliten weltweit verfügbar sein. Dann sogar mit einer höheren Genauigkeit als GPS. Ähnlich wie Galileo aber variiert die Präzision der nicht-kommerziellen Version (10 Meter) mit der kommerziellen (0,1 Meter).

Satelliten-Starts seit 1979. Nicht alle kamen an. (Grafik: Kontrollstellekundl unter CC-Lizenz BY-SA 3.0)
Satelliten-Starts seit 1979. Nicht alle kamen an. (Grafik: Kontrollstellekundl unter CC-Lizenz BY-SA 3.0)

Was ist QZSS und auf welche Ortungsdienste setzt Indien?

Neben den genannten weltumspannenden Navigationssystemen GPS, Glonass, Galileo und Beidou gibt es noch zahlreiche regional begrenzte für Spezialaufgaben. Interessant ist darunter etwas das japanische QZSS, wo der Name „Quasi-Zenit Satelliten-System“ Programm ist: Die Satelliten stehen so dicht über Japan und der Region, dass sie auch in den Hochhausschluchten japanischer Großstädte akkurat funktionieren sollen.

Indien plant mit IRNSS den Aufbau eines GPS-ähnlichen Systems, das allerdings auf den indischen Raum beschränkt sein soll. Mit GAGAN hat Indien außerdem eine Art Korrektursystem für GPS in Betrieb, das die Genauigkeit der Standortdaten für Indien verbessern soll. Das deutsche Satellitensystem SAPOS wird über Deutschland zur Landvermessung eingesetzt und soll eine zentimetergenaue Präzision bieten.

Was ist A-GPS?

Die Standortbestimmung auf dem Smartphone arbeitet längst nicht mehr nur mit Satellitennavigationssystemen wie GPS. Um den Standort eines Nutzers genauer zu ermitteln, kommt Assisted GPS (A-GPS) zum Einsatz. Das verwendet zusätzlich Bluetooth sowie WLAN-Netze und die Nähe zu Mobilfunkmasten zur genaueren Positionsbestimmung. Hierfür können mobile Daten anfallen. Und natürlich kommt als Satellitennavigation nicht nur GPS zum Einsatz, auch wenn der Name das vermuten ließe. Glonass, oder was immer euer Smartphone sonst noch beherrscht, wird für A-GPS ebenfalls eingesetzt.

Auf Smartphones wird längst nicht mehr nur GPS zur Positionsbestimmung eingesetzt. (Bild: StockSnap unter CC0-Lizenz)
Auf Smartphones wird längst nicht mehr nur GPS zur Positionsbestimmung eingesetzt. (Bild: StockSnap unter CC0-Lizenz)

Wie sicher sind Ortungsdienste?

Die genannten Satellitennavigationssysteme funktionieren passiv. Das heißt, ihr greift mit eurem Smartphone auf die Informationen mehrerer Satelliten zurück, diese können dabei aber keine Informationen über euch sammeln. Über einen Sender im Empfangsgerät – und den hat euer Smartphone natürlich – können eure Standortdaten allerdings übermittelt werden. Und dann kann man euch technisch sehr wohl abhören. Behörden haben in vielen Ländern das Recht, euren Standort über Ortungsdienste zu ermitteln. Auch in Deutschland ist das Orten eines Smartphones über Ortungsdienste im Rahmen der Verbrechensbekämpfung erlaubt.

Im Hinterkopf behalten muss man, dass hinter GPS, Glonass und Beidou jeweils die Militärs der Länder USA, Russland und China stehen. Diese könnten im Krisenfall ihre System unscharf stellen oder zur Störung anderer Navigationssysteme einsetzen. Nur das europäische Galileo untersteht nicht militärischer Kontrolle.

Welche Ortungsdienste habe ich im Smartphone?

Die meisten Smartphones neuerer Bauart verwenden heute A-GPS mit GPS und Glonass. Beidou/Compass kommt in immer mehr Smartphones zum Einsatz, besonders in denen chinesischer Hersteller wie Huawei und ZTE. Gerade Huawei setzte allerdings in einigen Geräten, etwa dem Mate 9, auch früh das europäische Pendant Galileo ein.

Welchen Ortungsdienst nun euer Smartphone verwendet, erfahrt ihr zum Beispiel, wenn ihr im Euronics Online Shop euer Smartphone sucht und dort in den technischen Daten nachschaut. Für gewöhnlich sind dort alle unterstützten Navigationssysteme vermerkt. Sollte euer Telefon dort nicht aufgeführt sein oder die Information dort fehlen, könnt ihr danach auch in der umfangreichen Datenbank von GSM Arena suchen.

Huawei Mate 9: Spitzensmartphone beherrscht alle vier globalen Ortungsdienste GPS, Glonass, Galileo und Beidou. (Bild: Huawei)
Huawei Mate 9: Spitzensmartphone beherrscht alle vier globalen Ortungsdienste GPS, Glonass, Galileo und Beidou. (Bild: Huawei)

Die wenigsten Smartphones allerdings erlauben es heute einzustellen, welche Dienste ihr verwendet. Selbst die Info im System fehlt oft. In meinem iPhone SE beispielsweise soll von Haus aus neben GPS auch Glonass werkeln, davon erfahre ich aber selbst im Kleingedruckten der Ortungsdienste nichts. Apple hat die Ortungsdienste in den Einstellungen zudem unter „Datenschutz“ eingeordnet und dort habe ich nur die Möglichkeit, sie ganz ein- oder auszuschalten, aber nicht etwa GPS zu erlauben, Glonass aber nicht. Ähnlich verhält es sich unter Android-Geräten.

Fazit: Was bringen mir die vier globalen Ortungsdienste?

Je mehr der vier globalen Ortungsdienste GPS, Glonass, Galileo und Beidou euer Smartphone beherrscht, desto besser könnt ihr eure Position bestimmen lassen. Noch besser in dem Zusammenhang, wenn euer Smartphone auch noch regionale Systeme wie QZSS unterstützt – wenn ihr zum Beispiel gerade in Tokyo unterwegs seid. Natürlich steigt damit auch die Gefahr, dass euch Apps, unerwünschte Personen und fremde Staaten noch besser tracken können. Dem Problem seid ihr aber auch ausgesetzt, sobald ihr über WLAN oder Mobilfunknetze Daten abruft. Also immer.

Schön wäre es trotzdem, wenn die Anbieter der beiden großen mobilen Betriebssysteme iOS und Android euch in Zukunft selber entscheiden ließen, welche Ortungsdienste ihr verwendet. GPS oder doch lieber Glonass oder Beidou? Es sollte euch überlassen sein.

Übrigens: Auch Navigationsgeräte unterstützen heute meist mehrere Systeme neben GPS. Ihr findet passende Navis und natürlich auch Smartphones bei Euronics.

Beitragsbild: Dariusz Sankowski unter CC0-Lizenz

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Ein Kommentar zu “Ortungsdienste GPS, Glonass, Galileo und Beidou: So findet man dich am besten

  1. Die neueren GPS Tracker können ja schon Galileo empfangen. Ebenso mein Smartphone.
    Funktioniert sehr gut.

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